Stiefkind
ich bin neu hier und habe mich angemeldet, weil ich schon viele interessante Beiträge von Euch gelesen habe, die mir teilweise sehr aus der Seele gesprochen haben.
Auch ich lebe in einer Patchworkfamilie, seit April 2007 mit meinem Freund und zeitweise meinem Sohn (8 Jahre) und seinem Sohn (11 Jahre) unter einem Dach. Mein Freund hat auch noch einen 17-jährigen Sohn, mit dem es aber überhaupt nicht geklappt hat und der seit etwas über einem Jahr bei seiner Mutter wohnt. Sein anderer Sohn Erik ist immmer 1 Woche bei uns und 1 bei seiner Mutter. Das klappt soweit ganz gut. Mein Sohn Simon ist sehr unregelmäßig bei uns, weil ich erstens sehr unregelmäßige Arbeitszeiten habe und er zweitens seit etwa eineinhalb Jahren nicht mehr bei uns geschlafen hat. Das macht mich natürlich total fertig, vor allem weil Erik hier wie selbstverständlich ein und aus geht und sich dabei sauwohl fühlt. Ich habe ihn von Anfang an nicht besonders gemocht, aber mittlerweile hasse ich ihn richtig. Seine bloße Anwesenheit stört mich schon. Dazu kommt, dass er ein sehr lebhaftes Kind ist und ständig Krach macht. Dann fange ich immer an, mit übelsten Schimpfwörtern für ihn leise vor mich hin zu fluchen. Manchmal gebe ich ihm auch die Schuld für die Situation mit meinem Sohn und dann hasse ich ihn noch mehr und wünsche mir, dass er vom Bus überfahren wird. Ganz abgesehen davon, dass solche Gedanken natürlich gar nicht gehen, würde das natürlich auch nicht viel ändern. Erik und Simon verstehen sich eigentlich ganz gut, haben auch schon geäußert, dass sie sich wie Geschwister fühlen. Trotzdem sagt mein Sohn manchmal, dass früher alles besser gewesen sei, als wir noch allein waren (nach der Trennung von seinem Vater hatte ich 3 Jahre lang keinen festen Partner). Wie soll ich es bloß schaffen, Erik unter diesen Umständen zu akzeptieren?! Manchmal geht es, ich kümmere mich auch um ihn (war jetzt gerade 2 Monate krankgeschrieben und NUR zu Hause), aber meistens habe ich diese bösen Gefühle. Dabei hat er mir eigentlich gar nichts getan, ausser dass es ihn gibt und er sich nimmt, was ihm zusteht (was mein Sohn aus irgendeinem Grund nicht schafft!). Jetzt planen mein Freund und ich noch ein gemeinsames Kind, aber z.Zt. ist die Beziehung etwas in der Krise, weil er natürlich merkt, wie sehr ich Erik ablehne und ihn nicht auch noch verlieren will wie seinen großen Sohn. Manchmal denke ich, mit UNSEREM Kind wird alles besser, was natürlich Quatsch ist, aber vielleicht bin ich ja dann nicht mehr so hart mir meiner Haltung dem Erik gegenüber.
Wer hat denn ähnliche Erfahrungen gemacht oder kann mir einen Rat geben? Das wäre toll!!!!
Grüße an alle, sonjaswie
Stiefkind
das ist hart zu lesen und natürlich eine schwierige Situation.
Zunächst denke ich, ist es wichtig zu akzeptieren, dass man nicht jedes Kind, nur weil es generell Kind ist oder eben das Kind des Partners, mögen muss. Es gibt Kinder, die sind zum an die Wand tackern und vielleicht gehört Dein Stiefsohn dazu.
Du solltest - vielleicht mit Hilfe von außen - mal aufarbeiten, wo Deine Abneigung begründet liegt. Mir scheint, Du hast treffend erkannt, dass Dein Stiefsohn sich mit der Situation arrangiert zu haben scheint, während Dein Sohn das nicht tut. Und dabei entwickelst Du Schuldgefühle, weil Du Dich für das Dilemma Deines Sohnes verantwortlich fühlst. Nur als Adressat für Deine Gefühle ist der Sohn Deines LG natürlich der Falsche.
Wenn ich jemanden nicht leiden kann, kann mir helfen, mir mal bewusst zu machen, was diese Person eigentlich Positives, Nettes, Liebenswertes an sich hat. Das dürfen ruhig Kleinigkeiten sein, zB die Art wie er seinen Vater anlacht oder wie er seinem jüngeren Stiefbruder einen freundschaftlichen Knuff gibt. All das kann helfen, das Kind im wärmeren Licht zu sehen.
Alles in Allem hast Du in meinen Augen nur eine Pflicht, und die heißt, Deinen LG nicht zwischen euch in eine "Wahlsituation" zu treiben. Diese müsste auch (zumindest wenn Dein LG Charakter hat) im Zweifelsfall für seinen Sohn ausfallen, denn der kann nichts für Deine Ablehnung. Und natürlich, dass Dein Stiefsohn die Wut gegen ihn nicht merken sollte.
Ich denke, die Ursprungsprobleme liegen eher in Deinem eigenen Sohn bzw. eurer Geschichte. Der Stiefsohn ist nur das Ventil.
Gut finde ich übrigens, dass Dein LG mit der KM des Kindes ein Wechselmodell hat. Dass das funktioniert und gut für den Jungen ist zeigt sich dadurch, dass er sich bei euch zu Hause auch wie "zu Hause" benimmt.
Wie ist denn der Umgang zwischen Deinem Sohn und seinem Vater?
LG Conny
Stiefkind
zunächst einmal vielen lieben für Deine lange und sehr hilfreiche Antwort. Ich fand es beeindruckend, wie treffend Du manche Dinge erkannt und beim Namen genannt hast. Deinen Tipp, nach positiven Seiten zu suchen, habe ich beherzigt und siehe da: der gestrige Tag und Abend waren richtig gut. Beim Abendessen war ich zum ersten Mal richtig locker! Ich habe versucht, meine Abneigungen mal eine Zeit lang zu vergessen und tatsächlich liebenswürdige Seiten an meinem Stiefsohn entdeckt. Erstaunlich war auch, wie anders er sich mir gegenüber verhalten hat, weil die Atmosphäre einfach viel besser war! Ich glaube tatsächlich, er mag mich, trotz allem! Bin richtig stolz auf mich und hoffe, dass ich diesen Umgang wenigstens ein wenig beibehalten kann. Mein LG hat es natürlich auch gemerkt und abends im Bett gesagt, wie schön er den Abend fand. Nachmittags war auch mein Sohn da, und die beiden sind auf der Straße zusammen Inliner gefahren. Da war ich einen Moment lang richtig glücklich. Vielleicht wird ja jetzt alles gut.
Hilfe von außen habe ich übrigens, seit Jahren gehe ich schon zur Gesprächstherapie. Aber irgendwie hat mir das alles nicht so geholfen wie Dein Verständnis und Deine Ratschläge. Man merkt halt doch, wenn jemand sozusagen näher dran ist. Dafür nochmals danke!
Zu Deiner Frage: das Verhältnis zwischen meinem Sohn und seinem Vater ist sehr eng, manchmal habe ich das Gefühl, dass er ein wenig klammert, obwohl er mit seiner neuen Frau letztes Jahr im September noch ein Kind bekommen hat. Das ist für Simon übrigens kein Problem, im Gegenteil, er würde sich auch freuen, wenn ich noch eins bekäme. Er ist eben schon größer und hat da, soweit ich es beurteilen kann, da nicht mehr eifersuchtsgefährdet. Aber mein Exmann kann meiner Ansicht nach den Simon nicht so richtig loslassen, und das ist natürlich auch nicht ganz ideal. Nur kann ich da wohl wenig Einfluß nehmen. Er war übrigens sofort nach unserer Trennung mit der neuen Frau zusammen, Simon hatte dadurch nicht wie bei mir erstmal eine Zeit mit seinem Vater allein. Naja, alles etwas kompliziert.
Da ich jetzt nicht mehr unbeobachtet bin, mache ich mal Schluß....
Also nochmal ganz lieben Dank und hoffentlich bis bald mal wieder, liebe Grüsse,
Sonja
Stiefkind
danke für die vielen lobenden Worte, da werde ich ja :-[
Ich freue mich, dass Du da eine positive Tendenz erkannt hast, bzw. einen möglichen Weg aufwärts! Ich drücke Dir die Daumen, dass ihr das schafft!
LG Conny
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