Hier endlich unser Geburtsbericht. Die Geburt hat lange gedauert, und so ist auch der Bericht recht lang geworden Los gehts:
Da schrieb ich am Abend meiner SMS Partnerin noch, dass trotz Spaziergang als ruhig sei, bevor ich gegen 23 Uhr orange roten Ausfluss am Toilettenpapier hatte. Ich wiederholte für meinen Freund, was die Hebamme aus dem Vorbereitungskurs sagte: “Wenn der Schleimpropf abgeht, kann es bis zum Beginn der Geburt Stunden oder Tage dauern”. Ich ging also ins Bett um, falls es in Stunden los gehen sollte, ich noch etwas Schlaf tanken könne. Gegen Mitternacht allerdings fingen die Wehen an und an schlafen war schon direkt nicht mehr zu denken. Ich tigerte also die gesamte Nacht durch unser Wohnzimmer, veratmete die Wehen und bewegte das Becken. Zwischen den Wehen, packte ich letzte Dinge in die Kliniktasche.
Gegen 7 Uhr stand mein Freund auf, ich schickte ihm zum Baecker um Croissants zum Fruehstueck zu holen. Danach sagte ich zu ihm, dass es Zeit sei in die Klinik zu fahren. Ich sah, dass er erst zoegerlich war, aber nichts sagte und so fuhren wir los. Die Fahrt dauerte 20 Minuten. Im Sitzen waren die Wehen deutlich schwaecher und daher gut zu ertragen.
Angekommen an der Klinik vor der Einfahrt zum Parkplatz erstmal ein Schreck: Die gesamte Straße war blockiert und das Klinikpersonal im Streik draußen vor der Klinik! Ich mache ja gerne meine (respektvollen) Witzchen ueber die Streiklust der Franzosen und bin ja meistens mit ihnen solidarisch, aber am Tag, an dem vermeintlich mein Sohn auf die Welt kommen sollte…
Wir begaben uns trotzdem zur maternité, so als sei nichts außergewöhnlich. Dort wartete schon, welch ein Zufall eins der zwei anderen Paerchen aus dem GVK, mit Blasensprung aber ohne Wehen. So warteten wir gemeinsam, bis eine Hebamme uns endlich herein bat, die selber auch im Streik war, aber die Versorgung aufrecht erhielt.
Das CTG zeigte regelmaeßige Wehen und die Untersuchung, bei der die Hebamme mir alle ihre Streikgruende und -ziele erlaeuterte (ich verstand nicht viel, bekundete ihr allerdings meine volle Solidaritaet), ergab, dass der Gebaermutterhals schon weg war und der Muttermund bei 5cm. Wir waren alle guter Dinge, dass es nun recht schnell gehen wuerde. Wir wurden dann also in den Gebaersaal “Natur” gebeten. In Frankreich nehmen 99% aller Frauen von vornherein eine PDA und als sie hoerten, dass wir eine natuerliche Geburt anstrebten, waren sie sehr erfreut. In jedem Fall hatten wir Glueck, da alle nach uns eintreffenden Paare auf andere Kliniken verlegt wurden. Gut, dass wir so zeitig in die Klinik gefahren sind!
Im Saal “Natur” spulte ich also das gleich Programm ab, wie nachts im Wohnzimmer, nur diesmal zum Glueck mit wunderbarer Unterstuetzung meines Freundes. Ab und an kam die Hebamme und machte ein CTG, auf dem immer regelmaessige Wehen zu sehen waren. Nach 3 Stunden (es war nun gegen 13 Uhr) fragte ich, ob sie mal schauen koennte wie der Stand des Muttermunds sei. Es stellte sich heraus, dass er nun bei 7cm war. Immerhin ein Fortschritt, dachte ich da und wusste noch nicht, dass sich bis zum Abend trotz immer staerker und schmerzhafter werdender Wehen nichts tun sollte… Es zeigte sich naemlich auch, dass unser Baby ein Sternergucker war und sich noch nicht in Geburtslage gedreht hatte. Am Nachmittag wurde ich sogar in die Wanne mit warmem Wasser geschickt, um die Wehen noch intensiver werden zu lassen. Das hatte allerdings keinen Erfolg, außer dass die Wehen nun langsam wirklich untertraeglich wurden.
Gegen 18Uhr schlug die Hebamme vor die Fruchtblase zu oeffnen. Das sollte die Wehen verstaerken, den Muttermund oeffnen und das Baby weiter ins Becken druecken. Ich solle gewarnt sein, der Wehenschmerz wuerde noch intensiver werden, aber es gehe so schneller. Ich stimmte zu. Quasi instantan wurden die Schmerzen noch staerker, erstaunlich, dass das noch ging… Und es tat sich – nichts. Ich sollte mich in Vierfueßlerstand begeben um das Baby zum Drehen zu bewegen, was die Wehen nochmal schmerzhafter werden ließ. Mittlerweile schrie ich schon vor Schmerzen.
Beim CTG fielen die Herztoene des Babys zwischen den Wehen ab, es wurde kurz kritisch, bis sich wohl heraus stellte, dass versehentlich meine Herztoene registriert wurden. Dem Baby ging es also gut, aber es machte keine Anstalten sich zu drehen. Und so ging das bis kurz nach Mitternacht, bis ich wirklich nicht mehr konnte und nach kurzer Ruecksprache mit meinem Freund die Hebamme um eine PDA bat. Spaeter sollte mein Freund sagen, dass dies die beste Entscheidung unseres Lebens gewesen sei. Die Hebamme war zunaechst allerdings nicht begeistert, schließlich sei ich jetzt schon so weit ohne PDA gekommen und ich solle mal noch eine halbe Stunde warten, dass sich das Baby drehen kann. Ich entgegnete, dass ich nun schon stundenlang warte, aber es sich nicht drehen wolle so ohne weiteres und ich vor Schmerzen keine Position halten konnte, die die Drehung motivieren koennte. Schliesslich willigte sie ein. Das Legen der PDA ging super schnell und die Schmerzen waren quasi instantan weg. Die Hebamme bettete mich in eine zum Drehen guenstige Position und ich schlief sofort ein… Nach einer halben Stunde weckte mich die Hebamme und nach einer kurzen Untersuchung die erloesende Nachricht: Muttermund vollstaendig offen, Baby hat sich gedreht und ist ins Becken gerutscht.
Nach ca. 20 Minuten Pressen war kam dann unser Schatz auf die Welt. Ich sah wie die Hebamme sofort zum Abschneiden der Nabelschnur ansetzte, was eigentlich mein Freund machen wollte. Ich konnte aber nicht schnell genug einschreiten, er sagte auch nichts. Erst spaeter erfuhr ich, dass unser Schatz die Nabelschnur zwei Mal um den Hals hatte. Er wurde mir auf den Bauch gelegt und es dauerte gefuehlt unendlich lange, bis er endlich zu atmen begann und auch das war erstmal nur ein Roecheln… Er wurde mir also sofort wieder weggenommen um ihm im Nebenzimmer noch Fruchtwasser aus der Luftroehre zu saugen. Das waren gruselige Momente… aber schlussendlich ging alles gut. Er hat dann erstmal bei seinem Papa gekuschelt, weil meine Plazenta noch herausgedrueckt werden musste, was zum Glueck vollstaendig gelang. Danach kam der Kleine endlich auf meine Brust!
Im Nachhinein bin ich sehr dankbar, dass alle Leute so viel Geduld hatten und uns den Tag ueber hervorragend begleitet haben. Auch die nachfolgenden Tage in einem Familienzimmer der maternité bleiben uns in bester Erinnerung. Das Geschwisterchen der Zukunft wird auch wieder hier zur Welt kommen.
Zum Schluss wurde auch noch der Streik beigelegt und das Personal konnte immerhin einige ihrer Forderungen durchsetzen – wohlverdient!