Wie ihr wisst, hab ich am Montag diese furchtbare Pille schlucken müssen, die zur Vorbereitung der stillen Geburt 48 Stunden später dienen soll.
Ich hab da schon panisch gefragt, was wäre/ist, wenn sie eher wirkt ... ich hätte so Angst, dass das Baby zu Hause kommt... alle verneinten. So schnell ginge das nicht... ich bekäme, WENN nur Blutungen... und wenn diese stärker würden, soll ich mich auf den Weg machen. Aber die Einleitungstablette bekäme ich ja erst im KH und da findet dann die Geburt statt.
Am Montag war nichts außer Leere in mir. Und ich spürte nichts, aber auch nichts von dieser Tablette. Am Dienstag auch nicht, weshalb Hannes und ich beschlossen, dass wir mit den Kids etwas rausmüssen, da alle seit Tagen von der Situation traumatisiert waren und die Mädels schon total durch den Wind fahren.
Wir wollten einfach ein bisschen ins Grüne fahren. Nach ca. 15 min meinte Annika, sie hätte Hunger... wir blieben an einem kleinen Geschäft stehen und ich bin mit ihr rein und hab mir noch gedacht, wie bizarr das alles ist. Ich kaufte ihr und Evi eine Jause und ging zum Auto. Und Bämm, Wehen. Von einer Sekunde auf die andere.
Wir waren zum Glück nur 15 min. von daheim entfernt. 5 min vor unserem Zuhause merkte ich einen Ruck im Bauch, die Fruchtblase platze, was ich gleich ohne nachzudenken, dass die Kids hinten sitzen, aufgelöst kundtat. In weiser Voraussicht hatte ich schon eine große Vorlage in der Unterhose. Hannes wollte direkt in die Klinik weiterfahren, wobei ich noch so klar denken konnte, dass ich sagte, die Kinder sind auf der Rückbank und das geht sich nicht mehr aus.
Annika sprang noch vor der Garage ganz aufgelöst aus dem Auto und rannte zu Omi in den 4. Stock. Sie hatte (wie sie mir heute sagte riesenroße Angst)... Evi war derweil keine 5 Minuten zuvor eingeschlafen.
Ich schaffte es irgendwie in den Lift, gerkümmt/gebeugt... als in der Situation auch noch eine Nachbarin mit ihrem Hund daherkommen muss. die Lifttüren gingen zu und ich keuchte ihr entgegen, ich kann jetzt nicht.
Ich bin irgendwei in die Wohnung rein, bin aufs Klo und mit einem Schwall ergoss sich was auch immer in die Toilette. Das war so viel, dass ich total panisch wurde, unser Baby ist jetzt für immer verloren.
Inzwischenzeit hat Hannes Eva wohl "brutal" wecken müssen und aus dem Kindersitz gehoben und kam in der Wohnung an. Er war ja auch völlig durch den Wind. Ich schrie ihm zu, er soll Eva einen Stock höher zu Mama bringen, das Baby sei gekommen blickte an mir runter und erkannte erst da, dass mein Baby mit der Nabelschnur an mir hing.
Es war einfach nur furchtbar. Mein schlimmster Albtraum wurde war. Hannes rief die Rettung an. Ich war nur noch am Verzweifeln und Weinen, als ich mitbekam, wie er durch den standartisieren Fragenkatalog der Rettungsleitung gelotst wurde... bis er irgendwann ins Telefon reinrief, was er noch mehr sagen muss, als dass das tote Baby mit der Nabelschnur auf der Toilette an mir hing.
Der Rest ging schnell. In keinen zwei oder drei Minuten war der Notarzt da, dann auch noch eine Rettung. Es war so surreal. In unserem Vorraum waren 8 Sanitäter.
Die Notärztin war selbst auch total mit der Situation überfordert, das merkte ich. Sie wussten echt nicht was tun. Ein Saniäter meinte dann noch, ob es mir möglich wäre, das Baby irgendwie zu nehmen, in den Slip oder so, dass wir so ins KH fahren könnten. Ich fragte ihn entgeistert, ob das sein Ernst wäre... Was mir lieber wäre, wurde ich gefragt. Natürlich, dass man das Baby abnabelt. Das tat sie Ärztin dann auch. Wobei sie nur ihre Hand hinstrecken musste, da fiel ihr unser baby schon in den Arm.
Nun wird es ganz furchtbar. Ihr entglitt das Baby und fiel in die Toilette, da sie ja so rutschige Handschuhe trug. Sie fischte es aus der Toilette raus. Ich dachte mir in dem Moment, wie schlimm kann es noch werden.
Ich musste mich anziehen und bekam mit, wie Hannes gefragt wurde, wie er das Baby transportieren möchte... ich hörte nur das Wort Nierenschüssel und dachte mir, das kann doch nur ein schlechter Scherz sein.
Ich kam mit der Bahre in den Rettungswagen und hörte noch, wie die Sanitäter zu Hannes sagen, er braucht nicht mitkommen. Das sei nicht nötig. Aber er sagte, und ob das nötig sei, er will bei seiner Frau sein.
Da entdeckte ich erst dieses Tupperware in seiner Hand... da war unser Kind drinnen. Es war/ist so makaber... aber wie hätte er in dieser Situation, die so schnell ging (Wehen, Geburt, Notarzt/Rettung passierte binnen 15 Minuten), ein angemesseneres "Gefäß" finden sollen.
Wir kamen sofort in die Notfallambulanz, wo ich erneut dachte, ich bin im falschen Film. Ich musste zum dritten Mal binnen 2 Tagen Fragen über Telefonnummer, Adresse etc. beantworten. Als hätte diese sich in der Zeit geändert.
Dann kam ich ins Behandlungszimmer, wo eine Ärztin mich untersuchte und die Nachgeburt holte... das dauerte ewig. Offenbar wollte ein letztes Stück von 3m nicht heraus. Sie gab mir zwei Tabletten, die die Gebärmutter zusammenziehen sollten und meinte, sie sieht sehr gute Chancen, dass wir damit den Rest herausbekommen könnten und ich vor einer Ausschabung verschont bleibe.
Diese Ärztin war unglaublich nett und fragte, ob wir, bevor ich auf die Station kämen, irgendeinen Wunsch hätten. Ich wollte einfach mit unserem Baby und Hannes alleine sein. Ich hatte es ja noch nicht richtig gesehen. Nur in der Fruchthülle an mir hängend. Sie gab uns ein Tablett mit einer kleinen blauen Decke, worauf wir unser Baby betten konnten ua um auch Fotos machen zu können.
Die Überwindung den Deckel des Tupperwares zu öffnen, war immens, aber ich war es meinem Kind schuldig, mich zu verabschieden.
Hannes legte es ganz sachte vor mich und da sah ich es zum ersten Mal richtig. Ein kleiner perfekter Mensch. Nichts war gruslig oder unheimlich, einfach nur friedlich und schön. Man sah ganz kleine Oren, winzige Nasenlöcher, unglaublich lange Finger, eine Ärmchen hatte ers am Kopf liegen, als schliefe es nur. Man sah die Rippen, die Beine mit den Zehen. Es hätte nur noch wachsen müssen.
Ich konnte es nicht berühren. Ich hatte Angst, ihm wehzutun. Absurder Gedanke... aber er war da. Da Hannes keine Berührungsängste hatte, bat ich ihn, zu sehen, ob man evtl. erkennen kann, was es geworden wäre. Selbst wir Leien erkannten sofort, dass es ein Junge geworden wäre. Das wurde uns von zwei Ärztinnen im Nachhinein auch noch bestätigt.
Wir saßen da keine 10 Minuten, als auf einmal mein Kreislauf wegbrach und ich irre Schmerzen bekam. Hannes klopfte sofort an der Nebentür, um die Schwester, die dort für einen Notfall für uns bereitstand zu alarmieren.
Ich kam sofort in ein Bett und kam auf die Station.
Die Schmerzen die dann kamen, hatte ich bei keiner Geburt. Es hörte und hörte nicht auf. Nicht einmal ein starkes Schmerzmittel half. Sie meinten, es solle nach 5 bis 10 Minuten wirken. Aber nichts tat sich. Im Gegenteil. Ich konnte nicht mehr liegen, nicht sitzen. Nichts ging. Es war ein penetranter Dauerschmerz. Ich weiß nicht wie lang es dauerte, aber es machte einen erneuten Schwapp und ein riesiges Blutgerinsel kam daher. Schlagartig hörten die Schmerzen auf. Die Ärztin meinte, das Leiden hätte sich bestimmt ausgezahlt, da sei sicherlich der Rest von der Plazenta mit.
Der Schein trügte offenbar... ich began weiterzubluten. Sollte mich irgendwie aufsetzen, dass man einen Ultraschall machen konnte... es ging nicht... ich hatte erneut solche unglaubliche Schmerzen, dass mir bereits zum dritten Mal ganz schwarz vor Augen wurde und ich ich wegdriftet... diesmal war es aber krasser, als die Male zuvor. Ich nahm irgendwie war, dass Hannes mir panisch in die Augen schaut und Jasmin, Jasmin rief, die Notfallglocke drückte. Wer/wie/was dann kam, daran erinnere ich mich nicht.
Auf einmal war da dieser unglaublich nette Arzt von Sonntag, der festgestellt hat, dass mein baby nicht mehr lebt und der auch um meine Angst vor einer OP wusste und meinte, es ginge nicht anders. Mein Blutverlust sei zu hoch, sie müssen was tun. Es tut ihm so Leid, dass ich nun um eine Ausschabung nicht herumkomme.
Er begleitete mich die ganze Zeit neben dem Bett zum OP und ich war komischerweise ganz ruhig.
Den OP kann ich abkürzen, alle waren sehr nett und bemüht, locker zu sein. Es ging so schnell alles. Weg war ich. Ich weiß noch, wei eine Schwester meinte, ich bekäme was zur Beruhigung, aber offenbar war das schon die Narkose. Bämm, ausgenockt.
Als ich aufwachte, war ich im Aufwachraum, begann zu zittern und die Tränen liefen mir runter. Ich hörte nur, wie eine Schwester fragte, ob sie was tun kann. Ich wollte Hannes bei mir haben. Ich nahm war wie sie anrief und ihn kommen ließ, obwohl man mir zuvor sagte, es ging nicht.
Die Schmerzen waren weg, aber die Leere in mir ist unbeschreiblich.
Alle Ärzte, Schwestern waren unglaublich. Noch nie war ich so einfühlsamen, sensiblen Menschen begegnet. Allen Ärzten, denen ich in den letzten 3 Tagen begegnet bin, schauten mehrmals nach mir.
So kam auch der operiernde Arzt im Nachhinein zu mir und erklärte mir, dass es hätte auch anders für mich ausgehen können. Ich hatte einen massiven Blutverlust, mehr als in so einer Situation üblich. Ein Stück der Plazenta war am Muttermund hängen geblieben, dadurch konnte sich die Gebärmutter nicht zusammenziehen und die Blutung wurde so massiv, dass sie schnell handeln mussten. Und ich dachte noch, er tut dies nur, weil er weiß, dass ich Angst vor einer OP habe.
Mein Glück war, dass ich so einen guten und hohen Ausgangswert des Hämaglobins hatte, wenn ich das richtig verstanden habe. Ich sei aber um 4,5 Punkte abgefallen und war kurz davor Blutkonserven zu bekommen.
Wäre mein Ausgangswert nicht 14, sondern 10 gewesen, hätte es offenbar lebensbedrohlich für mich werden können.
Da lieg ich nun, extrem schwach, ob des vielen Blutverlustes und einfach nur leer und ausgebrannt und frage mich, wie ein normaler Alltag in den nächsten Tagen nur annähernd funktionieren soll.