Brauche Mut
der gestrige abend hat mich sehr beunruhigt. wir haben ja unsere ärztlichen gutachten beim jugendamt abgegeben - und da meinte unsere jugendamtbetreuerin, dass sie den artz noch anrufen wird - wegen meiner depressionserkrankung (2002).
klar, kein problem...
und dann fing es an, mich umzutreiben.
ich sprach sie nach der veranstaltung noch einmal drauf an und fragte, ob es jetzt sein könnte, dass mir/uns deshalb vielleicht doch kein adoptivkind angeboten werden würde/könnte. sie meinte, dass es immer sein kann, dass die umstände sich ändern. falls ich eben wieder eine depression kriegen würde und nicht in der lage wäre das kind zu erziehen. sie muss jeder eintragung im ärztlichen gutachten nachgehen und möchte sich einfach beim arzt rückversichern. und sie meinte noch, dass ich es aber doch am besten beurteilen könnte, wie es mir geht.
darauf hin sagte ich ihr, dass depressionen nie "geheilt" sind (bei krebspatienten müssen 5 jahre keine auffälligkeiten sein, damit diese paare adoptieren können), dass ich mich/wir uns aber nie für den weg der adoption entschlossen hätten, wenn ich/wir nicht dafür in der lage wären. ich sagte, dass ich nicht mehr depressiv bin (nicht krankhaft), dass es mir gut geht und das das wichtigste ist, dass ich weiß ab wann es mir schlecht geht und wann ich hilfe brauche.
ich kann verstehen, dass sie sich absichern will - und doch war es gestern das erste mal für mich während des adoptionsverfahrens irgendwie demütigend. ich kann nachweisen wie mein einkommen ist, ich kann nachweisen, dass ich gesund bin, ich kann nachweisen, dass ich halbwegs intelligent bin - aber ich kann nicht in die zukunft sehen.
irgendwie fühle ich mich wie befleckt - halt mit mehr als "nur" dem makel der kinderlosigkeit versehen.
ich habe in mich gehört - und weiß, dass es mir gut geht - dass ich die krankheit besiegt/im griff habe. wäre dem nicht so, wäre ich nach der diagnose unfruchtbarkeit wieder erkrankt, wäre ich durch die behandlung meiner schwiegermutter in depressionen gesunken.
wenn ich mir die anderen adoptionsbewerber ansehe, sehe ich viele menschen, die mit sicherheit psychische probleme haben/hatten.
der schlag der kinderlosigkeit ist auch nicht "mal eben" zu verkraften - auch, wenn das viele denken.
als ich damals die schlimmen depressionen hatte, habe ich mir hilfe gesucht - mich behandeln lassen, bin damit offen während der adoptionsbewerbungsgespräche umgegangen. und jetzt habe ich angst, dass diese ehrlichkeit negativ ausgelegt wird.
und eigentlich kann mein hausarzt nichts zu der erkrankung selbst sagen - er kannte mich damals noch gar nicht. doch die dame vom jugendamt meinte, dass er doch aber sagen könnte, wie es mir geht...wie er mich kennengelernt hat.
sie sagte auch, dass ich in ihren augen nicht den eindruck machte, als wäre ich depressiv - doch sie muss jedem eintrag in so einem gutachten nachgehen.
das schlimme ist, dass sie erst anfang august den arzt anrufen kann - sie geht ab der nächsten woche in den urlaub (es sei ihr auch vergönnt)...sie wird mich aber anrufen und sagen, was der arzt gesagt hat.
ich weiß, dass ich gewachsen bin, stärker geworden und mich mich entwickelt habe - stark genug für das leben. ich weiß auch, dass ich eine gute mutter sein werde und weiß wo meine grenzen liegen...
und doch habe ich angst, dass dieser traum einfach zerplatzt...peng...nach 1,5 jahren adoptionsvermittlungsweg.
das macht mich gerade traurig - und wirklich "nur" traurig...nicht depressiv :o)
candle
ps: schön, dass ihr durchgehalten habt und das alles gelesen habt...
Re: Brauche Mut
Re: Brauche Mut
also auf dem Sektor kann ich Dich wirklich beruhigen. Du kennst doch meine Geschichte. Ich war ja schließlich sogar mal in der Klapse für drei Monate.
Der Mann vom Jugendamt hat sogar gesagt, in seinen Augen sei das eher vorteilhaft, wenn man für solche Erkrankungen Verständnis aufbringen kann. Er meinte, wenn man DIESE Kinderwunschgeschichte durchgemacht hätte und darüber keine Depressionen mehr bekommen hätte, dann wäre man so stabil wie sonst kaum jemand.
Offensichtlich hat er mich für fähig gehalten, ein Kind aufzuziehen, sonst hätte er mich nicht für Justin als Mama auserkoren. Also mach Dir da keinen Kopf drum.
Ganz liebe Grüße
Lena, kein bißchen depressiv mehr
Re: Brauche Mut
ich kann Dich zwar nich direkt beruhigen, da ich weder Depri- noch Adoerfahrungen habe.
Ich kann mir aber vorstellen, dass es gar nicht so selten ist, dass Familien, die sich nach x Jahren KiWu und x Repro-Versuchen zur Adoption entscheiden, während ihrer KiWu-Karriere auch mit Depressionen zu tun hatten. Vielleicht fast eine Standradsituation für das Jugendamt?
Außerdem ist es doch ein gutes Zeichen, wenn man seinen unerfüllbaren KiWu so gut es eben geht verarbeitet hat - und davon kann man doch ausgehen, wenn eine Depression "ausgeheilt" ist, oder?
Ich würd mir also keine allzu großen Sorgen machen (leicht gesagt, schwer getan - I know!)
LG, Cherish
Re: Brauche Mut
ich kann Dich gut verstehen und Deine Ängste nachvollziehen. Sicher müssen evtl. Adoptiveltern gut ausgewählt werden, keine Frage. Aber ich hoffe doch sehr, dass die Dame vom Jugendamt so viel Menschenkenntnis besitzt, dass sie sieht, wie es Dir geht - eine solche Andeutung hat sie ja gemacht, sie hält Dich nicht für depressiv. Das gibt doch Hoffnung! Und klar, die Dame ist leider an Vorschriften gebunden. Aber vielleicht besitzt sie auch so viel Hirn, zu sehen, dass Du ehrlich warst und die Erkrankung eben NICHT verschwiegen hast. Meiner Meinung nach ein absoluter Pluspunkt für Dich. Und wenn Dein Arzt auf Deiner Seite ist (kannste nicht vorher noch mit dem sprechen?), dann wird sie diese frühere Erkrankung auch nicht negativ auslegen.
Ich persönlich find´s nur immer wieder schlimm, dass Leute wir Ihr, die einem Kind ein gutes Zuhause geben wollen und können, einen seelischen Striptease bis ins kleinste Detail hinlegen müssen. Aber schwanger werden kann man einfach so, ohne "Elternführerschein". Und wenn diese Eltern sich dann nicht bewähren und Anzeigen z.B. wegen Kindesmißhandlung beim Jugendamt eingehen, dann kümmert man sich mal erst nicht drum-bis es zu spät ist....traurig, traurig.
Ich wünsch Dir viel Kraft und drücke die Daumen, dass sich alles zum Guten wendet und die Depression KEIN Nachteil ist!
GLG
Nina
Re: Brauche Mut
Hallo Candle
Wie viele Muetter verfallen nach der Geburt ihrer Kinder in Depressionen.
Kopf hoch. Du bist nun schon so weit gekommen, den rest schaffst du auch noch ;-)))
GGGGGGLG Claudia
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