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Alex 68

Alex 68
Eingedenk der Erkenntnis, dass Muttersein eben auch Schattenseiten aufwies, genoss Alex am nächsten Morgen das Ausschlafen besonders. ?Wer weiß, wie lange ich das noch so machen kann?? fragte sie sich in Gedanken und wickelte sich etwas enger in die Decke. Matthias schnorchelte leise neben ihr und Phoebe ließ mit leisem Tapp-Tapp-Tapp auf dem Parkett unruhig hin- und her. Das Schlafzimmer war nun fast wieder von Alex in Beschlag genommen worden, doch so ganz hatte sie ihrem Mann nicht verziehen, dass dieser so eigenmächtig agiert hatte mit der Stelle in Frankfurt. Jetzt hatte er ihr immerhin schon frühzeitig signalisiert, dass er Aussicht auf eine neue, besonders attraktive Stelle in London hatte. Und so war es für Alex ja auch okay, sie hatte lange Zeit, sich auf die Situation einzustellen und hatte zumindest das Gefühl, eingebunden zu sein.
?Du, sag? einmal, gibt es denn auch ordentlichen Kaffee in London?? sagte sie fragend zu Matthias. Nicht, dass sie eine richtige Antwort erwartete, immerhin gab es sicher alles in London, und das zu einer absolut hochklassigen Qualität. Nein, sie wollte Matthias natürlich einen Wink geben, dass ihr Kaffeedurst nun erwacht sei.
?In London gibt es an jeder Ecke Coffee Shops, wo du das Zeug eimerweise käuflich und mobil erwerben kannst. Außerdem haben sie da auch Kaufhäuser, die so viel Ware haben, dass sie sie sogar verkaufen.?
Ups, das saß, Matthias schien ja prächtiger Laune zu sein.
?Machst du einen Kaffee??
Matthias stöhnte. ?Ich dachte, so als Hausfrau wäre das deine Aufgabe, aber okay, ich stehe auf.? Wie zur Entschuldigung gab er ihr einen flüchtigen Kuß auf die Wange, aber sein Bart kratzte, so dass Alex sich tiefer in die Kissen drückte.
?Bah, rasier dich erst einmal, und dann bring mir Kaffee?, maulte sie wie ein kleines Kind. Ab und zu braucht jede noch so erwachsene Frau diese Phase, um sich umsorgen zu lassen, und bisher hatte das auch immer ganz gut geklappt. Beide ? Matthias wie sie auch ? waren eben sehr aufeinander eingespielt.
Einige Minuten später kam Matthais rasiert, mit frisch geputzten Zähnen und zwei dampfenden Bechern mit Kaffee ins Schlafzimmer zurück. Alex bereitete sich zum täglichen Ritual vor und stellte sich schlafend.
?Guten Morgen mein lieber Schatz, der Kaffee ist fertig?, sagte Matthias und drückte seiner Frau einen schmatzenden Kuß auf die von der Bettdecke freie Wange.
?Noch einen? murmelte sie mit geschlossenen Augen und genoß die Zweisamkeit. ?Wenn wir erst mal Kinder haben, ist es damit bestimmt vorbei... und wer weiß, wie lange das noch dauert.? Sie ließ den Schluss offen, weil sie hoffte, Matthias würde die Steilvorlage für seinen Einsatz bemerken und nutzen. Immerhin hatte sie ihm mit diesem Satz doch deutlich zu verstehen gegeben, dass sie a) ihn liebte und b) ein Gespräch über ihrer beider gemeinsame Zukunft jetzt anzetteln wollte. Aber Matthias reagierte gar nicht.
?Erde an Matthias, bist du da?? fragte sie mit Blick über ihre Schulter; denn Matthias hatte sich in ihrem Rücken Platz verschafft.
?Klar Schatz, was ist? Du, schau mal, ist der nicht klasse? V 12 Motor, macht 300 Sachen und muss absolut genial in der Kurve liegen. Mann, mit so einem Ding auf dem Nürburgring Fahrertraining, das wäre Hammer.? Matthias zeigte ihr eine Autozeitschrift mit der Abbildung eines für sie unbekannten aber schön roten Autos.
?So stelle ich mir unsere Zukunft vor, mein Schatz?, sagte Matthias und würgte so alle Versuche Alex ab, mit ihm ernst zu sprechen. Denn die nahm nach diesem Satz nur den Kaffeebecher in die Hand und meinte. ?Ich schaue mal, ob Phoebe noch Futter hat.? Und damit verschwand sie aus dem Schlafzimmer.
Natürlich hatte ihre Katze noch etwas Futter, sonst hätte sie Alex ja schon längst aus dem Bett gescheucht, aber Alex musste dringend ins Bad. Ihr standen, wie so oft während der letzten Zeit, die Tränen in den Augen.
?Warum war Matthias nur so unsensibel?? fragte sie ihr Spiegelbild einmal mehr. ?Und warum kriege ich nicht die Kurve, ihm klipp und klar zu sagen, was mich bewegt?? Und dann hatte sie auch noch ihre Tage, dabei hatte sie so gehofft, dass es diesmal klappen würde. Immerhin hatte sie dem irrsinnigen Drang widerstanden, trotz der ersten Blutung noch einen weiteren ultimativen Schwangerschaftstest zu machen. Es hatte ja doch alles keinen Sinn. Neu verpackt ? sie haßte diese Tage aller Tage, an denen sie sich so ausgeliefert fühlte ? und mit recht wenig Tränenspuren setzte sie sich auf das Sofa, nahm sich eine Decke und sinnierte vor sich hin. Sie musste dringend mit ihrem Mann sprechen, so nahm jeden Satz von ihm langsam krumm, und lebte glücklich, wenn er in ihr Schema von gemeinsamer Zukunft passte und kreuzunglücklich, wenn er sich davon zu lösen schien oder einfach nicht reagierte.
Überhaupt hatte sie das Gefühl, dass ihr Mann sich derzeit ein wenig von ihr entfernte. Immerhin hatte er sich sogar selbst Unterwäsche gekauft, und das hatte er definitiv noch nie aus freien Stücken getan. War es ihm zuviel, dass sie ihn so umsorgte? Immerhin fielen öfter Sätze wie ?Du brauchst Beschäftigung? oder? tu doch was, was dir Spaß macht?. Das passte ja auch in Alex Plan, aber nicht, dass er sich von ihr entfernte.
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