@viola,dfdravnugwqze
ich haette da mal eine Frage an die Immunologin :)
Ich habe gestern von meiner Freundin (und Kollegin) erfahren, dass ihr Ehemann (als Anaesthesist) die Intubation bei der in der Presse stehenden mit Tollwut infizierten Organspenderin vorgenommen hat und wohl auch an weiteren Massnahmen der Reanimation beteiligt war. (Das war wohl Ende letzten Jahres).
Nachdem in den letzten Tagen die Diagnose bestaetigt wurde, wurde er wie alle Mitarbeiter des betreffenden Krankenhauses postexpositionell geimpft.
Was bisher noch NICHT geschehen ist, ist die Impfung bei der Familie (also seiner Frau, des 6jaehrigen und 2,5jaehrigen Sohnes), da sich bisher noch keiner dazu geaeussert hat, ob dies noetig oder sinnvoll ist....
Eigentlich wollten sie morgen mit den Kindern zu Besuch kommen, aber aus Unsicherheit der Lage haben wir das nun erstmal verschoben (das gegenseitige Abschlabbern der Kinder laesst sich ja schlecht kontrollieren ,)
Wie sieht das denn aus ?
- Rein theoretisch - sollte der Ehemann in Kontakt mit Speichel oder aehnlichem der Patientin gekommen sein - waere die Wahrscheinlichkeit ja recht hoch, dass er das durch Kuessen / Sexualkontakt mit seiner Frau und Kuessen der Kinder uebertraegt ?
Gemaess dem aktuellen Bulletin vom RKI waere hier ja eine Indikation gegeben. Richtig SICHER kann das in der Notfallsituation der Reanimation ja keiner ausschliessen, dass Kontakt mit Speichel etc. bestand ?!
- ab wann NACH erfolgter postexpositioneller Prophylaxe der moeglicherweise infizierten Personen besteht keine Gefahr mehr fuer andere, nicht-geimpfte ?
Ich habe heute mal in dem Institut in Essen angerufen und man sagte man wuerde sich bei mir melden, aber bisher ist noch kein Rueckruf erfolgt (die haben sicherlich genug zu tun).
Wuerde mich ueber eine Antwort von Dir freuen :))
LG, Karen
verunsichert
Re: @viola,dfdravnugwqze
das sind ja probleme, die die welt nicht braucht! puh! wünsch dir und deinen kollegen, dass alles ok ist. daran hatte ich bei den nachrichten gar nicht gedacht, dass es ein weiteres übertragungsrisiko in den betroffenen familien und KHs geben könnte :-((
daumen sind gedrückt. hast du viola auch übers profil angeschrieben? und gib zu: du wußtst ihren nicknamen nicht auswendig ;-)))
LG gonschi
Re: @viola,dfdravnugwqze
Werde sie darueber jetzt auch mal anmailen.
Es ist halt die Frage, die weit man das Ganze spannt. Eine Uebertragung von Mensch zu Mensch (ausser bei Transplantationen) ist ja eher gering; aber das Problem kann man halt nicht aussitzen. Hopp oder Topp - denn die Tollwut - WENN man sie hat - ist halt zu 100% toedlich (bis auf einen Ausnahmefall).
Auf der anderen Seite ist die Impfung halt auch nicht ohne. Und teuer.
LG, Karen
Re: @viola,dfdravnugwqze
wünsche den betroffenen familien und KH-mitarbeitern, dass es nicht noch weitere kreise zieht, es ist ja ohnehin so schrecklich. denkt man: jetzt hat man es geschafft und nach womöglich jahrelangem warten das organ gefunden, und dann ist es erst recht tödlich :-(
GLG gonschi
Re: @viola,dfdravnugwqze
das stimmt, das ist tragisch.
Aber nicht auszudenken, wieviele es noch haette treffen koennen: waere einer Organspende nach Hirntod der Patientin nicht zugestimmt worden, waere sie gestorben - ohne dass man von der Tollwutinfektion erfahren haette (denn DARAN ist sie ja nicht gestorben gemaess Presseinformation).
Ich nehme mal an, dass nun neben dem behandelnden KH-Personal auch z.B. Freunde/Sexualkontakte etc. geimpft worden sind (in der Annahme, die Inkubationszeit ist schon soweit fortgeschritten, dass die Viren im Speichel sind).
Bei uns sind viele fuer die Afghanistaneinsaetze (bzw. Afrika und Suedostasien) gegen Tollwut geimpft worden und es gab bei einigen Reaktionen; 2 Personen sind kollabiert und bei einem trat eine Arthritis (gelenkentzuendung) und Herzrhythmusstoerungen auf, was auf die Impfung zurueckgefuehrt wird.
Es war die einzige Impfung die bisher bei uns Reaktionen hervorgerufen hat und die Auslnadskontingente werden ja gegen fast alles, was man so impfen kann geimpft ;) (neben den "klassischen" Impfungen halt auch Gelbfieber, japanische meningoenzephalitis und Meningokokken).
LG, Karen
Re: @viola,dfdravnugwqze
LG gonschi
Re: @viola,dfdravnugwqze
die Tollwut hat eine wochen- bis eventuell monatelange Inkubationszeit, so kann man also noch laengere Zeit nach Exposition impfen. Bei einem Biss eines tollwutverdeachtigen Tires z.B. (also einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit einer Uebertragung) wuerde man die Wunde auswaschen und eine passive Immunisierung durchfuehren. Laut meinem Mikrobiologiebuch gibt man die Haelfte der Dosis um die Wunde herum und die andere Haelfte intramuskulaer. Gleichzeitig wird eine aktive Impfung (Totimpfstoff) mit insgesamt 6 Dosen (!) begonnen (an Tag 0,3,7,14,30 und 60). (Auf der Intenetseite des Robert-Koch-Instituts gibt es die aktuellen Empfehlungen, falls mein Buch mittlerweile ueberholt sein sollte ;)
Eine Impfdosis kostet mal schlappe ca. 50 Euro ...
Dummerweise ist der Virennachweis wohl nicht ganz unproblematisch beim Lebenden; ebenso die anderen Untersuchungsmethoden - wobei ein negatives Resultat eben auch nicht ganz sicher ist und eine Infektion nicht ausschliesst :-/
Bei Tetanus erhaelt in den Krankenhaeusern jeder, der mit einer Verletzung reinkommt, eine Tetanus Simultanprophylaxe (also aktive UND passive Impfung
LG, Karen
Re: @viola,dfdravnugwqze
LG gonschi
Oh je :-(
ich habe gerade deine Mail bekommen. Das Posting hatte ich bislang leider noch nicht gesehen. Ich befürchte allerdings, dass alles was ich dir sagen kann, du selbst auch schon in deinen Mikrobio-Büchern und auf den RKI-Seiten gefunden hast. :-(
Dieser aktuelle Tollwutfall zeigt mal wieder deutlich die Grenzen unseres Wissens auf. Es gibt (zum großen Glück!) viel zu wenig Erfahrungen mit menschlichen Tollwuterkrankungen, als dass jemand deine Fragen mit Gewissheit beantworten könnte. Am ehesten können natürlich die Essener weiterhelfen. Von daher hoffe ich, dass sie sich doch noch melden werden (das sie sich noch nicht gemeldet haben, zeigt allerdings eher, dass sie ebenfalls Schwierigkeiten bei der Beantwortung der Fragen haben).
Insbesondere deine zweite Frage (wie lange ein potentiell Infizierter nach postexpositioneller Prophylaxe eine Gefahr darstellt) ist kaum beantwortbar. Bislang sind Übertragungen von Mensch zu Mensch nur nach Transplantation bekannt geworden. Es ist noch niemand durch einen anderen Menschen, der postexpositionell geimpft wurde, infiziert worden. Sowohl Erreger als auch Antikörper sind beim lebenden Patienten kaum nachweisbar. Wie soll man da die Dauer der potentiellen Infektiösität ermitteln können?
Auch auf deine erste Frage habe ich keine zufriedenstellende Antwort. Ich kann dir nur schreiben, wie meine ganz persönliche Risikoeinschätzung aussieht (und dies geschieht dann leider nur auf Grundlage der übermittelten Informationen, d.h. ohne Kenntnis der genauen Laborbefunde etc.). Ich denke, dass es eher unwahrscheinlich ist, dass sich der Anaesthesist infiziert hat und noch unwahrscheinlicher, dass er die Viren weitergibt. Diese Einschätzung beruht auf folgenden Überlegungen:
- Die verstorbene Patientin zeigte scheinbar keine Tollwut-Symptome. Die Virenkonzentration im Speichel etc. dürfte daher verhältnismäßig gering sein.
- Der Anaesthesist müsste nicht nur mit dem Patientenmaterial in Kontakt gekommen sein (vielleicht trug er sogar Handschuhe?), sondern auch gleichzeitig eine Hautverletzung gehabt haben (die menschliche Haut stellt eine oft unterschätzte äußere Schutzbarriere dar).
- Wie bereits geschrieben: Es ist bislang keine Übertragung von Mensch zu Mensch (außer durch Transplantation) bekannt geworden. Dabei gab es sicher schon intensive Kontakte von akut Erkrankten mit anderen Menschen.
- Der Anaesthesist selbst ist nicht erkrankt und er besitzt aufgrund der Impfung (v.a. der passiven) mittlerweile einen gewissen Antikörperspiegel. Damit wird es sehr unwahrscheinlich, dass er noch freie Viren übertragen kann.
Wie du ja weisst, ist die Impfung nicht gerade Nebenwirkungsfrei. Geht man gedanklich davon aus, dass Frau und Kinder infiziert wurde, so müsste man die postexpositionelle Tollwutimpfung (also sowohl aktiv als auch passiv) durchführen. Hier treten noch mehr Nebenwirkungen als bei der präexpositionellen Tollwutimpfung auf. Geht man davon aus, dass die Angehörigen bislang noch nicht infiziert wurden, so wird man vermutlich annehmen können, dass der Anaesthesist nun nicht mehr potentiell infektiös ist (und man wird vielleicht eher sicherheitshalber noch ein paar (???) Tage nicht zu enge Kontakte empfehlen).
Ich nehme an, ich konnte dir mit meinen Überlegungen nicht wirklich weiterhelfen. Falls du aus Essen eine Antwort bekommst, wäre es sehr nett, wenn du mir davon berichtest. Vielleicht kannst du Dr. Ross oder Dr. Roggendorf ja auch anmailen? Per Mail geht die Beantwortung von Fragen oft schneller, als wenn erst noch die Sekretärin die Telefonnummer raussuchen muss etc. ;-).
LG, Viola, leider auch nicht mehr wissend
Re: Oh je :-(
vielen lieben Dank :)
Das grosse Problem liegt halt in dem "haette", "koennte", "sehr unwahrscheinlich" usw.
Ich / wir halten es ja auch fuer sehr, sehr unwahrscheinlich bis unmoeglich, dass eine Infizierung stattgefunden hat.
Keiner kann natuerlich sagen, ob die Frau infektioes war. Und wann - waere sie nicht an den Folgen der Reanimation gestorben - waere die Tollwut ausgebrochen. Zumindest in den Organen war das Virus, war es da auch im Speichel ? Befand sie sich in den "klassischen" 7 (oder so) Tagen kurz vor Ausbruch der Erkrankung, wo Viren im Speichel vorhanden sind ?
Fragen ueber Fragen. So unwahrscheinlich eine Uebertragung auch war, so wahrscheinlich (naemlich 100%) ist die Toedlichkeit, wenn einmal ausgebrochen. Das macht einen irgendwie ein bisschen "hilflos" ...
Was mich an dem Umgang der Betriebsmediziner stoert, ist m.E. die Inkonsequenz: man impft das beteiligte KH-personal - da man da von einer Gefaehrdung ausgeht. Ist es da nicht konsequent, die nahen Angehoerigen mitzuimpfen ? Schliesslich kann keiner sagen, wer sich an welchem Zeitpunkt der Inkubation befindet....
*seufz*
Schwierig.
Bei den wenigen Faellen in den letzten Jahren (z.B. dem Mann , der in Sri Lanka von einem hund gebissen wurde), wuerde mich auch interessieren, ob es nach Diagnosestellung zu Impfungen der naeheren Umgebung (z.B. Ehepartner / sexualpartner) gekommen ist.
Ich habe meine Freundin auch nochmal von dem Essener Institut erzaehlt, bzw. sie wusste schon davon. Ich denke, es waere wohl besser, wenn sie sich persoenlich - da betroffen - an die Experten wendet. Ich hoffe, sie tut es auch.
Ich halte Dich auf dem Laufenden, wenn ich was Neues weiss :)
Nochmal vielen Dank!
LG, Karen
Re: Oh je :-(
ich würde es vielleicht nicht Inkonsequenz sondern eher Hilflosigkeit nennen.
Nach meinem Kenntnisstand wurden etwa 80 Kontaktpersonen im vorliegenden Fall geimpft. Wenn jeder davon nur 5 Angehörige mit näherem Kontakt hat, müssten nochmal 400 Menschen (mit allen Risiken) geimpft werden. Um ganz konsequent zu sein, müsste man nicht von den 400 Menschen auch wieder die engsten Kontaktpersonen mitimpfen (also z.B. den Freund der Tochter eines Krankenpflegers)? Wo kann man mit ruhigem Gewissen und 100%iger Gewissheit die Grenze ziehen? Kann man diese Grenze nicht vielleicht doch schon bei den Kontaktpersonen ziehen?
Fragen über Fragen und viel Ratlosigkeit...
LG, Viola
Re: Oh je :-(
Was vergessen;)
aus welchem Grund hat die postexpositionelle Impfung mehr Nebenwirkungen ? Liegt das an der gleichzeitigen passiven Prophylaxe oder an den haeufigen Impfungen ?
Kennst Du die nebenwirkungen / Erfahrungen ?
Ich kenne nur einige Berichte von Kollegen ueber Nebenwirkungen (Kollaps, Arthritis, Herzrythmusstoerungen) im Rahmen der PRAEexpositionellen Impfung.
LG, Karen
Re: Oh je :-(
ich arbeite die Postings jetzt nacheinander ab. ;-)
Es liegt tatsächlich an der gleichzeitigen passiven Immunisierung. Dabei werden halt ziemlich viele körperfremde Eiweiße zugeführt. Die Gefahr eines anaphylaktischen Schocks ist dadurch erhöht.
Auf zum nächsten Posting... ;-)
Impfung und Immunsuppression
Eine kleine Folgefrage (bin ummunologisch *zubeg* etwas schwach auf der brust ;):
Einer der Organempfaenger ist ja gestern gestorben, bei einigen ist die Erkrankung ausgebrochen und befinden sich im wohl infausten Zustand.
Bei einigen anderen zeigen sich keine Symptome. Ich gehe mal davon aus, dass diese postexpositionell geimpft worden sind.
Wie vertreagt sich nun so eine Impfung mit der bei einer Organtransplantation erforderlichen Immunsuppression ?
Die meisten bekommen ja hochdosiert Kortikoide oder/und z.B. Cyclosprin A zur Verhinderung der Transplantatabstossung.
"Baut" man unter so einer Therapie ueberhaupt Antikoerper auf ?
LG, Karen
Re: Impfung und Immunsuppression
Immunsuppression und Impfung vertragen sich in der Tat nicht besonders gut. Normalerweise werden Transplantierte in den ersten 12 Monaten nicht geimpft. Danach trotz fortbestehender Immunsuppression schon, aber nur mit Totimpfstoffen. Auch unter Immunsuppression bildet der Körper nach der Impfung Antikörper. Aber je nachdem wie die Immunsuppression aussieht nur sehr, sehr wenig.
Im aktuellen Fall sind bislang 3 Transplantierte nicht erkrankt. Ein Mann, der eine Leber erhielt, zeigt bislang keine Tollwutsymptome. Er wird derzeit wohl geimpft und bekommt antivirale Medikamente, die eine Virenvermehrung verhindern. In der Presse wurde darüber spekuliert, ob dieser Mann evtl. Glück gehabt hat, da er schon früher mit dem Tollwuterreger in Kontakt gekommen ist (sein Antikörpertiter soll Hinweise darauf geben). Die beiden anderen symptomfreien Patienten hatten Hornhäute erhalten. Diese wurden nach Bekanntwerden des Tollwutverdachts entfernt. Hornhäute stellen als Transplantate ein wenig etwas anderes dar als die anderen Organe. Je nachdem wie die Hornhäute aufbereitet wurden, ist die Infektionsgefahr deutlich niedriger als bei anderen Organen. Vielleicht werden diese Patienten deshalb von der Erkrankung verschont bleiben?
Was mich bei der ganzen Tragödie am meisten wundert ist, dass es anscheinend bei der Organspende weniger strenge Regelungen gibt als bei der ganz normalen Blutspende. Jeder Blutspender ist nach einer Indienreise für 6 Monate gesperrt. Warum hat man diese Regelungen nicht für Organspender?
LG, Viola (die nebenher gerade noch den Immunologie-Unterricht für morgen vorbereitet, Thema Phagozytose ;-))
Re: Impfung und Immunsuppression
Danke fuer die Beantwortung meiner Fragen :))
- ich denke, die "weniger strengen" Regeln bei der Organgspende liegen vor allem daran, dass es ja meist um Stundenentscheidungen geht. Und aufgrund der Knappheit von Spendern und geeigneter Organe muss man halt ein gewisses Risiko eingehen. Trotzs Tests kann ja eigentlich auch keine 100%ige Garantie gegeben werden, dass sich der Spender nicht gerade in der "Inkubationszeit" anderer viraler Erkrankungen wie HIV oder Hepatitis B / C befindet (oder?)
Moeglicherweise fand die Indienreise gar keine Erwaehnung bei der Frage der Organspende. Erst im Nachhinein als die Tollwutinfektion bekannt wurde, wurde moeglicherweise genauer nach der Reiseanamnese gefandet. Ich denke mir aber dass es auch in Zukunft zumindest bei der Organspende im Gegensatz zur Blutspende keine Kontraindikation sein wird - dieses Risiko wird man wohl weiterhin eingehen (in Anbetracht der Tatsache, dass angeblich 3 Menschen von der Organwarteliste taeglich versterben).
Ich habe gestern nochmal mit meiner Freundin telefoniert; nach deren Angabe werden die Angehoerigen nicht geimpft. Der Betriebsarzt steht wohl in Kontakt mit Essen und es sei wohl nicht indiziert.
Ein Stueck Beruhigung ;)
Nochmal vielen Dank viel Spass bei Deinem Unterricht :)
LG, Karen
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