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Alex 28 und 29

Alex 28
Draußen sog sie die kühle Luft bewusst ein. Ein-Aus-Ein-Aus, besonders in den Unterbauch, um die Gebärmutter besser zu durchbluten. Das hatte sie irgendwo gelesen, und es sollte helfen, eine Einnistung zu verbessern.
Recht entschlossen ging sie in Richtung der kleinen Markthalle in der Stadt, ein Glasgebäude der 90er Jahre. Ihr Entschluss, etwas für ihre Figur zu tun, stand noch immer fest, und deshalb sollte es wieder ein Salat sein. Wie etwa 2-3 Mal in der Woche, geholfen hatte es zwar bisher nicht, aber es beruhigte die Nerven ungemein, wenn man sich nicht auch noch mittags kulinarischer Sünden hingab. Abends war es schon schlimm genug?
?Junge Frau?? hörte sie mit muffligem Ton sagen. Der gesamte Satz sollte heißen ?Junge Dame, was kann ich Ihnen geben??, aber das brachte der unfreundliche Mann hinter dem Tresen nicht zwischen seinen Zähnen heraus. Und Alex war sauer; sie war ohnehin nicht sonnigster Laune gewesen, doch dass sie seit nunmehr vier Jahren fast jeden Mittag hierher kam, und er dennoch so lustlos fragte, obwohl sie immer dasselbe bestellte, brachte ihr Blut in Wallung.
?Einen gemischten Salat mit Thunfisch und Joghurtsoße zum Mitnehmen.?
?Knoblauch?? Das nun wieder sollte heißen ?Möchten Sie Knoblauchsoße??, und sie hatte noch nie Knoblauchsoße genommen, da sie zahlreiche Termine hatte, und sie den Geruch dem jeweiligen Gegenüber nicht zumuten wollte.
?Joghurt, wie ich bereits sagte?, zischte sie, da ihr nun endgültig die Galle hochkochte, und fügte im entsprechenden Ton an. ?A: Ich bin keine junge Frau, wobei der Begriff ?Frau? allein schon ? abgeleitet aus dem mittelhochdeutschen ? unzulässig wäre, zudem entspricht es nicht meinem Alter und ist somit schlichtweg falsch. B: Ich nehme NIE Knoblauchsoße, sondern seit mehr als vier Jahren Joghurt, den Grund dafür habe ich Ihnen mehrfach gesagt.? Alex lächelte den verständnislosen Mann grimmig an.
?Zwei Euro siebzig?, und reichte den eingepackten Salat herüber. Nur seine Frau im Hintergrund konnte sich ein verständnisvolles Grinsen nicht verkneifen und verdrehte mit Deutung auf ihren Mann die Augen.
Alex schnappte sich den Salat und ging mit mahlendem Unterkiefer davon. Das war auch so eine ungute Eigenschaft, sie gehörte zu den Stressbeißern, und je nach Stärke des Stresses taten ihr morgens die Kiefergelenke weh. Jeder Biß wurde zur Tortur, und ihre Zähne waren dementsprechend empfindlich, zum Teil zogen sie den ganzen Tag, als hätte sie kariöse Zähne. ?Ich muss viel ruhiger werden?, sagte sich Alex und entspannte den Kiefer. Diese Übung hatte sie von ihrer chinesischen Ärztin bekommen, und er half in der Regel sehr gut. Nur dieser Tage war es erhöhter Aufwand oder eine zusätzliche Anstrengung, sich zu entspannen. Aber einen Termin beim Zahnarzt sollte sie dennoch vereinbaren, sicher ist sicher. Allerdings würde sie zuvor erst einmal den Terminkalender studieren, um im Falle einer Schwangerschaft nicht leichtsinnig zu sein.
Sie suchte sich einen sonnigen Platz auf einer Parkbank, um dort in Ruhe den Salat zu essen. Es war ein kleiner Park mit Buchsbaum umstandenen Rasenkompartimenten, die im Sommer durch Sommerblumen und Kübelpflanzen ergänzt wurden. Alex freute sich schon auf den Sommer, vielleicht würde sie dann hier mit dickem Bauch sitzen und alles ganz anders genießen können. ?Immer den Blick in die Zukunft, es kann nur besser werden?, beschwor sie sich selbst.
In der Mitte der Anlage stand ein alter Pavillon, in dem ein Geiger musizierte. Alex entspannte sich und nahm die Lieder in sich auf. Sie liebte derartige Stimmungen, und gerade heute konnte sie Schönes gut gebrauchen. Denn der Streit mit Matthias nahm sie natürlich sehr mit, das war ja selbstverständlich. Auch wenn sie nicht nachgeben wollte, dachte sie schon den ganzen Tag darüber nach, wie es nun weitergehen sollte. Und die vorwiegend barocken Klänge stimmten sie versöhnlicher, und fast war es so, als würde sie das ?TzzzzeeeeeeKrrrrrr? von heute Morgen bereuen.
Vor dem Geiger baute sich ein älteres Ehepaar auf, und während er versonnen der Musik lauschte, wurde sie unruhig.
?Nun gib? ihm schon einen Euro und komm? endlich.? Mit diesen Worten ging sie entschlossen los, ihr Mann blieb stehen, sichtlich hin- und hergerissen zwischen Musikgenuss und ehelicher Verantwortung.
Alex beobachtete die Szene: Schönes gemeinsam genießen zu können, das war offensichtlich ein Schlüssel unter mehreren, um eine gute Partnerschaft zu führen, und das hatten Matthias und sie eigentlich immer gekonnt. ?Eigentlich?, wiederholte sie unsicher. Vielleicht war es nur zeitlich begrenzt, dass sie verschiedener Wege gingen, vielleicht auch nicht, das war die Chance. Und das kleine partnerschaftliche Spektakel, das sie eben hatte erleben dürfen, hatte ihr eines deutlich werden lassen: Ihre Ehe würde nur erfolgreich sein, wenn Matthias und sie sich grundsätzlich wieder finden würden, denn so wie diese beiden dort wollte sie ihr gemeinsames Leben nicht führen. Denn es erschien ihr geradezu symptomatisch für ihre Zukunft: Einer wollte verweilen, der andere sagt unwirsch ?nun komm schon?? und ging, ohne sich umzublicken, weiter?
Alex 29
Angenehm gestärkt machte sich Alex auf den Weg in ihr kleines Café, um sich dort noch einen Milchkaffee zu gönnen. Manchmal waren dies ihre kleinen Aus-Zeiten, die sie sich nahm, wenn der Druck zu groß wurde. Aber jetzt war sie deutlich gelassener als am Morgen, denn ihre Gedanken hatten sich geklärt.
Leider war das Café zu dieser Zeit recht voll, und sie konnte gerade noch einen Platz an einem Tisch bekommen, den sie nun mit einem Ehepaar an der Rentenaltersgrenze teilten. Beiden vertieften ihre Köpfe in eine Zeitschrift, er braungebrannt und gutaussehend, sie eher der zurückhaltende unscheinbare Typ, aber mit wachen Augen und wissenden Lachfalten um die Augen. ?Einfach ein süßes Paar?, dachte Alex neidisch. Neugierig versuchte sie, den offensichtlich interessanten Inhalt der Zeitschrift zu lesen. Die Astro-Woche! Alex war Schütze, und genau das Horoskop war sichtbar, nur konnte sie die Erläuterungen nicht lesen.
?Wollen Sie auch mal reinschauen?, schaute da der ältere Herr belustigt auf.
?Ich bin schon immer dabei, mir den Hals zu verdrehen??, lachte Alex und nahm gerne die Zeitung. Alle drei versenkten nun ihre Köpfe über dem Inhalt.
?Was sind Sie denn für ein Sternzeichen?, begann der Herr.
?Schütze.?
?Hmm?. Das ist gut. Und Aszendent.?
Zögernd sagte Alex ?Ich weiß nicht genau, Zwilling oder Löwe.?
?Naja, ist ja nicht so wichtig. Hier, schauen Sie mal zwei Seiten Schütze.? Und er fügte sinnierend an ?ein gutes Sternzeichen, stark, unbeugsam, zuverlässig??
?Und heißblütig, was?? Alex hatte gute Laune??Jetzt merke ich das erst, wieso kennen Sie sich denn mit der Schützefrau so gut aus??
Auch er lachte, und seine Frau hob ab und zu sichtlich amüsiert ihren Kopf aus der Lektüre. ?Ich hatte da mal eine, lange her, die war Dozentin an der Uni, tolle Frau?? und er versank in offensichtlich überaus angenehme Gedanken.
?Ging wohl länger, oder??
?Ja, und war schon schön.? Noch immer lächelte seine Frau wissend vor sich hin, sie war ganz die Ruhe und sich seiner Liebe sicher. Alex fragte sich zurecht, welches Sternzeichen sie wohl hatte?
?Eigentlich brauche ich nur den Montag, da entscheidet sich was für mich.? Die Zeitschrift ging nämlich von Montag bis Sonntag, und am Montag würde der erste Tag des nächsten Zyklus sein, in Fachkreisen des Kinderwunsches, wie sie wusste, NMT genannt, also Nicht-Mens-Termin. ?Die Sterne stehen günstig, am Montag bekommen sie eine gute Nachricht, aber Vorsicht: Diese Nachricht wird Konsequenzen für ihr weiteres Leben haben.? Alex las nun laut und genoss jedes Wort.
?Na, da haben Sie ja einen schönen Wochenanfang!? freute sich die ältere Dame mit ihr. Ihre Augen waren dabei von einem freundlichen Kranz von kleinen Falten umzogen.
?Ja, am Montag brauche ich auch Glück!? Ja, am Montag brauchte sie Glück. Nun lächelte Alex versonnen.
?Und Sie, was ist bei Ihnen nächste Woche los??
Er las sich den für ihn bestimmten Text durch und lachend brach es aus ihm heraus: ?Ich sollte nächste Woche gleich im Bett bleiben, nur schlechte Nachrichten, aber am Mittwochabend gibt es einen magischen Abend, bei dem ich mich vorsehen muss.? Mit diesen Worten drehte er sich zu seiner Frau um und fragte ?Schatz, hast du da schon was vor oder können wir die Magie gemeinsam nutzen??
?Wie bei ?Schlaflos in Seattle??? dachte Alex und war mit ihnen glücklich.
Bisherige Antworten

DANKE! Freue mich schon auf die nächste Folge :-)

Re: DANKE! Freue mich schon auf die nächste Folge :-)

Danke, da macht es wirklich Spaß, zu schreiben! Und wenn es morgen immer noch so blöd im Büro ist, dann kommt dann auch die nächste Folge. Dann muss nämlich meine Kreativität raus... GLG, Fairwind

Re: DANKE! Freue mich schon auf die nächste Folge :-)

Daraus wird doch sicherlich ein Buch!....solltest Du vielleicht mal einem Verlag anbieten :-))
Ich freue mich schon, wenn Du weiter Deiner Kreativität freien Lauf lässt!!!!!!!!!
Liebe Grüsse
Michaela

Re: DANKE! Freue mich schon auf die nächste Folge :-)

Hallo Michaela, danke für das Kompliment, ich schaue erst mal, wie weit die Ideen reichen. Aber Ihr füttert mich ja auch immer mit kleinen Geschichten. Oder ich erlebe sie selbst, wie das süße Pärchen mit dem Horoskop. Nur hat mir der Montag nur ZT1 gebracht. *maul* GLG, Fairwind
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