Ok, wo fang ich an.
Ich kam morgens dort hin, wir wurden ein bißchen eingewiesen und dann in die Gruppen aufgeteilt( es waren 8 Eltern auf 4 Gruppen). Ich hab es geschafft, in meine Wunschgruppe zu kommen und mir wurde da ein (sehr harter) Hocker zugewiesen, auf dem ich dann halt so rumsaß. Immerhin war ich mal ne halbe Stunde draußen und hab dann denHocker gewechselt *g*
zwischen halb neun und neun kamen die Kinder so kleckerweise an und gingen erstmal zu der Lehrerin, die an einem Tisch saß. Ich hab mich darüber einigermaßen gewundert, später hat sie erzählt, daß sie mit den Kindern einfach bespricht, wie der letzte Tag so war und was sie an diesem Tag vorhaben, informiert sie, welche Angebote es an dem Tag gibt, die Kinder sagen, ob sie ein wahrnehmen wollen usw. Beeindruckend dort schon, wie ruhig und geduldig sämtliche Kinder da hintereinander standen. Lustig auch zu sehen, daß sie teilweise mehr als zwei Köpfe Unterschied hatten in der Größe, die Gruppen sind altersgemischt von Klasse 1-4.
Sobald sie da fertig waren, schossen die Kinder geradezu zu dem, was sie grade machen wollten. Jedes Kind hat ein Fach, viele sind erstmal da rangegangen (da sind Schreibsachen drin, ein Heft, in dem sie ihre Arbeit dokumentieren, persönliche Bücher usw). Andere haben sich halt irgendwelches Material geschnappt und losgelegt. Den gesamten Vormittag hat mich diese Zielstrebigkeit und dieses ohne Zweifel dorthin gehen, was sie sich in den Kopf gesetzt haben, sehr beeindruckt. Zwei Kinder zauderten ein bißchen, da kam dann die Lehrerin und hat sie unterstützt. Eins der Kinder saß später ganz ganz lange an einem Tisch und hat ganz konzentriert geschrieben, geschnitten und geklebt. Brauchte wohl einfach eine gewisse Anlaufzeit.
Der Gruppenraum bestand eigentlich aus zwei Räumen. Die Kinder verliefen sich super da drin, es wirkte überhaupt nicht voll, es war sehr hell und gemütliche, viele Holzregale, Teppiche und so. Die Räume waren so in Themen aufgeteilt, eine Rechen-Ecke, eine Lese-Ecke, eine Mensch-Ecke, eine Sinnes-Ecke, eine Geographie-Ecke, eine Englisch-Ecke usw usf (also die Ecken waren oft nur ein Regal, das war jetzt kein verwinkeltes Haus *g*). Am Anfang saßen in der Rechenecke so vier, fünf große Jungs (also viertklässler) mit dem Zweitlehrer (jede Gruppe hat zwei Lehrer, einen Haupt- und einen "Hilfslehrer", der hier ist eigentlich Sozialpädagoge und einfach nur toll, ich kenn den schon als Vater eines KiGa-Kindes) und rechneten mit Dezimalzahlen. Ganz lange, ganz konzentriert und alle zusammen. Währenddessen erklärte die Lehrerin einem Jungen, wie man das Material benutzt, um 9739:29 zu rechnen. Ich hab's nicht kapiert ;-) , aber ich hab auch nur wenig verstanden, es wurde sehr leise gesprochen. Generell auch das wieder beeindruckend, es herrschte eine sehr ruhige, arbeitsame Atmosphäre, die Kinder wiesen sich auch gegenseitig drauf hin, wenn eins mal zu laut war. Ab und zu gab es so einen gewissen allgemeinen Ortswechsel, da wurde es etwas unruhig, dann haben die Kinder ihren Platz gefunden und weitergearbeitet. So kenne ich das auch aus dem Kindergarten, schon da fand ich es überraschend, wie ruhig es eigentlich ist, wenn die Kinder einfach keinen großen Leerlauf haben.
Es gibt jeden Tag Angebote, in die die Kinder gehen können. Werkstätten sind täglich für 1,5 Stunden geöffnet, allerdings zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Tagen. Es gibt eine Holz-, Ton- und Textilwerkstatt (an dem Tag kam ein Mädchen mit einer echt schön genähten Weste wieder), es gibt Angebote für Malen und Musik, Thai Chi und ein "Nachdenkangebot", was quasi der Ethik-Unterricht ist. Die Kinder können gehen, wohin sie wollen, müssen halt nur bescheid sagen. Und wenn es doch mal ein kind gibt, das monatelang nur in den Werkstätten hockt, dann wird geschaut, ob es im normalen Gruppenraum irgendwelche Probleme gibt und was man da mchen kann.
Ab 10 Uhr konnten die Kinder raus, haben auch viele gemacht. Manche kamen bis Mittag gar nicht wieder (sie haben auch draußen viel zu tun, was einfach Grob- und Feinmotorik usw schult, eine Werkstatt gibt's auch), manche gingen gar nicht raus und viele kamen so nach einer halben Stunde wieder. Auch da gilt, sie können so gehen, wie sie wollen, aber wenn Kinder permanent nur draußen sind, wird da schon geguckt, wie es weitergehen kann in der Schule.
Sehr beliebt sind offensichtlich Referate. Die Erstklässler (von denen ich eben nicht wußte, daß es welche sind) haben grade ein Referat über Katzen vorbereitet (zu zweit), hatten da alles mögliche Material zusammengetragen, haben ein Heft gestaltet und sich so richtig reingearbeitet. Und dann wieder diese große Selbständigkeit: ein Kind kommt und fragt die beiden, ob sie rausgehen wollen, ein Kind sagt nein, das andere sagt ja, aber es müsse erst noch aufräumen. Ob das andere helfen wolle, dann ginge es schneller. Das andere Kind sagt "ach nein, das kann schon länger dauern" *lol*. Und dann wurde eben aufgeräumt und die Referatssachen im Fach verstaut, da war kein Lehrer dabei. Die Regeln scheinen zumindest klar zu sein ;-)
Um zwölf gibt es dann einen Schlußkreis (eine halbe Stunde lang), da durften wir nicht mit dabei sein, weil die Kinder dort sehr persönliche Sachen erzählen. Was sie gemacht haben, was sie erlebt haben (auch zu Hause), was schön war, was Probleme gab. Finde ich auch sehr schön. Es scheint auch einen sehr engen Zusammenhalt in der Gruppe zu geben. Manche scheinen mehr Einzelgänger zu sein udn manche immer mit Freund oder Freundin zusammen. Schön fand ich auch, was mir schon im KiGa auffällt, daß die Kinder sich oft spontan zu Gruppen zusammenfinden, gemeinsam an etwas arbeiten, und dann wieder ihrer eigenen Wege gehen. Künstlich Gruppenarbeit einführen muß man da gar nicht, das machen die ganz natürlich selbst.
In anderen Gruppen läuft es noch etwas anders, das hängt sehr vom Lehrer ab. In zwei Gruppen muß man z.B. Aufgaben festlegen, die man tun will, und die dann auch "abarbeiten" und kontrollieren lassen. In einer durften die Kinder vorher auch nicht raus. Mir paßt das nicht so und ich hoffe, daß Malte nicht in diese Gruppe kommt. Der Lehrer betont auch immer wieder, daß man sich ja auch an den Lehrplan halten müsse, während die Lehrerin, bei der ich hospitiert habe, nur sagte, der Lehrplan muß in der 9.Klasse, wenn die Kinder abgehen, erfüllt sein. Sie hatte da offensichtlich so wie ich mehr Vertrauen in die Kinder und sagte auch, je entspannter die Eltern sind, desto besser kommen die Kinder da durch. Es gäbe auch unter den M.-Kinder welche, die Gymnasialniveau haben, welche, die in der Grundstufe lieber 5 statt 4 Jahre bleiben und viele, die eben so Mittelfeld sind. Aber den Abschluß schaffen alle, was leider an den anderen Schulen überhaupt nicht gang und gäbe ist (also nicht nur Gymnasien, sondern auch Haupt- und Realschulen). Wobei man das sicher nicht verallgemeinern darf, schon die Namen der Kinder verrieten, daß es eben keine Durchschnittsbevölkerung ist, die die Kinder da hin gibt (was ich als sehr zweischneidiges Schwert empfinde).
So, noch Fragen? Vielleicht fällt mir ja später noch was wichtiges ein.
LG Franziska