... oder das Leben mit einem (Klein)Kind
Dass Kinder immer wieder die gleichen Filme gucken wollen ist bekannt, dass Mama das gleiche Buch immer wieder vorlesen muss ist auch nix Neues.
Was mich aber immer fast an meine Grenzen bringt ist, dass ich diese Bücher auch nach dem 10. Mal immer wieder GLEICH (also gleiche Intonation, gleicher Gesichtausdruck, gleiche
Pausen etc.) vorlesen muss, sonst ist mein Kind irritiert.
Mittlerweile komme ich mir vor wie eine Burgschauspielerin bei der 167. Vorstellung. Ich kann alles auswendig, habe sicher durch meine überzogene (da vom Kind geforderte) Mimik schon ein paar Falten mehr im Gesicht und keine Maskenbildnerin oder Kosmetikerin, die mir vor und nach dem Auftritt eine Lymphdrainage verpasst und mir mit ihren streichelzarten, geübten Händen die Falten mit einer sündhaft teuren Ampullenkur wieder wegzaubert.
Was meine täglichen Gesangseinlagen angeht: Auch hier stehe ich meinen Mann bzw. meine Frau und beklage mich nicht, dass ich die Lieblingslieder meines Kindes mehrere Male von vorne bis hinten (oder mit Eigenvariationen) singen muss. Nein, ich lasse es mir nicht anmerken und singe auch beim 5. mal „Hänsel und Gretel“ voller Inbrunst, bedecke meine Augen (es war so finster) und umfasse und schüttle mich (und auch so bitterkalt). Ich wette, meine Tochter denkt, ich hätte einen Heidenspaß dabei. Vielleicht verlangt auch gerade deshalb immer wieder ein Encore?
Meine Mutter – selbst eine Spätgebärende – hat mir immer wieder erzählt, ich hätte sie jung gehalten. Naja, in meinen Augen war sie (wie jede Mutter eines Teenagers) steinalt, reaktionär und senil. Sollte meine Tochter dies einmal zu mir sagen, werde ich es also nicht persönlich nehmen.
Allerdings stimmt die Theorie, dass Kinder jung halten, das kann ich ausnahmslos bestätigen.
Natürlich gilt dies nur, wenn nicht eh schon Hopfen und Malz verloren ist, denn einen zugestaubten Geist kann auch kein Kind mehr entstauben. Und natürlich wird man nicht gleich eine ganze Generation jünger, aber wenn man sich darauf einlässt, dann tun sich ungeahnte Möglichkeiten auf:
1. Man entwickelt die o.a. schauspielerischen Fähigkeiten und das nicht nur beim Vorlesen:
- man lässt sich stundenlang die Haare kämmen und mit allerlei Spangen und Haarbändern verzieren, muss zig-Mal zum Spiegel dackeln und dabei jedes Mal vor Entzückung kreischen, weil man so toll aussieht (peinlich ist es nur, wenn man die Dinger im Haar vergisst und der Postbote steht vor der Tür)
- man lässt sich vom Kind die Ohren säubern und bestaunt die (nichtvorhandene) Riesenmenge an Ohrenschmalz
- man streichelt nichtvorhandene Vögelchen, Lämmchen, Kätzchen und baut ihnen ein Kuschelbettchen
- man trinkt auch den 15. Tee/Kaffee, den das Kind im Kinder-Plastikgeschirr für einen zubereitet hat mit einem lauten „Aaaaah, der war lecker“, nachdem man zig-Mal die Temperatur dieses Gebräus durch an-die-Wange-halten-pusten-an-die-Wange-halten geprüft hat und dann – lt. Kind – trinken durfte
2. Man entwickelt ungeahnte (wohl latent vorhandene) Phantasie:
- man reicht dem kürzlich gekauften, aufblasbaren Ferkel (von Winnie Pooh) ein eigenes Badehandtuch, damit dieses nach dem gemeinsamen Bad mit dem Kinde eingemuckelt ist (und man das Kind dazu bewegen kann, ohne großes Gekreische und Gezeter aus dem Bade auszusteigen).
- man erfindet die Geschichte einer „Babymotte“, weil eine Motte sich im Auto befindet, das Kind mit ihr spielen will, diese Motte aber das Weite sucht und das Kind untröstlich ist (so wurde aus der Motte eine Babymotte, die ihre Mama sucht und dabei so müde wurde, dass sie sich in einem Ritz im Auto-Inneren zum Schlafen gelegt hat – hmmm... logisch, oder?)
- Man hängt so ein kleines Wäschegestell für die Heizung in die Spalten der Balkonverkleidung und deklariert dieses feierlich im Beisein des Kindes als Kinderwäscheständer, der auch eifrig genutzt wird
3. Man kann Sachen machen, die man sonst nie machen würde:
- zu lauter Musik tanzend durch die Wohnung, mit dem Arsch wackelnd, weil das Kind gerne zu lauter Musik tanzt und dem Kind eh egal ist, ob Mama einen dicken oder dünnen Arsch hat (und das sogar, wenn Besuch da ist).
- Man kann mit Flecken auf dem T-Shirt rumrennen, ohne gleich als Schlampe abgestempelt zu werden. Selbst wenn man selber mit Eis oder anderen Speisen gekleckert hat – es war immer das Kind, das einen besuhlt hat, gell?
- Man kann im Freibad mal wieder so richtig „die Sau rauslassen“ ohne schief angesehen zu weden (das wird man trotzdem von einigen Müttern – die haben eindeutig was verpasst): Tauchen, Handstandmachen, sich unter den Wasserpilz stellen und kreischend die Abenteuerrutsche runterdüsen und ins Landebecken reinplatschen
Man könnte noch viel mehr schreiben und mir fällt gerade auf, wie schade ich es finde, dass ich es mir nicht zur Routine gemacht habe, die lustigen Momente jedes Mal kurz zu notieren. Vielleicht mache ich es ab jetzt.
Vielleicht lese ich sogar in diesem Forum mal von ähnlichen Sachen – mich interessiert so was nämlich – ist es doch lustig.
Ich bin bestimmt nicht die geborene Vollzeitmutti. und mein Kind nervt nicht mehr oder weniger als die anderen Altersgenossen und bringt mich ab und zu fast zur Verzweiflung.
Aber: sie ist die einzige Person, die jedes Mal lacht, wenn ich pupsen muss....