Hallo Jarste, hast ja Recht und Danke!
Natürlich haben sich die medizinischen Voraussetzungen geändert und jede Form von Tabu-Themen ist ein Grauen.
Außerdem sollte ich aus eigener Erfahrung wissen, wie schwer es ist seine Probleme zu verarbeiten.
Mein Freund ist immer wieder erstaunt, mit welcher Konsequenz ich Themen für mich endgültig lösen und dann ad acta legen kann, was nicht heißt, dass da nicht noch "Leichen im Keller" wären.
Was es für mich leichter macht, erschwert es meinen Mitmenschen insofern, als ich Ihnen den Spiegel vor die Nase halte:
Versteh mich nicht falsch, deshalb Bsp.: 2005 starb meine Mutter. Ein Freund von mir ließ es nicht zu, dass ich das auf mich zukommen lasse, sondern zwang mich fast, mich mit dem Tod auseinanderzusetzen. Es kam dann auch, wie er sagte: Ich war dann die letzten Std. alleine bei meiner Mutter und "ließ" sie gehen. Im Moment vermisse ich sie wieder sehr, aber es war in Ordnung, dass sie starb und nicht länger leiden mußte. Trotz Trauer und Verlust, war ich relativ schnell wieder auf der Reihe. Anders mein Vater (geschiedener Mann) und mein Bruder, die sich bis heute nicht damit auseinandergesetzt haben, wohlgemerkt als Mediziner: Sie schalten das Persönliche bei Patienten aus, sind sie selbst betroffen:TABU!! Mein Vater kam dann auf die glorreiche Idee überall von seinen Sorgen um mich zu sprechen, ob ich mit dem Tod meiner Mutter zurechtkäme. Er auf diesen angesprochen, verweigert jede Auseinandersetzung.
Sorry, ist einfach schwer auszudrücken: Vielleicht ist es das, was mich so verschreckt, schmerzt, wütend macht: Ich setze mich mit meinen Problemen auseinander, um für mich eine Lösung zu finden, es abschließen zu können und anderen mit meinem Kummer nicht zur Last zu fallen, um mir nicht vorwerfen lassen zu müssen, dass ich nur mit Kummer käme .....
Dann meint da jemand kommen zu müssen und redet mir ein Problem ein, was ich nicht mehr habe, um sich selbst nicht mit seinen Problemen auseinandersetzen zu müssen. Und da spielt dann die Geschichte von Marie (miranda, s.u.) eine Rolle, die von Freunden spricht, die einen nur solange mögen, wie es einem nicht so gut geht.
Du siehst, es gibt eine riesengroße Leiche im Keller, die alles andere als gelöst ist und die Grundlage aller Folgeprobleme/Lösungsansätze für mich ist: Mein Verhältnis zu meinem Vater (totales Papa-Kind).
Ich hoffe ein winziges Bisschen, dass mein Kind/sein erstes Enkelkind aus dem regelmäßig einhergehenden Wunsch von Großeltern zumindest wieder einen schmalen Steg der Kommunikation erzeugen kann, auf dessen Basis wir auch unser Problem lösen können. An Wunder glaube ich nicht.
Ich habe gelernt und lernen müssen für mich Probleme zu lösen und damit diese Entlastung von Beziehungen zu erreichen. Ich kann aber nicht die Probleme anderer lösen (ich bin gerne für sie da und helfe wo ich kann) und scheitere abgrundtief, wenn es ein Problem gemeinsam zu lösen gibt, wenn die andere Seite nicht bereit ist das Tabu aufzuheben. Ich kann und will sie dazu nicht zwingen. Was ich heute nicht mehr zulasse als puren Eigenschutz: Mir ein Problem andichten zu lassen, dass ich nicht habe.
Meinem Freund erscheint das als Konsequenz, ich hadere allzuhäufig mit mir, ob es nicht mit zu viel Härte gegen den anderen und mich abläuft.
Sorry, die Länge: Ich möchte meine Mitmenschen/Bekannte/Freunde nicht aburteilen, wie das vielleicht nach meiner Antwort den Anschein machte. Ich kann aber eben auch nur reagieren, wenn Tabu-Themen angesprochen werden: Die menschlichen Abgründe sind tief und die Psychologie ein schwieriges Feld.
Zum Abschluss noch: Ich habe sehr, sehr früh lernen müssen, mit gewaltigen Problemen alleine klar kommen zu müssen. Erleichtert hat mir das freilich, dass meine Mutter Psychotherapeutin war, was umgekehrt unsere Beziehung alles andere als einfach gemacht hat.
In puncto Kinderwunsch wurde es mir weiterhin dadurch erleichtert, dass ich von zuhause sehr viel über Medizin mitbekommen habe und selber vor dem Studium auf einer gynäkologischen Station mit angeschlossener IVF-Abteilung Praktikum machte: Ich durfte/musste in Abgründe blicken: Freude, Enttäuschung, Hoffnungslosigkeit und Absurdität (1 Paar, sie 65, er 75) gepaart mit den Eindrücken schwerster gynäkologischer Erkrankungen mit Tod, Todgeburt oder z.B. einem Mädchen von 16, der die Gebährmutter entfernt wurde. :,( :,(
Um so mehr freue ich mich, dass es bei Euch trotz aller psychischen Strapazen jetzt geklappt hat [:-} [:-} - hätte ich auch kinderlos :-[ - und hoffe, dass Du/Ihr Schwangerschaft/Kind so empfinden könnt, wie ich es auch empfinde: Als Wunder und das größte Geschenk, das mir jemals bereitet wurde.
Und puh: Dein Job führt Dich ja auch Tag für Tag an menschliche Abgründe. Da hab ich es mit meiner Journalisterei einfacher: Auch Abgründe, aber selten menschliche.
Dementsprechend viel Kraft für die nächsten Arbeitstage, aber geht ja nicht mehr so lange.
LG Claudia mit Theresia (28+5) :ROSE:
P.S. Habe ich richtig verstanden, dass Ihr in Berlin sitzt. Wir haben uns in den Oderbruch zurückgezogen; mag sein, dass sich auch das positiv auf die Fruchtbarkeit ausgewirkt hat! :-[