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Alex 86

Alex 86
Während Alex in der Küche das Essen zuzubereiten versuchte, drehte Matthias im Wohnzimmer die Stereoanlage auf. Auch er hatte gute Laune.
?Na Süße, was willst du hören? Kuschelrock??
?Au ja, wie in alten Zeiten, was?? ertönte es aus der Küche. Kurz darauf hörte man ?Say you, Say me? von Lionel Ritchie, das von beiden laut mitgesungen wurde. ?Mensch, der Film war Klasse, was? White Nights, werde ich nie vergessen?? Matthias kam ins Schwärmen, und grübelte über seine damalige Flamme Rita. ?Das war eine Frau, voller Rasse, nur etwas zu anstrengend,? dachte er ein bisschen wehmütig.
?Hast du eigentlich mal wieder was von Rita gehört?? hörte er in diesem Augenblick aus der Küche. Wenn Männer nur ein wenig mehr von der Psyche der Frauen verstehen würden, dann wüssten sie, dass die wunderbarste Stimmung zwischen zwei Menschen, wie sie gerade in Matthias und Alex? Wohnung herrschte, im Nu zerstört werden kann durch die Schwärmerei über einen Ex-Partner. Aber ? wie Männer selbst beteuern ? Männer verstehen Frauen nun einmal nicht, zumindest nur oberflächlich, und so begann Alex Angetrauter von Rita zu erzählen.
?Ja, ich habe sie letztens einmal zufällig gesehen, sieht toll aus, super Figur mit ihren langen Beinen. Wie schon früher war sie perfekt geschminkt und die Haare, du weißt ja, dieses tolle Blond, boah, einfach zum Anbeißen. Und, ach ja, das habe ich dir gar nicht erzählt, aber Jürgen wusste das, sie hat vor drei Jahren geheiratet und hat einen süßen Jungen von zwei Jahren. Ihr Mann soll richtig Kohle haben.?
Das genügte Alex. Neben der Tatsache, dass ihre Widersacherin offensichtlich all das aufwies, was sie an sich vermisste, hatte sie auch noch Geld ohne Ende und nach einem Jahr Ehe auch schon einen kleinen Sohn. ?Na, das ist ja schön?, sagte sie mit leicht bissigem Unterton. Jeder sensible Zuhörer hätte die Botschaft ?Erzähle bloss nicht weiter? aus diesem Ton herausgehört, nicht so Matthias.
?Du weißt ja, dass sie mal als Mannequin gearbeitet hat, oder? Kein Wunder, bei den Beinen! Bis auf den Boden, hätte Vattern gesagt. Mannomann, habe ich mit der Spaß gehabt. Überall?? er lachte in seinen Erinnerungen gebannt. ?Die sieht bestimmt mit 40 auch noch toll aus??
?Bestimmt. Schön für sie?, lautete der eifersüchtige Kommentar aus der Küche. Alex schnippelte für einen Salat, rechts den Abfall in den fast vollen Mülleimer, links die zerstückelten Paprika, Gurken etc. Rechts, links, rechts links. Mechanisch arbeitete sie sich durch das Gemüse, während ihre Gedanken bei Rita waren. Sie hatte sie vor Jahren kennen gelernt, eine tatsächlich atemberaubend langbeinige Blondine ohne auch nur ein Gramm Fett zuviel, der bestimmt nicht einmal eine Schwangerschaft figürlich zuschaffen machte. Eben eine dieser sauberen Blondinnen, die immer perfekt frisiert und gutgelaunt herumliefen und denen scheinbar alles gelang. Dagegen fühlte sie sich schon seit ihrer Kinderzeit dicklich und ungepflegt; denn ihre Haare standen ja oft buchstäblich zu Berge. Und sie wusste, dass es Rita gewesen war, die sich von Matthias getrennt hatte, nicht umgekehrt.
Das Messer auf dem Brett wurde energischer und die geschnittenen Stücke gröber, während sie vor sich hinsinnierte. Dass solche Frauen dann auch noch so unkompliziert schwanger werden mussten, gab es denn nichts, was sie nicht einfach einmal eben so nebenbei machten?
Rechts, links, rechts links. In ihren Gedanken hatte Alex nicht gemerkt, dass sie seit geraumer Zeit den Takt verändert hatte. ?Och nö, das kann doch nicht wahr sein!? hörte Matthias aus der Küche und wurde dadurch aus seinen Gedanken geschreckt. Als er Alex erreichte, saß diese auf dem Stuhl in der Küche und starrte in den Mülleimer. ?Sag? mal, wie blöd kann man eigentlich sein?, fragte sie ihren Mann und zeigte auf den Abfall: Alex hatte die Gemüseabfälle in die Marinade getan und das geschnittene Gemüse in den Abfall geworfen. Sie guckte unglücklich, und Matthias lachte los und nahm sie in den Arm. Seine Laune konnte durch den scheinbaren Verlust des Abendessens nicht getrübt werden, das stand fest.
?Ach Schatz, du bist süß! Dass ich erleben darf, dass dir etwas daneben geht; sonst ist immer alles perfekt bei dir.? Er gab ihr einen Kuss auf die Wange. Plötzlich musste auch Alex lachen, er hatte gesagt, bei ihr sei immer alles perfekt. ?Meinst du das im Ernst? Ich meine, das mit dem perfekt Sein??
?Na klar, dir gelingt immer alles, ist ja schon beängstigend. Komm, jetzt sorge ich für das Abendessen: Ab zum Italiener! Ich lade dich ein, wie in alten Zeiten.? Er gab ihr einen weiteren Kuss und holte ihren Mantel. Alex fühlte sich wie im siebten Himmel: Er sah sie als perfekt an! Das hätte sie nie gedacht, sie dachte immer, alles sähe bei anderen so einfach aus, nur bei ihr nicht.
?Echt, sieht das bei mir immer so aus??
?Was??
?Naja, so einfach mal nebenbei??
?Ja klar, was denkst du denn? Komm, wir gehen.? Kurz darauf saßen beide im Kerzenlicht bei ihrem Lieblingsitaliener, zwei Prosecco zur Begrüßung waren bereits am Eingang von Matthais geordert worden und nun wurde die Karte wie immer studiert. Allerdings nahmen sie dann auch fast immer das gleiche, also wäre es auch ohne Karte gegangen. ?Einen großen Vorspeisenteller, einmal Linguine mit Venusmuscheln??, Matthias zwinkerte Alex verschwörerisch zu ?? und einmal Filetto Firenze, dazu ein großes Wasser und ein halber Liter trockenen Rotwein?. Er lächelte seiner Frau verliebt zu. So hatten sie lange nicht im Restaurant gesessen. Wie hübsch sie im Kerzenlicht aussah!
?Das sollten wir viel öfter machen, findest du nicht.?
?Stimmt, wir haben uns ganz schön vernachlässigt, ich meine, uns als Paar, oder??
Statt einer Antwort nahm Matthias die Hand von Alex und drückte sie liebevoll. Und seiner Frau stiegen vor Rührung die Tränen auf, das hatte er lange nicht getan.
?Prosecco?? unterbrach der Ober vorsichtig. Als Italiener verstand er etwas von der Liebe, und es tat ihm leid, die Stimmung zu stören.
?Prost, meine Traumfrau, auf eine weiteren gemeinsamen Weg?? Matthias schaute ihr tief in die Augen.
?Prost, mein Schatz, ja auf einen gemeinsamen Weg.? Die Gläser klangen - zwar nicht wie Kristallgläser ? aber doch wie Musik in beider Ohren.
Am Nebentisch nahm ein Pärchen Platz. Anders als Matthias, der Alex noch nach diesen langen Jahren den Stuhl an den Tisch heranschob, setzte sich der Mann ohne seine Begleiterin zu fragen, welchen Stuhl sie bevorzugte, auf den psychologisch angenehmeren Platz: mit dem Rücken zur Wand und dem Blick in den Raum. Seine Partnerin musste sich mit dem Rücken zum Gästeraum setzen. ?Was willst denn?? fragte er, noch ehe sie Zeit hatte, die Karte zu studieren. Alex und Matthias schauten sich in übereinstimmender Weise an, blinzelten und grinsten. Das versprach ein interessanter Abend zu werden. Sie liebten es beide, andere Menschen beobachten.
?Hast du eine Ahnung, wie die Ente hier ist?? fragte die Frau am Nebentisch ihren Partner vorsichtig.
?Nee, aber ich habe letztens eine im Konsum gegessen, war voll eklig, kann ich dir nicht empfehlen.?
Alex lachte nun in sich hinein. Den kausalen Zusammenhang der Ente im Konsum mit der beim Italiener fand sie zu komisch, doch die Frau am Nebentisch nickte zustimmend.
?Haste Recht, und was ist bei diesen Vorspeisen dabei??
?Bestimmt so Zeug wie Kraken in Essig und Rindfleisch mit Thunfisch. Kannst du dir vorstellen, wie das schmecken muss. Widerlich, diese Vorstellung.? Es folgte ein Kommentar über alles, was die italienische Küche zu bieten hatte und was - richtig zubereitet- den Gaumen von Gourmets erfreut: Carpaccio war ja rohes Fleisch und somit sicher nicht zu genießen, Mozzarella war Büffelkäse und daher konnte man den kaum essen, Scampis wurden als Krabben verächtlich heruntergespielt, weil die bestimmt in Mayonnaise serviert und somit salmonellenverseucht waren. Es erfolgte eine detaillierte Beschreibung einer Salmonellenvergiftung mit allen Symptomen. Dennoch, die Gattung ?Pizza? fand Gnade vor den Augen des Paares, und als der dezent abwartende Ober nach der Bestellung fragte, hatte sich das Paar für Pizza Salami und Pizza Arrabiata entschieden.
?Ist doch immer wieder ein Genuss, italienisch essen zu gehen?, sagte der Mann überzeugt als Mann von Welt.
?Was du alles weißt. Du Kennst ja jedes Gericht?, kommentierte seine ? offensichtlich - Freundin und schaute ihn bewundernd an.
?Das wird ein schöner und informativer Abend?, erhob Alex das Glas und prostete ihrem ebenfalls lachenden Ehemann zu.
Bisherige Antworten

Das mit dem Gemüse passiert mir DAUERND!!!!

Huhu Fairwind,
das Gemüse-Debakel produziere ich regelmäßig. Deswegen habe ich mir angewöhnt, die Marinade erst nachher drüber zu kippen. Besser ist das...
Wir haben am Wochenende beim New Model Army-Konzert auch ein Paar beobachtet. SIE (man sah von weitem, wie unglaublich hübsch sie sich fand...) kletterte vor IHM auf eine Absperrung und versperrte ihm damit konsequent die Sicht. Zweimal hat er gesagt, er würde nichts sehen. Beim zweiten Mal hat sie sich nicht mal mehr zu ihm umgedreht. Aber er ist wie ein Trottel eine ganze Weile hinter ihr stehengeblieben, bis er endlich angesäuert verschwand (verfolgt von unser beider mitleidiger Blicke).
Wie manche Paare beieinander bleiben, wird sich mir nicht erschließen....
Ganz liebe Grüße
Lena, deren Mann keine Möglichkeit hat, von einer Ex-Freundin zu schwärmen, ist sie doch die erste und einzige Frau, in die er sich je verliebt hat

Re: Das mit dem Gemüse passiert mir DAUERND!!!!

Ich liebe es auch, andere zu beobachten. Die meisten zeigen wenig Respekt voreinander, das erstaunt und erschreckt mich immer. Ich habe nun einen Freund (der ja wieder zurückkam nach seinem unglaublich konsequenten 14-Tage-Auszug *fg*), der mir nach 5 Jahren noch die Beifahrertür aufmacht und mir in den Mantel hilft. Das finde ich schön, es ist einfach ein nettes Zeichen des Respektes und der Zuneigung. Vorher hatte ich das nicht, eher einen Idioten. Wenn ich schön kochte, sagte er meistens : Hau weg die Sch.... und fing an zu essen. Und betrogen hat er mich auch. Aber diese Erfahrung mußte ich wohl erst machen, um klüger zu werden. Also, laß uns unsere Männer genießen... Ganz lieben Gruß, Fairwind

Re: Alex 86

Och, wie schön! Im Mittelteil bekam ich sogar eine leichte Gänsehaut. :-)
Mein Mann kann bis heute nicht verstehen, warum ich lieber mit dem Rücken zur Wand sitze und welche Plätze ich überhaupt je nach dem bevorzuge. Aber immerhin lässt er mir den Vortritt.
Dein zweiter Freund war zufällig nicht mein einer Ex? Das war auch so ein blöder Idiot. ;-)
LG
Jani*
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