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Abbruch in der 19 SSW - langer Erfahrungsbericht

Dienstag, 9. August, die verheerende Mitteilung. Die Nieren haben keine Funktion mehr. Die Möglichkeiten die wir hatten:
- das Kind einfach austragen, wobei es dann schlimme körperliche Deformationen und eine Lungeninsuffizienz bekäme und sofort nach der Geburt sterben würde,
- - das Kind austragen und alle 2 Wochen Fruchtwasser nachfüllen, dann bekommt das Kind zwar keine Deformationen und möglicherweise keine Lungeninsuffizienz, aber es wäre wohl überhaupt nur ein einziges Mal in Deutschland gelungen ein Kind bis zur Geburt ?durchzubringen?. Alle anderen Versuche wären aufgrund von Infektionen oder Blasensprüngen zum frühzeitigen Abbruch gekommen.
Wenn das Kind gegen aller Wahrscheinlichkeit aber doch lebend auf die Welt käme, müsste es sofort an die Dialyse und ab einem Gewicht von 8 kg, also ca. in einem Alter von 2 Jahren, Spendernieren erhalten. Dies hätte wohl noch wirklich kein Kind ohne irgendeine Nierentätigkeit ab der 16. SSW, überlebt.
- - die Schwangerschaft abbrechen.
Die Aussichten waren schrecklich. Ich will jetzt keine Rechtfertigungsdiskussion beginnen, ich will auch eigentlich keine Reaktion von anderen, ich will nur anderen unsere Geschichte erzählen, um zu helfen, wie es mir geholfen hat, über andere zulesen. Mein Mann und ich haben uns für den Abbruch entschieden. Wir wollten dem Kleinen und auch uns Wochen oder vielleicht Monate der Qual ersparen. Wir haben mit dem Kleinen ausgemacht, dass er beim nächsten Mal wieder kommt, er gehört schliesslich zu uns. Mir gingen und gehen natürlich ständig Worte wie Euthanasie und Mörderin durch den Kopf, aber schliesslich und endlich wollten wir ein Ende mit Schrecken und kein Schrecken ohne Ende für uns alle, auch für den kleinen Wurm.
Nun beginnt die eigentlich Qual. Sollten wir in die Uniklinik Bonn gehen, wo es zwei Hebammen gibt, die sich ausschliesslich mit ungewollten Schwangerschaftsabbrüchen beschäftigen und eine psychologische Betreuung im Haus ist, oder lieber nach Aachen, weil das näher an unserem kleinen dreijährigen Schatzemann ist, und wir dann ruckzuck wieder bei ihm sein können. Meine FA, eine super Frau!!, hat mir dann ein Krankenhaus in Aachen empfohlen und mich dort auch angekündigt. Leider die falsche Entscheidung. Es war einfach furchtbar! Trotz frühzeitiger Anmeldung hatten die Leute dort keine Zeit für uns. Wir sollten um 9 Uhr morgens da sein. Erstmal die Anmeldung. Höflich geklopft, rein gegangen und gleich wieder nach draussen geschickt worden, wir möchten doch bitte warten, bis wir aufgerufen werden...da sassen wir ca. eine halbe Stunde, bis ich es nicht mehr aushielt und noch mal rein bin. Die Krankenhausverwaltung saß in der Frühstückspause! Oh ? wir wussten gar nicht, dass noch jemand draussen wartet, jaja! Also angemeldet, dann rauf ins Zimmer, anschliessend zum Anästhesiten. Dort wieder ca. 30 Min. gewartet. Der netten Dame mussten wir erst erklären, was denn mit mir geschehen sollte, dabei wussten wir ja selbst nicht, wie das ganze abläuft! Viele Tränen später wieder rauf ins Zimmer. Eine Ärztin kam und fragte ungefähr die gleichen Fragen wie schon zuvor die Anästhesistin, aber nur 5 Minuten, dann wurde sie weggerufen. Es war nun ca. 10.30 Uhr. Mein Mann und ich sassen also da und warteten und warteten. Um 14.00 Uhr habe ich die Krise bekommen und bin raus um zu fragen, was denn nun passiert. Ja, wir müssen wohl warten, man fragt mal nach. Um 15.00 Uhr ging dann mein Mann raus fragen. Wohl ein Notfall Kaiserschnitt. Um 15.30 rief ich dann total aufgelöst meine FA an, ob sie mir noch eine weitere Krankenhausüberweisung geben würde, denn hier passiert nichts, es gibt keine Betreuung, kein psychologischer Beistand, wir wussten nicht was weiter passiert, und ich war total aufgelöst. Ich wollte nur noch nach Hause. Meine FA hat dann beim Chefarzt angerufen und wohl ziemlich auf den Putz gehauen, denn keine 10 Minuten später überschlug sich alles. Wir durften zum Chefarzt! Und der? Nun ja, da ja seine Kollegen wohl schon alles untersucht hätten, bräuchte er das ja nicht mehr zu machen, wir würden dann jetzt sofort ein Zäpfchen legen, damit die Geburt eingeleitet werden kann. Wie bitte??? Nein, nicht mit uns! Wir wollten doch noch mal sicher gehen, ob die Diagnose auch wirklich stimmt, ob wir wirklich das richtige machen, noch einmal den kleinen Murkel im Ultraschall lebend sehen, verabschieden. Nun denn ok, und? können Sie eine Veränderung erkennen, fragt uns der Arzt!!! Nicht etwa: ja, das sieht nicht gut aus oder so was - nein, UNSERE EIGENE Diagnose wurde hier gefragt. So viel zur ärztlichen Beurteilung der Situation. Und dann die Krönung, die mein Tränenfass zum überlaufen brachte. Auf meine Frage, wie das denn jetzt alles so abläuft, weil ich noch nie eine Geburt (unser Sohn kam als Kaiserschnitt) geschweige denn eine eingeleitete Totgeburt mit gemacht habe, kam die lapidare Antwort: Es läuft so ab, wie ich das will! Tja, da bin ich wohl explodiert! Ich WOLLTE das überhaupt NICHT!!!!! Und ich bin hier wohl im falschen Krankenhaus und wir können auch sofort wieder gehen, ich gehe lieber nach Bonn und ich will einfach nicht mehr! Ab da waren plötzlich alle das Mitgefühl in Person. Um 17.30 Uhr setzte eine Ärztin das erste Zäpfchen ein, eine Hebamme kam zu uns, um uns zu beraten, wie die Geburt abläuft, ob wir den Kleinen sehen wollen, ob wir Fotos haben wollen, es werde eine Mappe angefertigt, in der alle wichtigen Daten, die Fotos und auch Fuss- und Handabdruck reingelegt werden, sie sagte uns, welche Möglichkeiten wir hätten im Bezug auf Beisetzung des Kleinen und nahm sich endlich mal viel Zeit mit uns zu reden. In der Zwischenzeit strampelte mein Kleiner wie verrückt in meinem Bauch rum und ich hab nur noch geheult, aber jetzt gab es kein Zurück mehr. Um 01.00 Uhr nachts gingen die Wehen los, eine PDA wurde gelegt, ich musste mich dabei übergeben, mein Kreislauf war im Keller. Ein weiteres Zäpfchen wurde noch mal gelegt, da der Muttermund noch nicht weit genug auf war und dann wir haben sogar etwas geschlafen. Um ca. 8.00 Uhr morgens dann noch ein Zäpfchen und noch mal die PDA nachgespritzt. Um 10.00 Uhr noch mal PDA gespritzt und wieder übergeben und dann hatte ich das Gefühl ich müsste heftig auf die Toilette. Aber das war dann wohl unser kleiner Krümmel, der dann um ca. 10.30 Uhr mit dem Popo zuerst auf die Welt kam. Die Schmerzen waren sofort schlagartig weg. Ich hatte so Angst ihn zu sehen, aber dann war es doch in dieser schrecklichen Zeit der schönste Moment, den Kleinen so friedlich in meinem Arm zu haben. Er hatte die Augen zu und es ist ein Wunder, dass selbst die klitzekleinen Fussnägel schon zu erkennen waren. So eine kleine süße Maus. 22 cm groß und 290 Gramm schwer. Mich erschrack nur, dass seine Haut noch so durchsichtig war. Jede Ader konnte man erkennen. Er war dunkelrot und es gab noch keine Käseschmiere.
Wir hatten dann sehr viel Zeit mit ihm allein, wir haben viel geweint. Dann noch eine Vollnarkose zur Ausschabung der letzten Reste, noch etwas Zeit mit unserem Kleinen und dann hiess es Abschied nehmen. Jetzt, 2 Tage später ist es viel schlimmer, als an diesem Tag. Da stand ich wohl ziemlich unter Medikamenteneinfluss. Aber die Fotos finde ich jetzt schon sehr wichtig, denn so kann ich immer wieder sehen, es gab ihn wirklich, unseren kleinen Remus. Wir haben mit ihm ausgemacht, dass er schon bald wieder kommt, aber diesmal ganz gesund! Wir werden alles machen, damit wir ihm den besten Start geben können, wenn er sich das nächste Mal ankündigt. Ich vermisse ihn sehr. Hoffentlich kommt er bald wieder.
Bisherige Antworten

Re: Abbruch in der 19 SSW - langer Erfahrungsbericht

Hallo Prizzi,
bin nicht mehr oft hier, deshalb habe ich Dein Posting erst heute morgen gelesen. Ich hatte einen Abbruch im Dezember in der 14. Woche. Unser Sohn hatte einen Chromosomenfehler, was bei einer Chorionzottenbiobsi herausgefunden wurde. Ich habe ihn auch geboren. Ich musste 52 Stunden im Krankenhaus warten bis die Wehen einsetzten. Es hätte eigentlich nach 36 Stunden passieren sollen. Es war Wochenende und sie haben mich einfach nur so liegen gelassen oder sie haben so getan als sei alles ganz normal: "das Kind kommt heute noch." Welches Kind! Ein toter Embryo! Ich habe nie an der Entscheidung gezweifelt, ich habe auch keine Schuldgefühle gehabt. Aber ich habe unendlich darunter gelitten, dass unser (zweites) Kind nicht gesund sein durfte. Bis zum Geburtstermin war eine sehr sehr schlimme Zeit. Schwangere und Nachrichten von Schwangerschaften konnte ich nicht sehen bzw. hören. Und viele sagten mir, naja, dann verucht ihr es eben nochmal. Du wirst sehen, dass Du nächstes Jahr ein anderes Baby hast. Das scheint die normale Reaktion der Umwelt zu sein. Heute geht es mir wieder ganz gut. Ich bin versöhnt mit dem Schicksal. Ich bin froh, dass ich die Entscheidung treffen konnte. Wir haben ihn beerdigt und ich habe einen Platz, wo ich ihn besuchen kann. ich habe allerdings wenig Frauen mit gleichem Schicksal in den Foren getroffen. Das hat mir gefehlt. Deshalb wollte ich Dir schreiben. Ich wünsche Dir alles Gute.
Gruß
Manu
Ich w

Re: Abbruch in der 19 SSW - langer Erfahrungsbericht

Hey...
ich möchte Dir nur sagen daß die Entscheidung mit Aachen nicht unbedingt schlechter war als nach Bonn zu gehen:
Mußte mein Baby in der 20ssw dort einleiten lassen und wurde die Ganze Zeit permanent allein gelassen die Geburt dauerte von Mitternacht bis 9.30!!) in einem großen kalten Zimmer. Die Hebamme kam nur stündlich mal rein um den Mumu zu überprüfen. Schmerzmittel habe ich ebenfalls kaum bekommen, psychologische Hilfe auch nicht.
Zur Entlassung am nächsten Tag bekam ich ein Foto meines Sohnes: nackt auf einem grünen Tuch...total lieblos.
Leider stand ich damals zu sehr neben mir um vor Ort zu kritisieren...
Mona
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