Guten Abend liebe Forumsfrauen,
ich bin sonst - im Gegensatz zu einigen von Euch, wie man in der Vergangenheit lesen konnte :-) - kein Liebhaber von Biographien.
Aber das Buch "Astrid Lindgren. Ein Lebensbild" von Margareta Strömstedt hat es mir angetan. Obwohl es sehr dick ist, liest es sich schnell, ist kurzweilig, interessant und bringt einem das warme, menschliche Weltbild einer wundervollen und klugen Frau nahe.
Ich habe mir z.B. noch nie Gedanken gemacht, welche Bücher wo gelesen werden und warum. Aber offenbar gibt es da große Unterschiede.
Margareta Strömstedt schreibt:
"Auch in der angelsächsischen Welt - in England und den USA - hat Astrid Lindgren große Erfolge gehabt, aber dort gibt es gleichzeitig so zahlreiche andere geniale Kinderbuchautoren, dass sie nicht als völlig einzigartig dasteht. Vielleicht ist das Bedürfnis der Kinder nach einer Pippi oder einem Karlsson vom Dach in den USA und in England auch nicht so groß wie in Russland und Deutschland?
Die viktorianischen Kinderbuchautoren erledigten die spielerische Revolte gegen die Autorität bereits Ende des neunzehnten Jahrhunderts auf ihre spezielle geistvolle Art: Edward Lear mit seinen Nonsens-Versen, Lewis Carroll mit Alice im Wunderland , Kenneth Grahame mit Der Wind in den Weiden , James Barrie mit Peter Pan und später, in den zwanziger Jahren, A. A. Milne mit Pu der Bär . Die Kinderbuchautoren führten eine neue Bewertung der Kindheit in das gesellschaftliche Bewusstsein der englischen Oberschicht und des Bürgertums ein. Die Kindheit wurde zum ´Golden Age´. In keinem Land hat man später ein solches Verständnis für ´Kindlichkeit´ und Nonsens gezeigt wie in England.
In dem französischen, eher kühl intellektuellen Klima haben sich Astrids Lindgrens offenherziger Humor, ihre Frechheit und Spontanität nicht richtig durchsetzen können. Die klassische französische Kinderliteratur - mit Büchern wie Der kleine Prinz, Der rote Ballon und Babar - ist in einer poetischen Landschaft angesiedelt, erschaffen aus der Wehmut und Nostalgie eines Erwachsenen oder der pädagogischen Lust eines Erwachsenen. Das Kindliche wird in Frankreich nicht allzu hoch geschätzt, und in französischen Kinderbüchern gibt es nur sehr wenig echte Kindlichkeit.
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Die französischen Kinder bekamen die ´richtige´ Pippi erst 1995 zu lesen."
Liebe Grüße, Inken