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an die Mamas mit den sehr sensiblen Kindern

Hallo Ihr Lieben,
Annalee erscheint mir irgendwie emotionaler als die meisten Kinder die ich kenne. Sie ist ängstlicher als der Durchschnitt, weinte bitterlich als Balu der Bär im Dschungelbuch tot erschien (die Frequenz darf jetzt nie wieder geguckt werden, muss vorgespult werden), beißt sich vor Aufregung in die Hand oder auch jemand anderem in die Hand, wenn die Stimmung im Raum aufgeregt ist, geht sofort dazwischen, wenn mein Mann und ich den Ton auch nur leise anheben zum Streit etc.
Das wäre ja alles kein "Problem", aber meine Schwierigkeit habe ich mit den Konsequenzen bei Regelverletzungen. Letztens hat sie zusammen mit ihrer Freundin etwas von mir kapputt gemacht. Als sie das erkannt hat, dass ich das auch nicht reparieren kann, war sie total am Ende, hat geweint wie ein Schloßhund und war fast ne halbe Stunde untröstbar.
Wenn sie merkt, dass ich jetzt schimpfen werde, baut sie eine solche Spannung auf, dass sie sich die Ohren zuhält und entweder schon in tränen erstickt oder ausrastet oder erstarrt wie eine Salzsäule. Gestern musste ich ihr das Fernsehen "streichen", weil sie die Fernsehzeit dafür benutzt hatte, ein riesiges Theater zu veranstalten und mich vor Aufregung zu beißen. Sie brauchte eine volle Zeitstunde, das emotional zu verkraften und versuchte erst zu diskutieren ("Ich finde das aber schade, wenn... wäre denn nicht besser, wir würden...") und meinte dann total geknickt: "Ich wollte dich wirklcih nicht beißen, ich weiß nicht, warum mir das passiert ist. du bist ja meine mama, ich will dir ja nicht wehtun. Gibt es noch andere Kinder, die so etwas schlimmes machen oder bin ich die einzige? Machen andere auch etwas falsch?"
Wenn man solche Reaktionen ansieht, könnte man denken, ich schrei die hier zusammen und sperre sie in den Kohlenkeller oder baue wer weiß welchen emotionalen Druck auf. tue ich aber nicht.
Ist auch keine Masche, um nicht geschimpft zu kriegen - das schmerzt sie wirklich so.
Wie geht ihr denn damit um? Ich halte es bisher so, dass die Konsequenz bleibt - ich sie aber tröstend begleiten muss und wir auch die auftretenen Gefühle thematisieren müssen (jedenfalls beruhigt sie sich dann am schnellsten). Ich will sie ja nicht quälen. Auf der anderen Seite finde ich es irgendwie auch blöd, dass Situationen, in denen sie etwas "falsch" macht, damit enden, dass ich sie tröste...
Meine Nachbarin meint, sie müsste abgehärtet werden.
Ich hätte gerne einen Mittelweg zwischen abhärten und trösten bei selbst eingebrockten Konsequenzen, aber ich weiß nicht, wie der aussehen könnte. Hat jemand von euch da ein tolles "Rezept"?
lg, stefanie
Bisherige Antworten

an die Mamas mit den sehr sensiblen Kindern

Hallo Stefanie,
was du beschreibst ähnelt Talissa sehr und genau das ist das, was bei ihr so auseinandertriftet. Im Kopf viel weiter als knapp 7, eher 8-9 Jahre, aber emotional keine 6 Jahre. Die Situationen kenne ich. Einmal ist sie stark, kommandiert ihre Freundinnen regelrecht. Aber wagt es eine, nur für wenige Sekunden mit Amelie zu spielen, ist sie todunglücklich, weint und versteht die Welt nicht mehr.
Wir haben derzeit viel Stress, wenn sie etwas spielt. Sie möchte dann vorgelesen haben, was wo steht. Nun ist es aber so, dass sie lesen kann und ich nicht weiterhin alles vorlesen will. Also bitte ich sie, es selbst zu lesen, wenn es Schwierigkeiten gibt, unterstütze ich. Das wirft sie in eine solche Sinnkrise, dass sie sagt, wir haben sie gar nicht lieb, immer muss sie alles alleine machen, dabei ist sie doch so doof und wir sind böse Eltern. Talissa braucht viel Pflege und Zuwendung, aber sie muss auch lernen, alleine Aufgaben zu bewältigen. Sie kann das ja, aber sie hat eben jahrelang Schutz von uns erfahren. Nach Aussage der Psychologen war dies nötig und richtig, aber eben soviel, dass sie emotional das alleine bwältigen kaum verkraftet. Daher die große Kluft. Wir müssen nun lernen es auszuhalten, dass sie die Strafe (in ihren Augen Strafe) ertragen muss und nicht einzuschreiten. Auch wenn sie dann in ihrem Zimmer tobt und wütend und wirklich zu denken scheint, wir haben sie nicht liebt, wir müssen das aushalten. Nur so kann sie lernen Strategien zu entwickeln, sich selbst aus der emotionalen Mißlage zu befreien. Ich versuche dann an anderer Stelle, wo es eigentlich nicht paßt, aber mir günstig erscheint, nocheinmal in Ruhe darüber zu reden und sie zu motivieren, ihr aber auch zu zeigen, dass sie trotzdem mit Amelie zs. uns das Liebste ist. Nach Aussage der Psychologen haben besonders oft hochbegabte Kinder diese Kluft als Last. Wir versuchen es momentan ohne psycholog. Betreuung, Talissa hat die ja ihr Leben lang bisher genossen und es hat auch geholfen. Wir waren schon an ganz schwierigeren Baustellen unterwegs.
Auch wenn ohne Rezept, denn ich glaube das gibt es nicht, da wir keine Zahnräder im Getriebe sind, sondern jede/r auf seine Weise ums Überleben kämpft....so hoffe ich, Verständnis geäußert haben zu können.
LG, Nicki

an die Mamas mit den sehr sensiblen Kindern

hi nicki,
so wie du Tali beschreibst, erkenn ich Annalee auch wieder (kommandieren auf der einen Seite, hilflose Verzweiflung auf der anderen). Dann habt ihr ja den Rat bekommen, sie durch die Krisen durchgehen zu lassen, statt alles abzufedern.
Klingt schlüssig, dass sie sonst keine Strategien für sich entwickeln können. Danke für den Denkanstoß!
lg, stefanie

an die Mamas mit den sehr sensiblen Kindern

Hallo Stefanie,
der größte Rat war eigentlich, dass wir als Eltern uns zurück nehmen müssen. Wir haben in den schweren Jahren natürlich alles gegeben, um sie zu unterstützen, zu tragen, ihr das Leben leichter zu machen. Das war auch richtig und ohne diese emotionale Stütze wäre sie wohl nicht so gut gedeiht. Aber es ist auch das Verfängnis, denn dadurch hat sie sich so darauf eingestellt und ist nicht bereit, emotionale Prozesse selbst zu lösen. Daher war sie ja vor einem Jahr in der Klinik (Kinderpsychatrie), da es bei ihr extrem ausgeprägt war. Talissa muss lernen, dass sie es allein schaffen kann. Sie kann es, denn sie hat die geistigen Fähigkeiten, die nötig sind, aber sie hat leider nicht das Selbstbewußtsein an sich zu glauben, an die eigene Stärke. Und da kämpfen wir gerade sehr stark. Für sie ist es eine ablehnende Liebeshaltung unsererseits, was ja nicht stimmt, denn im Gegenteil, wir wollen ihr mehr Freiheit, mehr Selbstbewußtsein geben. Aber das kann sie logischerweise noch nicht fassen. Daher müssen wir gerade, vor allem verbunden mit der Schule, diese harten Wege gehen. Aber ich bin guten Mutes, das es eines Tages wird. Sicher nicht heute, nicht morgen, nicht dieses Jahr. Aber es wird werden.
Es ist nur verwirrend, wenn du einerseits das Kind hast, das selbstbewußt allein durch den Ort zum Kunstunterricht geht, auf dem Rückweg beim Bäcker vorbei, um sich zu stärken und total glücklich daheim ankommt und dann das Kind, das weinend am Nintendo sitzt, weil man ihm nicht vorliest, was dort steht, obwohl man weiß, sie kann es lesen. Liest sie doch allein Bücher und kann den Inhalt genau wiedergeben. Manchmal fühle ich mich wie in einer verkehrten Welt und besonders der Satz des Psychologen damals: lernen sie, ihrem Kind weniger Liebe zu geben, als es benötigt, bringt mich immer wieder zum Nachdenken.
Trotzdem ist sie ein tolles und wunderbares Kind und manchmal kann ich kaum fassen, was aus ihr nach all der schweren Zeit geworden ist. Nun steht sie tagtäglich vor dem Spiegel und wartet auf wachsende Brüste. Wenn sie wüßte, dass bis dahin noch Jahre vergehen :-) Hoffentlich!
LG; Nicki
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