String-Tangas für Dreijährige
Frankfurt/Würzburg Der neue Neckermann-Katalog ist mit großem Aufruhr in die Herbst/Winter-Saison gestartet: auf Seite 526 bietet die Firma String-Tangas für Kinder in den Größen 104 bis 116 an. Das entspricht der Altersgruppe der Drei- bis Vierjährigen. Auf die empörten Reaktionen der Kunden hat Neckermann nun reagiert.
Wie Anita Niemann, zuständig für das Referat Mode bei Neckermann, gestern auf Anfrage dieser Zeitung mitteilte, ist die Ware am Dienstag aus dem Programm genommen worden. "Wir sind ein kundenorientiertes Unternehmen - und richten uns dementsprechend nach den Wünschen der Kunden", so Niemann. Sie persönlich versteht die Aufregung nicht. "Wir haben die Wäsche völlig arglos ausgewählt. Wer kommt denn auf solche Gedanken?"
Der Vorwurf, das Angebot sei pervers und bringe Kinderschänder auf entsprechende Gedanken, wies Neckermann anfangs energisch zurück. Mehr noch, eine Sprecherin äußerte, dass gerade die String-Form dazu geeignet sei, pädophilen Anreizen zu begegnen, weil sie keine nach außen sichtbaren Abdrücke auf der Kleidung hinterlasse.
Doch nun fürchtet das Traditionsunternehmen um seinen Ruf, rudert eilig zurück. "Wir wollen auf keinen Fall mit einer perversen Kundschaft in Zusammenhang gebracht werden!", betont Anita Niemann.
Auch in Würzburg stößt das Angebot im Katalog auf Entsetzen. "Alles was Recht ist, aber so etwas habe ich noch nie gehört", empört sich Birgit Beck, Abteilungsleiterin Damenunterwäsche und Kinderbekleidung im Kaufhof. "Modetrends hin oder her - aber das geht wirklich zu weit. Wenn wir Kinder-Strings in diesen Größen hereinbekommen würden, würde ich in der Zentrale anrufen und fragen, ob das ihr Ernst sei!"
Auch im Modehaus Schlier führt man keine String-Tangas für dreijährige Mädchen. "Da hat auch noch nie jemand danach gefragt", wundert sich eine Verkäuferin in der Kinderabteilung. Dennoch: die Ware verkauft sich. Ansonsten, so Neckermann-Referentin Niemann, würde man sie ja nicht im Katalog anbieten.
Eine klare Absage kommt vom Verein Wildwasser: "Das ist ein weiteres Beispiel, wie Kinder sexualisiert werden. Welchen Zweck soll das haben, außer Erwachsene zu erfreuen?", sagt Diplom-Psychologin Elisabeth Kirchner.
"Unpraktisch und schwachsinnig", urteilt Jutta Friedrich von der fränkischen Firma "Jako.O" über das Angebot. Ihre Firma hat sich auf den Versand von sinnvoller und brauchbarer Ware für Kinder spezialisiert. "String-Tangas gehören da ganz sicher nicht dazu!"
Von unserem Redaktionsmitglied Melanie Jäger
Standpunkt: Was soll das?
Man kann es drehen und wen-
den, wie man will: String-
Tangas für kleine Kinder sind
Schwachsinn. Niemand kann ernst-
haft behaupten, dass es Sinn macht,
einer Vierjährigen einen solches
Ding anzuziehen. Bequem ist es
nicht, schön ist es nicht, billig ist es
nicht. Das Gefühl einer einge-
klemmten, verrutschten Unterhose
wird kein Kind beglücken. Oben-
drein werden sich die anderen Kin-
der am Spielplatz schieflachen.
Weniger zum Lachen ist das, was
sich mancher Erwachsene bei dem
Anblick denken mag. Also: Was soll
das? Arglos habe man eingekauft,
sagt Anita Niemann von Necker-
mann. Liebe Frau Niemann, wenn
sie beim Einkauf schon wenig nach-
gedacht haben, dann agieren sie
wenigstens intuitiv! Wie haben Sie
so schön gesagt: "Also, ich persön-
lich mag die Dinger nicht tragen."
Warum nicht? Kommen Sie doch
mal zu uns auf den Spielplatz und
probieren sie die Rutsche aus. Oder
backen Sie mal im String-Tanga
Kuchen im Sand. Tolle Erfahrung.
Und bestimmt hilfreich bei Ihrer
nächsten Entscheidung.
Von Melanie Jäger [email protected]