Liebe Andrea,
schade, daß Deine Umgebung nicht so verständnisvoll ist. Auch ich habe erlebt, daß der Verlust eines Kindes oft noch ein Tabuthema ist und wie das frustet. Insbesondere bei Eltern und Freunden, wo man mehr Verständnis und Feingefühl erwartet hätte. Allerdings sind Probleme gar nicht so selten, als Betroffene merkt man das schnell. Dann offenbaren sich auch andere, denen mal was passiert ist.
Du hast es doch schon selber erkannt: an den Kinderwunsch gelassener zu sehen und unbefangen in eine neue Schwangerschaft zu gehen ist das Ziel. Frag Dich doch mal: Brauchst Du dazu wirklich eine Psychologin? Das hat Dir einmal geholfen; deswegen hast Du es wieder probiert.
Insbesondere nach Deinen Erfahrungen würde ich jetzt vielleicht erst mal davon absehen. Unter Umständen hilft da wirklich am besten eine Gruppe, wo Du Deine Trauer und Probleme mitteilen kannst und die Dich als Betroffene auch verstehen und ganz bestimmt nicht tabuisieren. Die gibt es eigentlich in jedem Ort oder Landkreis. Kirchen und soziale Gruppen geben sicher gerne Auskunft, Gottesdienste und Treffen stehen zumindest bei uns auch in der Zeitung.
Ich bin wieder schwanger geworden, als ich mich entspannt habe und gesagt habe: so, jetzt bin ich auch mal für meinen Mann da und wir genießen das Leben auch zu zweit (habe mein erstes Kind in der 30. SSW verloren). Ohne mir von egal wem, auch nicht von den Eltern, irgendwelchen Druck machen zu lassen, wann ich denn wieder schwanger werde. Den meisten Druck macht man sich auch selber. Mein Mann war in dieser Situation die beste Hilfe. Auch wenn es vielleicht hart klingt, zu sagen "wenigstens habe ich dich noch" - so ist das doch auch ein Bekenntnis zur Beziehung zu zweit. Man kann Kinder nicht erzwingen, das haben wir beide gelernt. Die Trauer um das Kind ist jetzt immer dabei im Leben, und natürlich empfindet man das als Frauund Schwangere intensiver als ein Mann.
Ohne die Psychologin Schutz nehmen zu wollen, sie hat da was ziemlich blödes gesagt, was niemandem in einer solchen Situation hilft und wo ich mich auch sehr aufgeregt hätte: vielleicht hat sie auch einfach nur das gemeint: Entspann Dich und genieße das Leben mit Deinem Sohn! Erzwingen kann man nichts.
Auch auf die Gefahr hin von Dir jetzt auch als Sprücheklopfer bezeichnet zu werden: das geht am besten, wenn man mal eine Weile nicht dran denkt. Bei mir hat es dann überraschend schnell wieder geklappt. Bei einer Freundin auch, nachdem sie lange alles mögliche probiert hatte und sie schon völlig fertig war mit den Nerven. Nach dem Motto: jetzt keinen Streß mehr, der liebe Gott entscheidet.
Ist schwer, aber machbar.
Nicht mehr mitrechnen oder messen, wann denn die fruchtbaren Tage sind; wieder Urlaub, wieder essen und trinken, wie es gefällt, auch ein Glas Wein oder Cocktail. Und für die Lieben, die man hat, da sein. Und in Gedanken ist das Sternchen immer dabei.
Jemand hier im Forum hat mal den Gedanken geäußert, daß unsere Sternchen im Himmel zusammen Reigen tanzen und auf uns hier aufpassen - ein wunderschönes Bild. Vielleicht hilft Dir das ja auch.
Eine ganz andere Empfehlung: Du kannst auch mal mit einer Hebamme zwanglos reden. Meine ist mir jetzt eine gute Gesprächspartnerin, weil ich mir auch ständig Sorgen mache über das neue Kind in meinem Bauch und sie hat mir schon sehr geholfen einfach mit Ihren Gesprächen. Sehe zum Glück wieder alles etwas entspannter.
Hoffentlich ist es nicht zu chaotisch und verständlich.
Du schaffst das schon wieder Freude am Leben zu finden. Schon für Deinen Sohn und Deinen Mann.
Viele liebe Grüße und viel Erfolg, Juliane