Künstliche Befruchtung: Kosten, Ablauf und Erfolgschancen
Als künstliche Befruchtung werden verschiedene Methoden der assistierten Reproduktionsmedizin bezeichnet. Sie kann kinderlosen Menschen zu einem Baby verhelfen, wenn der Kinderwunsch auf natürliche Weise nicht erfüllt werden kann.
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Künstlich – oder lediglich unterstützt: Zwar hat sich allgemein die Bezeichnung "künstliche Befruchtung" für Methoden der assistierten Reproduktionsmedizin durchgesetzt, jedoch erfolgt die Befruchtung an sich immer noch natürlich. Das Verschmelzen von Ei- und Samenzelle kann nicht künstlich hervorgerufen werden. Lediglich die Umstände unterscheiden sich im Vergleich zur herkömmlichen Befruchtung.
Artikelinhalte auf einen Blick:
- Was ist eine künstliche Befruchtung?
- Ablauf und Methoden
- Erfolgschancen
- Kosten
- Welche Krankenkassen übernehmen 100 Prozent?
- Kosten von der Steuer absetzen
Was ist eine künstliche Befruchtung?
Fast jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 Jahren ist in Deutschland ungewollt kinderlos. Die Ursachen sind vielfältig. Neben medizinischen Ursachen ist auch die Tatsache, dass sich immer mehr Menschen erst zu einem aus reproduktionsmedizinischer Perspektive hohen Alter für Kinder entscheiden, ein häufiger Grund. So lag das Alter erstgebärender Frauen in Deutschland im Jahr 2019 bei durchschnittlich 29,8 Jahren.
Vor einer künstlichen Befruchtung absolvieren ungewollt kinderlose Paare meist zahlreiche Untersuchungen und ggf. Behandlungen. Diese lassen sich in Kinderwunschkliniken und zumindest teilweise auch durch Frauenärztin*Frauenarzt sowie Urolog*in durchführen.
Sind diese nicht erfolgreich, gibt es die Möglichkeit der künstlichen Befruchtung. Unter diesem Begriff werden verschiedene Methoden der assistierten Reproduktion zusammengefasst. Dabei wird das Verschmelzen von Ei- und Samenzelle medizinisch unterstützt.
Künstliche Befruchtung: Ablauf und Methoden
Je nach Ursache für den unerfüllten Kinderwunsch kommen verschiedene Methoden der künstlichen Befruchtung infrage. Entsprechend unterschiedlich ist auch der Ablauf. Die Behandlung ist nicht auf einen einzigen Termin begrenzt, vielmehr sind zahlreiche Behandlungsschritte und Untersuchungen nötig.
Zu den Methoden der assistierten Reproduktion zählen:
- Insemination (Samenübertragung)
- In-vitro-Fertilisation (IVF)
- Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI)
- Testikuläre Spermienextraktion (TESE)
- Intratubarer Gametentransfer (GIFT) – wird heute in der Regel nicht oder nur noch äußerst selten durchgeführt
Keine der Behandlungen garantiert leider das Eintreten einer Schwangerschaft. Paare, die sich zu einer künstlichen Befruchtung entscheiden, sollten daher ein hohes Maß an Ausdauer, Geduld und psychischer Stärke mitbringen.
Erfolgschancen einer künstlichen Befruchtung
Die Erfolgschance einer künstlichen Befruchtung ist sehr unterschiedlich und abhängig von vielen verschiedenen Faktoren wie dem Grund für die bisherige Unfruchtbarkeit, dem Alter der Frau/des Paares und der Eizellen- und Spermienqualität. Oft sind mehrere Behandlungen notwendig. Zudem bedeutet ein positiver Schwangerschaftstest nicht automatisch, dass ein Kind geboren wird.
Statistisch gesehen liegt die Erfolgsrate (Lebendgeburt) nach einer IVF-Behandlung beispielsweise bei durchschnittlich 24,5 Prozent. An den Erhebungen des Deutschen IVF-Registers lässt sich gut sehen, dass die Chance auf Erfolg maßgeblich mit dem Alter der Frau zusammenhängt: Liegt sie bei unter 29-jährigen Frauen noch bei 34,4 Prozent, sinkt sie danach kontinuierlich. So hat eine 40-Jährige im Vergleich innerhalb eines IVF-Zyklus' nur noch eine Chance von 15,4 Prozent auf eine erfolgreiche Schwangerschaft und Geburt.
Bei allen Statistiken und allem Wissen um die Erfolgsraten der künstlichen Befruchtung: Es handelt sich immer nur um Durchschnittswerte. Genau so, wie jüngere Paare manchmal länger auf die Erfüllung ihres Kinderwunsches warten müssen, gibt es "ältere" Paare, bei denen es recht schnell geht – jedes Paar und jede Kinderwunschbehandlung ist individuell.
Künstliche Befruchtung: Kosten
Ein wichtiger Aspekt bei der Frage, ob man eine Methode der künstlichen Befruchtung in Anspruch nehmen kann, ist für viele Paare die Höhe der Kosten. Je nach Verfahren können die Kosten gerade für IVF und ICSI ab 3.000 Euro aufwärts betragen. Die Insemination ist vergleichsweise "günstig", da die eigentliche Befruchtung im Körper der Frau erfolgt und nicht außerhalb des Körpers im Labor.
Kosten einer künstlichen Befruchtung: Damit musst du rechnen
Insemination: Je nach Kinderwunschzentrum liegen die Kosten für diese Methode der künstlichen Befruchtung bei 300 bis 400 Euro aufwärts. Entscheidend ist, ob der Zyklus hormonell unterstützt werden muss (Kosten für Medikamente).
IVF und ICSI: Bei beiden Verfahren liegen die Kosten ungleich höher als bei der Insemination, da die Befruchtung außerhalb des Körpers, im Labor, erfolgt. Vor allem die Medikamente zur hormonellen Stimulierung in der ersten Zyklushälfte sind recht kostenintensiv. Insgesamt muss mit Kosten ab 3.000 Euro aufwärts gerechnet werden.
Kostenbeteiligung der Krankenkassen
In Deutschland übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten einer künstlichen Befruchtung aktuell zu 50 Prozent – jedoch nur für:
- maximal acht Versuche der Insemination ohne hormonelle Stimulation
- maximal drei Versuche der Insemination nach hormoneller Stimulation
- maximal drei Behandlungszyklen einer IVF oder ICSI
und unter bestimmten Bedingungen. Diese sind auch gesetzlich festgeschrieben und im Sozialgesetzbuch V, § 27a Künstliche Befruchtung zu finden:
- Das Paar muss miteinander verheiratet sein.
- Die Ehepartner sind mindestens 25 Jahre alt.
- Die Ehefrau ist maximal 39 Jahre alt, der Ehemann maximal 49 Jahre alt. Ab 40 bzw. 50 Jahren ist eine Kostenbeteiligung ausgeschlossen.
- Die Behandlung hat Aussicht auf Erfolg.
- Sowohl Ei- als auch Samenzelle stammen vom jeweiligen Ehegatten – bei Samenspenden erfolgt keine Kostenbeteiligung. Die Eizellspende ist in Deutschland nicht erlaubt.
- Das Paar wurde vorher von einer anderen Ärztin*einem anderen Arzt über die Behandlung aufgeklärt.
- Der Behandlungsplan für die künstliche Befruchtung wurde von der Krankenkasse vor Behandlungsbeginn genehmigt.
Anteilige Übernahme der Kosten bei weiterem Kinderwunsch
Nach der Geburt eines Kindes und bei weiterem Kinderwunsch übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen anteilig die Kosten einer weiteren künstlichen Befruchtung. Das Ehepaar muss allerdings weiterhin die Voraussetzungen dafür erfüllen. Auch eine stille Geburt gilt im Sinne der Voraussetzungen für die weitere Kostenbeteiligung als Geburt. Fehlgeburten dagegen (Gewicht des Kindes bis maximal 500 Gramm) zählen nicht, ebenso wie Bauchhöhlen- oder Eileiterschwangerschaften.
Übernahme von Kosten für künstliche Befruchtung durch Bund und Länder
Zur Förderung von Kinderwunschbehandlungen hat das Bundesfamilienministerium finanzielle Hilfen zur Verfügung gestellt. Diese werden unter der Bedingung gewährt, dass sich das jeweilige Bundesland, in dem das Paar lebt, ebenfalls an den Kosten der künstliche Befruchtung beteiligt. Weiterhin gelten für eine Beteiligung die gleichen Bedingungen, unter denen sich die gesetzlichen Krankenkassen beteiligen.
Um den eigenen Anspruch zu prüfen, bietet das Familienministerium einen Fördercheck an: https://www.informationsportal-kinderwunsch.de/kiwu/finanzielle-foerderung/foerder-check
Manche Krankenkassen zahlen die künstliche Befruchtung zu 100 Prozent
Gesetzliche Krankenkassen dürfen Angebote in ihre Satzungsleistungen aufnehmen, die über das hinausgehen, was der verbindliche Leistungskatalog der GKV vorsieht. Manche Krankenkassen sind etwas großzügiger und zahlen mehr als 50 Prozent anteilig für drei Versuche, andere legen die Voraussetzungen (wie etwa die Altersgrenze) großzügiger aus.
Einige wenige Krankenkassen übernehmen die Kosten für maximal drei Versuche einer künstlichen Befruchtung sogar zu 100 Prozent. Nach aktueller Recherche sind dies (Stand: Dezember 2021):
- AOK Bremen und Bremerhaven, Hessen und Nordost
- BKK Exklusiv
- IKK - Die Innovationskasse
Einige andere gesetzlichen Krankenversicherungen, die bis vor einiger Zeit ebenfalls noch 100 Prozent der Kosten übernahmen, haben ihre Leistungen mittlerweile heruntergesetzt. Viele leisten aber immer noch "mehr", etwa die Bahn BKK mit 75 Prozent der Kosten für die ersten drei Versuche. Bei den meisten Krankenkassen gilt jedoch auch: Die allgemein üblichen Voraussetzungen wie Altersgrenze müssen erfüllt sein.
Kosten für die künstliche Befruchtung von der Steuer absetzen
Die künstliche Befruchtung kann auch bei anteiliger Übernahme der Kosten durch die Krankenkassen sehr teuer werden. Zudem sind bei den meisten Paaren mehrere Versuche nötig. Eine Erleichterung kann es sein, dass die Kosten der künstlichen Befruchtung steuerlich geltend gemacht werden können – und zwar als "außergewöhnliche Belastungen".
Entscheidend dafür ist, dass es sich um eine in Deutschland erlaubte Behandlung nach dem Deutschen Embryonenschutzgesetz handelt. Ob das Paar verheiratet ist oder nicht, spielt hingegen keine Rolle. Auch die häufig ohnehin schwer zu beantwortende Frage, ob die Ursachen für den auf dem natürlichen Wege nicht erfüllten Kinderwunsch bei der Frau oder beim Mann liegen, ist nicht relevant.