Guten Morgen,
wollte euch ein kleines update geben in Sachen Eltern, es sind einfach tausende von Gefühlen, Gedanken und Erfahrungen, die mir durch meine Kopf schwirren und muss dich irgendwie loswerden, also bitte nicht verpflichtet fühlen zu antworten, ich muss nur irgendwo grad damit hin.
Gestern habe ich meinen Papa besucht, Werte sind in Ordnung, zur Sicherheit wird eine Katheteruntersuchung gemacht, die hätte auch ambulant nächste Woche gemacht werden können, aber aufgrund von seinem Verhalten, habe ich gemerkt, dass er im Krankenhaus bleiben will, also wird er am Donnerstag untersucht und ist spätestens Freitag entlassen. Es war alles stressbedingt. Weil ich mich nicht aufteilen kann, habe ich gestern einen alten Freund der Familie angerufen (meine Eltern haben sich ja von allen distanziert), Herr P. ist sofort los zu meinen Papa und hat gemeint, dass ich mich um Mama kümmern soll, er würde das mit Papa machen, ich soll mir keinen Kopf machen. Das werde ich der Familie nie vergessen.
Der Besuch bei Mama ist mir weitaus schwieriger gefallen und ich kann nichts in meinen Leben nennen, was mir so viel abverlangt hat. Sie ist in der geschlossenen Psychiatrie und als ich morgens gegen 07:00 angerufen hatte, hat die Stationsärztin mir gesagt, dass Mama erstmal einen kleinen Aufstand gemacht hat, dass sie im Flur schlafen soll, aber sich so durchgesetzt hat, dass sie ihr Zimmer gekriegt hat.
Ich hatte mich vieles vorgestellt, aber als ich Mama gesehen habe, wie selbstverständlich sie das alles nimmt, dass sie nun im Krankenhaus ist und man Untersuchungen macht. Dass sie nicht versteht, warum die Türe immer abgeschlossen ist, das wäre ja schwachsinnig. Wo der Aufzug ist, um runter zu kommen. Sollen wir eine rauchen gehen. Also bin ich mit Mama durch die Gänge zwei Stunden spazieren gewesen und habe mir den Passus, warum die Türen immer abgeschlossen sind bis sollen wir eine rauchen gehen, permanent anhören müssen. Von einem Patienten geht sie aus, dass dieser verrückt ist (das war aber mehr als offensichtlich, wenn er nackend und schreiend durch die Station läuft). Zwischendurch habe ich viel erzählt, aber dann kommen wieder die gleichen Fragen, die ich grad beantwortet habe. Ein paar Patienten machen mir einen ganz fitten Eindruck, ich war die Attraktion an diesem Tag, aber auch das ist nur eine Nebensache. Mit dem Oberart habe ich kurz sprechen können, aber er war sympathisch, allerdings hat er so langsam mit mir gesprochen, dass ich es vorgezogen habe, heute mit der behandelnden Ärztin ein intensiveres Gespräch zu führen. Mama hatte ja zwischenzeitlich sich bereit erklärt, freiwillig zu bleiben, ich weiß also gar nicht, was jetzt noch auf uns zukommt. Der Abschied war super schlimm für mich. Heute nehme ich ihr die Telefonnummer mit, damit sie mit Papa telefonieren kann.
Mit meinen beiden Schwestern bin ich im ständigen Kontakt, allerdings weiss ich auch, dass ich mich definitiv nur auf meine kleinere Schwester verlassen werden kann. Beide haben aber allerdings zu mir gesagt, dass sie schon seit längerem den Eindruck haben, dass Papa zu uns will nach Hause und auch nach dem gestrigen Gespräch bin ich innerlich stinksauer, denn das hat keiner mit mir besprochen, sondern vor vollendeten Tatsachen gestellt. Damals hat mein Vater einfach deren Wohnung aufgelöst, sich bei uns angemeldet und ist nach Portugal, jetzt war geplant, dass die sich hier eine kleine Wohnung suchen, Papa aber zur Zeit so auf die Tränendrüse drückt und mich emotional so unter Druck bringt (er würde sich was antun, fährt den Wagen vor die Wand, weil er die Situation nicht mehr handeln kann) und dann im nächsten Satz meint: nun gut, dann verkaufe ich alles und überschreibe alles dem Pflegeheim. Es gab ja am Sonntag ein Gespräch hier zu Hause, da wollte er mich ja auch kaufen, da habe ich auch gemeint, Papa nein, das kann ich nicht, ich kann alles regeln, helfen, unterstützen, aber ich bin nicht dafür geschaffen, dass ich mich um beide Elternteile im eigenen Haus kümmern kann, noch dass einer ist Pflegeheim kommt und der andere bei mir. Von meinem persönlichen Empfinden, ist das auch gar nicht notwendig. Ich gewinne immer mehr den Eindruck, als ob er meine Mutter abschieben will ins Heim, damit er bei uns bleiben kann. Aber diese Option besteht weder bei mir, noch bei meiner jüngeren Schwester.
Gestern war erneut wieder so eine Situation, dass Papa schon wieder mit dem Thema angekommen ist, ich habe darauf nur gesagt, noch mal nein Papa, aber wie oft er mich dieses Nein sagen lassen will, ob er nicht sieht, wie scheiße es mir damit geht. Nach dem telefonischen Gespräch mit meiner jüngeren Schwester hat er es wohl eingesehen, dass es nicht geht.
Es bestehen ganz viele Lösungswege: eigene Wohnung in der BRD mit Unterstützung von uns Kindern (Tanja würde regelmäßig anreisen, um ihren Part zu übernehmen), Leben auf Mallorca mit meinen beiden Schwestern, leben in der eigenen Wohnung in Portugal, mein Vater könnte eine Frau einstellen, die ihm hilft oder er kümmert sich dort um betreutes Wohnen. Die einzige Lösung, die mein Vater sieht ist: Mama dauerhaft ins Heim, weil er nicht mehr kann. Sicherlich ist er fertig, aber das bin ich auch und ich bin so wütend, dass soviel Arbeit an uns hängen geblieben ist, soweit hätte es gar nicht kommen müssen, hätte Vater schon mal vorher einen Rat von uns angenommen. Mein Vater hat keine Lust auf selbständiges Wohnen, wer kocht denn dann (Essen ist Hauptthema Nr. 1) und wer macht die Hausarbeit?
Die Möglichkeit Mama ins Heim zu bringen und Papa nicht in die Verantwortung gezogen wird, wird es nicht für uns Kinder geben, dafür war er sein ganzes Leben lang zu egoistisch, aber eine Entscheidung für Mama muss so gut und langfristig geplant werden, weil ich auch möchte, dass sie endlich zur Ruhe kommt. Meine Mama so zu sehen, ist so schwer, so unwirklich, einfach nicht begreifbar. Von meiner älteren Schwester kommen gut gemeinte Ratschläge, aber das Wort Verantwortung hat sie in ihrem Leben trotz Kinder nie wirklich übernommen, aber dann würde ich wirklich vom Thema abschweifen.
Wer es bisher geschafft hat, super. Mir geht es jetzt ein wenig besser, weil es raus ist.
GLG Suzi