Hallo ihr
Ich bin neu hier und hatte erst vor kurzem eine Fehlgeburt in der 8. SSW und würde mich gerne mit euch austauschen bzw. meine Geschichte von der Seele schreiben.
Ich bin Mitte 20 und habe im Dezember, ein paar Tage nachdem mein Freund sich von mir getrennt hat, erfahren, dass ich schwanger bin. Zuerst war es ein riesen Schock für mich, bin mit meinem Studium noch nicht ganz fertig und habe erst im Oktober eine neue Arbeit angefangen, die mir wahnsinnig gut gefällt. Dazu kam noch, dass sich mein Freund von mir getrennt hat. Trotz allem habe ich nicht mal darüber nachgedacht das Kind abzutreiben.
Zuerst habe ich niemanden etwas gesagt, es fiel meinen Mitmenschen aber nicht schwer zu merken, dass ich schwanger war, da ich (anscheinend äußerst ungewöhnlich für mich) keinen Alkohol mehr getrunken habe und das Rauchen eingestellt habe. Als meine Freundin mich darauf in der 5. SSW angeredet hat, habe ich es ihr bestätigt. Sie meinte ich soll mit meinen Eltern darüber reden, was ich dann auch getan habe. Diese konnten sich das auch schon denken, und damit hätt ich eigentlich nicht gerechnet, die haben sich wahnsinnig gefreut, sowie mein Bruder auch. Langsam habe ich mich dann mit dem Gedanken abgefunden Mutter zu werden und fing selbst an mich zu freuen, bestellte Strampler von meiner lieblings Fußballmannschaft und habe mich erkundigt, welche Möglichkeiten es als Studentin mit Kind gibt.
Meine Mutter meinte allerdings, dass ich es meinem Ex-Freund auch sagen sollte. Auch wenn er nichts mehr mit mir zu tun haben wollte und einfach von einem auf den anderen Tag still und heimlich verschwunden ist, meinte sie, dass er ein Recht darauf hat es zu erfahren. Daraufhin habe ich es ihm per Nachricht geschrieben (persönlich ging in diesem Fall nicht, da er weder abhebte noch sich auf ein Treffen mit mir einließ). Auf meine Nachricht kam nichts zurück, wunderte mich aber nicht, da ich ihm auch gesagt habe, dass ich nichts von ihm erwarte und es verstehe, dass es ein Schock für ihn ist. Am nächsten morgen ist er plötzlich vor meiner Tür gestanden, mit einem Schwangerschaftstest... na gut, das war zu erwarten, ich konnte ihn auch verstehen, dass er sich sicher sein möchte, dass ich nicht lüge. Somit habe ich ihm - wie er es wollte - meinen Urin gegeben und er ging daraufhin ins Auto um dort den Test durchzuführen. Ich dachte mir anfangs nichts dabei. Als er zurück in die Wohnung kam, war er total beleidigend und meinte, dass der Test negativ ist (er hat es mir auch gezeigt). Ich war total schockiert und wusste gar nicht was sagen. Er meinte nur, dass er mit dem "Fratz" sowieso nichts zu tun haben will und dass ich eine Lügnerin bin, er keine Ahnung hat wie viele "Fratzen" von ihm es auf der Welt schon gibt und ich es abtreiben sollte. Kurz darauf ist er dann gegangen und hat noch gemeint, dass ich irre bin und er nicht mal weiß ob das Kind überhaupt von ihm ist (was absolut unbegründet ist, da natürlich nur er in Frage kam).
Danach war ich total fertig und wusste gar nicht mehr was ich machen soll. Ich fuhr nochmal in die Apotheke und kaufte weitere 6 Tests, welche alle positiv waren, und machte einen Termin bei der Frauenärztin aus. Danach fing ich langsam an zu überlegen, ob er den Test vielleicht manipuliert hat, da es mir dann auch komisch vorgekommen ist, dass er den Test im Auto gemacht hat. Aber das werde ich wohl nie herausfinden. Habe ihn dann geschrieben, dass er einen Brief von meiner Kanzlei zu erwarten hat, sobald das Kind da ist und ich dann gerne einen Vaterschaftstest machen werde und habe ihn daraufhin dann blockiert.
Mein Bruder hat gemeint, dass das Kind nicht so einen bescheuerten Papa brauch, da es den besten Onkel der Welt hat und er immer da sein wird. Dasselbe hatten auch meine Freunde und meine Eltern gesagt. Da ging es mir eigentlich wieder besser und ich dachte mir, dass sie eigentlich eh alle recht haben.
Da ich auch zu Silvester keinen Alkohol getrunken habe, wussten so ziemlich alle meine Freunde bescheid. Ich habe mich dann wirklich gefreut und konnte es kaum erwarten.
Im Jänner dann hatte ich wieder einen Termin bei der Frauenärztin. Ich freute mich richtig darauf, da man bei diesem Termin anscheinend schon mehr sehen und den Herzschlag des Kindes hören kann. Kurz vor dem Termin hatte ich Blutungen, jedoch ohne Schmerzen, deshalb habe ich mir nicht allzuviel gedacht und auch google meinte, dass das normal sein kann. Als ich dann kurz danach bei der Frauenärztin war, hat sie beim Ultraschall einen merkwürdigen Gesichtsausdruck gemacht und gesagt: Sieht nicht so aus, wie es in der 8. SSW ausschauen sollte. Es wurde Blut abgenommen und was weiß ich noch alles. Dann wusste ich, dass ich das Kind verloren habe. Ich war total fertig und habe auch gleich meine Mutter angerufen. Diese kam am Abend vorbei und brachte mir eine Schokolade (das einzige was ich in der Schwangerschaft essen konnte war Süßes, alles andere ging nicht, da mir da sofort schlecht wurde) und versuchte mich zu trösten.
Am nächsten Tag bin ich in die Arbeit gegangen, da ich mir nicht vorstellen konnte zu Hause rumzusitzen. Ausschaben musste ich nicht, von daher war es gesundheitlich in Ordnung arbeiten zu gehen, obwohl es kein Problem gewesen wäre, mich längere Zeit krank zu schreiben. Ich versuchte mich in der Arbeit abzulenken und lernte jede freie Minute auf meine Prüfung, welche ich Ende Jänner hatte.
Meinen Freunden gab ich erst ein paar Tage später bescheid, da ich nicht darüber reden wollte und ich habe ihnen auch gesagt, dass ich mich melden würde, falls ich etwas brauche, ich ansonsten aber eher meine Ruhe will. Das haben sie auch akzeptiert. Ich fing an, jeden Tag Sport zu machen und jede freie Minute zu lernen. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass es mir damit besser ging. Nur hatte ich ständig Angst, dass ich meinen Ex-Freund treffe, während ich ein Bier trinke oder eine Zigarette rauchte und das machte mich wahnsinnig. Eigentlich konnte mir doch egal sein, was er denkt, was er macht und ob er mich dann blöd anreden würde. Dennoch habe ich ihm dann im Februar, nachdem ich die schriftliche Prüfung bestanden habe und feiern ging, geschrieben, dass ich das Kind verloren habe, ich mit ihm nie wieder etwas zu tun haben will, da er sich verhalten hat, wie der letzte Mensch und ich ihm das nur sage, damit ich mit der ganzen Geschichte abschließen kann. Ich war der Meinung ich brauch das.
Danach habe ich mich wieder auf die mündliche Prüfung im März konzentriert und auf diese hin gelernt. Dabei hatte ich von Tag zu Tag das Gefühl, dass es mir besser geht.
Als ich vor 2 Wochen meine Prüfung hatte und diese bestanden habe und danach nichts mehr zu lernen hatte, ging es mir immer schlechter. Ich versuchte mehr Sport zu machen, aber ich hatte so eine Wut in mir, eine Wut auf meinen Ex-Freund, dass ich das alles alleine durchstehen musste, eine Wut auf mich und auf alles andere.
Eigentlich war ich immer der gemütliche Typ, wenn etwas schief gelaufen ist, habe ich erstmal die Lage gecheckt bevor ich mich aufregte und immer alles ganz gelassen genommen. Nun ist es aber so, dass ich mich über Sachen ärgere, die mich gar nichts angehen. Auch bin ich extrem schnell aggressiv und beleidige ständig Menschen, dass sogar meine Mutter meinte, sie erkennt mich nicht wieder.
Richtig über die ganze Geschichte geredet habe ich noch mit niemanden, bin nicht der Typ, der gerne über etwas redet. Musste aber erkennen, dass verdrängen in diesem Fall nicht hilft und deshalb schreibe ich euch hier jetzt.
Ich weiß, dass es alles Zeit braucht, aber so wie ich derzeit bin möchte ich selbst nicht sein. Wie lange hat es denn bei euch gedauert bis es etwas besser ging? Hattet ihr auch eine solche Wut auf alles?
Ich freue mich sehr über eure Erfahrungen zu lesen und bedanke mich jetzt schon fürs lesen und antworten. Danke