Ein Gast aus Afghanistan
unsere Nachbarn haben seit 1 Woche für insgesamt ca. 3 Monate einen Jungen aus Afghanistan zu Besuch. Er heißt Golum-Abbas und ist ca. 4-5 Jahre alt (es gibt keine Geburtsurkunde, deshalb wurde das Alter geschätzt). Er lebt in Afghanistan in einer sehr armen Familie und hat einen Herzfehler, der jetzt hier am 24.8. in der Uni-Kinderherzchirurgie operiert wird. Das ganze wurde von der Stiftung "Robin Aid" initiiert (www.robinaid.org). Gestern war er das erste mal bei uns um mit Nicolas zu spielen. Er ist ein ganz lieber schüchterner, kleiner hübscher Kerl und etwas unterernährt. Am Anfang traute er sich fast nicht zu schauen, dann nahm ihm Nicolas an die Hand und hat ihm hier alles gezeigt, sein Zimmer, Spielsachen und dann landeten die beiden im Planschbecken. Da taute er dann richtig auf und lachte sogar! Wir haben Nicolas am Vortag den Hintergrund des Jungen erklärt und er war dann sehr fürsorglich mit ihm. Der kleine Kerl ist ohne seine Eltern hier, versteht die Sprache nicht, das geht einem schon sehr zu Herzen. Laut Nachbarin telefoniert er ab und an mit seinen Eltern und es gibt natürlich eine Dolmetscherin die ihn dann auch ins Krankenhaus begleitet. Wir hoffen sehr, dass er nach der OP wieder ganz gesund ist und hoffentlich dann bald nachhause zu seinen Eltern und Geschwistern zurück kann. Bis dahin wird er wohl noch öfter zu Nicolas zum Spielen kommen und wir hoffen, dass ihm der Kontakt zu einem Gleichaltrigen etwas aufmuntern kann.
So, das wollte ich Euch nur mal erzählen.
VLG Andrea
Ein Gast aus Afghanistan
Hallo Andrea,
ich kenne solche Aktionen. Eine ehemalige Klassenkameradin, deren Eltern waren Wolga-Deutsche und sind damals zurück nach Deutschland geflohen. Die haben auch jedes Jahr ein oder zwei Kinder aus der Ukraine aufgenommen, meist Kinder aus Tschernobyl. Einige blieben nur 2 Wochen um Urlaub zu machen, andere länger um Krankheiten behandelt zu bekommen. Ich find sowas gut.
Liebe Grüße Stefi
Ein Gast aus Afghanistan
Liebe Andrea!
Bei solchen Geschichten hab ich immer einen ganz, ganz dicken Kloß im Hals. So schön es ist, dass mit humanitärer Hilfe etwas für die Kinder aus Kriegsgebieten gemacht wird; mir tun die Kinder und vor allem die Eltern unheimlich leid. Wie schlimm muss es für eine Mutter/einen Vater sein, ihr/sein kleines Kind 3 Monate lang nicht zu sehen, es in einem fremden Land bei fremden Leuten zu wissen? Wo alles anders ist und keiner die gewohnte Sprache spricht? Ich würde verrückt werden vor Sehnsucht und Angst!
Ich selbst kenne das auch seit Jahren aus unserem Krankenhaus. Wir haben seit 15 Jahren jedes Jahr 2 Kinder aus Angola hier. Die haben vor allem Minenverletzungen, Wundbrand, Teilamputationen, bekommen Haut transplantiert, Knochen geplattet usw. Wir haben einen chirurgischen Chefarzt, der auf diesem Gebiet wirklich eine Koryphäe ist. Die Kinder sind im Durchschnitt etwa ein halbes Jahr hier (sind ja immer Sekundärheilungen, weil es in Angola ja medizinisch nicht versorgt wurde) und er macht das alles umsonst. Organisiert wird das hier über Friedensdorf international.
Am 4. August hält er auch wieder einen öffentlichen Vortrag über seine Arbeit in Hondouras, wo er jedes Jahr auf eigene Kosten hinfliegt, 6 Wochen lang unentgeltlich an einer Klinik operiert und dafür hier das ganze Jahr über bei der Bevölkerung Schrauben, Platten und anderes Material sammelt, das hier bei OPs erst eingesetzt und dann wieder entfernt wird. In Deutschland darf das ja nur einmal verwendet werden, aber das ist hochwertigstes Material und wenn es sterilisiert wird, dann kann es gut noch weiter verwendet werden. In Hondouras können Menschen nämlich nur dann mit chirurgischem Metall versorgt werden, wenn sie es sich selbst kaufen. Und das können die meisten Menschen dort nicht.
Ich wünsche Euch sehr, dass ihr den kleinen Golum-Abbas viele schöne Stunden in der neuen, fremden Umgebung schenken könnt. Und dass er den Kulturschock gut verkraftet. Die Kinder aus unserem Haus werden nach ihrer Behandlung auch immer noch aklimatisiert, damit sie dann in ihrer Heimat auch wieder zurecht kommen nach dem Schlaraffenland Deutschland.
Wir können sehr dankbar für unser Gesundheitssystem sein; trotz aller Ärgernisse mit Zuzahlungen usw. Wir dürfen unsere Kinder begleiten, wenn sie krank sind und operiert werden müssen. Wir dürfen unseren Kindern beistehen. Wir sind da, wenn sie aus der Narkose aufwachen und nach ihrer Mama rufen. Wir müssen nicht in der Ungewissheit leben, was gerade irgendwo auf der Welt mit unseren Kindern passiert.
Berichte uns doch hin und wieder ein bisschen von dem Jungen; mich interessiert sowas immer sehr. "Meine" Kinder hier habe ich meist zum Aufwachen nach wieder einer ihrer unzähligen OPs, die sie bekommen. Ich nehm sie einfach in den Arm wenn sie weinen; ich kann kein portugiesisch, aber ich kann Tränen trocken und die Händchen halten. Und aus dem Kiosk ein Eis holen.
GLG von Betsy, die ja eigentlich "abgestumpft" ist, aber bei Kindern nie.........
Ein Gast aus Afghanistan
Hallo Betsy,
jetzt habe ich Tränen in den Augen. Sich in die Lage der Eltern zu versetzten geht nur einen Moment, dann muss man das abschütteln.Und ihr macht die Kinder gesund (zumindest den größten Teil) . Wie geht es den Pflegern in Hospizen? LG, Ute
Ein Gast aus Afghanistan
Hallo ihr Lieben,
bei uns in der Klinik werden auch Kinder aus dem Friedensdorf und aus Afghanistan (wo sie über die Organisation "Kinder brauchen uns" kurz: KBU abgeholt werden) versorgt. Gerade sitze ich hier auch heulend, weil ich hier
http://www.kinder-brauchen-uns.org/news-liste/items/kleine-luftbruecke-bringt-23-gesunde-kinder-zurueck-in-die-heimat.html
eines der kleinen Mädchen gefunden habe, die im Juni wieder heim gekehrt ist (nach 16 Monaten in Deutschland in einer Gastfamilie). Ich wusste, dass sie nach Hause zurück durfte, aber da ich ja nicht jeden Tag arbeite, hab ich ihre letzte Untersuchung verpasst und konnte mich nicht verabschieden. Nun sehe ich, dass sie offenbar bei einem ihrer Verwandten (evtl sogar Papa) auf dem Arm angekommen ist.
Die Kleine (etwa so alt, wie unsere Kinder übrigens!) war ein echtes Phänomen: ich hab sie an ihrem allerersten Tag bei uns direkt kennengelernt, wo sie ganz hübsch von ihrer Familie zurecht gemacht bei uns in der Klinik ankam.(Haare und Nägel mit Henna gefärbt usw) In Begleitung ihrer Pflegemama und der Betreuerin von KBU. Sie sprach natürlich kein Wort deutsch, weinte fiel, hatte aber schon klar erkannt, dass die Pflegemama zu ihr gehörte, denn von der ließ sie sich trösten. Im Laufe der Monate hat sie viel Zeit bei uns in der Klinik verbracht und viel Zeit in der Pflegefamilie. Da die Pflegeeltern Türken waren, hat sie nicht nur in windeseile deutsch bei uns, sondern auch türkisch gelernt!! Sie konnte beides sprechen und verstehen und ab und zu hat sie mit zu Hause telefoniert und dann wohl nicht afghanisch geantwortet, aber dennoch weiterhin alles verstanden, was gesagt wurde. Sie war bzw ist ein total süßes Kind und auch wenn es mir einerseits so geht wie Betsy und ich schrecklich mit den Eltern leide, die ihre Kinder ins Ungewisse schicken, so muss man halt mit aller Härte sagen, da gilt nur Hopp oder Top: wenn die Eltern ihr Kind nicht abgegeben hätten , dann würde es jetzt wohl nicht mehr leben! Die primäre Versorgung der Kleinen war in Afghanistan nicht gut gelaufen und nun ging es ihr wieder recht gut bei Abreise.
Sie hat sich in Deutschland gut eingelebt, kannte alle Stationen bei uns und wusste genau, wo es in der Ambulanz die Gummibärchen gibt :-) Man muss staunen, wie anpassungsfähig Kinder in dem Alter sind - und wie clever: die Pflegemama war "Anne" (also türkisch Mama), wenn sie von ihrer Mutter zu Hause sprach, dann war das Mama!
Ich ziehe immer den Hut vor den Familien, die so ein Kind aufnehmen, denn es würde mir das Herz brechen, es wieder zurück in seine Heimat zu schicken!
Wir haben noch zwei andere Langzeitkinder hier in Betreuung und zumindest einer davon lebt hier zwischen seinen OPs recht glücklich in seiner Pflegefamilie. Den anderen kenne ich kaum, da kann ich nichts zu erzählen.
Liebe Grüße, Nicole
Ein Gast aus Afghanistan
Hallo Andrea,
schön das er in Nicolas einen einfühlsamen Spielgefärten hat und hoffentlich bringt die OP den erhofften Erfolg.
Ich würde versuchen mit der Familie in Briefkontakt zu bleiben es ist für die Kinder bestimmt schön wenn sie Freunde in fernen Ländern haben und der Junge würde ein Foto von Nicolas sicher in seine Schatzkiste legen. LG, Ute
Ein Gast aus Afghanistan
heute habe ich Fotos gemacht wie Nicolas ihn im Anhänger vom Traktor herumfährt, als Erinnerung für Nicolas und uns selber.
Das ist eine wirklich gute Idee ihm auch ein Foto von Nicolas mitzugeben und ich hoffe, das man vielleicht immer wieder mal eine Nachricht aus Afghanistan von ihm bekommt (ob das so einfach ist, ich weiß es nicht? Er kommt aus einer Gegend wo die Taliban regieren).
VlG Andrea
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