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Abschied nehmen von Fitus: ein Erfahrungbericht mit Cytotec - missed abortion in der 11. SSW

Hallo zusammen,

da mir selber einige Erfahrungsberichte während meiner Fehlgeburt geholfen haben, möchte auch ich meine Erfahrungen mit Cytotec mit euch teilen. Der Bericht ist sehr ausführlich geworden, bitte verzeiht mir, wenn er zu lang geworden ist! Ich habe diesen Text ursprünglich für mich selber geschrieben, da es mir beim Verarbeiten, aber auch später zum Erinnern hilft. Ich hoffe, dass ich Frauen hiermit auch helfen kann, weshalb ich mich für die Veröffentlichung entschieden habe! Wenn du in einer ähnlichen Situation bist und Fragen hast, kannst du mich gerne kontaktieren!

Ich nehme euch mit auf unsere leider viel zu kurze Reise mit unserem kleinen Wunder Fitus:

Freitag, der 15.01.:

Ich habe meinen ersten Frauenarzttermin und bin ganz schön nervös. Im Ultraschall darf ich zum ersten Mal unser kleines Wunder sehen. Es ist 2,2 cm groß und das Herz schlägt kräftig und regelmäßig. Meine Ärztin sagt mir, dass ich in der 9.SSW bin. Sie möchte mich 2 Wochen später nochmal zur Kontrolle sehen.

Freitag, der 29.01.:

Mein nächster Frauenarzttermin steht bevor. Meine Frauenärztin fragt mich nur ganz kurz, wie es mir geht. Ich habe keinerlei Beschwerden oder Veränderungen zur bisherigen Schwangerschaft gemerkt und so sagt sie, dass wir uns direkt das Kind ansehen. Direkt zu Beginn des Ultraschalls werde ich nervös, weil das Bild genauso aussieht wie zwei Wochen vorher. Meine Frauenärztin ist ganz still und ich werde immer unruhiger. Und dann kommt die schockierende Diagnose: es gibt keinen Herzschlag mehr und der Fötus ist nicht mehr gewachsen. Meine Ärztin sagt mir, dass es kurz nach der letzten Untersuchung passiert sein muss. Ich bin vollkommen schockiert und als ich wieder ein erstes Wort unter all den Tränen finde, kann ich nur fragen: „was muss ich jetzt machen?“. Ich bin vollkommen überfordert. Meine Ärztin sagt mir, dass sie mir einen Termin im nahegelegenen Krankenhaus vereinbart und dort wird geschaut, ob es noch medikamentös gemacht werden kann. Sie fragt mich, ob ich direkt heute noch dorthin möchte oder erstmal übers Wochenende nach Hause möchte. Ich habe um einen Termin am Montag gebeten, möchte diese Diagnose erstmal mit meinem Partner verarbeiten, bevor ich weitere Schritte gehen kann. Immerhin ist meine Ärztin so sensibel, dass sie mich fragt, ob ich jemanden anrufen möchte, der mich abholen kommt. Eine Aufklärung über meine Möglichkeiten bekomme ich leider nicht. Sie vereinbart mir lediglich einen Termin für Montag morgen im Krankenhaus und verabschiedet mich mit dem Hinweis, dass ich zu diesem Termin nüchtern erscheinen muss. Mein Partner kommt mich in der Praxis abholen und bittet mich direkt darum, dass wir eine Zweitmeinung einholen. Er möchte nicht wahrhaben, was ich ihm sage. Ich kann ihn verstehen, denn er hatte nicht die Möglichkeit es mit seinen eigenen Augen zu sehen. Den fehlenden Herzschlag kann ich nicht vergessen. Als wir nach Hause kommen, vereinbart er einen Termin bei meiner früheren Frauenärztin in meiner Heimat. In dieser Zeit überlege ich, warum ich zu dem Termin im Krankenhaus nüchtern sein muss und bekomme Panik, dass das eine Vollnarkose bedeuten muss. Inzwischen haben wir für Montag einen Termin bei meiner früheren Frauenärztin und den Krankenhaustermin auf Dienstag verschoben. So langsam trauen wir uns „missed abortion“ zu googeln. Wir bekommen die ersten Informationen, dass ich tatsächlich nüchtern zum Krankenhaus soll, weil eine Ausschabung mit einer Vollnarkose einhergeht. Wir lesen aber auch, dass wir andere Optionen haben: abwarten, bis mein Körper die Fehlgeburt bemerkt und selber abstößt oder die Abstoßung mit Medikamenten einleiten (damit war für mich auch geklärt, was meine Frauenärztin damit meinte, wenn geschaut wird, ob es noch medikamentös möglich ist). Am Wochenende haben wir noch viel Zeit und recherchieren weiter. Wir tendieren zur medikamentösen Variante. Ich weiß nicht, ob ich es aushalte, bis zum natürlichen Abgang zu warten, der bis zu ein paar Wochen dauern kann. Bei der Ausschabung haben ich schreckliche Angst vor der Vollnarkose und dass bei dem Eingriff etwas in meiner Gebärmutter verletzt wird und ich später keine Kinder mehr bekommen kann.

Montag, der 01.02.:

Wir haben unseren Termin bei meiner früheren Frauenärztin. Mein Partner kann glücklicherweise dabei sein und die Ärztin nimmt sich sehr viel Zeit für uns. Die Diagnose kann sie leider nur bestätigen, aber sie klärt uns in Ruhe über unsere Möglichkeiten auf und beantwortet all unsere Fragen. Sie erklärt uns ebenfalls die beiden chirurgischen Eingriffe: Ausschabung und Absaugung. Für uns steht in diesem Moment fest, dass wir eine Absaugung machen lassen wollen, falls wir den chirurgischen Eingriff machen lassen (müssen). Sie beruhigt mich auch für den morgen anstehenden Termin: in meiner Vorstellung liege ich nach der Untersuchung direkt auf dem OP-Tisch, weil ich nüchtern sein muss. Dies wird nicht so sein, auch im Krankenhaus müssen sie mich aufklären und ich habe Zeit zu entscheiden, was ich machen möchte. Ich spreche am Abend noch mit einer befreundeten Hebamme. Sie empfiehlt mir den chirurgischen Eingriff, bietet mir aber auch an, sich zu informieren und mir Tipps zu geben, wenn ich mich für die medikamentöse Variante entscheide. Nach diesen Expertenmeinungen ist unsere Sicht auf den Eingriff nicht mehr so negativ, aber für uns kommt nur eine Absaugung in Betracht.

Dienstag, der 02.02.:

Heute steht der Termin im Krankenhaus an, ich bin sehr nervös. Am Eingang dann die erste für mich schreckliche Nachricht: wir hätten die Begleitung durch meinen Partner anmelden müssen und ich muss alleine auf die Station. Ich habe riesige Angst, diese Entscheidung alleine treffen zu müssen und gegebenenfalls die Operation alleine durchstehen zu müssen. Ich gehe auf die Station und spreche mit einer jungen Assistenzärztin. Sie sagt mir direkt, dass es in der 12. SSW, in der ich mittlerweile bin, nicht mehr medikamentös geht. Sie empfiehlt eine Ausschabung. Ich frage nach einer Absaugung und sie sagt mir nur, dass sie das nicht machen und dass in den meisten Fällen danach sowieso ausgeschabt werden muss. Bereits zu diesem Zeitpunkt fühle ich mich nicht sonderlich wohl in dieser Klinik. Ich frage die Ärztin, ob ich denn die Möglichkeit habe, abzuwarten. Sie antwortete mir, dass ich diese Möglichkeit hätte. Bei der Untersuchung kommt dann die Oberärztin hinzu. Sie empfiehlt in diesem Stadium auch direkt den Eingriff, die medikamentöse „Therapie“ würde mit einem zu hohen Blutungsrisiko einhergehen, auch abwarten könnte ich in diesem Stadium nicht mehr. Auf meine Frage, bis zu welchem Stadium ich denn noch die Medikamente hätte nehmen können, antworten sie mit 9. SSW. Ich verstehe das nicht genau, da mein kleines Wunder in der 9. SSW gestorben ist, und der Zustand meiner Gebärmutter und des Fötus der 9. SSW entspricht. Ich habe mir aber in den Kopf gesetzt, dass ich eine Absaugung haben möchte, wenn der Eingriff erforderlich ist und habe mich in meinem Kopf schon entschieden, dass ich in eine andere Klinik gehen muss. Die Oberärztin sagt mir dann, dass auch sie eine Absaugung machen, allerdings gerade erst in der Einführung sind. Dann werde ich gefragt, wie ich denn so drauf bin, ob ich den Eingriff heute, morgen oder übermorgen machen möchte. Ich bin vollkommen überfordert und fühle mich unwohl. Ich bitte darum, dass ich zu meinem Partner gehen möchte um mit ihm diese Entscheidung gemeinsam treffen zu können. Ich treffe meinen Freund unter Tränen an. Er ermutigt mich, dass ich nicht in dieser Klinik bleiben muss und wir in eine andere Klinik gehen können, wo ich mich auch wohlfühle. Die Assistenzärztin reagiert sehr abwertend auf meine Entscheidung und ich fühle mich damit in meinem Gefühl bestätigt; in dieser Klinik möchte ich mich nicht behandeln lassen.

Wir fahren noch am gleichen Tag in eine andere Klinik. Hier fühle ich mich direkt ganz anders aufgenommen. Die Ärztin nimmt sich viel Zeit für mich und ist sehr einfühlsam. Sie klärt mich über alle Möglichkeiten auf und ist die erste, die mich nach meinem eigenen Bauchgefühl fragt. Ich erzähle ihr, dass ich eigentlich unbedingt die medikamentöse Einleitung haben wollte, aber jetzt natürlich verunsichert bin, da mir in dem anderen Krankenhaus Angst vor den Blutungen gemacht wurde. Sie ermutigt mich, dass es definitiv ein Versuch wert ist und sie gute Erfahrungen mit den Medikamenten gesammelt haben. Sie klärt mich über das Medikament auf und bietet mir an, dass ich auch zur Kontrolle nach einer Woche in das Krankenhaus kommen kann. Ich gehe sehr erleichtert aus diesem Termin heraus und bin sehr glücklich, dass wir uns noch für das andere Krankenhaus entschieden haben.     

Mittwoch, der 03.02.:

Heute morgen muss ich zu meiner Frauenärztin, da ich Rhesus-negativ bin und eine Rhesus-Prophylaxe benötige. Eine Freundin begleitet mich und wir gehen anschließend noch einkaufen. Ich kaufe mir alles, worauf ich Lust habe und was mir Kraft für die nächsten Tage gibt. Mittags bin ich zu Hause und nehme die Tabletten: insgesamt 4 Tabletten Cytotec (2 Stück oral und 2 Stück vaginal). Ich lege mich aufs Sofa und gucke zwei Filme. Langsam setzen die Schmerzen ein und ich fange leicht an zu bluten. Bis zum Abend werden die Schmerzen sehr stark, aber die Blutungen bleiben relativ leicht. Ich gehe immer wieder auf die Toilette, wenn ich das Gefühl habe, dass ich anfange zu bluten. Plötzlich kommt eine Menge Wasser aus mir heraus, ich vermute, dass es das Fruchtwasser war. Anschließend verlässt ein kleiner Gewebeklumpen meinen Körper. In Erfahrungsberichten habe ich gelesen, dass die Blutungen immer stärker wurden und viel Gewebe „wie ein Schwall“ herauskam, das passiert bei mir nicht. Ich warte unter Schmerzen vergeblich darauf, dass auch meine Gebärmutter sich „entleert“, es passiert allerdings nicht viel. In der Nacht werden die Blutungen immer weniger. Ich bin sehr verunsichert, ob das Medikament nicht bei mir wirkt, erinnere mich aber daran, dass die Ärztin gesagt hat, dass die Wirkung in 2-4 Stunden eintreten kann, es aber auch bis zu 7 Tage dauern kann. Sollte es bis dahin nicht erfolgreich sein, kann man auch noch einen Versuch starten. Ich versuche mich zu beruhigen.

 

Freitag, der 05.02.:

Heute habe ich recht gute Laune, wie auch gestern. Ich blute allerdings kaum, ich habe nur leichte Schmierblutungen. Ich bin froh, dass ich mich nicht verrückt mache, aber natürlich schleicht sich immer wieder der Gedanke in meinen Kopf, dass die Abstoßung „nicht funktioniert“ und ich doch den Eingriff machen lassen muss. Ich erinnere mich immer wieder an meine Ärztin, dass es durchaus ein paar Tage dauern kann, bis die Wirkung eintritt.

Sonntag, der 07.02.:

Meine Stimmung hat sich sehr verändert. Seit gestern geht es bergab und heute ist mir ständig zu weinen zu Mute. Ich habe keine Lust irgendetwas zu unternehmen. Mein Partner versucht mich zu einem Spaziergang zu motivieren, aber er hat keine Chance. Ich bin genervt und ungeduldig, da ich kaum noch blute. Ich möchte endlich abschließen können. Mein Partner unterstützt mich sehr und kann mich immer wieder beruhigen. Vielleicht sinkt gerade mein Hormonspiegel und daher kommen diese Stimmungsschwankungen. Wir versuchen die Hoffnung nicht aufzugeben, dass mein Körper einfach etwas mehr Zeit braucht.

Montag, der 08.02.:

Letzte Nacht haben die Schmerzen deutlich zugenommen. Sie sind gekommen und gegangen wie Wehen. Mich packte wieder die Hoffnung, dass es jetzt endlich losgehen würde. Es hat auch etwas mehr geblutet. Ich dachte, ich müsste diese Nacht durchhalten und dann wäre es durchgestanden. Doch irgendwann bin ich eingeschlafen und am Morgen war nichts mehr: keine Schmerzen mehr und  wieder nur Schmierblutungen. Wir müssen uns wohl von dem Gedanken lösen, dass es irgendwann „losgeht“. Vielleicht stößt mein Körper einfach nach und nach alles ab. Am Donnerstag habe ich einen Kontrolltermin bei meiner Frauenärztin. Wir entscheiden uns dazu, diesen Termin abzusagen und einen Kontrolltermin im Krankenhaus zu machen, da für uns klar ist, dass bisher nicht wirklich viel passiert ist und wir weiterhin eine Behandlung im Krankenhaus benötigen. Wir besprechen, dass wir es dann nochmal medikamentös versuchen wollen, aber auch direkt für die nächste Woche einen Termin für die Absaugung machen wollen. Irgendwann wollen wir auch abschließen und ich bin zurzeit sehr ungeduldig. Unsere Nerven liegen langsam wirklich blank.

Donnerstag, der 11.02.:

Heute ist endlich der Tag der Untersuchung. Wir haben uns in den letzten Tagen sehr auf diesen Tag „gefreut“, weil er für uns endlich Fortschritt bedeutet. Danach geht es weiter und dieses ewige Warten auf eine Blutung ist vorerst vorbei. Und dann kam die riesige Überraschung: im Ultraschall ist meine Gebärmutter leer, mein Körper hat alles abgestoßen. Mich durchströmen Glücksgefühle und ich bin unendlich erleichtert. Ich rufe danach direkt meinen Partner an und mir kommen dabei Glückstränen. Ich denke noch, wie verrückt es ist, dass ich mich jetzt darüber freue, dass nichts mehr in meiner Gebärmutter ist und 2 Wochen vorher war es der absolute Horror zu erfahren, dass unser kleines Wunder in mir gestorben ist und wir nun entscheiden müssen, wie wir unser geliebtes Wunder „verlieren“ möchten. Rückblickend habe ich für mich genau die richtige Entscheidung getroffen. Wir konnten uns verabschieden und im heimischen Umfeld bleiben. Mir ist bewusst, dass es auch anders hätte laufen können, mit starken Blutungen, Schmerzen, Kreislaufkollaps, notfallmäßige Krankenhauseinweisung etc. Man muss sich diesen Weg zutrauen und ich kann mir vorstellen, dass es Frauen gibt, für die eine Ausschabung bzw Absaugung der beste Weg ist. Ich kann nur sagen, dass ich sehr froh bin, nicht auf die erste Klinik gehört zu haben und meinem Bauchgefühl gefolgt bin.

Nächste Woche muss ich nun noch einmal zu meiner Frauenärztin um den ß-HCG-Wert bestimmen zu lassen, um auf Nummer sicher zu gehen.

Ich hoffe, dass ich einigen Frauen hiermit Mut geben kann, auf ihr Bauchgefühl zu hören und den Weg zu gehen, den sie für sich als besten ansehen!

Bisherige Antworten

@ Fitus

Hallo Fitus,

erst einmal tut es mir sehr leid, dass Du eine Fehlgeburt hattest.

Trotzdem ist es schön, dass Du dir trotz der momentan schweren und bangen Zeit die Mühe gemacht hast Deinen Erfahrungsbericht mit uns zu teilen. Ich bin mir sicher, dass das vielen Frauen die still mitlesen und vor eine solchen Entscheidung stehen eine große Hilfe ist.

Ich wünsche Dir alles Gute und hoffe, Du wirst Deinen Verlust gut für Dich verarbeiten können.:IN LOVE:

Viele Grüße

Victoria

Re: Abschied nehmen von Fitus: ein Erfahrungbericht mit Cytotec - missed abortion in der 11. SSW

Hallo Fitus,

 

Danke, dass du diesen Erfahrungsbericht geteilt hast. Ich fand es sehr interessant, da ich selbst eine Ausschabung hinter mir habe. Es ist wirklich schrecklich, dass die Ärzte fast immer mit der Ausschabung kommen und nicht richtig aufklären, als ob man wegen der Diagnose plötzlich keine Entscheidungen für seinen Körper und sein Kind mehr treffen könnte.. (ja, manche können es vielleicht nicht, aber dann kann die Ärztin einem immer noch ein paar Tage Zeit geben oder eine Empfehlung aussprechen). Ich fand diesen Zwang, dieses Gefühl keine Wahl zu haben, traumatischer als die Diagnose selbst.

 

Daher muss ich sagen, ich finde es bewundernswert, wie du für dich und deine Entscheidung eingestanden bist. Andere Ärztin, andere Klinik - du bist wirklich stark gewesen. Ich habe das nicht geschafft, im Nachhinein fand ich die Ausschabung aber ok, da ich dadurch besser abschließen konnte (oder rede ich es mir nur schön?).

 

Ich finde, du bist eine starke Frau und ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft. :THUMBS UP:

 

Liebe Grüße,

Kassy

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