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@heidrunche *einschleich aus Sep./Okt.2010*

Liebe Heidrun,
ich hab schon gestern gelesen, was mit dir bzw. bei dir los ist und leider hatte ich nicht die Kraft dir zu schreiben. Es tut mir unendlich leid, was da gerade passiert und ich weiß,wie sehr du dir dieses Kind gewünscht hast und dass Worte da nur schwer trösten können. Es ist einfach unvorstellbar, welch unsagbares Leid du gerade durchmachen musst. Ich wünsch dir für die bevorstehende Zeit ganz ganz viel Kraft, ich wünsch dir den Mut richtige Entscheidungen zu treffen und ich wünsch dir, dass irgendwann irgendwie ein Wunder geschieht. Ich kann mir vorstellen, dass du zur Zeit ziemlich, kraftlos bist und auch wenig Freude in dir trägst, aber wenn es dir schlecht geht, dann schau in die wunderschönen Augen, deiner Wilma und freu dich, dass du sie hast und sie gesund ist. Sie braucht dich und sie mag ihre Mama bestimmt nicht traurig sehen. Du bist eine echt starke Frau und ich weiß du wirst diese schlimme Zeit überstehen. Fühl dich ganz ganz sehr gedrückt auch im Namen der Mädels aus Sep./Okt. 2010. Wir denken an dich.
LG Caro
Bisherige Antworten

an die lieben Mitfühlenden

Hallo allseits,
vielen lieben Dank an euch alle dafür, dass ihr mich ein bisschen zu trösten versucht hat und das ist ein sehr schönes Gefühl, das einem das alles schon etwas erleichtert und mich ehrlich rührt. Ihr habt euch so Mühe gegeben, Worte zu finden und ich denke, ich werde die noch oft lesen. Auch wenn ich es jetzt nicht schaffe, individuell zu erwidern.
Da viele heute an mich gedacht haben, versuche ich es noch euch mitzuteilen, was war.
Ich habe schlimme Tage hinter mir, auch weil die mit so viel ballastigem und anderem - jetzt in dieser Situation einfach ärgerlichen - Zeugs angefüllt waren, dass ich gar keine Zeit hatte, wirklich zu mir zu kommen. Heute früh hatte ich ja noch einen Gerichtsprozess und mir ging das Messer in der Tasche auf, wie verkehrt die Welt ist, wenn ich gezwungen bin, einen solchen Termin danach legen zu müssen... Mein Anwalt hätte das auch allein gemanagt und was ich nicht wusste, mit ärztlichem Attest wäre ich raus aus der persönlichen Ladung gewesen, er hatte es mir daher freigestellt und hätte es sicher auch ohne mich gut hingekriegt und ich habe erst heute früh entschieden, dass ich hingehe. Nora hatte mich bis zehn schlafen lassen und mir Wilmi abgenommen und dann fühlte ich mich in der Lage. Es ging um diese Katzenfarce, aber dazu inhaltlich hier nichts. Überhaupt schlimm, dass sich so ein konstruiertes Pillepalle dermaßen vordrängeln darf und einem eine solche intensive Beschäftigung einbringen.
Gestern habe ich meine Mutter im Heim besucht und unter extrem abgezirkelter Zeit "ihren" Kater mitgenommen, den sie dort leider nicht halten darf, aber es hat sich eine Pflegerin gefunden, die sich so verliebt hat - kein Wunder - in meinen Weltchampion und bereit war, mit ihm manchmal meine Ma zu besuchen, so dass er für sie nicht aus der Welt ist. Für mich wäre das auch unter normalen Umständen noch viel härter gewesen, ihn so zu verabschieden (er wird neun und den größten Teil seines Lebens war er hier und meiner und ich habe ihm alles zu verdanken, was ich züchterisch geworden bin), aber so hatte ich für den großen Abschiedsschmerz kaum Platz (zumal es ja eine super Lösung war, trotzdem) und habe das ziemlich mechanisch erledigt.
Vorgestern war ich dann auch beim Weihnachtsessen und zuvor beim Präsidenten und es war gut. Er hatte vollstes Verständnis, war ehrlich betroffen und ich kriege meine Stelle wieder (das ist ja alles auch nicht ohne, weil ich in eben diesem Hause heftig gemobbt wurde). Ich habe sogar den Smalltalk mit den (größtenteils uneingeweihten) Kollegen ganz gut hinbekommen. Der P hat mich noch gefragt, ob ich denn in der Lage sei, da jetzt mitzukommen. Und ich habe gemeint, wenn es mich übermannen würde, täte ich mich still verdrücken, war dann aber nicht nötig, trotzdem war ich die erste, die die Runde dann verließ.
Alles zusammen in drei Tagen war ein Mammutprogramm - wie ich solche Phasen immer wieder erlebe, ganz komprimiertes Intensiverleben.
Da ich so Extremsituationen ja kenne und nicht das erste mal erlebe, weiß ich auch um die Langzeitwirkung, gerade bei mir. Ich bin zunächst immer erstaunlich gefasst und realistisch und halte erstmal ne Menge aus, der emotionale Einbruch kommt oft verspätet. Als meine große Tochter krank wurde, war das erst ziemlich ein Jahr danach, als die Chemo im Krankenhaus vorbei war und es ihr sehr viel besser ging und die häufig drohende Gefahr zumindest nicht mehr so gewaltig war und erstmal ausgestanden schien, erst da habe ich schlapp gemacht, irgendwie ja auch gesetzmäßig und naheliegend. Und es wirkte geradezu paradox, mein damaliger Freund war in seinem gradlinigen Denken überhaupt nicht in der Lage das zu verstehen, sie hat das Schlimmste hinter sich und ich hänge nun so dermaßen durch, wo ich doch quasi keinen Grund mehr habe. Gut, den hatte ich auch bald abgeschafft. Meine Angst um meine Kinder, die schon vorher ausgeprägt genug war, ist wohl dann vor allem durch diese Zeit geprägt und nochmal sehr befördert worden, Angst ist die schlimmste Langzeitwirkung bei Eltern. Auch wieder ein Thema für sich...
Aber so verschlossen war ich emotional diesmal auch wiederum nicht, es hat mich schon laufend zwischendurch erwischt, das Weinen, beim Einkaufen und in den blödesten Momenten. Ich weiß auch, dass das die erste Schockphase ist und noch vieles nachkommen oder überhaupt erst kommen wird. Jetzt bin ich nur noch leer. Als wäre gerade kein Raum mehr für dolle Gefühle. Vor dem Juli graule ich mich, vor dem Abbruch, überhaupt vor der nächsten Zeit.
Was ich jetzt geschlafen habe, war grenzwertig. Habe mich oft noch bis in die Nacht "schlau gemacht". Und zwar nachgelesen, aber eigentlich hat sich dadurch innerlich nichts verändert, ich wusste gleich, dass es so sein wird, wie es ist und daran nicht zu rütteln ist. Und daher habe ich mir kaum Hoffnungen gemacht. Dazu bin ich dann doch zu pragmatisch. Also ich habe eigentlich jede Auffälligkeit einzeln abgeklopft auf eine vielleicht harmlosere Ursache und wusste doch, alles zusammen ist unverrückbar.
Und so ist es denn auch. Ich habe dem Arzt gleich gesagt, dass ich Bescheid weiß und überzeugt bin, dass es wohl eine Trisomie 18 ist und also haben wir ohne jeden Schmus und gemäßigt versachlicht alles besprochen. Es war derselbe Pränatalmediziner, bei dem ich mit Wilmi dreimal war und der jedes mal sagte: ich bin sehr zufrieden. Und dann meinte, ich solle mich mal melden, wenn das Kind da ist und berichten. Ich habe ihn dann voller Stolz auch wirklich mit Wilma besucht und er in den Kinderwagen gewundert.
Diesmal war Nora mit, meine Große und hat meine Hand gehalten. Es war das erste mal, dass sie dieses Ultraschallerlebnis hatte, das man ja kaum vermitteln kann, aber es war natürlich nicht "schön" sondern zwar schon eindrucksvoll, aber bitter. Wir beide haben ja den Umgang mit heftigen Sachen schon früh und über Jahre gewissermaßen sehr intensiv trainiert, deswegen weiß sie auch, was sie sich zumuten kann. Alles was seine Kollegin fand, konnte der Arzt nur bestätigen und das hatte ich auch so erwartet. Die Omphalocele ist groß, die Fehlbildungen der Arme ist definitiv, die Nackenfalte, die noch dicker geworden ist, wie der ganze Embryo größer. Beides jetzt etwas über 4 cm, gucke nicht mehr nach.
Ich habe viel gefragt und wir waren bei allem recht nüchtern und vollkommen offen - ich will das auch so, das war schon immer meine Art, mit diesen Dingen umzugehen. Was mich wirklich irritiert und das ist noch nicht ausgeräumt, ist die sehr schwankende Betrachtung in der Literatur, die enorme Spanne von Zahlen, wenn man sie denn überhaupt findet. So schnell holt es mich nun ein, vor ein paar Tagen erschien mir noch alles soo selten und unwirklich theoretisch. Jetzt sind wir allein hier auf einmal schon drei Fälle. (Also es könnte immer noch auch T 13 in Frage kommen, da erlebe man auch als Fachmann immer wieder Überraschungen, aber tendenziell schon T18, war meine erste direkte Frage, sieht er auch so, Kollegin hatte es ja offen gelassen). Meine neue Ärztin habe ich auch zum Alterszusammenhang gefragt und sie antwortete auch wie er und wie es mein Eindruck war, es kann genauso Jüngere treffen und ist seehr selten, es ist nicht so deutlich altersbezogen wie Down-Syndrom, geht aber schon mit den Jahren auch hoch, was eine Binsenweisheit scheint. Dennoch total wechselnde Zahlenangaben auch in der Literatur, wenn denn da überhaupt. Den Downbezug zum Alter findet man überall und der ist ja auch überdeutlich (und wird genau deshalb so betont und muss oft für alles herhalten), den von T 18 muss man suchen. Die eine konkrete Tabelle, die ich fand endete mit 42 und 1: sechshundert-irgendwas. In Fachartikeln Zahlen zwischen 100 und 800, widersprüchliche und ziemlich weite Differenzen. (Also irgendwie stehe ich Statistiken grundsätzlich speptisch gegenüber und das nicht erst seitdem ich im Studium dieses zunächst grauliche Fach mit 1,0 absolviert hab - in Mathe im Abi hatte ich immerhin ne vier und mich dann zehn Jahre später rehabilitiert). Also auch er hätte mir ja sagen können, wenn es so deutlich mit meinem Alter zu tun hätte, aber ist es so? Ich weiß es immer noch nicht. Als ich nicht locker gelassen habe, hat er aus seinem Computer die Zahlen von 1:50 für T 18 mit 44 gefischt, und 1:150 für T13 in diesem Alter. Das war nun doch wieder mehr als ich erwartet hatte.
In der Praxis wo vier Kollegen arbeiten und den ganzen Tag kaum anderes machen, hat jeder am Tag eine Auffälligkeit (alles zusammengenommen). In Berlin gibt es sechs oder sieben dieser Praxen. Wenn man das hochrechnet, ist alles irgendwie doch alltäglich.
Hilft mir jetzt auch alles nicht. Man versucht vielleicht eine etwas distanzierte Art gegen den Schmerz. Auf meine Frage, ob es auch eine körperliche Missbildung sein könnte, ja, das käme auch in Frage, sei zwar nicht sehr wahrscheinlich, dass nicht chromosomal (alles eben recht typisch) aber auch wiederum nicht im abwegigen Bereich. Die Omphalocele könne man behandeln, glaube ich sagte er, die Missbildung der Arme, wenn sie rein körperlich wäre, nicht, aber viele entwickeln auch damit Geschick.
Wenn dieser nicht so wahrscheinliche Fall tatsächlich eintreffen sein sollte, tendiere ich zum Austragen - aber auch dann müsse ich wissen, dass zu immer späteren Zeiten immer mehr gefunden werden kann und er mir das immer offen sagen würde und dass man aber auch längst nicht alles finden oder ausschließen kann...
Ansonsten ist das alles ja keine Entscheidungsfrage. Diese Kinder sind nicht lebensfähig und man hat keine Wahl. Er berichtete auch, wie furchtbar die Austragungen sind, wenn man ständig auf den Tod des Kindes warten muss und sie dann häufiger doch länger leben, als die Statistik meint. Das stelle ich mir auch schrecklich vor, deshalb ist das keine Alternative. Auch nicht darauf zu setzen, dass es in mir sterben möge Josa, wenn nicht bis jetzt, kann dieses Kalkül schief gehen und das bedeutet dann schlimmstenfalls am Ende doch Austragen. Irgendwie bestätigt sich ja wirklich wieder, dass meine Kinder offenbar sitzen und ich wohl nicht zu Fehlgeburten neige, wenn selbst dieses Kind nicht von selbst bisher gegangen ist. Ich werde mich nach der Untersuchung heute auch nicht schonen, denn nun kommt es ja nicht mehr drauf an, eine Fehlgeburt zu vermeiden. Das sind traurige Verschiebungen, ich wollte bisher sehr bewusst jede Punktion umgehen, weil mir ein Risiko von 1 % zu hoch ist... jetzt weiß ich nicht, ob ich sie nicht vielleicht sogar versuchen sollte zu provozieren, was ich aber irgendwie auch nicht ganz kann.
An allem das Furchtbarste für mich ist, dass ich mit der Entscheidung so unumgänglich sie auch scheinen mag, dennoch nicht drum herum komme, das Signal zu geben, das Kind, das in mir gewachsen ist zu töten. Ich glaube nicht, dass man mit Einsicht wirklich restlos gegen diese Schuldgefühle und traurige Konsequenz ankommen kann. Zwar kann ich bei allem noch "froh" sein, dass die Chancen so eindeutig aussichtslos sind, aber ich bin es, die dem Kind seine Lebenschance wieder nimmt. Das kriegt man nicht weg. Und ich kenn mich und weiß das.
Und weil ich mein Leben lang vor so etwas mich echt arg fürchtete, war ich so froh und stolz darauf, immer drum herum gekommen zu sein. Bei jeder (aktuellen) Anamnese: Schwangerschaften drei, Geburten drei, keine Fehlgeburten, keine Abbrüche. Sylvia wir wissen beide genau, was wir damit meinen, was? (deine PN war sehr lieb, ich hoffe ich komme demnächst mal zum Antworten) Ich wusste instinktiv immer, dass ich niemals oder wenn überhaupt nur unter extremsten Voraussetzungen ein Kind abtreiben könnte... und nun bin ich dazu ja sozusagen unfreiwillig gezwungen.
Die Chorionzottenbiopsie als solche habe ich mir schlimmer vorgestellt, es ziept jetzt noch manchmal sehr, aber das ist alles im Rahmen. Vor den rein technischen Vorgängen einer Ausschabung graust es mich auch nicht, ich habe das schon fünfmal erlebt (unschwanger). Ich möchte allerdings, sobald alles absolut klar ist, recht schnell damit sein. Denn dann geht eine Ausschabung auch noch, wie er sagte. Hätte mit der Größe zu tun, sie versuchen jetzt für mich eine Praxis zu finden, nachdem ich morgen vermutlich schon das schnelle Ergebnis bekomme, wenn das eindeutig ist. Noch in diesem Jahr wird aber schwer.
Ich werde auch die psychologische Hilfe annehmen (etwas worauf ich sonst auch lieber dankend verzichte, denn Einsicht und Zwiegespräche mit mir kann ich echt bestens, Therapien hatte ich jahrelang und genug und glaube nur noch bedingt an diese oft gepriesenen Heilmittel bzw. kenne die Grenzen inzwischen ganz gut.)
Was sich langsam in mir zum Problem aufbaut ist, dass ich diese extrem seltenen Dinge geradezu sammle und ein Händchen für existenzielles habe. Wäre ich gläubig, würde ich mich fragen, warum mich der Herrgott denn derart prüfen muss und ihm sagen, dass es jetzt denn mal gut ist.
Was ich nie verstanden habe andererseits, ist die Frage, mit der sich viele quälen: warum gerade ich. Die hieß bei mir schon als Nora krank wurde (und mit ihr hatten damals viele Eltern enorm zu tun: na, warum denn nicht ich. Warum soll es denn immer die anderen treffen? Trotzdem reichen mir diese Häufungen jetzt, in einem Buch oder Film würde das glatt als zu dick aufgetragen und überkonstruiert rüberkommen. Und weil ich auch so ganz gern mal von der anderen Seite her die Dinge betrachte, kann ich - trotzdem die Prognose, dass sich so etwas wiederholt, bei 1 % liegt - das nicht so locker ausschließen oder annehmen, dass es mich gerade nicht wieder trifft (das hat nur einmal bei Wilma ganz gut funktioniert). Genauso möglich, dass ich wieder diese Rarität mitnehmen würde? Alles ganz theoretisch gedacht.
Ich wäre auf alles gefasst. Ich glaube nicht, dass ich es lassen kann und lassen will, aber das ist jetzt alles noch zu akut und das werden wir hier sowieso allein entscheiden. Aber für diese wunderbare Chance sowas Schönes wie Wilma noch einmal zu erleben, würde ich glatt auch nochmal das Risiko in Kauf nehmen. Ich würde wissen, was mich erwarten kann und ich glaube, dass ich das im Zweifel auch wieder aushalte, auch wenn es so weh tut. Es ist so, man wird zwar härter, gewinnt Übung scheinbar und dann trifft es einen vielleicht irgendwann doch wieder mit voller Wucht. Und die Wohlmeinenden von außen meinen, man sei irgendwie unbelehrbar.
Ich höre jetzt auf, das ist dennoch so ein klitzekleiner Ausschnitt von allem, was jetzt brodelt und doch wieder sooo lang. Jedenfalls habe ich nun wieder einen Wein getrunken, wie gestern auch. Vorgestern habe ich mich noch nicht ganz getraut...
Viele Grüße
Heidrun
die jetzt kaum noch gucken kann und nicht mehr Korrektur lesen wird.

an die lieben Mitfühlenden

Liebe Heidrun,
ein ähnliches Gedankenkarusell war in mir zugange in den wirklich düsteren Tagen des letzten August. (Wobei als Ironie des Schicksals in den Tagen der Diagnostik die einzig wahren Sommertage mit nahezu 40°C waren und ich Klara zuliebe an den Stausee bin- es war so irreal: der Kontrast des Sonmmerwetters und mein Innerstes- ich war wie betäubt- die 2 Tage nach der Diagnostik und vorm Abbruch wiederum kaltes Regenwetter, direkt herbstlich- im Film würde ich sagen - so ein Kitsch...). Was ich nicht verstehe, ist, wieso es in Berlin schwer sein sollte, die OP noch diese Jahr zu machen. Es gibt ja genügend KKH und spontan würde ich denken, dass zumindest die Charité doch auch genügend Personal haben sollte, um solch´einen - medizinisch gesehen - Routineeingriff vornehmen zu können. Ich bin damals früh um 7.00 Uhr ins KKH rein und nachmittags gegen 17.00 Uhr wieder raus. Mir wurde gesagt, bis vollendete 14.SSW geht die Absaugung/ Ausschabung und es wird innerhalb der gesetzlich zulässigen Fristenlösung (es gibt wohl zwischen 12. und 14. SSW eine rechtliche Grauzone) nur mit Beratungsschein und genetischer Beratung und Kostenübernahme der KK gemacht. Danach erfordert die medizinische Indikation einen wohl relativ hohen Papierkram, auf den keiner der involvierten Ärzte damals wirklich scharf war.Das sollte eigentlich auch Deine Ärzte abschrecken und Dir einen kurzfristigen Termin verschaffen.
Liebe Heidrun, ich denke in diesen Tagen sehr oft an Dich, gerade auch weil ich das alles so sehr nachfühlen kann. Ich wünsche Dir sehr, dass Du das Ganze psychisch gut bewältigst. Auch ich bin sehr pragmatisch veranlagt- mir hat das sehr geholfen. Ich habe damals oft in Sternenkinderforen gelesen und festgestellt, so schlimm alles für mich ist, es gibt, kaum zu glauben, bei weitem noch schlimmere und tragischere Fälle. Mein Weg ist, zwar um Pauline zu trauern, sie ist IMMER irgendwie bei mir, aber in erster Linie ist meine Dankbarkeit für das, was ich habe, gewachsen.
Ich wünsche Dir ganz viel Kraft für die nächsten Tage und knuddel einfach Deine Wilma besonders doll. Du schaffst das!
LG Sylvia

an die lieben Mitfühlenden

Liebe Heidrun,
Ich wünsche Dir ganz viel Kraft und kann als davon nicht Betroffener kaum mitreden.
Erschwerend kommt ja der Zeitdruck hinzu, denn bis zur 14. SSW würde sich manches einfacher für Dich gestalten. Ich glaube nicht, dass ich persönlich eine derart schwerwiegende Entscheidung so unter Zeitdruck treffen könnte und wöllte.
Es ist schwer zu sagen, wie man selbst entscheiden würde wenn es dann wirklich dazu käme aber ich meine, dass die von Josa favorisierte Herangehensweise auch die meine wäre.
Habe mich am Anfang der letzen Schwangerschaft u.a. auch über TS18 belesen und mir ist halt auch bekannt, dass die Kinder, wenn sie ihre Geburt überleben, keine sehr hohe Lebenserwartung haben. Allerdings wird bei diesen Kindern auch häufig bewusst auf intensive medizinische Behandlung verzichtet, was ich für mein Kind nur in dem Fall, dass damit Leiden künstlich verlängert wird akzeptieren würde. Da wo medizinische Eingriffe die Lebensqualität verbessern, würde ich alles ausschöpfen wollen.
Besonders bewegt hat mich die Website von der kleinen Jaël, die trotz freier TS18 nun schon 10 Jahre alt ist und einen durchaus glücklichen Eindruck macht.
Das zeigt mir, dass es auch bei diesen Trisomien eine gewisse Hoffnung gibt, vielleicht kann man auch von Wundern sprechen.
Mit diesem Hintergrund würde ich die Entscheidung wohl der Natur überlassen wollen, was im Endeffekt für MICH persönlich erträglicher wäre.
Das wird aber verständlicher Weise mancher und bestimmt auch Du anders sehen und das ist nicht zu verurteilen und die entscheidende Frage ist eigentlich nur, mit welchem der beiden "Übel" man selbst am besten klar kommt.
Ich denke an Dich und hoffe, Dein Partner und andere wichtige Menschen unterstützen Dich ganz dolle.
Ich traue mich kaum, Dir schöne Weihnachten zu wünschen.
LG
Hier noch der Link von Jaël, falls Du überhaupt noch was Lesen willst
http://www.trisomie-18.de/

Es ist schlimm . . .

. . . was du durchmachst, aber es ist leider nicht so selten. Wenn du berücksichtigst, dass ja (und so sieht die unschöne Statistik nun mal leider aus) die Abortrate bei erkannter Schwangerschaft schon über 50% liegt in unserem Alter, dann liegt das ja daran, dass Trisomien gehäuft vorkommen, nur aber schon vor der 12. SSW zur Fehlgeburt führen. Ich habe beim Googlen nun doch eine Tabelle für T13/18 gefunden, aus der das Alterrisiko klar hervorgeht. In der 12. SSW liegt bei 42 jährigen das Risiko für Trisomie 18 bei 1/89 (die Tabelle endet leider bei 42, vielleicht ist es ja dieselbe, die du gefunden hast). In der 40. SSW beträgt das Risiko für T18 1/644. Das bedeutet, dass die meisten Feten im Mutterleib sterben, bevor sie die 40. SSW erreichen. So scheint mir die Zahl 1/50 für die 12 SSW bei 44 jährigen schon realistisch zu sein. Du hast nur das große Pech, dass dein kleiner Kämpfer so lange durchgehalten hat und dich nun vor diese Entscheidung gestellt hat. Dein Weg muss für dich passen. Ich würde die Schwangerschaft vielleicht (vielleicht, weil ich nie in deiner Situation war und nicht weiß, wie ich dann tatsächlich entscheiden würde) nicht beenden, aber darauf hoffen, dass das Kind im Mutterleib stirbt. Davor, dass es zu denen gehört, die die Geburt erleben, hätte ich dann sehr viel Angst, denn wie schafft man damit umzugehen, wenn es nur kurze Zeit lebt und sich vielleicht quält)? Vielleicht wäre es auch ein T 18 "Wunderkind" wie die kleine Jael (deren Seite ich auch schon länger kenne), aber die Wahrscheinlichkeit ist doch äußerst gering. Moralisch kann dir keiner was, deine Entscheidung ist absolut nachvollziehbar und ich hoffe, dass die seelischen Narben gut heilen.
Leider (wegen Weihnachtsvorbereitungsstreß) kann ich dir jetzt zu deinem Sohn nicht ausführlicher schreiben, nur, dass es mir leid tut, dass die Sorgen nun so gehäuft über dich hereinbrechen. Wenn er jetzt geht, dann verschafft er euch allen eine Auszeit, das ist vielleicht auch der positive Kern des heftigen Aufbruchs. Vielleicht erträgt er dein Leid nicht, kann es aber nicht zeigen (habe beruflich unter anderem mit Menschen mit Asperger-Syndrom zu tun, einer hat mir heute 3 Samenkörner einer seltenen Staude geschenkt, die er bei seinen Ausflügen gesammelt hat) und geht deshalb grade jetzt diesen Weg.
Alles Gute für die bevorstehende schwere Zeit!
josa

an die lieben Mitfühlenden

Liebe Heidrun,
jetzt hat sich also bestätigt, was du sowieso vermutet hast, T18. Ich habe auch schon einige Erfahrungsberichte darüber gelesen und würde mich selbst auch nicht trauen der Natur ihren Lauf zu lassen. Ich könnte es nicht ertragen immer damit rechnen zu müssen, daß mein Kind im Mutterleib stirbt oder kurz nach der Geburt. Dann lieber ein Abbruch, auch wenn ich verstehe das dir das trotzdem sehr schwer fällt.
Dass du allerdings mit dem Gedanken spielst es noch einmal zu versuchen hat mich doch sehr erstaunt, muss ich ehrlich sagen. Ich würde mir das nicht zutrauen. Ich meine erst der Abbruch, dann noch ein paar Monate Schonzeit. Dann bist du wieder ein paar Monate älter, das Risiko steigt noch weiter. Was, wenn es dann "nur" T21 ist? Also ganz ehrlich ich würde lieber die Zeit mit meiner kleinen Tochter verbringen als noch einmal so ein Risiko auf mich zu nehmen. Ein Kind mit Downsyndrom z.B. braucht viel Aufmerksamkeit, Pflege, Therapien etc. und deine Wilma müsste sehr zurückstecken. Dazu noch deine private Situation mit deiner Mutter, deinem Sohn. Willst du das wirklich riskieren? Aber wie du schon schreibst, dass müsst ihr natürlich selbst entscheiden.
Ich hoffe du überstehst den Abbruch sowohl körperlich als auch seelisch einigermaßen und wünsche dir alles erdenklich gute.
LG Dani

Befund da wie erwartet, aber es geht immer noch mehr und doller

Jetzt geht es mir wirklich sehr schlecht. Nach Rückruf mit der sehr einfühlsamen Humangenetikerin und einem langen guten Gespräch: ja es ist T18, aber nein mein Bauchgefühl war doch dieses mal falsch, es ist ein Junge.
Der für mich wichtigste Satz, an dem ich mich jetzt festzuhalten versuche: Sie entscheiden ja nicht über Leben und Tod, Sie bestimmen nur den Zeitpunkt.
Und das ist schlimm genug. Rational bin ich vernünftig und pragmatisch und kann das klar und nüchtern und auch ein wenig abgetrennt betrachten, emotional ist und bleibt es fürchterlich --
Ich lasse es schnell machen, man hat für mich den Beratungstermin am 27. hinbekommen und am 28. wird der Abbruch sein und zwar in der Kinderwunschklinik, in der wir zu Beginn unserer Aktivitäten mehrfach waren und die auch die BS durchgeführt hat. Wenn ich dann noch ganz großes Glück habe, hat vielleicht hoffentlich sogar die eine Ärztin Dienst, die mir zutiefst angenehm war und den ersten Eingriff gemacht hat. Eine andere war mir hingegen recht unsympathisch, aber das kann ich jetzt wohl nicht aussuchen. Gut ist immerhin, dass es trotz der Feiertage und Jahreswechsel innerhalb der noch kurzen möglichen Spanne für eine Absaugung klappt.
Und was noch schlimmer geht und ich in der langen Mail über die schlimmen vier zurückliegenden Tage herausgelassen habe: am Dienstag ist mir der Geduldsfaden gerissen und ich habe meinem Sohn, nachdem er mich (leider wiederholt) in einer Weise und mit Worten angeschrieen hat, die ich nicht mehr akzeptiere, einen Brief geschrieben und ihn aufgefordert, auszuziehen und sich zunächst eine Notunterkunft zu suchen (die Suche nach einem Platz im betreuten Einzelwohnen ist ja seit einem halben Jahr im Gang oder in der Schwebe und gestaltete sich kompliziert). Er war seit geraumer Zeit nur noch offensiv und höchst ungerecht und ich habe ihn beinahe schon als mir gegenüber feindselig eingestellt gefunden, er gibt mir jedenfalls für irgend etwas massiv die Schuld (die Mutter muss wohl immer schuld sein) und drückt das auch in all seinem Verhalten aus, ohne irgendwie gesprächsbereit zu sein. Diese Dauerstimmung und -belastung in der eigenen Wohnung und Familie war schon sehr schwer für mich auszuhalten.
Nach meinem Brief an meinen Sohn habe ich eine Mail an die Betreuer geschickt, die sehr aufgerüttelt waren und in einem abendlichen Telefonat mit seinem Sozialarbeiter auf dessen Initiative hin noch betont (sie haben mich niemals von irgendwelchen Ständen und Aktivitäten in Kenntnis gesetzt, derer es im Hintergrund ahnbar jede Menge gab, da mein Sohn das untersagt hat), dass er hier sehr gern bleiben kann, sofern er den nötigen Respekt im Umgang schafft. Das haben diese ihm auch noch einmal gebührlich so mitgeteilt, wie ich es ihm schon selbst gesagt hatte. Aber mein "Rauswurf" muss für ihn wohl der Startschuss gewesen sein, das jetzt in aller Konsequenz und soweit selbstbestimmt wie noch möglich durchzuziehen. Er hat ungeahnte Aktivitäten entwickelt, zeigte sich hier allerdings seit Wochen und Monaten lethargisch, aber unterschwellig brodelnd. Vor zwei Stunden hat er mich konfrontiert, dass er heute auszieht. Eben als ich diesen Absatz begonnen habe, hat er hinter mir gesagt: so ich ziehe jetzt aus, Tschüss. Jetzt knallen die Türen und er geht. Und zwar in ein Einzelzimmer eines Obdachlosenheims!
Seine Schwester hat eben noch mit ihm geredet und sicher ganz gut zu vermitteln versucht, mehr geht jetzt nicht, mein Freund ist vor einer Stunde gekommen und alle sind gerade wieder unterwegs. Ich sauge jetzt Staub und hole in einer Stunde die Wilmi ab.
Ich bin mitten in einem meiner schlimmsten Albträume. Und auch extreme Grenzsituationen sind immer noch erweiterbar und steigerungsfähig. Aber ich werde mich wiederfinden und wieder fangen.
Ich wünsche euch allen hier von ganzen Herzen ein wirklich frohes Fest mit sehr viel Freude im Kreise eurer Lieben.
Heidrun

Befund da wie erwartet, aber es geht immer noch mehr und doller

Liebe Heidrun,
wenn ich Deine Worte so lese, dann fallen mir selbst wenig intelligente Worte ein, was ich Dir tröstendes schreiben könnte.
Den Spruch der Ärztin heute, finde ich grandios und richtig. Du bestimmst den Zeitpunkt. Spontan hätte ich gesagt, dass ich auch so lange ausgetragen hätte bis das Kind von alleine entscheidet. Aber andererseits kann es ja auch für das Kind eine Quälerei sein. Weiß man es denn? Und wenn man es wüßte, könnte man seine eigene Qual dem anpassen? Ich weiß es nicht ..... Der Bauch wächst ja weiter und jeder spricht einen darauf an....
Du hörst auf Deinen Bauch und das ist die einzige richtige Lösung für Dich. Am meisten hoffe ich,dass der kleine Mann bis dahin sein Schicksal selbst besiegelt und den Weg zu den Sternenkindern vorher geht. Meistens passiert dies in der 16.SSW, aber wer weiß.
Dir wünsche ich Kraft und ZUVERSICHT! Nur die Hoffnung wird Dich tragen, wie auch immer sie aussieht.
Was Deinen Sohn angeht, so hört sich das krass an. Meine beste Freundin hat ihre Tochter mit 16 vor die Tür gesetzt, weil es partout nicht mehr ging. Sie haben heute ein gutes Verhältnis.... Viel Weisheit für Dich und Du mußt jetzt an Dich denken....
Alles, alles Gute für Dich!
Wir sind ja in einer Waldorfpädagischen Einrichtung und ich selbst bin gerade in einem Gründungsvorstand einer Waldorfschule.....Die antroposophen nennen die Zeit zwischen Weihnachten und den heiligen 3 Königen die "heiligen Nächte der Ruhe und Besinnung". In dieser Zeit soll sich viel tun, was das neue Jahr angeht. Diese Wochen bereiten einen auf die kommende Zeit vor. Es soll gute geistige Begegnungen geben. ( wie die aussehen, darf jeder selbst entscheiden, es gibt keine "Vorgaben"). Und man soll die träume in dieser zeit aufschreiben, ebenso Gedanken und das was man sich vornehmen möchte. Ich wünsche Dir die Zeit und die Ruhe, dass Du Dich ganz auf die Zukunft ausrichten kannst und Du viele positiven Gedanken bekommst.
Deinen Kleinen Sohn wirst Du mit Sicherheit gut verabschiedet zu den Sternenkindern senden können. Dort wird er gesund sein, da bin ich mir sicher........
Elke

Sorry für die vielen Rechtschreibfehler.....

... wir sind in Aufbruchstimmung, aber ich wollte Dir dennoch etwas schreiben.....leider habe ich beim Durchlesen ne Menge Rechtschreib und Kommafehler entdeckt, bitte überlest sie......
Elke

Befund da wie erwartet, aber es geht immer noch mehr und doller

liebe heidrun,
ich bin froh das du bei dem spezialistengut aufgehoben bist/warst.
ich weiß warum ich das sage, aus eigener erfahrung.
mir fehlen sonst nie die worte, aber ich habe nicht genug worte um auszudrücken, was ich dir gerne antworten möchte. nicht in schrift, eine umarmung, ein halten, ein gemeinsames schweigen, auch ein gemeinsames weinen wäre meine reaktion im echten leben. und ein dasein.
wie soll der verstand sich mit den gefühlen zusammentun? wie kann man seinem kind das leben beenden, auch wenn man von der ratio all das weiß, was du weißt? welch ein schritt, welch eine entscheidung.
ich verstehe deine gedanken aus deinem langem post. und die idee sich hilfe zu holen um nicht im gedankenkarusell zu versinken finde ich den richtigen weg.
was mich dann auch noch umhaut ist die duplizität der situation, in der du dich befindest. du must abschied nehmen von dem kind in deinem bauch und abschied (wenn auch anders) nehmen von deinem sohn, der bei dir wohnt.
ich bin in meinem leben auch schon durch so viele/zu viele grenzsituationen gegegangen. nie daran zerbrochen, immer wieder aufgestanden.
aber ich finde irgendwann reichen die narben auf der seele.
wünsche dir menschen die dich halten. viel kraft. lg suzie
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