So, endlich habe ich es geschafft, meinen Geburtsbericht niederzuschreiben. Da die Geburt nun schon über drei Wochen her ist, bin ich mir in manchen Punkten nicht mehr ganz sicher und ob die Reihenfolge der Abläufe stimmt, ist auch fraglich. Der Gesamteindruck müsste aber stimmen.
Am 30.01. wachte ich morgens gegen 6.30 mit leichten Wehen auf. Während ich im Bett lag, schaute ich immer wieder auf die Uhr und merkte, dass die Wehen etwa alle acht Minuten kamen. Sie waren aber so gut zu veratmen, dass mein Mann davon nicht aufgewacht ist. Im Laufe des Vormittags waren die Wehen eher unregelmäßig oder ich habe nicht so sehr darauf geachtet. Zwar hatte ich außer den Senkwehen eine Woche zuvor nie Übungs- oder Vorwehen, aber trotzdem kam es bei mir noch nicht so richtig an, dass das jetzt wirklich der Geburtsbeginn sein könnte. Aber da der ET ja am nächsten Tag anstand, haben wir den Tagesbeginn gut genutzt und noch einmal alles durchgeputzt. Mein Mann war einkaufen und hat den Kühlschrank gefüllt und ich habe eine Dreiviertelstunde gesaugt und ab und zu mit dem Staubsaugergeräusch mitgetönt oder meine Yoga-Mantren gesungen.
Gegen Nachmittag wurden die Wehen etwas stärker und etwas häufiger, aber eine wirkliche Regelmäßigkeit war noch nicht zu erkennen. Meist saß, kniete oder hing ich auf dem Sofa und habe noch in der „Hebammensprechstunde“ gelesen und es immerhin bis zum Beginn des Kapitels „Frühwochenbett“ geschafft. Als die Wehen am späteren Nachmittag regelmäßiger wurden, haben wir die diensthabende Hebamme unseres Geburtshaus-Teams angerufen, um sie schon einmal vorzuwarnen und das weitere Vorgehen abzusprechen. Wir vereinbarten, später noch einmal zu telefonieren. Dann bin ich erst einmal in die Wanne. Das war aber ziemlich eng und unbequem und der Bauch hat auch nicht unter Wasser gepasst. Die Wehen waren danach auch stärker, sodass unser zweites Telefonat bald danach stattfand.
Die Hebamme kam etwas später gegen 18 Uhr zu uns und untersuchte mich. Sie stellte fest, dass der Muttermund schon 3-4 cm geöffnet und die Geburt im Gange sei. „Wir sehen uns heute noch im Geburtshaus“, meinte sie. Wir sollten aber noch ein wenig zu Hause bleiben, solange es hier für uns angenehm sei. Da aber ab der Tastuntersuchung die Wehen heftiger wurden, dauerte es auch nicht lange bis zum nächsten Kontakt und wir verabredeten uns für 20 Uhr im Geburtshaus.
Die Fahrt war ziemlich heftig, denn die Sitzposition während der Wehen war sehr unangenehm für mich. Trotz vieler roter Ampeln war es aber nach zwanzig Minuten geschafft und wir waren angekommen. Dies aber auch so richtig, denn wir fühlten uns in den Räumen des Geburtshauses schon immer sehr wohl und inzwischen fast wie zu Hause. Nachdem ich einige Wehen im Stehen oder Knien veratmet hatte, stieg ich in die große, komfortable Wanne und versuchte zu entspannen. Dort hielt ich es auch eine ganze Weile aus und habe während der Wehen immer schön die Hand meines Mannes gepresst. Jede halbe Stunde hat die Hebamme mit einem kleinen Dopton die Herztöne des Babys abgehört und mir ab und zu gut zugesprochen, aber ansonsten hat sie sich sehr zurückgehalten und uns in unserem eigenen Rhythmus machen lassen.
Irgendwann wurde es mir aber doch zu unbequem in der Wanne und ich wollte einen Ortswechsel. Da wir unter uns waren und es mir deshalb oder sowieso egal war, blieb ich gleich nackt. Eine Tastuntersuchung ergab, dass mein Muttermund nun schon bei 8 cm war. Meist kniete oder hockte ich vor dem Bett auf den Oberschenkeln meines Mannes. Unter mir lag eine Unterlage, die auch nötig war, denn neben ein paar Tropfen Blut verlor ich auch andere Dinge. Dass das wahrscheinlich passieren wird, wussten wir aber aus dem GVK und daher und durch die entspannte Stimmung war mir das auch nicht peinlich.
Nach einer Weile schlug die Hebamme vor, ob ich nicht einmal eine andere Position ausprobieren und mich seitlich aufs Bett legen wollte. Die Position reizte mich zwar nicht besonders, aber ich wollte ihrem Rat gerne folgen. Wie von mir erwartet war das zwar unbequemer und während der Wehen schmerzhafter, aber wie von der Hebamme erwartet und provoziert platzte die Fruchtblase. Im Kurs war uns erzählt worden, dass es meist eher ein Reißen ist und das Fruchtwasser tropft oder rinnt, aber bei mir war das definitiv mehr als filmreif. Ich hatte die Augen leider geschlossen und kann mich daher nur auf meine Ohren und mein Gefühl verlassen, aber mein Mann berichtete fast schon begeistert, dass das Fruchtwasser in einem großen, breiten Schwall meterweit durchs Zimmer spritzte. Bei dem Knall und dem Gefühl dachte ich erst, ich hätte das Baby rausgeschossen…
Ich erinnere mich nicht mehr genau, aber entweder begannen die Presswehen schon kurz davor – deswegen der „Trick“ der Hebamme – oder dann in der Folge. Man fragt sich vorher, ob man den Unterschied zu normalen Wehen bemerkt, aber das tut man: Durch den Bauch läuft von oben nach unten eine Welle, die nach unten drückt, sodass der Körper automatisch presst. Und während des Tönens schlug mir die Stimme zu einem gutturalen Röhren um, das sehr tierisch klang. Als würde gerade Mr. Hyde aus Dr. Jekyll hervorbrechen! Diese Wehen waren auch sehr effektiv und ich merkte, wie das Köpfchen tiefer rutschte. Nun hatte die Hebamme wieder eine Idee: Ob ich denn nicht noch einmal auf die Toilette wollte? Das machte ich und nahm zum Glück meinen Mann mit. Als ich nämlich saß und die nächste Wehe kam, brüllte ich vor Schmerzen und vor Überraschung und krallte mich an ihm fest. Die Schmerzen waren wirklich heftig, aber ich merkte, dass das zwar mal wieder ein „fieser“, aber sinnvoller Trick war.
Beim Zurückgehen zum Bett rutschte das Baby wieder zurück, aber die Hebamme beruhigte mich und meinte, dass es jeweils bei der nächsten Wehe wieder mindestens so weit nach unten rutsche, wie es beim letzten Mal gekommen sei. Bei den wenigen noch folgenden Wehen erinnerte sie mich daran, dass ich ruhig nach unten und hinten pressen dürfe, weil dort genug Platz sei. Es war also wirklich ein Gedrücke wie auf der Toilette, aber da vermutlich eh schon alles draußen war, war das auch egal.
In der Zwischenzeit hatte die Hebamme die zweite Hebamme angerufen, was mir ein gutes Gefühl gab. Nicht, weil ich mich nur mit ihr unsicher gefühlt hätte, sondern weil das hieß, dass sie sich sicher war, dass es nun bald soweit sein würde. Als mein Mann mich während der Presswehen darauf aufmerksam machte, dass die zweite Hebamme nun da sei, meinte die erste, dass mir das wahrscheinlich gerade ziemlich egal sei, aber ich habe mich gefreut und sie begrüßt.
Nach dem Toilettenbesuch dauerte es wie erwähnt nicht mehr sehr lange. Ich schob kräftig mit und die Hebamme schützte meinen Damm mit Kompressen, sodass ich auch nicht gerissen bin. Einmal bremste sie mich auch ein wenig, aber schnell war der Kopf da und beim nächsten Mal rutschte der Körper nach. Um kurz nach Mitternacht am 31.01. war sie geboren. Die Hebamme hat unsere Tochter aufgefangen, aber gleich hingelegt, damit wir sie selbst hochnehmen können. Da lag also plötzlich dieses kleine Wesen, das uns verdattert anschaute. Ich nahm sie gleich hoch und sprach mit ihr und sie fing dann an zu schreien und ich bekam die erste Ladung Kindspech ab. Wir sind dann vorsichtig mit ihr aufs Bett gekrabbelt und haben sie auf meine Brust gelegt und sie angeschaut und gestreichelt. Dort hat sie abwechselnd geschaut und geschrieen (und noch einmal gekackt) und wir haben uns erst einmal in Ruhe kennengelernt, während die Hebammen in den Nachbarraum gegangen sind. Zwischenzeitlich kamen sie, um uns beim Anlegen an die Brust zu helfen, die U1 neben mir durchzuführen und mir mit der Nachgeburt zu helfen und diese und mich zu untersuchen. Außer einer kleinen Labienschürfung war ich unverletzt.
Wir waren nach der Geburt noch etwa drei Stunden im Geburtshaus. Meinem Mann wurde beim ersten Wickeln geholfen und ich durfte eine Runde duschen. Als wir die Kleine im Autositz ins Auto luden, begann das nächste große Abenteuer: Ab jetzt waren wir eine Familie und nun auf uns gestellt.
Nach einer sehr schönen Schwangerschaft und dieser so tollen Geburt war es dann ein ganz schöner Dämpfer, dass wir im Wochenbett von einem in das nächste Problem gerutscht sind. Natürlich wäre es vermessen, nach so viel Glück nun noch mehr zu fordern, doch wir sind in den drei Wochen nicht nur an unsere Grenzen gekommen, sondern auch darüber hinaus. Aber davon ein anderes Mal. Nichtsdestotrotz sind wir sehr froh, dass wir unsere Tochter gesund in unseren Armen halten können. Sie ist all dies wert und unser größter Schatz!