Hallo,
ich bekam heute Osterpost aus dem Kindergarten und daran wollte ich euch gerne teilhaben lassen. Wir hatten ja bereits das Thema Geschenke zu Ostern. Mich hat der Text nachdenklich gestimmt und vielleicht kann ich euch etwas "anstecken" im positiven Sinne:
"Der Osterhase, was ist er heute noch dem Kinde? Wer sieht ihn noch durch Feld und Wiese laufen oder durch das Gebüsch des Gartens huschen oder mindestens sein Schwänzchen um die Ecke verschwinden? Wer findet noch irgendwo im Moos, zwischen den sprossenden Narzissen oder im eben ergrünenden Strauch ein warmes rotes Ei? Arme Kinder der Großstadt, die höchstens bei den Blumenstöcken am Fenster suchen können oder auf dem Balkon und hoffen, dass der Hase über Nacht durch das offene Fenster oder den Türspalt herein kann zu dem Nestchen aus grüner Papierwolle! Als wir Kinder waren, gab es noch viel mehr Gärten, wir suchten täglich frisches Moos und bauten weichgepolsterte Nester und legten das "Hasenbrot" hinein, jenes braunblühende Frühjahrsgras, das er am liebsten fraß, und gingen klopfenden Herzens fort, denn er liebte es nicht, gesehen zu werden, und ist immer im Sprunge und nie zu fassen. Ach, und die Sorge, dass die Jäger ihn erkennen möchten und ein Hund ihn jagen! Aber die Jäger versicherten, sie würden ihn gewiss nicht verwechseln, ihn immer erkennen und niemals jagen. Und am Gründonnerstag, wenn wir im Nest ein Ei gefunden hatten, das einem die Sicherheit gab, dass er dieses Nest an Ostern füllen würde, trafen wir Kinder uns alle draußen am Hügel …legten sich auf die Erde und rollten den Hügel hinab. Unten drehte sich dann die Welt, und die Berge standen auf dem Kopf, und wenn man aufstand, wusste man selber nicht mehr, wo oben und unten war… Das war unser Vor-Ostern
Der sanfte Hase, …Man sagt, er sei wegen seiner Fruchtbarkeit das Wahrbild des im Frühling eierlegenden Osterhasen geworden. Aber andere Tiere sind viel fruchtbarer, zum Beispiel die Maus. Der Hase hat ein außerordentlich feines Gehör, er ist "ganz Ohr", unser Meister Langohr. Die Augen sind äußerlich nicht scharf - dafür im Inneren, man sagt ja sogar, er schliefe mit offenen Augen. Die Zahl seiner Feinde ist groß. Auch Jäger und Hunde sind hinter ihm her. Sieht er einen so verfolgten Kameraden, der nicht mehr weiter kann, springt er statt seiner hinaus und täuscht die hetzenden Hunde, während der andere sich birgt, und rettet so den Bruder. Alle diese Eigenschaften sind es, besonders aber diese letzte, die den Hasen zum Symbol machen und zu einem hohen und bedeutsamen.
Wenn der Mensch so sanft geworden ist, also Stimmen erlauschen kann und eine Sprache versteht, die der Dumpfe nicht hört, und wenn er alles durchschaut, weil er hellsichtig geworden ist … wenn er schließlich so selbstlos geworden ist, dass er sein Leben einsetzt für seine Brüder, dann gleicht er dem Hasen. Er ist dann nicht mehr egoistisches Ich, das in erster Linie an sich selber denkt, sondern selbstlos liebendes Ich geworden. Ein solches Ich muss alle Zeit wachsam üben, denn es muss das andere Ich erkennen und alles wahrnehmen, das Gute und das Böse, und immer in Bereitschaft sein. Der Mensch ist dann nicht mehr so an Haus und Heimat gebunden, die Erde wird ihm Vaterland und alle Menschen sind seine Brüder. Aber auf dieser Stufe setzt er sich auch gewissen Verfolgungen aus, denn es gibt immer Mächte, die das Gute nicht wollen.
..Das Ei enthält Leben, ist fortzeugendes Leben. Bringt der Hase das Ei, so ist damit nicht der physische Lebenskeim gemeint und die Fortdauer durch die natürliche Zeugung im leiblichen Leben schlechthin, sondern es ist der höchste Lebenskeim gemeint, das Bewusstsein unseres ewigen sich immer erneuernden, immer wiederkehrenden Ichs. …
Wir erkennen nun deutlich, worauf das Bild des Osterhasen mit dem Ei hindeutet. Selbstlose Liebe und Auferstehungskraft, das geheimnisvolle Geschehen der ersten Ostertage der Menschheit werden dem Kind auf diese Weise verhüllt nahe gebracht.
Freilich erstickt die wunderbare Sitte schon weitgehend in den Bergen von Zuckerwerk, die dem Kinde geschenkt werden. Nur die Form erinnert noch an das Ei. Neuerdings beginnt Ostern ein Geschenkfest zu werden. Den ersten Roller, Sandschaufeln und Eimer - das alles bringt der Hase. Je mehr er bringt, desto ärmer wird das Kind, denn eine wunderbare Wahrheit verdunkelt sich. Man sollte wenigstens noch einige echte farbige Eier verstecken und sie am Ostermorgen auf den Tisch legen in ein Nestchen aus echtem Moos oder in eine Schüssel mit handhoch gewachsenem grünen Hafer und vom Osterhasen erzählen, der durch Wald und Feld streift, überall und nirgends zu Hause ist und die farbigen Eier legt - und auch nicht vergessen zu sagen, dass der sanfte Hase sein Leben einsetzt für seine Brüder."
LG Mala