An dich mein Kind, unsere Geburtsreise:
Am 01.April war ich schon so glücklich, den April mit meiner Kugel erreicht zu haben, denn ich hatte immer schon das Gefühl du kommst früher. Wehen hatte ich schon ab der Mitte der Schwangerschaft und Senkwehen schon um die 30.Ssw. Eine Vorsorge beim Arzt oder bei einer Hebamme habe ich nicht wahrgenommen (außer 1x in der 19.Ssw für den Organultraschall). Auch wenn ich manchmal Bedenken hatte ob alles gut ist, weiß ich doch selbst am besten was mir gut tut, dafür brauche ich keinen Befund der mir womöglich nur unnötig Angst macht. Jetzt bin ich aber in der 39. Ssw und es ist April, dein Geburtsmonat, jetzt darf es so weit sein, es fühlt sich richtig an. Am Morgen des 1. Aprils begann ich den Tag mit einem Tänzchen während ich Frühstück machte, das tat mir sehr gut. Ich wollte ein bestimmtes Lied davon noch auf meine Geburtsplaylist schreiben. Hab mir für die Geburt Lieder und Düfte rausgesucht, die mich begleiten sollen. Ich bemerkte auf der Toilette, dass sich der Schleimpfropf löst, jetzt handelt es sich also nur noch um ein paar Tage bis du kommst! Mittags legte ich mich zum Mittagsschlaf mit deinem großen Bruder hin und wurde ganz sentimental. Bald ist diese kostbare Exclusivzeit mit dem ersten Kind vorbei, bald bin ich zweifach Mama. Einerseits bin ich so glücklich darüber und andererseits hab ich solchen Respekt davor. Am Nachmittag hab ich alles vorbereitet was ich für die Geburt brauche, totaler Nestbauinstinkt. Die Couch wurde ausgezogen, Möbel verrückt und die Regentonne in der du geboren werden sollst steht schon seit Tagen im Wohnzimmer bereit. Wehen hatte ich wie immer welche, aber diesesmal waren oft so fiese stechende dabei. Ich denke mir, du liegst nicht optimal und stellst dich noch ein, was mir diesen Schmerz verursacht. Dein Bruder war derweil im Sandkasten und ich wollte gar nicht aus dem Haus. Abends habe ich mich noch mit deinem Papa gestritten, weil ich die Befürchtung hatte, dass er noch nicht so wirklich begriffen hat, dass du bald, bald da bist und es ihn dann überfordert. Als wir ins Bett gingen, war aber alles gut. Am nächsten Tag, Mittwoch der 02.04. ging wieder etwas blutiger Schleim ab und ich war glücklich. So wartete ich auf die mir bekannten Geburtswehen. Aber wieder war da nur dieser stechende Schmerz. Wir machten noch Babybauchfotos und Familienfotos zu dritt, ich ahne zu diesem Zeitpunkt, dass es die letzten sein werden. Am Nachmittag saßen wir als Familie zusammen am sonnigen Sandkasten und ich konnte dort gut mit dem Schmerz umgehen, ich denke keiner ahnte, was ich spürte. Aber immer noch wartete ich auf die Wehen, die mir sagen "jetzt wird bald dein Kind geboren". Hab Abends deinen Bruder ganz normal ins Bett gebracht, Sachen gewaschen, für deinen Papa gekocht und ich fühlte mich gut. Dein Papa hat dein Herzchen noch abgehört, du liegst tiefer und dein Herzschlag ist ein wenig langsamer als sonst aber normal. Am späten Abend war der Schmerz oft so groß, dass ich schon die Befürchtung hatte nicht schlafen zu können. Bin dann um 23:30 Uhr ins Bett mit einer Wärmflasche und konnte sogar eine Stunde schlafen. Um 0:50 Uhr begab ich mich auf die Couch, dieser stechende Schmerz kam immer öfter. Ich versuchte mich abzulenken und sah mir die Aufzeichnung der Tagesschau an. Um kurz nach 1Uhr sah dein Papa mal nach mir weil ich so getönt habe. Ich schickte ihn wieder ins Bett, denn hier brauchte ich ihn nicht. Bin dann noch duschen gegangen, das Wasser tat gut, aber in der Dusche wurde mir bewusst, dass das deine Geburt ist, denn ich bewegte mich und tönte wie bei einer Geburt. Also tastete ich nach meinem Muttermund und da spürte ich schon deine Fruchtblase die von einem Muttermundrand umgeben war. Da der Schmerz im Becken so stark war, ging ich davon aus, dass du nicht richtig eingestellt bist und ich wollte noch versuchen, ob du ein wenig zurück rutscht. Also nahm ich für eine Wehe eine Position ein, die die Kindslage verbessern kann. Aber das war so absurd, ich lagerte meinen Unterkörper höher als den Oberkörper und die kommende Wehe war extrem schmerzhaft. Ich konnte mich während diesen Wehen auch gar nicht bewegen, es war als wären meine Beckenknochen gebrochen. Meinen Freundinnen schrieb ich eine Nachricht, dass es wohl los ginge und weckte danach sofort deinen Papa, es war ca 2:20 Uhr. Er ließ die Regentonne ein, bezog die Couch, wärmte Handtücher im Backofen vor, sterilisiert eine Schere und legte mir Handtücher auf dem Boden bereit, denn ich befürchtete, dass die Fruchtblase gleich platzen könnte. So versuchte ich die Wehen zu veratmen und saß in der Hocke vor der Couch. Dieser stechende Schmerz war so lähmend, dass es mir nicht gelang so zu atmen wie ich wollte. Einfach aushalten. Endlich konnte ich in die Tonne und es tat gleich so gut! Alles lockerte sich und ich fühlte mich wohl und geborgen. So saß ich in der Hocke und wartete. Ein gelbliches LED Licht schwamm im Wasser, ein Handtuch lag am Tonnenrand. Dieses Handtuch fiel ins Wasser und ich maulte deinen Papa an, kann mich aber nicht mehr erinnern was ich sagte, ich fluchte, also musste ich wohl gerade eine Wehe haben. In das nasse Handtuch schrie ich meinen Schmerz um deinen Bruder nicht zu wecken. Dein Papa fragte ob er die Musik anmachen soll, dazu war es leider zu spät. Die Musik war für viel früher gedacht, jetzt bist du gleich da, da brauch ich keine Musik mehr und auch keine Duftöle. All das romantische an der geplanten Geburt hab ich verpasst. Ich tastete nach dir und die Fruchtblase war schon viel näher, ich fragte deinen Papa ob er auch fühlen will und er nahm das freudig an. Ich wechselte einmal meine Haltung von der Hocke auf die Knie, aber dann wieder zurück, was mir mit den Beckenschmerzen schwer gelang. "Gleich platzt sie" meinte ich und einige Wehen später um 2:42 Uhr spürte ich es und im Wasser sah man das trübe Fruchtwasser. Ich versuchte zu sehen ob es grünlich war, was mir aber in dem dämmerigen Licht nicht gelang. Mein Gefühl sagte mir, das alles gut ist und selbst wenn nicht, dann kommst du ja sowieso gleich. Dein Köpfchen kam immer näher, ich schrie in jeder Wehe in das Handtuch, aber es fiel wieder ins Wasser und ich meckerte deinen Papa erneut an, er solle mir sofort ein neues reichen, eine Mullwindel tats auch. Dein Kopf kam tiefer und war schon bereit geboren zu werden, ich gab dem Druck immer nach, aber presste nicht mit. Meine Mama meinte tags zuvor noch "als wenn du einen Ziegelstein scheißen sollst" und genau so ist es, also Kopf ausschalten. Mir wurde kurz sehr übel und dein Papa holte mir eine Schüssel, aber es blieb alles drinnen. Als ich auf die Uhr sah war es genau 3:00 Uhr, ein paar Minuten nur noch, "gleich kommt es" sagte ich zu deinem Papa, der an der Tonne kniete und der nicht mal meine Hand berühren durfte unter einer Wehe, ich mochte das nicht, denn ich fühlte mich, als würde ich zerbrechen. Plötzlich stand er auf und meinte, dass er ganz dringend pinkeln muss, meine Reaktion "nein, jetzt nicht! Nimm die Kotzschüssel, im Ernst, nimm die Schüssel!" Aber so dringend war es dann wohl nicht. Nur ein bis zwei Presswehen später wurde dein Kopf geboren, ich nahm meine Hand weg und du drehtest dich nach rechts und der restliche Körper war da. Ich schaute dir zu wie du dich auf mich zu bewegst, deine Arme nach mir ausstreckst und ich nahm dich hoch zu mir. Du warst warm und weich und rosig. Deine Nabelschnur war sehr kurz, aber lang genug um noch hier so sitzen zu bleiben mit dir. Uhrzeit 3:04 Uhr! Wie passend, der 3.04. um 3:04 Uhr. Wir streichelten dich, du hast geschrien. Ich bat deinen Papa ein warmes Handtuch zu holen und schaute nach ob du ein Junge oder ein Mädchen bist. Als dein Papa mit dem Handtuch kam, sagte ich es ihm, dass Severin hier bei uns ist. Wir sind so glücklich! Es war Zeit aus der Tonne zu steigen, das nasse Handtuch ließen wir drin versinken und wickelten dich in ein frisches warmes. Auf der Couch machten wir es uns kurz bequem, bis ich das Gefühl hatte, die Plazenta will geboren werden. Dazu ging ich wieder in die Hocke vor der Couch und sie kam sofort. Da war es ca. 3:30 Uhr. Dein Papa legte sie in eine Schüssel und nachdem ich mich gerichtet habe, sind wir ins Badezimmer um sie zu waschen und um sie uns anzusehen. Sie sah gut aus, wir machten uns keine Sorgen. So legten wir uns wieder auf die Couch, du warst noch einige Zeit mit der Plazenta verbunden bis Papa die Nabelschnur durchschnitt.