Die ersten beiden Schuljahre im Ausland?
wir haben eine fünfjährige Tochter, die im nächsten Jahr schulpflichtig sind. Vor 12 Monaten sind wir umgezogen, da mein Mann vorübergend im Ausland tätig ist. Unsere Tochter hat auch hier deutschsprachige Erzieherin und Kinder um sich und lernt bei den sonstigen Aktivitäten Englisch und ein bißchen Französisch. Der Aufenthalt hier endet spätestens mit Ende der zweiten Klasse, wenn wir möchten, aber auch in einem Jahr mit Schulbeginn unserer Tochter.
Ich bin mir sehr unsicher, ob wir unsere Tochter in Deutschland oder hier einschulen sollen. Sie würde hier mit den Gleichaltrigen ihrer Kindergartengruppe in die Schule kommen und auch weiterhin nebenbei Englisch und/oder Französisch lernen. Allerdings habe ich keine Ahnung, was ein Wechsel nach der ersten oder zweiten Klassenstufe für ein Kind bedeutet. Neue Lehrer und Unterrichtsmethoden, neue Freunde. Sehe ich den Wechsel zu problematisch? Können sich Kinder tatsächsisch schnell in bestehende Gruppen integrieren?
Insgesamt gesehen hat der Aufenthalt hier natürlich viele positive Seiten. Mein Mann ist mit seiner Tätigkeit sehr zu frieden und für mich entfällt der ständige Spagat zwischen Familie und Beruf. Auch unsere Tochter hat sich gut eingelebt, liebt ihre Erzieherin sehr.
Allerdings fragt sie uns auch immer wieder, wann wir endlich zurückgehen und sie würde selbstverständlich einer Schule "zu Hause" den Vorrang geben.
Mein Mann ist der Auffassung, dass ein Kind die Situation noch nicht einschätzen kann. Hier sei Alltag und bei unseren ausgedehnten Besuchen herrsche Ausnahmezustand, womit er sicher Recht hat.
Mir fällt eine Entscheidung sehr schwer. Wir hätten in Deutschland weniger Zeit für unser Kind (was ich sehr bedauern würde) und würden uns die Fortsetzung der Mehrsprachigkeit teuer erkaufen. Andererseits plagen mich Zweifel, ob wir unserem Kind einen Wechsel in der Grundschulzeit zumuten können, auch wenn unser Kind prinzipiell kontaktfreudig ist.
Vielleicht könnt ihr mir bei der Meinungsbildung helfen bzw. hat jemand von Euch schon Erfahrungen mit einem Schulwechsel gesammelt?
coquelicot
Die ersten beiden Schuljahre im Ausland?
Hallo!
Wo genau seid Ihr im Ausland? Gibt es dort evtl. eine deutsche Schule?
Ich selbst bin als Kind immer durch den Job meines Vaters im Ausland zur Schule gegangen und habe mehrere Schulwechsel mitgemacht (meine beiden Schwestern auch) - keine von uns hat je eine "Ehrenrunde" gedreht, wir haben sogar im Gymnasium noch wechseln müssen. Kinder sind anpassungsfähiger als man manchmal annimmt! Hie und da ein wenig Nachhilfe hatten wir natürlich schon - aber das hat man in D generell inzwischen ja auch, das ist also nix wofür man sich heutzutage mehr "schämen" muss.
Ich würde vom Prinzip her im Ausland bleiben, wenn Ihr Euch dort wohlfühlt, und das Kind dort einschulen. Wenn ihr dann nach D zurückkommt, könnt ihr mit der Schule verhandeln, ob man das Kind erst einmal in der entsprechenden Klasse hospitieren lässt und bei zu großen Defiziten ggf. wieder zurückstellt. Sollte sich die Schule da querstellen (was meine Eltern auch erleben mussten) - es gibt entsprechende Passagen in den Landesschulgesetzen nach denen man ganz gewisse Zeitspannen hat, die ein Kind in Anspruch nehmen kann, um zu beweisen, dass es das Klassenziel erreichen kann.
Ich denke aus meiner eigenen Erfahrung heraus, dass so ein Auslandsaufenthalt einschl. Schule viele Vorteile bringt, die einem hinterher niemand mehr nehmen kann: Sprache, Erfahrung mit fremden Kulturen, Erfahrung mit anderen Schulsystemen.... (dann kann man auch wieder schätzen, dass das deutsche System nicht ganz so schlimm ist, wie es in unserer typisch deutschen Kritikmanier derzeit dargestellt wird ; - ) ).
Alles Gute für Eure Entscheidung! Johanna
P.S.: In D gibt es in einigen Grundschulen inzwischen ganz neue Lese-Lern-Konzepte nach der Anlauttabelle - es kann sein, dass im Ausland anders gelernt wird, aber man kann sich ja ein paar Monate vor Rückkehr informieren und ggf. schon Bücher besorgen und das Kind entsprechend vorbereiten - zusätzlich und freiwillig, denn die "Umgewöhnungszeiten" müssen ja jedem Kind entsprechend zugestanden werden (s.o.)
Die ersten beiden Schuljahre im Ausland?
vielen Dank für Deine Antwort, auf die ich aufgrund einer kleinen Erkältung erst jetzt antworten kann.
Zu Deinen Fragen: Wir leben in Belgien. Unsere Tochter geht nicht in die deutsche Schule, sondern in eine maternelle mit verschiedensprachigen Gruppen. Es gibt hier einige solcher Schulen. Im Klassenzimmer wird deutsch gesprochen. Mittags oder auf dem Spielplatz trifft sie mit englisch-, französisch- und niederländisch sprechenden Kindern zusammen. Dadurch schnappt sie "nur" nebenbei Englisch/Französisch aber. Aber in den Ferien gibt es französischsprachige Angebote, die sehr nachhaltig sind und wir freuen uns immer, wie schön ihre Aussprache doch ist. In der Grundschulzeit können wir zwischen erster Fremdsprache Englisch oder Französisch wählen, die dann täglich eine Stunde unterrichtet wird.
Wenn wir nach Deutschland zurückkehren, würden wir unbedingt versuchen, sie an einer internationalen o.ä. Schule anzumelden, damit Mehrsprachigkeit und multikulturelle Bildung ihre Fortsetzung finden.
Deine diesbezüglichen Erfahrungen klingen sehr ermutigend.
In welchem Land/Ländern bist Du denn zur Schule gegangen und in welchen Klassenstufen bist Du gewechselt? Hast Du deutsche Schulen besucht oder war mit dem Umzug auch ein Wechsel der "Schulsprache" verbunden?
Die Rückkehr nach Deutschland während der Grundschulzeit wäre für unsere Tochter wahrscheinlich mit einem Wechsel von deutschsprachigem Unterricht mit tgl. Fremdsprachenunterricht hin zu englischsprachigem Unterricht mit zusätzlichen Deutschunterricht verbunden. Aber wenn ich Dich richtig verstehe, ist das für die Kids alles weniger problematisch,
oder?
LG
coquelicot
Die ersten beiden Schuljahre im Ausland?
Hallo!
Toll diese Chance in Belgien zu leben! Ich finde das klasse und für Eure Tochter auch! Das ist ja zum Glück auch nicht sooo weit weg von Deutschland (das meine ich jetzt in Bezug auf Familie + Großeltern).
Wir haben in Südamerika, Spanien und Deutschland gelebt. Dort war ich auf deutschen Schulen, davon war allerdings eine, die lediglich von Deutschland gefördert wurde, d.h. der Unterricht war komplett auf Spanisch auch nach dem dortigen Schulsystem, außer eben der Deutschunterricht, der dann wiederum in Muttersprachler und Fremdsprachler unterteilt war.
Ich war im Ausland im KiGa. Eingeschult wurde ich dann in Deutschland. Erster Wechsel dann mitten in der 4ten Klasse; in der 8ten Klasse gleich zwei Mal hintereinander (weil mein Vater ein halbes Jahr Zwischenstation in Deutschland hatte, bevor das nächste Auslandsprojekt kam). Und dann hätte ich beinahe in der 12ten wechseln müssen, aber GsD konnte mein Vater verlängern, so dass ich doch noch im Ausland Abi machen konnte (nach 12 Schuljahren, weil die dortige Deutsche Schule vom spanischen Staat ansonsten keine "Betriebserlaubnis" bekommen hätte - es gab G8 an einer deutschen Schule/Gymnasium also schon bevor die Diskussion in Deutschland losging; warum sie sich unser sehr erfolgreiches Konzept in dem nämlich nicht die Mittelstufe sondern die Oberstufe den ganzen zusätzlichen Stoff auffangen muss nicht mal angeschaut haben - :-X ... aber ich schweife ab).
Ich bin der Auffassung, dass Eltern solche Wechsel meist schwerer nehmen als sie für die Kinder tatsächlich sind. Aber es hängt natürlich auch in großem Maße von dem Kind ab und wie aufgeschlossen es für neue Situationen ist!Bei einer Rückkehr nach Deutschland ist dann auch die Frage: Kommt man in eine ländliche Gegend zurück oder in eine Stadt - dort sind neue Kinder zu Beginn eines Schuljahres ja rel. häufiger und Klassengemeinschaften in der Regel aufgeschlossener. Aber wenn ihr sowieso überlegt, einer internat. Schule den Vorzug zu geben - um so besser.
Alles Gute Euch! Johanna
Die ersten beiden Schuljahre im Ausland?
ich würde auch sagen, deine Tochter kann es nicht entscheiden und nach den Fakten,die du nennst, würde ich für mich gar keine Frage sehen, bleiben!
1. was lernen die Kinder in D in der ersten/zweiten Klasse, was du nicht (ggf.!) mit deiner Tochter nachholen könntest?
2. hätte deine Tochter durch die Mehrsprachigkeit so klare Vorteile, das kann doch in D kaum ein Kind bieten
3. wäre ein Umzug egal wann immer eine Umstellung für euch und eure Tochter. Sicher wenn alle in der ersten Klasse starten, ist es etwas anders als wenn eins im Schuljahr dazu kommt. Aber ich habe die Erfahrung gemacht (auch mit Kindern, die in der Zeit in die Klassen meiner Kinder gewechseltsind), das wuppen die Kleinen sehr gut. Zumal sie ja keinen Lerndefizit (oder derart gering, dass es sich schnell aufholen lässt) haben - da sehe ich im Gym schon mehr Probleme.
Unsere Kinder mussten auch wechseln durch den Umzug, nur neues Bundesland, aber eben auch Änderungen, war kein Problem. Bisschen drauf achten, Kinder nachmittags einzuladen, sich mit Müttern auf dem Spielplatz zum Kaffeeklatsch verabreden, Turnverein und schon sind die Kinder mittendrin.
Genießt die Zeit! Für euch, wer weiß, wann so was wiederkommt und auch für eure Tochter- ist eine tolle Chance für sie!
Liebe Grüße
kabo
Die ersten beiden Schuljahre im Ausland?
Liebe Kabo,
herzlichen Dank für die ermutigenden Worte. Ich weiß, dass der Aufenthalt hier für uns alle ziemlich viele Vorteile bringt und ich bin sehr dankbar für diese Zeit.
Manchmal nagt halt das schlechte Gewissen, wenn vor allem Tochter und Großeltern Sehnsucht nacheinander haben. Aber sicher hast Du Recht, dass meine Tochter die Situation nicht umfassend beurteilen kann und ein Wechsel in den ersten Schuljahren auch nicht ganz so problematisch ist. Die Herausforderung liegt wahrscheinlich darin, in Deutschland später eine geeignete Schule zu finden, in der unsere Tochter auch im Hinblick auf Fremdsprachen nicht unterfordert ist.
LG
coquelicot
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