Tipps für die Große gesucht
ich liebe Talissa für ihren störrischen Charkater, für ihren schwierigen Charakter, für ihre Eigenheiten. Ich bin überzeugt, wäre sie nicht so, wäre heute aus ihr nicht dieses tolle Mädchen geworden.
Aber nun hatte ich wieder eine Situation zum Haare raufen und weiß nicht mehr, wie ich es anders gestalten kann.
Wir saßen in der Küche, hatten gerade gegessen. Den Großteil der Hausaufgaben hat sie bereits im Unterricht geschafft. Es waren nur noch 1 1/4 Seiten im Robbenheft (Schreiben). Schreiben ist für Talissa echt eine Qual. Statt sich zu konzentrieren und zügig zu arbeiten, hat sie jeden Buchstaben mit: das ist blöd, warum muss ich das schreiben, ich bin ja so doof etc. kommentiert. Ich habe sie mehrmals aufgefordert, jetzt einfach zu arbeiten und zu schreiben. Um es ihr leichter zu machen, weil sie in der Regel besser arbeiten kann, wenn niemand dabei ist (und es war ja nur Schreiben, wo keine Hilfe nötig war), habe ich ihr gesagt, dass ich solange die Wäsche mache.
Gesagt, getan. Ich habe wohl gemerkt, dass sie mit ihren Sachen hoch gegangen ist. Völlig okay, sie hat ja ihren Schreibtisch oben und muss nicht zwingend in der Küche Hausaufgaben machen. Auf einmal kam nur noch ein Schrei und sie schrie, schrie, schrie. Ihre Püppi sei kaputt. Sie hatte ja zum Geburtstag die Talissa Nachbildung bekommen. Irgendwie hat sie statt Hausaufgaben zu machen damit gespielt und die Püppi so durch ihre Bettstäbe gezerrt, dass der Kopf rausgefallen ist. Ich war entsprechend sauer. Nicht wegen der Püppi, sondern weil sie nicht ihre Hausaufgaben gemacht hat. Also habe ich geschimpft und meinen Unmut geäußert.
Ich habe sie dann aufgefordert, die Püppi runter zu bringen und die Hausaufgaben zu beenden. Sie hat nur noch geschrien und es gab große Trauer wegen der Puppe. In der Küche fand ich dann einen Zettel auf dem steht: "in schuldigung..ich bin oben in meinem Zimmer". Dazu hat sie ein Herz gemalt, das in der Mitte zerbrochen ist, über dem Herz eine Schere. Daneben ein Mensch mit einem Buch in der Hand und eine Blume, welche die Köpfe hängen läßt. Unter den Bildern steht: "mein Herz ist einsam".
Das muss sie noch unten, bevor das Drama mit der Puppe passierte, geschrieben haben.
Solche Entschuldigungszettel schreibt sie öfters mal, aber so herzzerreißend wie heute: das tut einem richtig weh. Sie sagt oft, dass sie sich nicht verstanden fühlt, doof sei etc.
Ich weiß gar nicht, was ich machen soll. Habe versucht ihr zu erklären, dass ich sie ja nicht ärgern will, sondern ihr einen Weg ins Leben zeigen möchte. Dazu gehört nunmal (für mich), dass man sich bei den Hausaufgaben konzentriert und nicht mit dem Kopf auf dem Tisch liegend und dabei über Gott und die Welt erzählend dies ordentlich machen kann. Ich habe nicht den Anspruch, dass sie eine perfekte saubere Schrift hat, um Gottes Willen.
Das sie dann solche Zettel schreibt, das macht mir echt zig Gedanken.
Habt ihr Tipps?
LG, Nicki
Tipps für die Große gesucht
Hallo Nicki,
ich stecke nun nicht in Deiner Haut und kenne nun auch Talissa sooo gut.
Mein Großer ist eher so ein sensibler Träumer, aber gutmütig. Bis jetzt hat er auch immer HAs gemacht, wenn es sein mußte, am Stück und ohne Langeweile und ohne Gemurre und ohne Zwischenaktivitäten, die nicht dazu gehören. Es kann nur immer etwas dauern bis er anfängt ... es ist halt nun mal schwierig seine 7 Sachen bereit zustellen um nicht 100 mal aufstehen zu müssen für diverse Ustensilien ... Wir haben aber so unsere Umgangsweise damit entwickelt. Er sagt mir was zu tun ist, ich sage ihm ungefähr wie lange er dafür brauchen wird und dann legen wir eine Zeit fest, wann er anfangen soll (halbe Stunde, viertel Stunde, Stunde). Dann planen wir ob er alles am Stück machen will oder jeweils eine Pause. Eigentlich klappt es so ganz gut. Wenn erzwischndrin mal abschweift und die Bilder im Buck kommentiert, statt zu lesen, schreiben, etc., dann erinner ich ihn dran, dass es umso länger dauert ....- Ist halt wie ein Vertrag und er ist eigentlich pflichtbewußt. Ich denke, weil es für ihn voraussehbar ist, was auf ihn zukommt meckert er auch nicht großartig und bleibt im Großen Ganzen bei der Sache.
Womit er nicht klar kommt (verständlicherweise) ist, wenn man mal mit den HA s anfängt und aus dem Nichts immer irgendwelche Zusatzdinge erscheinen, so dass er den Eindruck eines Fasses ohne Boden hat.
Von solchen Zetteln wie bei Euch würde ich mich vermutlich auf Dauer nicht so beeindrucken lassen, jedenfalls nicht sichtbar. Ich denke es ist auch meine Aufgabe als Mutter, das Kind mal zu "erden" und soweit mich durchzusetzen, dass Sachen gemacht werden müssen ohne große Ablenkung. Vielleicht bin ich da auch "fies", vielleicht wird mein Sohn einen Schaden davon tragen, das werde ich nicht erfahren. Über manche Sachen wird eben nicht nachverhandelt, insbesondere, wenn man sich auf was geeinigt hat. Da muß man dazu stehen, auch wenn es mal gegen das eigene Fleisch geht - aber wir sprechen hier nur um irgendwelche Hausaufgaben.
Beim kleinen, störrischen Bock, der auch gleich dicht macht, werde ich vermutlich auf Knien rumrutschen, dass er doch bitte endlich was macht und das irgendwie macht. - Die Erziehungstipps, wie man mit sowas umgeht habe ich nicht parat! Da muss ich mit Sicherheit subtiler dran. Für den ist das gesprochen Wort nur eine Leitlinie, die es gilt zu überprüfen und in Frage zu stellen, bzw. eine Aufforderung den Pferdehändler raushängen zu lassen. Der käme aber mit Sicherheit nicht auf die Idee mich mit Zettel zum Mitleid zu "nötigen".
VG, I.
Tipps für die Große gesucht
Talissas Zettel sind nicht als Aufforderung zu Mitleid oder so zu verstehen. Sie fühlt oft sehr extrem. Einmal kann ich sie erden, uns es ist alles okay. Beim nächsten Mal kommt so ein Zettel heraus. Nur die Zettel kommen oft. Talissa war deswegen ja 2008/2009 schon einmal 3 Monate in der Kinderpsychatrie. Sie empfindet sich selbst als schlecht, ist oft nicht mit sich zufrieden. Ihre schulischen Leistungen sind super, sogar herausragend. Sie hat noch nie einen Eintrag erhalten, bei Arbeiten selten Fehler, wenn dann 1-2, meistens alles richtig. Nur ihre Lehrerin lobt überhaupt nicht und Talissa sieht jeden roten Strich als Angriff gg. sich selbst. Jedes Bestärken unsererseits, dass sie toll ist, es klasse macht und die Lehrerin ihr nur sagen will: du kannst noch ein wenig mehr, führen in's Gegenteil. Viel hängt auch damit zusammen, dass sie in der Schule absolut gar nicht gefordert wird, oft gg. die Wand fährt, weil sie sich pausenlos langweilt im Unterricht. Beim Test an der Montessori-Schule haben sie Tali ordentlich gefordert. Sie durfte multiplizieren und dividieren, konnte schwere Worte schreiben. Diese Freiheiten hat sie hier nicht. Sie denkt sehr viel nach, ist ein Kind, das sehr komplex und in großen Sphären denkt. Der Psychologe sagt schon lange, dass dies ihr zum Verhängnis werden wird. Es macht mich einfach nur traurig, dass sie selbst so schlecht von sich denkt, denn von uns hört sie das nicht. Im Gegenteil. WIr loben sie sehr viel. Ich weiß, dass Deutsch sie besonders quält, da sie es als unsinnig ansieht, 20 Zeilen zu schreiben mit Wörtern, die ein Z enthalten. Sie schreibt daheim eben schon Schreibschrift mit Füller. Aber sie muss das nun in der Schule eben machen und da dulden wir auch kein Gemeckere.
Sie will auch selbst montags immer alles erledigen, da sie schon so klug ist und genau weiß, dass sie dann die komplette Woche Ruhe hat. Sie bekommen immer einen Hausaufgabenplan für die ganze Woche. Mathe-Hausaufgaben hat Talissa erst 1-2 Mal heim gebracht, da sie die immer im Unterricht nebenbei macht (z.B. in Deutsch oder oder). Das Mathebuch und Übungsheft habe ich nur zum Halbjahr gesehen, weil sie es mit nach Hause nehmen mußte. Sie hat sich daheim selbst Sudoku beigebracht, aus lauter Langeweile,
Ich frage mich immer, was sie mit diesen Zetteln ausdrücken will. Die Ambivalenz bei Talissa, ihr Wissen und ihre Emotionalität waren bisher immer die Schwierigkeit, die sie so zerrissen machen.
LG; Nicki
Tipps für die Große gesucht
Hallo Nicki,
soo extrem ist bei uns der Verlust der Bodenhaftung nicht beim Großen.
Da ich im Studium nun mal eher sehr intelligente Leute um mich rum hatte (wer studiert schon freiwillig Mathe und strebt intensiv eine Wisienschaftlerkarriere an und wird schon als Genie gehandelt - kenne ich ca. 5 Stck. davon....) kommt mir das Bild von Tallissa sehr bekannt vor. Die waren und sind sehr verletzlich, wenn auch nur ein Hauch an Kritik kommt, sind voller Selbstzweifel, auch wenn denen die höchsten Meriten der Wissenschaft zuerkannt werden. Die sind im Stande statt einer Diplomarbeit ein Werk mindestens auf dem Level einer Dissertation abzugeben und Promotionen auf dem Level von Habilitationsarbeiten, und zweifeln immer noch ob das wohl reichen mag. Wenn man da keinen Prof hat der einem einen kleinen Schubs gibt, können die in Schönheit untergehen. Ich war perplex als eben so ein Kollege ganz traurig geblickt hat und gemeint hat, er wäre aber doch so gerne Profi-Fussballer geworden und war tief enttäuscht über sich, dass er nicht so gut Fussball spielt. Dem war das Geld oder Ruhm in dem Zusammenhang egal - er war halt sportlich nicht so gut. Gut auf der anderen Seite gibt es zwar intelligenten Leute, die aber doch noch sehr bodenständig sein können ...
Ehrlich gesagt, weiß ich nicht wie man mit sowas umgeht bei einem Kind. Erwachsene muß man aber anders anfassen als eben den Durchschnittserwachsenen. Ich weiß auch nicht ob man das "umerziehen" kann, aber offenbar kann man damit leben, auch wenn es für die Umgebung eher schwieriger ist. Manche Dinge liegen eben in der Natur des Individuums und ich weiß nicht wieviel man davon "umkultivieren" sollte und darf, nur dass es eben handlicher wird. Ich wünsche Tallissa, dass sie in jedem Falle eine verständnisvolle Umgebung erwischt.
Zum Thema: Schweben in anderen Sphären - das ist etwas was ich bei meinem Großen kenne, wenn er unzufrieden mit seinem "Leben im Hier und Jetzt" ist, habe ich allerdings seit er in der Schule ist und rangenommen wird nicht mehr sooo erlebt. Der hat sich tatsächlich immer "weg gebeamt" und war physisch da aber sonst völlig abwesend und nicht ansprechbar. Beim Großen bin sehr dahinter, dass er auch sportlich eher sehr gefordert wird. Nach einem langen Schultag (8:00-15:00) hat er noch 2 x 2 Stden. Hapkido in der Woche und am WE sind wir oft im Schwimmbad oder beim Radfahren, .....
Vielleicht wird es besser, wenn sie echt gefordert wird ....
VG, I.
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