Hallo Tanja,
fühl Dich erst mal ganz lieb gedrückt. Ich glaube das was du gerade
durchmachst nennt sich "Neufindung". Hatte ich im Januar ganz extrem.
Da ist einem auf eimal nur noch zum Weinen. Eine alltägliche Situation -
der Anblick eines Kindes das so alt ist wie Melanie jetzt wäre, und Dir
schiessen die Tränen in die Augen. Oder du bekommst Deine Tage und
denkst, eigentlich würde ich Melanie jetzt noch voll stillen und hätte
dieses Binden- und Tampongewurstel nicht.
Man sitzt so zwischen den Stühlen, ist nicht richtig Mama aber halt doch
Mama.
In dem Buch von Hannah Lotrop (gute Hoffnung Jähes Ende) steht, so ein
halbes Jahr nach dem Tod des Kindes findet Art Wendepunkt statt.
Nocheinmal eine schwere Zeit und dann bewegt man sich von seinem
Engel langsam weg in eine neue Richtung, strebt nach neuen Ziele.
Aber was sind das die neuen Ziele???? Für mich ist es eine Fortbildung
als Übungsleiterin und eine Ausbildung zur Tagesmutter und viel Sport.
Und für Dich? Was hast Du für Hobbies? Wo engagierst Du Dich? Bist Du
in einem Verein?
LG Steffi

Hallo Steffi,
vielen Dank für's aufbauen. Ja, im Moment habe ich zwei drei gute, ein bis zwei mittelmässigen und einen schlechten Tag. So ungefähr in dieser Reihenfolge. Und es stimmt, meisst sind es die Kleinigkeiten, gegen die man sich nicht bewusst wappnet, weil sie unerwartet kommen. Am Anfang bin ich einkaufen gegangen und habe mich innerlich schon darauf eingestellt wieder ein paar Müttern mit Kinderwagen zu begegnen. Das ist jetzt nicht mehr so, und deswegen trifft es dann so hart. Meisst geht es mir im Moment auch ganz gut. Das Buch von Hannah Lotrop habe ich auch, und wir sind regelmässig unregelmässig in einer Selbsthilfegruppe. Unsere Melanie hat es uns schon leichter gemacht als anderen Eltern, denn wir wissen wenigstens, warum sie sterben musste, und dass wir alles getan haben, was wir konnten, und nichts falsch gemacht haben. Das hilft schon arg, um mit sich selbst wieder Frieden zu finden. Ja und unser neues Ziel ist eigentlich unser altes. Eine Familie. Nicht auf Biegen und Brechen, aber ich würde mich schon freuen, wenn ich nicht wieder zwei Jahre darauf warten muss. Ich habe wieder angefangen Sport zu machen, aber andere Dinge als vorher. So habe ich meine Übungsleitertätigkeit im Verein zum Beispiel erst mal auf Eis gelegt. Ich habe bis mitte letzten Jahres Mädchen im Turnen trainiert. Irgendwie habe ich da im Moment aber keine Lust zu, also lasse ich es. Ich werde ab übernächster Woche wieder länger arbeiten. Im Moment sind es nur vier Stunden täglich als Wiedereingliederungsmassnahme. Die Zeit will ich mir einfach nehmen. Das Arbeiten tut mir gut, aber ich geniesse auch die Zeit allein zu Hause und alles zusammen ist auch immer noch ziemlich anstrengend. Nicht körperlich, aber ich habe nachmittags trotzdem dass Gefühl, mich erst mal kurz ausruhen zu müssen. Kennst Du das auch?
Liebe Grüsse
Tanja