DHEA (Dehydroepiandrosteron): Hilfe bei unerfülltem Kinderwunsch?
DHEA wird immer häufiger im Zusammenhang mit Kinderwunsch genannt. Gerade ältere Frauen sollen von der verjüngenden Wirkung des Hormons profitieren, da es die Eizellqualität erhöhen soll. Doch was ist wirklich dran an DHEA?
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Artikelinhalte auf einen Blick:
Was ist DHEA?
DHEA ist die Abkürzung für das Hormon Dehydroepiandrosteron. Es wird hauptsächlich in der Nebennierenrinde gebildet, in geringen Mengen auch im Gehirn. Wie bei den meisten Steroidhormonen ist Cholesterin der Ausgangsstoff: Aus Cholesterin bildet der Körper Pregnenolon, und daraus wiederum DHEA.
Es ist sowohl eigenständig wirksames Hormon als auch eine Vorstufe für weibliche und männliche Sexualhormone, allen voran Testosteron, Östrogen und Progesteron. Als DHEA-Sulfat (DHEA-S) zirkuliert es als Speicherform im Körper, bis es im Gewebe benötigt wird und an Ort und Stelle zu DHEA umgewandelt wird.
DHEA: Wirkung des Hormons
In den vergangenen Jahren wurde das vorher der breiten Öffentlichkeit praktisch unbekannte DHEA als Angi-Aging-Wundermittel präsentiert. Vor allem in den USA, wo man DHEA rezeptfrei kaufen kann, versprechen sich die Menschen von der Einnahme Verjüngung und ein höheres Energielevel.
Grundlage für die Zuschreibung einer verjüngenden Wirkung ist unter anderem die Tatsache, dass der Körper mit zunehmendem Alter immer weniger DHEA produziert.
Tatsächlich lieferten kleinere Studien Hinweise darauf, dass DHEA die Feuchtigkeit und Festigkeit der Haut erhöhen sowie bei älteren Menschen die Zahl sogenannter Altersflecken reduzieren kann.
Diese Wirkungen soll DHEA außerdem haben:
- Libidosteigerung
- erhöhtes Energielevel
- Steigerung der Erektionsfähigkeit (bei nachgewiesenem DHEA-Mangel)
- Stressreduktion (Gegenspieler des "Stresshormons" Cortisol)
- Linderung von Beschwerden der Wechseljahre, vor allem Scheidentrockenheit
- Erhöhung der Knochendichte bei älteren Frauen
- Linderung von Depressionen
- immunmodulatorischer Effekt
Wird DHEA zugeführt, verstoffwechseln es Frauen und Männern unterschiedlich: Während Männer aus DHEA eher Östrogene produzieren, sind es bei Frauen eher Androgene. Das ist auch der Grund für häufige Nebenwirkungen, die Frauen bei sehr hoher Dosierung betreffen: Akne, Haarausfall und übermäßiger Haarwuchs sind typische Anzeichen einer hormonellen "Vermännlichung".
DHEA-Mangel erkennen
Aufgrund seiner vielfältigen Aufgaben ist Dehydroepiandrosteron eines der Hormone mit der höchsten Konzentration im Körper. Jedoch ist es auch das Hormon mit dem stärksten Abfall im Laufe des Lebens:
Während der DHEA-Spiegel bei Kindern noch relativ niedrig ist, steigt er im Laufe der Pubertät stark an und erreicht etwa um das 25. bis 30. Lebensjahr seinen Höhepunkt. Danach geht die Produktion von DHEA kontinuierlich zurück, bis auf zehn bis 20 Prozent des einstigen Höchstwertes bei 70- bis 80-Jährigen.
Beschwerden wie Antriebsarmut oder sexuelle Unlust könnten einem DHEA-Mangel geschuldet sein oder andere Ursachen haben. Auch fortgeschrittenes Alter könnte der Grund für solche Symptome sein, denn obwohl der DHEA-Spiegel im Blut bei älteren Menschen niedriger wird, handelt sich um altersgemäße Veränderungen des Stoffwechsels.
Ob ein echter Mangel an DHEA besteht, kann also nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Lebensphase festgestellt werden. Davon abgesehen kann eine Nebennierenschwäche DHEA-Mangel verursachen. Erhöhte Werte können gemessen werden bei Nebennieren-Tumoren, hormonellen Erkrankungen oder dem Cushing-Syndrom. Gemessen wird der Spiegel des DHEA-Sulfats (DHEA-S) morgens und nüchtern.
Als Referenzwerte gibt beispielsweise die Charité Berlin auf ihrer Website für Frauen im gebärfähigen Alter an:
- 19 bis 29 Jahre: 1,80 bis 10,30 µmol/l
- 29 bis 39 Jahre: 1,20 bis 7,30 µmol/l
- 39 bis 49 Jahre: 0,90 bis 6,50 µmol/l
DHEA und Kinderwunsch: Was bringt das Hormon?
Im Zusammenhang mit Kinderwunsch gerade älterer Frauen wird häufig die Einnahme von DHEA zur Verbesserung der Eizellqualität empfohlen. Zwar fehlen bislang große und vergleichbare Studien zu der Thematik, jedoch deuten einzelne Fälle und kleinere Erhebungen vor allem aus Kinderwunschkliniken immer wieder darauf hin, dass DHEA die Eierstockfunktion anregen könnte. Vor allem Frauen mit niedriger Eizellreserve würden demnach von DHEA profitieren. Wie viele weitere Behauptungen über die Vorteile einer DHEA-Einnahme ist auch dies umstritten.
Eine systematische Überprüfung von 64 Studien zu DHEA und Fruchtbarkeit, die zwischen 1995 und 2010 erschienen sind, spricht jedoch für DHEA: Demnach verbesserte die Einnahme die Funktion der Eierstöcke, steigerte die Chancen auf eine Schwangerschaft und ließ die Fehlgeburtenrate sinken. Die Autoren betonen, dass bereits ein Drittel aller Kinderwunschzentren weltweit DHEA zum Zeitpunkt der Überprüfung (2011) einsetzten.
Dem gegenüber stehen jedoch auch zahlreiche Erhebungen, die keinen wesentlichen Unterschied zwischen DHEA- und Placebo-Gabe (Scheinmedikament ohne Wirkstoff) auf Eizellqualität und Lebendgeburtenrate bei Frauen mit niedriger Eizellreserve fanden.
Wenn du dich gerade in Kinderwunschbehandlung befindest, solltest du DHEA nicht einfach im Internet besorgen und selbst dosieren, das ist zudem illegal. Sprich bitte unbedingt mit deinem Behandlungsteam über DHEA und lasse ggf. vorher deinen DHEA-Spiegel im Blut bestimmen. In Deutschland ist das Hormon verschreibungspflichtig.
Je nach individuellen Hormonwerten werden in der Regel zehn bis 25 mg drei Mal täglich verordnet. Wichtig ist, DHEA rechtzeitig vor der IVF oder der geplanten Kinderwunschzeit einzunehmen, denn es scheint besonders in der frühen Entwicklungsphase drei Monate vor dem Eisprung seine Wirkung zu entfalten.
Mögliche Nebenwirkungen von DHEA beachten
DHEA gilt als relativ gut verträglich, jedoch kann die Einnahme auch Nebenwirkungen haben, insbesondere bei hohen Dosen. Vor allem typische "Vermännlichungsbeschwerden" können sich bei Frauen zeigen:
- fettige Haut und Akne
- vermehrter Haarwuchs im Gesicht
- Haarausfall
- vermehrtes Schwitzen
Da DHEA hormonell wirksam ist, eignet es sich nicht für Frauen, die unter einer Hormonstörung wie beispielsweise PCOS leiden. Auch hormonabhängige Krebserkrankungen wie Brustkrebs, Gebärmutterkrebs oder bei Männern Prostatakrebs sprechen gegen DHEA. Da durch zugeführtes DHEA möglicherweise das Energielevel steigt, ist es zudem nicht für Menschen mit bipolarer Persönlichkeitsstörung geeignet.
Während der Einnahme empfiehlt es sich, den DHEA- und auch den Testosteronspiegel im Blut regelmäßig überprüfen zu lassen.
DHEA gilt in vielen Ländern außerdem als verbotenes Dopingmittel und wird etwa auf der Verbotsliste der Nationalen Anti-Doping-Agentur Deutschland (NADA) geführt.