Karpaltunnelsyndrom in der Schwangerschaft
Kribbelnde Finger, einschlafende Hände, Taubheitsgefühl: Wenn dich diese Beschwerden heimsuchen und anfangs vor allem nachts auftreten, könnte es sich um das Karpaltunnelsyndrom handeln – in der Schwangerschaft leider keine Seltenheit.
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In diesem Artikel liest du:
- Karpaltunnelsyndrom in der Schwangerschaft
- Was ist das Karpaltunnelsyndrom?
- Ist das Karpaltunnelsyndrom für Schwangere gefährlich?
- Das kannst du selbst tun
Karpaltunnelsyndrom ist in der Schwangerschaft häufig
Wassereinlagerungen (Ödeme) gehören zu den häufigsten Beschwerden in der Schwangerschaft. Vor allem im dritten Trimester nehmen diese oft noch einmal deutlich zu. Eine mögliche Folge kann das Karpaltunnelsyndrom sein: Durch Ödeme im umliegenden Gewebe wird dauerhafter Druck auf den Nervus medianus, den Mittelhandnerv, ausgeübt. Folge sind die typischen Symptome des Karpaltunnelsyndroms an Daumen, Zeige- und Mittelfinger sowie Teilen des Ringfingers. Der kleine Finger ist davon jedoch ausgenommen, da er nicht durch den Mittelhandnerv versorgt wird.
Typische Symptome des Karpaltunnelsyndroms sind:
- "Einschlafen" von Daumen, Zeige- und Mittelfinger (teilweise auch des Ringfingers)
- Kribbeln und/oder Taubheitsgefühl der betroffenen Finger
- taube Fingerspitzen
- manchmal Schmerzen, die bis ins Handgelenk und in den Unterarm ausstrahlen können
- bei langwierigen Verläufen kann die Kraft in den betroffenen Fingern nachlassen, vor allem morgens
Die Beschwerden treten meist erst in einem fortgeschrittenen Stadium der Schwangerschaft auf und dann anfangs auch vorzugsweise nachts und in den frühen Morgenstunden. Wenn du also schwanger bist, nachts aufwachst und die genannten Symptome bemerkst, kann es sich um das Karpaltunnelsyndrom handeln.
Tatsächlich ist oft nur die dominante Hand (als Rechtshänderin wäre das bei dir also die rechte Hand) betroffen, manchmal auch beide Hände, die dominante Hand aber stärker.
Was genau ist das Karpaltunnelsyndrom?
Das Karpaltunnelsyndrom gehört zu den sogenannten Engpasssyndromen. Durch Druckeinwirkung kommt es zu Ausfallerscheinung peripherer Nerven, im Falle des Karpaltunnelsyndroms des im Handgelenkstunnel (Karpaltunnel) liegenden Mittelhandnervs (Nervus medianus). Der Mittelhandnerv verläuft an der Innenseite des Oberarms durch den Unterarm und den Karpaltunnel an der Innenseite des Handgelenks bis zur Handinnenfläche. Er versorgt den Daumenballen, Zeige- und Mittelfinger sowie Teile des Ringfingers.
Auf seinem Weg in die Handinnenfläche passiert der Mittelhandnerv den an der Innenseite des Handgelenks liegenden Karpaltunnel. Dieser ist fest von einem Bindegewebsband umschlossen. Chronischer Druck durch dieses Bindegewebe oder auch die knöcherne Handwurzel kann dazu führen, dass der Nerv seine Versorgungsaufgabe nicht mehr richtig wahrnehmen kann, weil er abgeklemmt wird.
Karpaltunnelsyndrom ist häufige Berufskrankheit
In Deutschland gilt das Karpaltunnelsyndrom als Berufskrankheit. Die häufig betroffenen Berufsgruppen sind recht unterschiedlich: Neben Menschen aus dem Bereich der Physiotherapie finden sich Mitarbeitende in Kosmetik- oder Friseursalons, zahnmedizinisches Personal, Pflegende und Betreuende und Handwerker*innen. Auch die Zahl der Büroarbeitenden mit Karpaltunnelsyndrom steigt seit Jahren. Ihnen allen ist gemein, dass durch Tätigkeiten im Berufsleben eine chronische Druckeinwirkung auf den Karpaltunnel und somit auf den Mittelhandnerv besteht.
Ist das Karpaltunnelsyndrom in der Schwangerschaft gefährlich?
Zugegeben – nachts aufzuwachen und seine Finger nicht mehr zu spüren, kann erst einmal Sorge bereiten. Das Karpaltunnelsyndrom gehört definitiv zu den unangenehmen Begleiterscheinungen einer Schwangerschaft, gefährlich ist es aber nicht. Als erste Maßnahme kannst du die Hand kräftig ausschütteln und im Bad kaltes Wasser über Handinnenfläche, Handgelenk und Unterarm laufen lassen. Achte außerdem darauf, nachts nicht mit gebeugten Händen zu schlafen, sondern diese lieber auszustrecken.
Sprich mit deiner*deinem Frauenärztin*Frauenarzt darüber und lass dir ggf. ein Rezept für eine Handgelenksschiene ausstellen. Diese Schiene hält das Handgelenk in neutraler Stellung, verhindert vor allem nachts ein Abknicken. Die neutrale Haltung ermöglicht einen größtmöglichen Durchgang im Karpaltunnel. Wirklich alltagstauglich ist so eine Schiene zwar nicht, aber auch das nächtliche Tragen kann die Beschwerden schon sehr lindern.
Bessern sich starke Beschwerden des Karpaltunnelsyndroms nicht durch das Tragen der Handgelenksschiene, kann eine Injektion mit Kortison (Methylprednisolon) direkt in den Karpaltunnel erwogen werden. Die Wirkung hält über mehrere Wochen an. Eine Operation kommt nur in sehr schweren Fällen, etwa bei Ausfallerscheinungen der betroffenen Bereiche, infrage.
Das können Schwangere mit Karpaltunnelsyndrom tun
Wenn die schwangerschaftsbedingten Wassereinlagerungen in der Regel wenige Wochen nach der Geburt mit dem Urin ausgeschwemmt werden, verschwindet das Karpaltunnelsyndrom dann auch in den meisten Fällen. Bis dahin heißt es durchhalten – aber du kannst selbst auch einiges tun, um dir Linderung zu verschaffen:
- Halte dein Handgelenk gerade: Trage deine Handgelenksschiene zumindest nachts konsequent. Vermeide Tätigkeiten, bei denen du dein Handgelenk zu sehr knicken musst.
- Ernähre dich gut: Achte auf eine ausreichende Salz- und Proteinzufuhr, beides hilft gegen Wassereinlagerungen. Trinke ausreichend Wasser.
- Massiere deine Finger: Beginne von außen hin zur Körpermitte, Finger für Finger, und streiche dann das Gewebe über die Handinnenflächen bis zum Unterarm sanft aus.
- Lass dich piksen: Sprich mit deiner Hebamme, deinem Entbindungspfleger oder deiner*deinem Ärztin*Arzt, ob Akupunktur zur Linderung deiner Beschwerden infrage kommt.
- Wechselduschen mal anders: Was gegen Ödeme an Füßen und Beinen wirkt, ist auch an Händen und Armen wohltuend – lass kaltes und armes Wasser abwechselnd über die Innenflächen deiner Hände und Arme laufen. Dadurch wird die Durchblutung angeregt und gestaute Flüssigkeit besser abtransportiert.
- Verzichte auf alles, was einengt: Vor allem Ringe, aber auch Uhren und Armbänder, können zu einer Verstärkung der Beschwerden beitragen. Wenn du unter Wassereinlagerungen leidest, verzichte für diese Zeit lieber darauf.
Übungen gegen Wassereinlagerungen
Ob und welche Übungen gegen das Karpaltunnelsyndrom etwas taugen, ist umstritten. Die Wirksamkeit häufig empfohlener Ansätze wie Yoga oder Handwurzelmobilisation ist nicht eindeutig belegt. Trotzdem berichten viele Betroffene von einer Verbesserung ihrer Beschwerden. Gerade in der Schwangerschaft, wenn andere Behandlungswege nicht infrage kommen, können Übungen einen Versuch wert sein:
- Strecke die Arme gerade nach oben, mache dann mit den Händen eine Faust und strecke die Finger im Anschluss wieder. Wiederhole das Ganze einige Male kraftvoll. Die Übung kann dazu beitragen, Wasser aus Händen und Armen abzutransportieren.
- Rolle das betroffene Handgelenk und die Handinnenfläche langsam und kontrolliert über eine Faszienrolle. Alternativ tut es auch ein Tennisball oder ein anderer, nicht zu harter Ball.
Spezielle Dehnübungen sollen dazu beitragen, das Handgelenk zu entlasten. Anleitungen für solche Übungen gegen das Karpaltunnelsyndrom findest du zum Beispiel in diesem Video: