Hallo Ihr da draußen,
Nun sitze ich hier vor dem Laptop und lese die Beiträge in diesem Forum.Viele Gedanken und Gefühle kommen mir bekannt vor, denn ich gehöre nun auch zu den "unsichtbaren" Müttern, wie ich es gerne bezeichne.
Gerne würde ich euch meine Geschichte erzählen.
Am 12.09.2017 hielt ich, etwas überrascht, den positiven Schwangerschaftstest in meiner Hand.Warum ich überrascht war? Erst 2 Monate vorher haben wir uns dazu entschieden Eltern zu werden und die Verhütung eingestellt.Er war unser kleines, großes Wunder.
Ich Schwangerschaft verlief ganz normal, ich fühlte mich wohl und es gab keinerlei Komplikationen.
Ich war bei allen Vorsorgeuntersuchungen und sogar einmal zur Feindiagnosik wegen einer Plexuszyste, die aber nach zwei Wochen nicht mehr zu sehen war.
Am 09.04.2018 hatten wir dann den Termin zur Vorstellung in dem Krankenhaus, indem ich entbinden wollte. Und dies sollte wohl der Tag sein, der alles veränderte.
Nach einem unauffälligem CTG begann die Ärztin mit dem Ultraschall. Recht schnell bemerkte ich Ihren starren Blick und Ihre veränderte Mimik. Nach gefühlten Stunden sagte sie: „Es tut mir sehr leid, aber mir scheint es so als stimme etwas mit dem Herzchen nicht.“ Sie schallte weiter. Fast 2 Stunden war ich in diesem Raum und wusste nicht wie mir geschah.
Dann sagte sie, wir sollten sofort in zur Uniklinik fahren, dort würde man mich schon erwarten.
Da alles an mir vorbeilief wie ein schrecklicher Film, kann ich heute nicht mehr sagen wie genau wir dort hingefahren sind aber als wir ankamen, wurden wir schon erwartet. Es folgten 4 Stunden Ultraschall. Einer der schlimmsten Tage, mir tat alles weh, ich musste Treppen laufen, Kniebeugen machen und unfassbar viel trinken, damit die Ärztin das perfekte Bild von dem Herz hinbekommt.
Zu dem Zeitpunkt war ich bereits in der 33 SSW und das Köpfchen war schon tief im Becken, sodass es schwer war das genaue „Ausmaß“ zu erkennen.
Diagnose war dann, das Herz ist viel zu große, die rechte Herzklappe schließt nicht richtig, 3 Löcher an unterschiedlichen Stellen, eine zu enge Lungenvene und einen Verdacht auf Trisomie 21.
Ich verstand die Welt nicht mehr. Die letzten Monate war alles top, ich fühlte mich gut und es gab nie Komplikationen. Wie geht so etwas? Unsere Welt zersprang in mehrere Teile, doch richtig verstanden haben wir das alles noch nicht. Am 19.04. sollten wir ein Gespräch mit dem Kinderkardiologen haben, der uns das alles genauer erklärt. Zwischenzeitlich sollte tägliche CTG Kontrolle bei der Frauenärztin gemacht werden.
Am 17.04. war das CTG nicht mehr so gut, unser Mika schlief sehr viel und bewegte sich nur ganz zart. Also auf in die Uniklinik. Viele Gespräche folgten. Ich wurde stationär aufgenommen und musste 3 Mal täglich an das CTG.
Die Ärzte bereiteten uns auf die Entbindung vor. Erzählten irgendwas von schwer herzkrankem Kind. Doch so richtig verstehen konnten wir das nicht. Mit all unserer Energie und Hoffnung bereiteten wir uns so gut es ging, darauf vor, dass unser kleines Ü-EI (so nannten wir Mika, da keiner so wirklich wusste, wie krank er nun wirklich ist), es sehr schwer haben wird. Vielleicht sogar sofort operiert werden muss. Auch dass es ein Kaiserschnitt wird und er wahrscheinlich nicht den gewünschten Schrei von sich geben wird, erläuterte man uns. Wir fühlten uns stark genug, dass gemeinsam durchzustehen. Ich fühlte mich bestens betreut und freute mich langsam Ihn endlich zu sehen.
Am Sonntag den 22.04., da war ich 36+2 SSW, war das CTG morgens nicht gut, mittags sollte ich an den Tropf und es ging ihm etwas besser. Abends war ich nur 10 Minuten am CTG und es wurde entschieden jetzt den Kaiserschnitt durchzuführen. Gesagt getan, alles ging sehr schnell und um 20.08 Uhr, kam unser Mika mit 2820g und 51 cm Körpergröße zur Welt. Alles lief wie vorhergesagt. Insgesamt 6 Ärzte, darunter Kinderkardiologen und ein Professor warteten auf mein Ü-Ei. Sie erklärten uns, dass es noch etwas dauern kann bis mein Mann zu ihm darf und ich müsse warten bis die PDA nachlässt.
Doch dazu sollte es nicht kommen…
Um kurz vor neun wurde mein Mann gerufen. Zuerst dachte ich, um ihn endlich zu sehen. Doch nach 2 Minuten betrat er den Überwachungsraum und erkläre mir, dass er es nicht geschafft hat.
Wie jetzt nicht geschafft? Zuerst fragte ich: „Was nicht geschafft?“, was dann geschah weiß ich nicht mehr. Ich habe einen Filmriss und kam erst wieder zu mir als die Hebamme mich fragte, ob ich mein Baby sehen möchte. Als sie Ihn zu uns brachte, hörte ich sofort auf zu weinen, ich wollte stark sein!
Er war das schönste Kind auf der ganzen Welt. Fix und Fertig, groß und schwer genug, er hatte mein Gesicht und den Mund meines Mannes. Er war perfekt.
Später erklärten sie uns, dass sein Herz, nachdem er abgenabelt wurde, nicht ein einziges Mal selbst schlug. Ich konnte es nicht glauben, habe ich doch das CTG die ganze Zeit über im Auge behalten. Ich habe doch gesehen, dass er gelebt hat. Wie konnte er denn dann einfach tot sein?
Niemand hat mit diesem Ende gerechnet, selbst die Ärzte nicht. Alle 6 Ärzte besuchten uns am nächsten Tag, um Ihre Anteilnahme und Ihr Bedauern zu bekunden. Doch das alles nahm ich kaum wahr. Ich war wie gelähmt, stumm, einsam und ich glaube ein Stück von mir ist mit meinem Ü-Ei gestorben.
Dieser Tag ist nun 4 Monate her. Und die schrecklichen Nachrichten hörten nicht auf. Nachdem wir uns für eine Obduktion entschieden haben, weil niemand wusste warum er innerhalb von 2 Wochen so schrecklich krank wurde, kam dort heraus, dass sein Herz 4mal so schwer war wie normal. Der Herzmuskel hat sich unglaublich vergrößert, Ursache unbekannt. Daher beschlossen wir weitere Test machen zu lassen, weil eine angeborene, vererbbare Kardiomyophatie ausgeschlossen werden sollte.
Nun sind die Ergebnisse da und was soll ich sagen, der Albtraum geht weiter. Es wurde ein sehr seltener Gendefekt gefunden.
Nun ist auch noch unsere Zukunft als Eltern ungewiss.
Zurzeit fehlen mir noch die Worte, meine Gefühle und Gedanken dazu, zu beschreiben. Ich bin nur so unendlich traurig und fühle mich hilflos ausgeliefert. Ich habe Mutter-Natur mal vertraut und nun? Was jetzt?