Hallo Ihr,
heute morgen ist mir was passiert, das muss ich erstmal loswerden:
Mein Mann ist seit fast 4 Monaten auf Arbeitssuche und hat sich bundesweit beworben, obwohl wir nicht wirklich aus unserem "Dorf" im Ruhrgebiet wegziehen möchten. Heute hat er um 16 Uhr einen Termin in Baden-Baden, und erst wollten Nils und ich mit, aber für 1 Tag ist das viel zu stressig und eine Übernachtung im Hotel muss auch nicht sein.
Heute morgen ist mein Mann also von seiner Mutter zum Zug in der Nachbarstadt gebracht worden, und ich wollte mir mit Nils einen schönen Tag machen. Wir stehen gerade am Wickeltisch, der Body ist gerade an, die Windel noch nicht, da klingelt das Telefon, und ich habe meinen total panischen Schatz am Apparat:
Er hatte eine Strickjacke über's Oberhemd gezogen, weil ihm so kalt war und er das Jacket nicht knuddeln wollte, und als er aus dem Auto ausstieg, fiel ihm auf, dass die Anzugjacke noch am Schlafzimmerschrank hängt.
In 15 Min. kam sein Zug, und die braucht man schon allein zum Fahren, ich noch im Schlafanzug und wie gesagt mit halbnacktem Baby auf dem Wickeltisch.
Mein Mann meinte, ich müsse SOFORT kommen, also im Schlafanzug, und das Baby zu Hause lassen, weil wie gesagt der Zug in wenigen Minuten kam. Ich habe versucht zu protestieren, nicht wegen des Schlafanzugs und den ungeputzten Zähnen, sondern wegen des kleinen Mannes. Den wollte ich doch absolut nicht allein lassen!
Aber es half ja nichts, ich musste, sonst wäre der Zug weggewesen und habe ihn schnell in seinen Daunensack vom KiWa gepackt und in den Laufstall gelegt, so ganz ohne Windel, nur mit einem Mulltuch um die Beinchen, damit es nicht so naß ist, wenn er pullert. Dann ab in Stiefel und Jacke, Schlüssel geschnappt und los. Der Kleine hat schon ganz verzweifelt geguckt und war kurz vor'm Heulen, und ich saß dann die ganze Fahrt über im Auto und habe geheult, weil ich ihn alleine lassen musste.
Mir war klar, dass er weint, und keiner da ist, der ihn tröstet. Meine Schwiegermutter war ja nicht da, ihr Mann ist arbeiten, und meine Eltern ebenfalls.
Einfach so ins Auto packen wollte ich ihn auch nicht, unangeschnallt und so unangezogen, weil ich Angst hatte, dass er sich eine Lungenentzündung holt - er hat gerade fast 4 Wochen Schnupfen hinter sich - oder was passiert.
Ich hatte so gehofft, dass meine Schwiegermutter so schlau ist, und gleich vom Bahnhof zurückfährt und sich um den Kleinen kümmert, damit er sozusagen nur die halbe Zeit alleine ist, nicht bis ich zurück bin.
Vor jeder Ampel habe ich gestanden und gefleht, dass es endlich grün wird, aber eher, um schnell wieder zu Haus zu sein als wegen der Jacke, die pünktlich am Bahnhof sein musste.
Ich habe es gerade noch geschafft, meinem Mann die Jacke zu geben, 2 Min. bevor der Zug abfuhr. Meine Schwiegermutter stand da und hat noch gelacht, als ich mit vollem Karacho auf den Bahnhofsvorplatz geprescht bin, bis sie sah, dass ich total aufgelöst war.
Ich bin wie ein Henker nach Hause gefahren, immernoch heulend und am ganzen Körper zitternd. Ich weiß gar nicht, wie ich gefahren bin, wie in Trance. Fast ein Wunder, dass nichts passiert ist.
Zu Hause lag mein kleiner, armer Schatz da, war vermutlich vor Erschöpfung eingeschlafen, war ganz naßgeweint und hatte ganz rote Augen. Normalerweise lasse ich ihn nie schreien, sondern bin immer sofort für ihn da, zumindest gucke ich ihn an und rede beruhigend auf ihn ein, um anzutesten, ob es nur ein kleines Knöttern ist oder ich ihn hochnehmen und trösten muss.
Als ich kam, schlug er die Äuglein auf und war total verstört. Sonst juchzt er immer auf dem Wickeltisch sein Mobile an und strampelt, nun lag er nur da und guckte erschrocken, als ich ihn endlich trockengelegt und angezogen habe. Geföhnt habe ich ihn auch, weil er dank Daunensack, der viel zu warm war, so geschwitzt hat. Ich hab ihn stundenlang geknuddelt und rumgetragen, und er ist auf meinem Arm eingeschlafen und pennt bis jetzt, obwohl er sonst immer morgens wach ist und wir stundenlang spielen und singen.
So langsam beruhige ich mich wieder, aber ich war total fertig mit den Nerven. Das war der absolute Alptraum, und ich habe mir geschworen, den Kleinen nie, nie, nie wieder allein zu lassen.
Meine Schwiegermutter kam mit einem Blumenstrauß nach Hause, als Entschuldigung und Beruhigung. Mein Mann hätte wohl am Bahnhof fast auch geweint, weil es ihm so leid tat, was er uns da "angetan" hat.
Ich war erst sowas von sauer auf ihn, weil er nicht mal seine Gedanken zusammenhalten kann und dann noch sowas von mir verlangt, aber so langsam legt sich die Wut und weicht dem Verständnis, dass er natürlich total nervös war, weil es immerhin um seinen Arbeitsplatz und unsere Zukunft geht.
Danke für's Zuhören!
LG, Dana, die beim Schreiben fast wieder angefangen hat zu heulen