Lebensretter im Miniformat: 9 Antworten zu Stammzellen aus dem Nabelschnurblut und Nabelschnurgewebe
Wenn du dein neugeborenes Baby im Arm hältst, spürst du wahrscheinlich den Wunsch, es vor allen Widrigkeiten und Krankheiten zu beschützen, die es womöglich im Leben erwarten. Alles hast du als Elternteil zwar nicht unter deiner Kontrolle. Aber du hast kurz nach der Geburt die einmalige Gelegenheit, deinem Baby ein besonderes erstes Geschenk zu machen – indem du sein Nabelschnurblut und Nabelschnurgewebe einfrieren lässt. Darin enthalten sind wertvolle Stammzellen, die deinem Kind im Fall einer schweren Erkrankung vielleicht einmal das Leben retten können. Wie das funktioniert und ob dein Baby dafür direkt nach der Geburt abgenabelt werden muss, erfährst du hier!
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Damit Stammzellen aus der Nabelschnur Leben retten können, müssen sie schon bei der Geburt gewonnen und eingelagert werden. Die wichtigsten Fragen und Antworten, die dich bei dieser bedeutenden Entscheidung unterstützen, haben wir hier für dich zusammengestellt.
Was sind eigentlich Stammzellen?
Stammzellen sind noch nicht spezialisierte Zellen. Sie haben die Fähigkeit, sich zu differenzieren, also unterschiedliche Zelltypen wie beispielsweise Muskel-, Nerven- oder Knochenzellen zu bilden. Das verleiht Stammzellen das außergewöhnliche Potenzial zur Regeneration und Reparatur von Körpergewebe.
Wofür sind eingelagerte Stammzellen aus dem Nabelschnurblut und Nabelschnurgewebe gut?
Nabelschnurblut enthält besonders viele junge Blutstammzellen. Einmal eingelagert, altern sie nicht. Gegenüber blutbildenden Stammzellen, die aus anderen Quellen wie Knochenmark oder peripherem Blut gewonnen werden, haben diese frischen Zellen den Vorteil, dass sie sich schneller vermehren und differenzieren. Unter anderem enthält Nabelschnurblut Blutstammzellen, die bei Bedarf alle Zelltypen im Blut ersetzen können.
Nabelschnurgewebe enthält eine andere Art von Stammzellen, sogenannte mesenchymale Stammzellen. Diese haben die Fähigkeit, sich in verschiedene Zelltypen wie Knochen-, Knorpel-, Fett- oder Muskelzellen weiterzuentwickeln. Besonders in der Forschung sind diese Stammzellen von Interesse, da sie für die Entwicklung neuer Therapien zur Heilung von geschädigtem Körpergewebe verwendet werden können.
Welche Krankheiten können – Stand heute – mit Stammzellen aus Nabelschnurblut und Nabelschnurgewebe behandelt werden?
Stammzellen aus Nabelschnurblut haben das besondere Potenzial, die Blutbildung zu erneuern. Sie werden heute vor allem im Rahmen einer Stammzelltransplantation nach einer Chemo- oder Bestrahlungstherapie zur Behandlung von Immun- und Bluterkrankungen eingesetzt. Dazu gehören beispielsweise Leukämie, Lymphome und angeborene Immundefekte. Außerdem wird Nabelschnurblut im Rahmen klinischer Studien eingesetzt, etwa um Hirnschäden zu behandeln.
Mit Stammzellen aus Nabelschnurgewebe wird derzeit in verschiedenen Forschungsprojekten experimentiert, um neue Ansätze zur Heilung von Krankheiten wie Herzfehlern, Autoimmunerkrankungen, Hirnschädigungen oder Gelenkschäden zu entwickeln. Auch bei der Behandlung von COVID-19, degenerativen Muskelerkrankungen und Verletzungen des Rückenmarks zeigt die Forschung vielversprechende Ansätze.
Kann auch Plazentagewebe eingelagert werden?
Ja, einige Anbieter bieten zukünftig auch die Möglichkeit an, Plazentagewebe einzulagern. Dieses enthält ebenfalls wertvolle Stammzellen, die ähnlich wie Stammzellen aus dem Nabelschnurgewebe in der regenerativen Medizin verwendet werden könnten, um beispielsweise geschädigtes Körpergewebe zu reparieren.
Was kostet die Entnahme von Nabelschnurblut und Nabelschnurgewebe?
Stammzellen aus Nabelschnurblut und Nabelschnurgewebe einlagern zu lassen, kannst du bereits ab 1.290 Euro für das Nabelschnurblut und 1.890 Euro für die Kombination aus Nabelschnurblut und Nabelschnurgewebe. Eine jährliche Lagerungsgebühr kommt noch hinzu. Nicht nur Eltern, sondern auch Großeltern oder Paten können dem Baby dieses Geschenk machen. Eine genaue Übersicht über die Produkte und Kosten findet ihr hier.
Reichen die eingelagerten Stammzellen wirklich aus, wenn mein Baby einmal erwachsen ist und sie benötigt?
Ein häufig vorgebrachtes Argument gegen die Gewinnung und Einlagerung von Stammzellen aus dem Nabelschnurblut ist, dass sie für eine Behandlung bei Erwachsenen mengenmäßig nicht ausreichen. Tatsächlich kann die Stammzellenmenge, die in der Nabelschnur eines Neugeborenen enthalten ist, für Erwachsene möglicherweise unzureichend sein.
Allerdings gibt es mittlerweile eine Methode, mit der sich Stammzellen aus Nabelschnurblut vermehren lassen. Die Anzahl der Stammzellen spielt dann bei der Behandlung von erwachsenen Personen keine limitierende Rolle mehr. In den USA ist dieses Verfahren bereits zugelassen. In Europa hoffen Forschende auf eine baldige Zulassung durch die europäische Arzneimittelagentur EMA.
Bis es so weit ist, können Stammzellen aus Nabelschnurblut im Bedarfsfall mit anderen Stammzellen aus dem peripheren Blut oder Knochenmark ergänzt werden.
Wie läuft die Gewinnung von Nabelschnurblut und Nabelschnurgewebe ab?
Ein wichtiger Punkt vorab: Wenn du dich für die Einlagerung von Nabelschnurblut und Nabelschnurgewebe als Stammzell-Depot für dein Kind interessierst, solltest du dich früh genug informieren, damit das jeweilige Entnahme-Paket dich rechtzeitig vor der Geburt erreicht. Alle wichtigen Informationen dazu erhältst du hier.
Die Entnahme des Nabelschnurbluts und des Nabelschnurgewebes ist ein für Mama und Baby schmerzfreier und sicherer Prozess. Nachdem dein Baby geboren ist, wird die Nabelschnur abgeklemmt und durchtrennt – wie bei jeder Geburt. Erst nach diesem Schritt wird das Nabelschnurblut entnommen. Ob die Geburt natürlich stattfindet oder per Kaiserschnitt, ist dabei egal. Die Nabelschnur enthält nach der Geburt noch eine bestimmte Menge kindlichen Blutes, das mit einem speziellen Blutbeutel, ähnlich wie bei der Blutspende, gewonnen wird.
Wenn auch das Nabelschnurgewebe entnommen werden soll, wird die Nabelschnur nach der Entnahme des Blutes über einen zweiten Schnitt von der Plazenta abgetrennt und in ein Transportgefäß überführt. Das entnommene Blut und Gewebe wird dann zu einer spezialisierten Stammzellbank transportiert, wo es aufbereitet, auf Zellqualität geprüft und bei sehr niedrigen Temperaturen eingefroren wird. So bleiben die Stammzellen über viele Jahre hinweg haltbar und altern nicht.
Muss mein Baby für die Gewinnung von Stammzellen sofort abgenabelt werden?
Nein. Gängige Praxis in vielen Geburtskliniken ist ohnehin das verzögerte Abnabeln nach ein bis drei Minuten, wie es auch von Fachgesellschaften empfohlen wird. Auch nach etwa einer Minute kann Nabelschnurblut noch entnommen werden.
Die Nabelschnur vollständig auspulsieren zu lassen, ist jedoch nicht möglich, wenn du die Stammzellen deines Babys einlagern möchtest, da dann kein Blut mehr in der Nabelschnur vorhanden wäre.
Kann ich das Nabelschnurblut auch spenden?
Derzeit landen 95 Prozent der Nabelschnüre und das darin enthaltene Nabelschnurblut im Klinikmüll. Das ist verworfenes Potenzial: Das Nabelschnurblut ist nicht nur ein Reservoir von Blutstammzellen für dein Kind oder manchmal auch Geschwisterkinder, sondern kann auch anderen schwerkranken Menschen helfen, die keine passende Knochenmarkspende finden.
Alternativ zur Entnahme und Lagerung auf eigene Kosten kannst du das Nabelschnurblut deines Babys daher auch spenden, sofern deine gewählte Geburtsklinik für die Entnahme als Spende zertifiziert ist. Allerdings trittst du damit das Recht auf das Nabelschnurblut ab und dein Kind hat im Fall, dass es die Stammzellen irgendwann benötigt, kein garantiertes Anrecht mehr darauf.
Stammzellen: Kleine Wunder der Natur
Wusstest du, dass alle deiner insgesamt etwa 100 Billionen Körperzellen aus einer einzigen Stammzelle entstanden sind? Die erstaunliche Vielfalt unserer Organe und Gewebe geht ausschließlich auf die befruchtete Eizelle zurück. Diese Tatsache macht eines klar: Stammzellen sind winzig kleine Wunder der Natur.
Stammzellen aus der Nabelschnur können im Rahmen einer Stammzelltransplantation erfolgreich bei der Behandlung verschiedener Krankheiten eingesetzt werden und haben das Potenzial, Leben zu retten.
Möchtest du mehr über die Einlagerung und die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von Nabelschnurblut und Nabelschnurgewebe erfahren? Hier geht es zum umfangreichen Ratgeber von Vita 34!