ich habe mir heute aus meinem elternhaus eine box papieren meiner oma mitgenommen, die meine mutter seit dem tod meiner oma aufbewahrt hat. der haupteil der papiere sind feldpostbriefe. die meisten von meinem opa an meine oma, rund ein dutzend (zum teil waren sie noch ungeöffnet) briefe von meiner oma an meinen opa. diese briefe bekam sie 1943 als unzustellbar zurück.
ich habe heute nachmittag mal angefangen briefe zu lesen. es ist ziemlich anstrengend, da beide sütterlin geschrieben haben und die handschrift meines opas auch eher unleserlich war. viele briefe sind auch mit stumpfem bleistift geschrieben und kaum noch zu entziffern.
ich habe mich früher nie daran gewagt nach diesen briefen zu fragen. in meiner kindheit hatten wir die kiste mal auf dem dachboden meiner oma gefunden, konnten aber kein sütterlin lesen. später wurde der dachboden ausgeräumt und das haus umgebaut. die briefe habe ich bis letztes jahr nicht mehr gesehen.
in meiner familie schweigt man sich ja über die zeit um den 2. weltkrieg aus. uns wurde immer nur gesagt, dass mein opa im krieg vermisst sei und dass er kein soldat sondern krankenwagenfahrer war.
fragen waren nicht gern gesehen und wurden auch nicht beantwortet. in den letzten jahren habe ich aber bemerkt, dass ich doch mehr wissen möchte. ich habe die bücher von sabine bode gelesen und darin den einen oder anderen "aha"-moment gehabt.
was ich aus den briefen jetzt lese gibt schon ein ganz anderes bild als ich bisher hatte. mein opa war sicher kein supersoldat, sonst hätte er es über den gefreiten rausgebracht, aber er scheint schon an die sinnhaftigkeit dieses krieges geglaubt zu haben. immerhin bekam er im oktober 42 auch das eiserne kreuz 2. klasse verliehen. auch meine oma war wohl eher linientreu, auch wenn sie uns das später immer ganz anders verkaufen wollte.
bisher habe ich nur einen sehr kleinen teil der briefe gelesen und diese auch völlig unsortiert. aber ich werde mich wohl in näxter zeit eingehender damit befassen.
komisch ist auch, dass meine mutter immer gesagt hat, dass mein opa bei stalingrad vermisst sei. anhand der feldpostnummer hatte ich aber heute schon innerhalb von 5 minuten eine andere region in russland als letzten standort gefunden. dort wurde seine einheit im januar/februar 1943 fast komplett aufgerieben. der letzte feldpostbrief von ihm scheint von mitte januar zu sein. leider ist in der kiste nix über den suchauftrag beim roten kreuz, den meine oma dann irgendwann aufgegeben hat. vielleicht forsche ich da doch auch noch nach.
habt ihr euch schon einmal eingehend mit der vergangenheit eurer familie beschäftigt?
lg
urmely