Schwangerschaft+Psychopharmaka
heute habe ich auf Ihrer Internet-Seite gelesen. Ich möchte mich an Sie mit der Bitte um Rat wenden, das Thema "Schwangerschaft und Psychiatrie" bewegt und beschäftigt mich sehr.
Mein Partner und ich (im Sommer `08 sind wir vier Jahre zusammen und haben vor, zu heiraten) wünschen uns sehr ein Kind in den nächsten 2-3 Jahren. Unser Kinderwunsch ist sehr stark, und ich möchte alles was mir möglich ist dafür tun, damit dieser Wunsch nach einem gesunden Kind, unter Beibehaltung meiner Gesundheit, in Erfüllung geht.
In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen meine Situation schildern: Ich bin 33 Jahre alt, mein Partner wird dieses Jahr 35. Wir führen eine sehr gute, stabile und harmonische Beziehung; auch sind wir finanziell abgesichert. Das Verhältnis zu unseren Familien ist freundlich, sie wohnen alle in der gleichen Stadt wie wir, und für den Fall, dass wir Unterstützung bräuchten, wäre sicher jemand da. Mein Freund (und seine Eltern mittlerweile auch) ist inzwischen gut informiert über die psychische Erkrankung, an der ich vor einigen Jahren litt, und bringt viel Verständnis hierfür auf:
Nach dem Abitur 1994 brach bei mir zum ersten Mal eine paranoid-halluzinatorische Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis aus, die eine mehrere Monate andauernde stationäre Behandlung in der Psychiatrie erforderlich machte. Hauptsächlich wurde ich in dieser Zeit, wie auch später noch, mit Haloperidol behandelt (wegen der Nebenwirkungen gab man mir, so weit ich mich erinnern kann, Akineton). Neben einer erhöhten Vulnerabilität für solch eine psychische Krankheit (die Anlage hierfür wurde mir aus der Familie meines Vaters, wo ebenfalls psychische Krankheiten wie Depressionen mit psychotischen Tendenzen vorkamen, vermutlich vererbt) kamen damals mehrere Ereignisse in meinem Leben zusammen (Erleben eines schweren Unfalls mit Todesfolge im Alter von ca. 15 Jahren, Auslandsaufenthalt mit 17-18 Jahren in der fremden Kultur U.S.A., Abitur, Auszug aus dem Elternhaus, Studienbeginn, Ende der ersten festen Beziehung...), die dazu beitrugen, dass ich krank wurde. Diese erste Psychose war sehr heftig. Da die Ärzte jedoch nach dieser ersten Krankheitsphase angenommen hatten, es handelte sich um eine einmalige, nicht wiederkehrende Phase, hatten sie mich ohne eine medikamentöse Rückfallschutzbehandlung aus der Klinik entlassen und ich führte mein Studium, allerdings mehr schlecht als recht, für eine gewisse Zeit weiter. Bis ich ca. 1 Jahr später erneut an einer Psychose erkrankte, die jedoch im Vergleich zu der ersten lange nicht so extrem verlief (z. B. war ich während dieser zweiten Krankheitsphase nicht auf der geschlossenen Abteilung des ZPR über Wochen hinweg untergebracht). Nachdem ich, nach diesen Monaten der Krankheit dann, wieder einigermaßen genesen und erneut ohne medikamentösen Rückfallschutz, aus dem ZPR entlassen werden konnte, entschloss ich mich dazu, mein Studium abzubrechen und eine Berufsausbildung zu beginnen. Im Sommer 1997 dann, 1 Woche nach Beginn der Ausbildung, erkrankte ich aber ein drittes Mal so heftig, dass eine erneute, mehrmonatige stationäre, Behandlung im ZPR erforderlich war. Um Ihnen zu verdeutlichen, wie schwer diese dritte Psychose (ebenfalls paranoid-halluzinatorische Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis) war, sei erwähnt, dass damals eine an sich offene Station wegen mir für zwei Wochen komplett geschlossen wurde... Auch hier wurde ich, so weit ich mich erinnern kann, hauptsächlich mit Haloperidol behandelt. Dieses Medikament zeigte, auch wie bei den beiden ersten Psychosen, nach vielen Wochen eine gute Wirkung und ich wurde in eine Rehabehandlung im Allgäu (RPK in Kempten) entlassen. In dieser Rehaklinik war ich dann von 1998-2000, genau zwei Jahre. An Medikamenten nahm ich dort u. a. Zyprexa und Risperdal, alles lediglich in sehr geringen Dosierungen erforderlich, ein. Es wurde dann später wieder auf die Einnahme von Haldol gewechselt, da ich z. B. unter Zyprexa unter einer großen Gewichtszunahme litt...
In der Rehaklinik konnte ich mich soweit erholen und stabilisieren, dass ich vom Sommer 2000 bis Winter 2003 meine Berufsausbildung machen konnte. Ich benötigte damals noch insoweit die Unterstützung meiner Familie, als dass ich bei meinen Eltern gewohnt habe. Die Ausbildung jedoch habe ich mit großem Erfolg absolviert (unter normalen Bedingungen) und arbeite seit 2003 in einem festen, unbefristeten Angestelltenverhältnis. Auch wohne ich seit zwei Jahren mit meinem Partner in einer Wohnung und führe meinen Haushalt und erledige meine Angelegenheiten selbstständig. Während der Ausbildungszeit nahm ich noch eine geringe Dosis Haloperidol ein. Aufgrund der Vermutung, bei mir könnten sich beginnende Spätdyskinesien im Mundbereich abzeichnen, riet mir meine Psychiaterin dann dazu, dieses Medikament auszuschleichen. Seit etwa 3-4 Jahren nun bin ich auf eine tägliche Dosis von Solian, Wirkstoff Amisulprid, von 100 mg eingestellt. Weitere Psychopharmaka brauche ich nicht einzunehmen.
Wegen unseres starken Kinderwunsches habe ich bereits einige Male Kontakt mit meiner Gynäkologin gehabt sowie Gespräche mit meiner Nervenärztin geführt. Zudem waren mein Freund und ich bei einem Gespräch mit einem Psychiater der Psychiatrie, welcher mich während meiner akuten Krankheitsphasen von `97-`98 auf der Station behandelt hat. Auch haben meine Frauenärztin und meine Nervenärztin bereits wegen mir telefoniert. Während meine Frauenärztin das Ganze eher zuversichtlicher einschätzt, gibt sich meine behandelnde Nervenärztin sehr zurückhaltend. Tatsächlich riet sie mir vor einigen Monaten sogar noch dazu, den Wunsch nach einem Kind außer acht zu lassen. Sie meinte, ich solle aufgrund meiner Situation mir überlegen, ob ich nicht darauf verzichten möchte, ein Kind zu bekommen. Mittlerweile, so habe ich den Eindruck, hat sie registriert, wie viel mir daran liegt, später ein Kind zu haben und sie nimmt meine Entscheidung darauf hin zu arbeiten, an: Ich möchte über die kommenden zwei Jahre hinweg versuchen, das Medikament Solian (ich nehme nur dieses eine Medikament ein) Stück für Stück zu reduzieren. Es liegt doch nicht im Bereich des Unmöglichen, dass ich, nachdem nun 10-15 Jahre seit meiner akuten Erkrankung vergangen sind, und ich seit 10 Jahren ganz stabil bin, und immer noch stabiler werde, ohne Medikament gesund bleibe.? Für den Fall, dass ich unter der Reduzierung des Solians psychisch instabil werden würde (eventuelle "Frühwarnzeichen" sind mir und meiner Umgebung bewusst) , so haben meine Frauenärztin und ich besprochen, wäre es wohl am Besten mit Haloperidol einzuschreiten.? Damit ich dann, gegebenenfalls unter der Einstellung des Haldols (auch hier hat mir ja immer eine sehr geringe Dosis, entprechend der 100 mg des Solians, ausgereicht), schwanger werden und ein Kind bekommen könnte.?
Mein Freund und ich haben uns schon viele Gedanken zu dem Thema gemacht. Wir können uns einfach nicht vorstellen, auf ein Kind zu verzichten. Ich bin (inzwischen, nachdem die Krankheit nun schon ein Jahrzehnt und länger her ist) eine ganz normale junge Frau. Hin und wieder benötige ich vielleicht ein wenig längere Ruhepausen als jemand, dem eine solche Erkrankung nicht widerfahren ist. Ansonsten führe ich ein normales, geregeltes Leben und möchte genau wie die meisten anderen Menschen auch, eine Familie gründen. Ich würde es mir auch zutrauen, ein Kind groß zu ziehen, zumal wir auf Unterstützung zurück greifen könnten. Gedanken und Sorgen machen mir aber die Schwangerschaft (mit oder ohne Medikamente?), die Geburt und die Zeit danach (postnatale Psychose?) und die Frage, ob mein Risiko, ein krankes oder behindertes Kind zu bekommen erhöht ist.? Zudem möchte ich noch erwähnen, dass wir nicht rauchen, keine Drogen nehmen, kein Alkohol trinken und etwas Sport treiben und uns gesund ernähren...
Ich würde mich freuen, wenn Sie mir Ihre Meinung zu meiner Situation, meinen Wünschen und Ängsten auf dem Hintergrund Ihres Fach- und Expertenwissens mitteilen würden. Außerdem möchte ich mich für Ihre Geduld, meine lange und ausführliche E-mail zu lesen, bedanken.
Mit freundlichen Grüßen,
xxx
Re: Schwangerschaft+Psychopharmaka
Während der Schwangerschaft, insbesondere jedoch während des ersten Trimesters, sollten keine Phenothiazine (z.B. Atosil) gegeben werden.
Falls eine med. Therapie notwendig wird kann z.B. Haloperidol eingesetzt werden. Allerdings muss das Kind dann nach der Geburt auf Entzugssymptome beobachtet werden.
Als günstig ist anzusehen, dass sie nicht Nikotin usw. meiden.
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