Eigentlich läuft alles prima, aber . . .
Ich habe lange überlegt, ob ich diesen Beitrag hier einstelle, schließlich ist bei Ben und mir vieles unproblematischer gelaufen als bei den meisten von Euch. Ich hoffe, Ihr habt trotzdem Verständnis für mich.
Wie einige wissen dürften, kam Ben in der 35. SSW nach vorzeitigem Blasensprung zur Welt und konnte schon nach 14 Tagen nachhause. Trotzdem habe ich das Gefühl, diese Frühgeburt noch überhaupt nicht verarbeitet zu haben. Ben ist nun knapp 7 Monate alt, und ich denke noch immer ständig "Warum?", habe Schuldgefühle und Ängste. Dazu kommt, dass ich mit niemandem darüber reden kann. Alle, inklusive meinem Mann, sind der Ansicht, dass doch alles gut gelaufen ist (womit sie recht haben) und ich keinen Grund habe, mich zu beschweren. Doch meine Seele ist noch immer so verletzt wie zu Beginn. Was kann ich nur tun, um dieses Erlebnis endlich zu verarbeiten?
Liebe Grüße
Madeleleine mit Ben *24.9.2003
ich meinet natürlich "Madeleine" (oT)
entschuldigt!
lg
Madeleine, die jetzt ins Bett geht
Re: Eigentlich läuft alles prima, aber . . .
deine Gefühle kann ich sehr gut verstehen. Die Frage nach dem WARUM quält mich auch sehr und auch ich kann mit vielem noch nicht so umgehen, wie ich gerne wollte. Ich fahre nächste Woche, auch aus diesem Grund zur Kur in den Bromerhof. Dort werde ich dann u.a. eine Gesprächstherapie machen. Ich denke, mit anderen Betroffenen darüber zu reden wird mir schon ein Stückweit helfen. Unsere Männer oder auch Freunde und Bekannte können das gar nicht verstehen. Sie mußten das nicht in dem Maße durchmachen (unsere Männer) wie wir in Form der Mutter. Mütter empfinden doch immer ganz anders. Ich verbinde die Frühgeburt meiner Tochter auch immer mit Versagen. Ich habe versagt, mein Körper hat versagt. Viele sagen zu mir, "das ist Quatsch, red sowas nicht", aber sie haben es nicht selbst durchgemacht. Mein einzigster Tipp an Dich: rede mit anderen Betroffenen darüber. So blöd es klingt, aber diese Frauen sind Gleichgesinnte und wohl die einzigsten die dich wirklich verstehen können. Zumindestens denke ich so.
Konnte dir wohl leider nicht so helfen, aber vielleicht hat jm. anderes noch einen guten ratschlag. Ansonsten gilt wohl nur: "Die Zeit heilt alle Wunden".
Alles Liebe für euch zwei!!!
Nicole mit Talissa Cheyenne, 4.4.03, 650g
Re: Eigentlich läuft alles prima, aber . . .
Du bist sicherlich richtig hier! Ich glaube kaum, dass man die Schuldgefühle an einer Schwangerschaftswoche festmachen kann. Ich kann gut nachvollziehen, wie es Dir im Moment geht. Ich war auch lange nach der Geburt von Malin psychisch angeschlagen. Dass ich es nicht geschafft hatte, dieses Kind "vernünftig" auszutragen wie alle anderen etc. Ich hab überhaupt nicht gesehen, dass ich da überhaupt nichts für konnte. Ich hatte so ein schlechtes Gewissen, was ich meiner Tochter für einen schlimmen Start gegeben habe. Ausgesöhnt hat mich (so glaube ich heute) die Geburt unseres dritten Kindes. Die Schwangerschaft war zwar extrem anstrengend, aber ich habe es "geschafft" bis zur 38. SSW auszutragen. Zwar ging eine spontane Geburt nicht, aber es wurde eine PDA-Sectio. Ich habe mir wohl mit meinem dritten Kind "bewiesen", dass ich "es" kann (also Kind gesund zur Welt bringen und stillen). Eigentlich hätte ich das "nicht nötig" gehabt, weil meine erste Schwangerschaft war bilderbuchmäßig. Aber gegen seine eigenen Gefühle kommt man nicht an.
Ich will aber mit meiner Geschichte nicht sagen, dass Du auch ein weiteres Kind bekommen sollst, damit es Dir besser geht! Ich wurde nicht vor die Wahl gestellt, weil ich sehr ungeplant schwanger wurde. Vielleicht läßt Du mal den Gedanken sacken, Dir psychologische Hilfe zu suchen. Da bist Du dann hoffentlich in verständnisvollen Händen!
LG Kerstin
Re: Eigentlich läuft alles prima, aber . . .
35. SSW ist auch früh, und 14 Tage im KH ist genau 14 Tage zu lang. Ich habe auch manchmal Schuldgefühle, weil ich denke, dass es viel Schlimmeres als 30. SSW gibt, aber für uns war es schlimm genug. Dich hier ans Forum zu wenden, war der erste Schritt, aber ich würde Dir auch empfehlen, das professionelle Gespräch zu suchen - mache ich jetzt auch, denn ich merke, dass auch bei mir alles immer wieder "hochschwappt". Bin immer wieder der Meinung, alles toll verarbeitet zu haben, aber dann kommt ein winziger Anlass, und ich bin wieder am Heulen.
Du hast recht, man kann mit niemandem reden außer den direkt Betroffenen, denn alle anderen sind der Ansicht, dass es einem spätestens dann gut zu gehen hat, sobald das Kind zu Hause ist. Mein Mann versteht mich zum Glück ganz gut, und gibt auch zu, dass er nicht verstehen kann wie entsetzlich alles für mich war, weil er erst in der Klinik eingetroffen ist, als schon alles vorbei war, ich noch in Vollnarkose war und meine Tochter gerade in die Kinderklinik gebracht wurde.
Kaum einer versteht, dass die Trauer, die Angst und die Schuldgefühle und die Liebe zum Kind zwei Paar verschiedene Stiefel sind - ich freue mich jede Sekunde an meiner Tochter, aber ich kann mich nicht über ihre Geburt freuen.
Liebe Grüße und viel Erfolg
Katrin mit Svenja
Vielen Dank für die lieben Antworten (mT)
Ich habe mich sehr über die verständnisvollen Antworten gefreut. Ich werde nun noch einmal ein wenig Zeit vergehen lassen, und wenn es dann nicht besser ist, werde ich vielleicht doch einmal Hilfe von außen suchen. Vielen Dank!
Madeleine mit Ben
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