Vorzeitiger Blasensprung: Was passiert, wenn die Fruchtblase früher platzt?
Auf die Wehen warten oder die Geburt einleiten: Was ist bei einem vorzeitigen Blasensprung zu tun? Das genaue Vorgehen hängt unter anderem davon ab, in welcher Schwangerschaftswoche du dich befindest. Welche Optionen es gibt, welche Risiken mit einem vorzeitigen Blasensprung einhergehen und woran du ihn überhaupt erkennst.
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Kurzübersicht: Vorzeitiger Blasensprung
Was ist das? Bei einem vorzeitigen Blasensprung platzt die Fruchtblase, bevor die Wehen einsetzen. Ein „vorzeitiger Blasensprung am Termin“ tritt ab 37+0 SSW auf, ein „früher vorzeitiger Blasensprung“ bis zur 37+0 SSW. Diese Unterscheidung ist sowohl für die Therapie als auch für die Überlebenschancen des Babys von entscheidender Bedeutung.
Warum kommt es dazu? Die Ursachen eines vorzeitigen Blasensprungs sind nicht eindeutig geklärt. Je früher er in der Schwangerschaft auftritt, desto eher scheinen aufsteigende Infektionen oder Entzündungen eine Rolle zu spielen.
Wie lässt er sich erkennen? Ein vorzeitiger Blasensprung äußert sich durch Fruchtwasserabgang, der zum Beispiel mittels spezieller Teststreifen festgestellt werden kann.
Wie wird der vorzeitige Blasensprung festgestellt? Zur Diagnose kommen verschiedene Methoden zum Einsatz. Sie richten sich unter anderem danach, ob Gefahr besteht, das Infektionsrisiko zu erhöhen. Oft ist der vorzeitige Blasensprung bereits klinisch durch den Fruchtwasserabgang zu erkennen.
Ist er gefährlich? Ob bei einem vorzeitigen Blasensprung ein Risiko für Mutter und Kind besteht, hängt unter anderem von der Schwangerschaftswoche ab. Ein vorzeitiger Blasensprung am Termin wird als normales Zeichen der Geburt betrachtet und leitet den Geburtsbeginn ein. Ein früher vorzeitiger Blasensprung kann mit schwerwiegenden Komplikationen wie einer Frühgeburt einhergehen.
Wie wird bei einem vorzeitigen Blasensprung behandelt? Die Therapie richtet sich nach dem individuellen Fall und der Schwangerschaftswoche. Bei einem vorzeitigen Blasensprung in der Nähe des Geburtstermins treten meist innerhalb von 24 Stunden die Wehen ein, andernfalls wird eine Geburtseinleitung empfohlen. Bei einem frühen vorzeitigen Blasensprung vor 37+0 hängt das Vorgehen unter anderem davon ab, wie fortgeschritten die Lungenreifung beim Ungeborenen ist und in welchem Zustand sich die Mutter befindet. Eine (drohende) Infektion kann eine sofortige Entbindung erforderlich machen.
Artikelinhalte im Überblick:
Was ist ein vorzeitiger Blasensprung?
Ein Blasensprung ist das, was umgangssprachlich als das „Platzen“ der Fruchtblase bezeichnet wird. Eigentlich handelt es sich dabei um ein „Reißen“ der Eihäute, die zuvor die rundum schützende Membran namens Fruchtblase gebildet haben. Durch den Riss (Ruptur) tritt das Fruchtwasser aus. Bei einem vorzeitigen Blasensprung reißt die Fruchtblase, noch bevor die Geburt durch muttermundwirksame Wehen beginnt. Bei einem regelrechten Blasensprung reißt die Fruchtblase erst am Ende der Eröffnungsphase. Also dann, wenn der Muttermund bereits geöffnet ist.
Alle Infos rund um den „normalen“ Blasensprung haben wir hier für dich zusammengestellt.
Wird von einem vorzeitigen Blasensprung gesprochen, ist folgende Unterscheidung wichtig:
Vorzeitiger Blasensprung am Termin: Um einen vorzeitigen Blasensprung am Termin handelt es sich, wenn die Fruchtblase in der 38. Schwangerschaftswoche oder später platzt (≥ 37+0 SSW), noch bevor die Geburtswehen einsetzen. Er tritt in Terminnähe auf, die Lungen des Ungeborenen sind zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig entwickelt und das Baby gilt nicht mehr als Frühgeburt. Für den vorzeitigen Blasensprung am Termin wird die Abkürzung „PROM“ verwendet – nach der englischen Bezeichnung „premature/prelabour rupture of the membranes“. Bei acht bis zehn Prozent der Schwangeren kommt es zu einem vorzeitigen Blasensprung am Termin.
Früher vorzeitiger Blasensprung: Der frühe vorzeitige Blasensprung tritt vor 37+0 SSW auf. Die geläufige Abkürzung ist „PPROM“ – für die englische Bezeichnung „preterm premature rupture of membranes“. Laut Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) zur Prävention und Therapie der Frühgeburt kommt es bei etwa drei Prozent aller Schwangeren zu einem frühen vorzeitigen Blasensprung: bei 0,5 Prozent vor der 27. SSW, bei einem Prozent zwischen der 27. und 34. SSW und bei einem Prozent zwischen der 34. und 37. SSW.
Welche Ursachen hat ein vorzeitiger Blasensprung?
Die Fruchtblase ist eine robuste und widerstandsfähige Membran. Warum sie vor dem Beginn der Wehen platzt, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Fachleute gehen davon aus, dass verschiedene biochemische Prozesse gegen Ende der Schwangerschaft dafür sorgen, dass sie ihre Festigkeit verliert und daher in Terminnähe einreißen kann.
Je früher die Fruchtblase in der Schwangerschaft platzt, desto eher scheinen aufsteigende Infektionen, lokale Entzündungen oder wiederholte vaginale Blutungen eine Rolle dabei zu spielen, dass die Membran geschädigt wird. Als Risikofaktoren für einen frühen vorzeitigen Blasensprung (PPROM) gelten unter anderem:
- vorzeitiger Blasensprung in einer vorangegangenen Schwangerschaft
- Frühgeburt in einer vorherigen Schwangerschaft
- Rauchen
- sexuell übertragbare Krankheiten
- vaginale Blutungen
- operative Eingriffe
Symptome: Welche Anzeichen treten bei einem vorzeitigen Blasensprung auf?
Ein (früher) vorzeitiger Blasensprung macht sich durch den Abgang von Fruchtwasser aus der Vagina bemerkbar – in geringen Mengen (tröpfchenweise) oder in größeren Mengen (schwallartig). Weitere Symptome wie ein Druckgefühl im Unterbauch können möglicherweise zusätzlich hinzukommen.
Generell zeichnet sich Fruchtwasser dadurch aus, dass es unwillkürlich abgeht. Das bedeutet: Im Gegensatz zu Urin kannst du es es nicht aktiv zurückhalten. Dennoch ist die Unterscheidung von unfreiwilligem Urinabgang, vermehrtem Ausfluss oder Fruchtwasser für schwangere Frauen häufig sehr schwierig.
Lasse dich daher von deiner*deinem Frauenärztin*Frauenarzt oder deiner Hebamme dazu beraten, wie du die Flüssigkeiten voneinander unterscheiden kannst und kontaktiere bei Verdacht auf einen Fruchtwasserabgang deine medizinische Betreuung.
Diagnose: Wie wird ein vorzeitiger Blasensprung festgestellt?
Welche Untersuchungen zur Diagnose eines vorzeitigen Blasensprungs infrage kommen, hängt von verschiedenen Faktoren ab und wird daher je nach individueller Situation entschieden. Ist zum Beispiel klar, dass es sich um einen vorzeitigen Blasensprung handelt, wird auf einige Untersuchungen verzichtet, um das Infektionsrisiko nicht zu erhöhen.
Im Allgemeinen können folgende Untersuchungsmethoden zum Einsatz kommen:
- Erkennen der klinischen Symptome (Abgang von Fruchtwasser)
- Spekulumuntersuchung der Scheide, bei der sich eine Ansammlung von Flüssigkeit zeigt
- biochemische Verfahren zum Nachweis bestimmter Enzyme von Proben im Labor
- Ultraschalluntersuchung, die eine Reduktion der Fruchtwassermenge zeigt
Es gibt auch den sogenannten Lackmustest, durch welchen der pH-Wert einer Flüssigkeit bestimmt werden kann. Ihn gibt es sogar für den Eigengebrauch als Selbsttest in der Drogerie oder in Apotheken zu kaufen.
Da Fruchtwasser einen anderen pH-Wert als Scheidensekret besitzt, verfärbt sich der Teststreifen entsprechend anders. Das Testergebnis kann allerdings durch Verunreinigungen verfälscht sein und liefert daher kein komplett sicheres Ergebnis. Solltest du vermuten, Fruchtwasser zu verlieren, wende dich daher immer zur Abklärung an deine gynäkologische Praxis oder an deine Hebamme.
Risiken und Folgen: Ist ein vorzeitiger Blasensprung gefährlich?
Welche Risiken mit einem (frühen) vorzeitigen Blasensprung verbunden sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Risiken eines vorzeitigen Blasensprungs am Termin (ab 37+0 SSW)
Ein vorzeitiger Blasensprung am Termin wird als Zeichen der bevorstehenden Geburt gewertet. Per se ist er nicht gefährlich, das Risiko für Komplikationen ist aber erhöht, wenn die Geburt nicht innerhalb von 24 Stunden eintritt.
Laut Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe zur vaginalen Geburt am Termin entwickeln 60 Prozent der Frauen mit einem vorzeitigen Blasensprung am Termin innerhalb von 24 Stunden Wehen. Geschieht dies nicht, wird der Frau eine Geburtseinleitung angeboten.
Da zwölf Stunden nach einem vorzeitigen Blasensprung das Risiko einer mütterlichen Infektion steigt, können ab diesem Zeitpunkt vorbeugend Antibiotika verabreicht werden. Das Risiko für eine schwere Infektion beim Neugeborenen liegt nach einem vorzeitigen Blasensprung bei einem Prozent. Bei einer intakten Fruchtblase beträgt es 0,5 Prozent.
Risiken eines frühen vorzeitigen Blasensprungs (vor 37+0 SSW)
Ein früher vorzeitiger Blasensprung birgt das Risiko für schwerwiegende Komplikationen und bedarf daher besonderer Aufmerksamkeit. Laut Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe sind etwa zwei Drittel aller Frühgeburten die Folge einer vorzeitigen Wehentätigkeit mit oder ohne frühen vorzeitigen Blasensprung. Frühgeburten gehen mit einem erhöhten Risiko für Erkrankungen und dem Versterben des Babys einher.
Ob bei einem frühen vorzeitigen Blasensprung abgewartet werden kann oder sofort entbunden werden muss, hängt vom individuellen Fall und der Schwangerschaftswoche ab. Über die Hälfte aller Schwangeren werden innerhalb einer Woche nach dem frühen vorzeitigen Blasensprung entbunden.
Eine sofortige Geburt kann erforderlich sein, wenn bestimmte Risiken vorliegen. Dazu können gehören: Triple I, eine vorzeitige Plazentalösung, ein pathologisches (krankhaftes) CTG, ein hohes Risiko für einen oder das Vorhandensein von einem Nabelschnurvorfall. Bei Letzterem rutscht die Nabelschnur zwischen Baby und Vagina, sodass sie bei Wehen vom Druck abgeklemmt werden könnte.
Triple I: Was hat es damit auf sich?
Etwa 15 bis 20 Prozent der Frauen mit einem frühen vorzeitigen Blasensprung entwickeln das sogenannte Triple I, früher als Chorioamnionitis oder Amnioninfektionssyndrom bezeichnet. Der Begriff Triple I wird definiert als eine Infektion, eine Entzündung oder beides, die innerhalb der Gebärmutter (intrauterin) auftreten.
Betroffene Mütter können eine Blutvergiftung (Sepsis) entwickeln. Außerdem kann Triple I eine mangelnde Wehentätigkeit begünstigten, die zu einem Geburtsstillstand und zu verstärkten Nachblutungen führen kann. Dies macht möglicherweise einen Kaiserschnitt und die Gabe von Bluttransfusionen erforderlich.
Frauen, die aufgrund von Triple I einen Kaiserschnitt brauchen, haben ein erhöhtes Risiko für Komplikationen wie Wundinfektionen oder Entzündungen in der Gebärmutter. Im Rahmen von Triple I kann der Fetus ein „fetal inflammatory response syndrom (FIRS)“ entwickeln. Nach der Geburt haben die Kinder ein höheres Risiko für eine Blutvergiftung.
Therapie: Wie wird ein vorzeitiger Blasensprung behandelt?
Die Behandlung eines vorzeitigen Blasensprungs richtet sich nach der Schwangerschaftswoche:
Vorzeitiger Blasensprung am Termin ab 37+0 SSW: Bei einem vorzeitigen Blasensprung am Termin setzen die Wehen in der Regel bald ein und die Entbindung kann ganz normal erfolgen. Anderenfalls wird die Geburt medikamentös eingeleitet. Möglichweise kommen ab einem bestimmten Zeitpunkt Antibiotika zur Vorbeugung einer Infektion zum Einsatz. Besteht eine B-Streptokokken-Infektion, bekommt die Schwangere direkt nach dem vorzeitigen Blasensprung Antibiotika.
Babys, die termingerecht nach einem vorzeitigen Blasensprung zur Welt kommen, werden in den ersten zwölf Stunden sorgfältig hinsichtlich bestimmter Auffälligkeiten überwacht (zum Beispiel Atmung, Herzfrequenz, Hautdurchblutung und Körpertemperatur). Wenn ein Neugeborenes nach einem vorzeitigen Blasensprung Anzeichen einer Blutvergiftung zeigt oder bei der Mutter Symptome von Triple I bestehen, wird das Kind sofort kinderärztlich untersucht und die entsprechende Behandlung eingeleitet.Früher vorzeitiger Blasensprung zwischen 34+0 und 36+6: Ab 34+0 kann eine Entbindung erwogen werden. Dies wird dann als späte Frühgeburt bezeichnet. Je nach individueller Situation kann zum Beispiel unter klinischer Überwachung und der Gabe von Antibiotika versucht werden, die Schwangerschaft bis 37+0 zu verlängern.
Früher vorzeitiger Blasensprung zwischen 22+0 und 23+6 und 24+0 bis 33+6: In diesen Zeiträumen werden die Gefahren einer sofortigen Entbindung und einer Verlängerung der Schwangerschaft gegeneinander abgewogen, um im Individualfall festzustellen, ob ein abwartendes Vorgehen möglich ist. Die Schwangere wird auf Infektionszeichen (zum Beispiel Veränderungen der Herzfrequenz und Fieber) überwacht. Außerdem werden Antibiotika verabreicht. Durch die Gabe eines Medikaments namens Betamethason kann die Lungenreifung des Ungeborenen gefördert werden. Ob eine Tokolyse (medikamentöse Hemmung der Wehentätigkeit) infrage kommt, hängt von der vorliegenden Situation ab.
Früher vorzeitiger Blasensprung vor der 22. SSW: Tritt der frühe vorzeitige Blasensprung vor dem Erreichen der Lebensfähigkeit des Fetus aus, wird das weitere Vorgehen mit den Eltern besprochen. Entscheiden sie sich für ein abwartendes Vorgehen, wird die Schwangere überwacht und es werden gegebenenfalls Antibiotika verabreicht, um Infektionen vorzubeugen.
Verhalten bei vorzeitigem Blasensprung: Was tun?
Bei einem vorzeitigen Blasensprung solltest du sofort Kontakt mit deiner Hebamme, deiner Geburtsklinik oder gynäkologischen Praxis aufnehmen. Je nachdem, in welcher Situation du dich befindest, wirst du entsprechende Anweisungen erhalten. Bei einem vorzeitigen Blasensprung am Termin hast du in der Regel noch einige Stunden Zeit und kannst dich in Ruhe in die Geburtsklinik begeben.
In bestimmten Fällen kann es erforderlich sein, dass dich ein Krankenwagen liegend in die Klinik transportiert. Etwa, weil sich dein Kind in Beckenendlage befindet und noch nicht fest im Becken sitzt. Dies ist in Terminnähe aber eher selten der Fall. Ob das auf dich zutrifft, kannst du außerdem bei deiner*deinem Frauenärztin*Frauenarzt erfragen. Die befürchtete Komplikation des Nabelschnurvorfalls ist zwar sehr ernst zu nehmen, kommt aber äußerst selten vor.
Hast du den Verdacht, dass es sich vor 37+0 um einen frühen vorzeitigen Blasensprung handelt, nimm ebenfalls sofort Kontakt zu einer medizinischen Einrichtung auf. Da hier potenziell schwerwiegende Risiken wie eine Frühgeburt bestehen, handelt es sich dabei um einen Notfall. Versuche trotzdem Ruhe zu bewahren und befolge genau die Anweisungen, die du erhältst, da sie sich nach deiner persönlichen Situation richten.