Hi Doro,
ich werde mal meine Freundin fragen, die ist Halb-Niederländerin und kennt sich in beiden Kulturen sehr gut aus. Was auf jeden Fall die kulturelle Differenz bestimmt ist die Tatsache, dass die Niederlande geschichtlich ein sehr religiös-protestantisch geprägtes Land sind, mit allen Facetten auch von religiösen Dogmen. Mir fallen zwei Beispiele ein: du kannst dort praktisch in jedes Haus schauen, Gardinen sind nicht üblich - man hatte als sündenfrei lebender Mensch ja nichts zu verbergen. Zweites Beispiel: wirst du zum Kaffee eingeladen, wird dir pro Tasse aus der Keksdose ein Keks angeboten. Aber nur einer! Und man nimmt sich auch nur einen, es sei denn, man trinkt noch eine Tasse. Das ist auch ein Überbleibsel calvinistischer Bescheidenheit - Völlerei war eine der Todsünden (und um noch mehr abzuschweifen: im ebenso protestantisch geprägten angelsächsischen Raum galt das natürlich genauso. Weshalb es zumindest im britischen Englisch keine Entsprechung für "Guten Appetit" gibt, denn das wäre ja eine Aufforderung zur Völlerei = Todsünde).
Es gibt ganz interessante Arbeiten über den Einfluss der Religion auf die Sozialisierung, berühmt ist z.B. Max Webers Theorie, dass der Protestantismus den Kapitalismus durch seine Arbeitsmoral unterstützt hat (heute noch sprichwörtlich bei den - pietistischen - Schwaben: schaffe, schaffe, Häusle baue).
Was allerdings die Geburtskultur angeht, kann ich dir nicht beantworten, warum die Niederländerinnen lieber zu Hause gebären. Ich werde mal nachfragen.
LG Annalisa

Hallo Annalisa,
ich glaube, auch das hat ganz viel mit der protestantischen Nuechternheit zu tun.
Krankenhaeuser sind zu teuer, es ist guenstiger Kinder zu Hause zu kriegen und danach Hilfe von einer "kraamverzorgster" zu bekommen. Ausserdem ist "Kinder kriegen" keine Krankheit. Es werden hier auch nur die noetigsten Untersuchungen gemacht, lange gab es nur einen Ultraschall (jetzt gibt es 2), keine Nackenfaltemessung etc.
Die Ausbildung der Hausaerzte und Hebammen ist nicht mit der deutschen Ausbildung zu vergleichen.
Sie sind viel breiter ausgebildet. Hausaerzte muessen aber auch eine Anzahl Geburten pro Jahr haben, sonst duerfen sie nicht mehr entbinden.
Der Hausgeburten-Trend ist allerdings ruecklaeufig, da nicht mehr alle Aerzte ueber eine Hausgeburtsqualifikation verfuegen (koennen), eben nicht genug Geburten.
In laendlichen Gebieten gibt es wiederum oft nicht genug Hebammen und die uebriggebliebenen buendeln ihre Geburten dann im KH.
Das ist in den Staedten aber anders.
LG von Ana, die in D immer "het koekje bij de koffie" vermisst :-(

Liebe Ana,
war es nicht deine Mutter, die gerne mehr als ein "koekje" gehabt hätte? ;-)
Beim Italiener gibt es übrigens auch "het koekje" zum Capuccino. Helene hat mal sieben oder acht geschenkt bekommen, ganz ohne Kaffee getrunken zu haben.
Darf es bei dir auch etwas anderes Süßes zum Kaffee sein?
LG Katja, mit aufregender vergangener Woche: Charlotte ist eingeschult und Helene im Kindergarten

Hallo Katja,
wieso? Startest Du einen Ueberraschungsbesuch und bringst Kuchen mit? *gg*
Ach ja, die Schule ist ja wieder begonnen! Wie geht es denn den beiden? Geht Helene gut in den Kiga?
Wir sind erst naechste Woche dran!
Irgendwie funktioniert hier was bei mir nicht. Ich krieg gar keine Naschrichten mehr, wenn jemand auf meine Postings anwortet. Schon seit ein paar Wochen. Irritant!!
LG
Ana
Wars schoen in Griechenland?

Hallo Ana,
hhm, ich glaube, die Niederländer sind einfach nicht auf der "Apparate-sind-toll"-Welle miteschwommen, als die in D aufkam. Und da kann man schlecht wieder von runter. Wenn so'n Ding erstmal im Kreisssaal oder in der Praxis steht, dann muss es auch benutzt werden, wie soll sich sonst die Anschaffung lohnen? Und dann müssen die Schwangeren natürlich zum Gerät statt das Gerät zu den Schwangeren...
In protestantischen Augen positiver Nebeneffekt des Ganzen ist natürlich, dass es günstiger ist.
Andererseits sinkt der Hausgeburtenanteil nicht nur auf dem Land, teilweise, weil auch hier "Apparate toll sind", teilweise, weil der Anteil von alten Schwnageren und Mehrlingsschwangerschaften höher ist als anderswo.
LG, Steffi, die das Glück hat, mitten im grössten niederländischen Ballungsgebiet zu wohnen und zwei herrliche Hausgeburten zu haben (die eine mit einer deutschen Hebamme, die hier im siebten Himmel war, was die Arbeitsmöglichkeiten angeht)