Sehr langer Bericht einer FG in der 17SSW, bin neu
ich habe in der 6.; 8. und 16. SSW Blutungen gehabt. Lag
in der 8. SSW schon 3 Tage im KKH, ging aber alles gut. Jetzt in der 16. SSW auch wieder. Lag über eine Woche stramm im Bett, mal waren die Blutungen mehr, mal weniger. Die Ärzte haben jeden zweiten Tag in der praenataldiagnostik einen US von unserem Sohn gemacht. Es war immer alles in Ordnung mit ihm, es ging ihm prächtig. Man vermutete, dass die Blutungen von der Plazenta kamen. Die war zwar oben in der Gebärmutter, reichte jedoch an den Seiten einen Tick weiter runter als normal, so dass dadurch wahrscheinlich die Blutungen kamen. Die Ärzte meinten, wenn die SS weiter fortschreitet und die Gebärmutter sich immer weiter ausdehnt, die Plazenta ja automatisch mit nach oben gezogen wird. Dann würden die Blutungen spätestens irgendwann aufhören.
Und dann passierte das Unfaßbare in der Nacht vom 21. zum 22.11. Morgens um 4 platzte mir die Fruchtblase. Es wurde am Bett ein US gemacht. Ich werde niemals das Bild vergessen, wo mein Baby mit schlagendem Herzen aber ohne Fruchtwasser in mir war. Es war klar, es würde nicht überleben, aber es wollte leben. Das Herzchen schlug doch noch!!! Ca. 6 Stunden später wurde zur Absicherung nochmal ein US gemacht. Definitiv kein Fruchtwasser, immer noch ein schlagendes Herz - aber dennoch keine Chance für mein Baby.
Mein Mann und ich entschlossen uns dann, den Geburtsvorgang durch die Einnahme von Medikamenten zu beschleunigen. Es dauerte dennoch 2 tage, bis der Muttermund weich genug und offen genug war, um das Baby gebären zu können. Mir taten die 2 Tage aber gut, denn ich bekam Betreuung durch eine Psychologin (die war nicht so gut) und den Krankenhausseelsorger. Der hat noch seine Hand auf meinen Bauch gelegt und das Baby gesegnet und mich auch, damit wir beide das Bevorstehende gut überstehen. Und wir haben zusammen gebetet, dem Kind einen Namen gegeben und ganz lange über die Ewigkeit gesprochen.
Er sagte, für meinen Sohn sei es wie eine Sekunde, bis er mich sieht, denn die Ewigkeit muß man sich ohne Zeit vorstellen. Er gab mir die Gewißheit, dass mein Sohn auf jeden Fall bei Gott ist und dort auf mich wartet (ich kann das gar nicht schreiben, mir laufen die ganze Zeit die Tränen aus den Augen...
In der Nacht vom 23. auf den 24. hing dann plötzlich schon die Nabelschnur aus meiner Scheide, ich wußte also, es geht bald los. Morgens dann die Untersuchung, der MM war weit genug offen. Ich habe dann einen Wehentropf bekommen, der von der Stärke her so wie ein homöopathisches Mittel war. Ich bekam einen Klostuhl neben mein bett, damit ich nicht über den Flur laufen mußte mit dem tropf. Ich sollte dann Bescheid geben, wenn die Schmerzen bzw. die blutungen stärker werden würden. Eine Stunde war ich am Tropf, ich hatte nur ein ganz leichtes Ziehen im Unterleib, wie normale Regelschmerzen halt. Dann merkte ich, dass evtl. etwas mehr Blut kommen könnte und ging auf den Klostuhl. Die Blutungen waren aber nicht mehr. Gerade als ich soz. fertig war, merkte ich, dass etwas großes mit aus der Scheide kam. Ich konnte mir gerade noch eine Binde schnappen und mir sie vorhalten, da fiel mir mein kleiner Sohn schon in die Hände. Es hat überhaupt nicht wehgetan, es war vom gefühl her so, als wenn ein Mann seinen Penis aus der Scheide zieht.
Da lag also das kleine Baby in meinen Händen. Ich fing an zu weinen... Es war ganz zusammengerollt in der typischen Embryonalstellung und ganz rot, weil die Haut noch so dünn war... Und trotzdem ein kleiner, vollkommen Mensch. Ich setzte mich zurück auf mein Bett und legte das baby zwischen meine Beine (es hing ja noch an der Nabelschnur).
Dann erst klingelte ich nach den Schwestern und sagte, dass das baby schon da sei. Die Ärztin kam und hat das Baby abgenabelt. Danach nahmen sie das baby mit und haben es in schöne weiße Tücher eingewickelt und schön hingelegt und es mir dann wieder ans Bett gelegt. Dann ließen sie mich einen Moment alleine. Es war so vollkommen! Kleine Augen, Ohren, Lippen, Nase, Arme, Hände, Finger, sogar die Fingernägel konnte man sehen, Beine Füße, zehennägel, einen winzigen Penis. Ich habe meinem Baby gesagt, wie sehr ich es liebe, und dass es mir so leid tut, dass ich es nicht beschützen konnte... Und dass es im Himmel auf mich warten soll, es immer einen ganz großen Platz in meinem Herzen haben wird und ich es niemals vergessen werde.
Dann kam ich in den OP zur Ausschabung. Als ich wieder aufwachte, war zum Glück mein Mann bei mir. Er hatte es nicht schneller in die Klinik geschafft. Er tröstete mich ganz lieb, und wir konnten beide nochmal gemeinsam das Kind anschauen und uns zusammen verabschieden. Dann gaben wir unser baby endgültig ab. Es wird jetzt noch obduziert. Teile meiner Plazenta sind in die Humangenetik geschickt worden zur Untersuchung. Aber vermutlich wird man wohl nie etwas finden.
Den ganzen tag über fühlte ich mich seltsam leer. Erst abends, als die Dunkelheit hereinbrach, kamen die Tränen. Ich habe mir eine Einschlafhilfe geben lassen. Außerdem bekam ich Medikamente gegen den Milcheinschuß in den Brüsten und zum Zusammenziehen der gebärmutter. Als ich nachts um 4 aufwachte, ging es mir eigentlich so ganz gut. Ich setzte mich an die Bettkante und trank einen Schluck Apfelsaft. Dann ging ich zur Toilette. Die war ca. 20m über den Flur entfernt. Vom Schwesternzimmer aus fragte mich die Nachtschwester, ob es denn mit mir ginge. Mir war zwar schon einbißchen weich in den Knien und etwas flau im Magen, aber ich dachte ich schaffe es. Da habe ich die Situation wohl echt unterschätzt. Jedenfalls kann ich mich nur noch erinnern, dass ich die Eingangstür zu den Toiletten hinter mir zugezogen habe, dann weiß ich nichts mehr. Als ich wieder aufwachte, lag ich neben dem Klo, die Krankenschwester über mich gebeugt. Bin zusammengebrochen, dabei mit dem Brustkorb aufs Waschbecken und dem Kopf auf die Konsole geknallt. Hatte eine Megabeule auf der Stirn, eine kleine Platzwunde über dem Auge. beim Fallen muß mein Kopf ganz blöde weggeknickt sein, jedenfalls waren das schlimmste die nackenschmerzen. Ich konnte meinen Kopf kaum mehr drehen. Es kamen lauter Ärzte und man entschied sich, mich noch nachts in die Chirurgie zu fahren zur Absicherung. Man befürchtet einen Wirbelbruch. Also nachts mit dem krankentransporter bei Schneefall quer über das KKH-Gelände, Röntgen, zum Glück kein Ergebnis. Gegen 6 war ich erst wieder in meinem Zimmer.
Als morgens das Wecken war und mein Blutdruck genommen wurde, hatte ich gerade mal 70 zu 40. Habe dann Tropfen zur Kreislaufstärkung bekommen. Bin trotzdem am Freitag letzte Woche (25.11.) entlassen worden. War so froh wieder zu hause zu sein. Trotzdem war die Rückfahrt übel. Man fährt mit Baby im Bauch ins KKh und kommt ganz ohne zurück.
Seitdem weine ich superviel zu hause und fühle mich unendlich leer. Ich habe keine Ahnung, wie ich die Weihnachtszeit überstehen soll. Ich habe zwar einen kleinen Sohn von 19 Monaten, der mir viel Kraft gibt und mein Mann kümmert sich auch liebevoll um mich. Trotzdem muß ich irgendwie alleine damit fertig werden.
Unser Baby wird am 14.12. in einer Sammelurne auf einem Friedhof beigesetzt. Ich war am Samstag schon da, um mir das Grab mal anzusehen. Es ist echt schön, es gibt einen Gedenkstein mit einem schönen Spruch drauf. Morgen ist das erste Treffen zur Vorbereitung der Trauerfeier. Ich habe Angst davor. Dennoch ist es die einzige Chance, meinem Kind die letzte Ehre zu erweisen, und ich werde das irgendwie durchstehen. Und ich habe dann wenigstens einen Platz, zu dem ich gehen kann.
Ich hätte nie gedacht, dass ich in der 17 SSW noch mein Kind verliere. Selbst im KKH haben die Ärzte ja nicht damit gerechnet. Ich hätte alles für den kleinen Sohn getan. Ich fühle mich irgendwie schuldig und frage mich die ganze Zeit, wenn ich etwas anders gemacht hätte, ob er dann noch am Leben wäre. Er wollte doch so gerne Leben! Er hat 3x Blutungen überstanden, sogar nach dem Bladsensprung schlug sein Herzchen noch. Ich hoffe und bete nur dafür, dass sein Herzchen in meine´m Bauch aufgehört hat zu schlagen, und nicht erst bei der geburt. Wieso konnte ich ihn nicht retten???
Ich versuche mir die ganze Zeit zu sagen, dass es ihm jetzt sicher besser geht, da wo er ist, und dass er durch die fehlgeburt sicher vor einem schlimmeren Schicksal bewahrt wurde. Auf der anderen Seite kommen mir Gedanken, dass es vielleicht eine Strafe Gottes ist, weil ich mir mehr ein Mädchen als einen Jungen gewünscht hatte. Trotzdem habe ich das Kind doch genau so geliebt. ich will ihn einfach nur zurück haben! Ich will ihn sehen, wie er seine ersten Schritte macht, wie er fröhlich lacht, wie er als erwachsener mann aussieht usw. Wieso hat Gott dieses Leben gegeben, wenn er es gleich wieder zu sich nimmt?
Tut mir leid, dass es so eine ellenlange Geschichte geworden ist, aber ich habe einfach das Gefühl, dass es mir besser geht, je mehr ich darüber rede bzw. schreibe. Gibt es hier jemanden, der vielleicht auch in etwa um die 17. Woche herum ihr Baby verloren hat und mir weiterhelfen kann?
Ich danke Euch fürs Zuhören und bin dankbar für Trost jeglicher Art, gern auch als private Mail über mein Profil.
Eure Nicola
Re: Sehr langer Bericht einer FG in der 17SSW, bin neu
lass dich erstmal ganz doll in den arm nehmen und drücken. es tut mir so unendlich leid, dass du deinen kleinen sohn nicht mehr bei dir haben darfst. ich sitze hier und weine mit dir um deinen kleinen jungen und um meine beiden mädchen die ich in der 24. und 15. ssw auf ähnlichem wege verlor. warum gott soetwas zulässt fragst du? ich weiß es nicht. ich selber bin zu dem entschluss gekommen, dass es gott gar nicht gibt, denn es gibt nichts für das soetwas gut sein könnte. ich wünsche euch das ihr die zeit habt einen weg zu finden, der eure schmerzen erträglich macht. ich bin gerne für dich da wenn du mit jemandem reden möchtest. du kannst mir dann über's profil schreiben..... LG Maria
Re: Sehr langer Bericht einer FG in der 17SSW, bin neu
Ich kann Dich sehr gut verstehen - ich habe unseren Sohn auch in der 17.SSW (genau bei 17+0) verloren. Ich habe bereits vier Söhne, aber trotzdem war auch dieses Kind ein Wunschkind und das Gefühl des Verlust kommt immer mal wieder hoch, obwohl die Fehgeburt bereits am 17.08.05 war. Ich sollte jetzt in der 32.SSW sein...Stattdessen sitze ich hier - zwar schon längst wieder mit normalem Zyklus, aber mit Zweifeln, ob unser Sternenkind nochmal ein Geschwisterchen bekommen wird...
Ich hätte auch nie gedacht, mal in der 17.SSW ein Kind zu verlieren - alle Welt redet immer nur von den "kritischen 12 Wochen", die Tatsache, daß Schwangerschaften auch später enden können wird eher verschwiegen. Sicher, ich kann mich glücklich schätzen, daß ich aus fünf Schwangerschaften vier Kinder habe, nur macht es das auch nicht leichter. Obwohl mir sogar im KH vom Arzt gesagt wurde, daß es schlimmeres gebe, als das 5.Kind zu verlieren. Er riet mir auch, keine weiteren Kinder zu bekommen - ich hätte ja schon vier Jungs...Das war nur ein Beispiel dafür, wie desinteressiert man im KH mit dieser FG umgegenagen ist. Ich wurde in ein Einzelzimmer abgeschoben, bekam Prostaglandinzäpfchen (2x). 2x hat sich jemand kurz erkundigt nach Blutungen, Schmerzen etc. - das war es auch schon. Als unser Sohn zur Welt kam war ich allein - er kam auf der Toilette zur Welt und nur die Nabelschnur hat einen Sturz ins Toilettenbecken verhindert. Ich hab nach kurzem Zögern ein Handtuch genommen und dieses kleine Kind darauf gelegt und mir angesehen. Winzig, aber perfekt...Nach ein paar Minuten wurde der Kleine von der Hebamme, die ich im ganzen wohl für 60 Sek. gesehen habe mitgenommen, ich mußte gleich danach in den OP...Am nächsten Tag bin ich aus dem KH regelrecht geflüchtet (auf eigenes Risiko entlassen) - es hat sich ja eh niemand interessiert, es war alles nur Routine...
Unser Sohn ist übrigens bereits wenige Tage vor der Geburt in meinem Bauch gestorben, was ich bei einer Vorsorgeuntersuchung erfahren habe. Den Ultraschall werde ich wohl nie vergessen - ich wußte schon, daß das Kind tot war, bevor die Ärztin etwas gesagt hat. Wenn ich heute daran denke, daß ich wohl 3 oder 4 Tage mit einem toten Kind in mir dem Alltag nachgegangen bin und sogar noch nach Babysachen geschaut habe wird mir übel...
Die Todesursache ist mir unbekannt - ich weiß zwar, daß es einen pathologische Untersuchung gab, aber ich habe bis heute nicht den Mut gefunden, nach dem Ergebnis zu fragen. Es macht eh keinen Unterschied mehr und mir wurde gesagt, daß oft keine Ursache zu finden ist (plötzlicher Kindstod im Mutterleib). Mir persönlich ist lediglich eine veränderte Kopfform aufgefallen, was auch bereits im US zu sehen war. Allerdings meinte der Arzt im KH, daß dies post mortem entstanden sei...
Ich frage mich auch immer wieder, warum dieses Kind nicht leben konnte, aber darauf gibt es keine Antwort.
Die ersten Tage nach der FG waren hart (auch für meinen Mann), mittlerweile geht es mir gut, allerdings kommt die Trauer gerade jetzt in der Adventszeit immer wieder hoch, denn es sollte alles so anders sein... Trauer braucht Zeit - nimm Dir diese Zeit und verdräng die Gefühle nicht. Ich hab das versucht - es funktioniert nicht...Es geht wieter, es wird besser und erträglicher, aber das braucht Geduld. Ich habe viel mit mir selbst ausmachen müssen, da mein Umfeld schnell zur Normalität übergegangen ist (es gab eh entsetzte Reaktionen beim Verkünden der 5.Schwangerschaft - sogar von meiner Schwiegermutter).
Wenn Du möchtest, kannst Du mich gern anmailen.
Liebe Grüße,alles Gute und viel Kraft für die kommende Zeit,
Tanja mit 4 Jungs hier und Sternenkind "Jonas" (+17.08.05)
Re: Sehr langer Bericht einer FG in der 17SSW, bin neu
es tut mir leid, dass Dein Sohn gestorben ist. Ich habe selbst zwei Kinder durch vorzeitigen Blasensprung bzw. vorzeitige Wehen jeweils in der 21. SSW verloren. Das passiert leider gar nicht so selten, auch wenn die Ärzte immer so tun, als wäre man der einzige Mensch, bei dem das passiert. Ich habe eine eigene Mailinggruppe für Frauen, die ihr(e) Kind(er) durch vorzeitigen Blasensprung verloren haben, gegründet. Mehr dazu in meinem Profil. Wir sind dort inzwischen um die 70 Frauen, die Ihr Kind zwischen der 16. - 26. SSW verloren haben - Du bist also leider absolut kein Einzelfall. Wenn Du magst, kannst Du Dich gerne bei uns anmelden (ist kostenlos).
Viele Grüße
Stefanie
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