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Wenn sie ein Widder-Kind haben...

Widder zeichnen sich schon im Babyalter nicht durch diskrete Zurückhaltung aus. Wenn ihnen etwas nicht passt, dann brüllen sie laut und anhaltend, bis sie rot anlaufen vor Zorn und Anstrengung.
Widder-Kinder sind lebhaft, aufgeweckt, eigenwillig und wenig folgsam. Schon der ganz winzige Widder im Kinderwagen erforscht seine Umwelt mit Neugier und Tatkraft: Energisch zerrt er an Mutters Haaren, wenn sie sich zu ihm hinunterbeugt, stürmisch rasselt er mit seinem Spielzeug. Quietschpuppen, Klappern, alles, was Lärm macht, wird vom Jung-Widder mit Hingabe bearbeitet. Auch schätzen es Widder-Babys über alle Maßen, wenn man sie ab und zu schwungvoll durch die Luft schwenkt. Andere Kinder verziehen dabei vielleicht ängstlich den Mund - das Widder-Baby kreischt vor Vergnügen in den höchsten Tönen.
Bereits der kleine Widder steht gern im Mittelpunkt. Solange man sich mit ihm beschäftigt, solange er bewundernd von Arm zu Arm gereicht und unterhalten wird, ist er das sonnigste, liebenswürdigste Kind der Welt. Aber wehe, die allgemeine Aufmerksamkeit wendet sich jemandem anderen zu! Auf der Stelle wandelt sich der kleine Sonnenschein in ein tobendes, heulendes, ungebärdiges Zornbündel, das durch gellendes Weinen das Interesse der Erwachsenen wieder auf sich zu ziehen versucht.
Widder-Kinder streben frühzeitig Selbständigkeit an. Deshalb beginnen sie oft schon zu laufen, wenn andere Babys noch kaum schwankend stehen können, deshalb reden sie häufig früher als andere Kinder, deshalb ist nichts vor ihrem Forscherdrang und ihrem Unternehmungsgeist sicher. Tapsig, aber dennoch zielstrebig greifen sie nach den Töpfen auf dem Herd, angeln sie sich Vasen vom Tisch, probieren sie das Ding, das Schere heißt, an den neuen Vorhängen aus...
Wer ein Widder-Kind hat, tut gut daran, es selten aus den Augen zu lassen, Scheren, Messer und Zündhölzer im hintersten Winkel des obersten Schrankfachs zu verstecken und kostbares Porzellan wegzusperren. Sie glauben, es genüge, die Meißner Vase auf die hohe Kommode zu stellen? Nicht, wenn Sie ein Widder-Kind im Haus haben. Mit Geschicklichkeit wird es einen Sessel auf ein Beistelltischchen und anschließend beides neben die Kommode stellen, hinaufklettern und neugierig Nachschau halten, was in dem seltsamen Topf, den es nie in die Hände kriegt, eigentlich drin ist.
Sinnlos, des Widder-Kindes Entdeckerdrang zügeln zu wollen. Es ist viel zu eigenwillig, um sich einschränken zu lassen, und das ist gut, denn Neugier ist immer auch ein Zeichen von Intelligenz.
Bisweilen artet die Eigenwilligkeit des kleinen Widders allerdings auch in Jähzorn, Trotz und finstere Tyrannei aus. »Lies mir doch eine Geschichte vor!« bettelt das Widder-Kind, das schon im Bett liegt und eigentlich längst schlafen sollte. »Schön«, sagt darauf die liebe Tante (der liebe Onkel, der stolze Vater, die gute Großmama), »schön, ich lese dir eine Geschichte vor. Aber nur eine! Mehr nicht.« Das Widder-Kind nickt und strahlt. Die Tante liest. Als die Geschichte zu Ende ist, sagt das Widder-Kind zuckersüß: »Und jetzt noch eine!« - »Nein«, erwidert ruhig, aber bestimmt die Tante. »Wir haben eine Geschichte ausgemacht, und die ist jetzt zu Ende. Nun wird geschlafen.« Daraufhin setzt sich das gar nicht mehr zuckersüße Widder-Kind in seinem Bettchen auf, schlägt mit den Fäusten auf seine Decke ein und brüllt mit zornrotem Gesicht: »Du bist gemein, gemein, gemein! Lies mir noch eine Geschichte vor, oder ich kann dich nie, nie, nie mehr leiden!« Wer jetzt nicht die besseren Nerven hat und eine Viertelstunde die ebenso düsteren wie lautstark vorgebrachten Drohungen durchsteht, liest bis zum Morgengrauen...
Das Widder-Kind, das sich so gern in den Vordergrund drängt, versucht unter Altersgenossen stets der Anführer zu sein. Es kommandiert seine Geschwister und Schulkameraden herum, möchte bestimmen, was gespielt wird, und heischt von den anderen Respekt. Weil sich nicht alle Kinder dem kleinen Widder selbstverständlich unterordnen, ist er - egal, ob Junge oder Mädchen - häufig in Raufereien verwickelt. Erbittert wird der Jung-Widder darum kämpfen, als Nummer eins anerkannt zu werden, ungeachtet der Schrammen und blauen Augen, die er dabei einheimst.
Eltern, die ein ungebärdiges Widder-Kind haben, sollten es bisweilen darauf hinweisen, dass man auch nachgeben können muss. Vor allem wenn Geschwister da sind, ist es wichtig, darauf zu achten, dass sich der Widder nicht zum Kinderzimmer- Tyrannen aufschwingt.
Widder sind ungeduldig, in jungen Jahren nicht weniger als später im Erwachsenenalter. Aus der Schule werden sie daher nicht immer die besten Noten nach Hause bringen. Es fehlt ihnen an Ausdauer, zuzuhören, was die Lehrerin erklärt, und auch daheim, bei den Aufgaben, sind sie oberflächlich und ungenau. Nicht, dass sie uninteressiert wären - im Gegenteil; nur hält ihr Interesse leider nicht lange an. Darum passen sie, versucht man ihnen etwas zu erklären, lediglich kurzfristig auf. Nach fünf oder zehn Minuten schon wetzen sie ungeduldig auf ihren Sitzen und spähen zum Fenster hinaus auf die Straße, wo der Nachbarsjunge auf dem Fahrrad Achterschleifen zieht.
Wer Widder zum Lernen animieren will, muss sie bei ihrem Ehrgeiz packen und - beispielsweise - seufzend verkünden, dass wohl kein Kind weit und breit imstande sein dürfte, bessere Aufsätze zu schreiben als Peter, das Klassengenie ... Man darf mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass Peters nächster Aufsatz nicht halb so glanzvoll ausfallen wird wie der des jungen Widders.
Von seinen Schulkameraden wird der Widder-Junge oder das Widder-Mädel ob seines Mutes und seiner kühnen Einfalle vermutlich sehr bewundert werden. Die Lehrer werden von Ihrem Widder-Kind möglicherweise nicht so rückhaltlos begeistert sein, denn sie können Knallerbsen unter dem Stuhl und an die Tischplatte geklebte Klassenbücher nicht halb so komisch finden wie die Schüler.
Die jeweiligen Turnlehrer allerdings werden Ihren Widder-Sprössling über alle Maßen preisen, denn der junge Widder ist ein begeisterter Sportler, dessen Engagement keine Grenzen kennt. Mit dem Mut der Verzweiflung wirft er sich beim Völkerball auch dem schärfsten Schuss entgegen, wie nichts fegt er über Böcke und Pferd, wirbelt er ums Reck, klettert auf Seile rauf und runter.
Ihnen als Mutter oder Vater wird dieser körperliche Einsatz des Widder-Kindes manche Aufregung bereiten: Denn öfter als andere kommen Widder-Sprösslinge mit verstauchten Fingern, Blutergüssen und Zinkleimverbänden um den Knöchel nach Hause. Selbstverständlich können und sollen Sie Ihr Widder-Kind immer wieder zur Vorsicht ermahnen - dennoch wird es temperamentvoller bleiben als anderer Leute Nachwuchs. Damit müssen Sie sich abfinden.
Widder-Kinder in ihrer Ungeduld sind schwer zu vertrösten. Wenn sie eine Eiswaffel wollen, dann jetzt, gleich und auf der Stelle, wenn sie sich eine elektrische Eisenbahn wünschen, dann eine, mit der sie sofort und in diesem Augenblick spielen können. Vernunftargumente (»Du weißt doch, dass du gestern noch Halsweh hattest, vor nächster Woche kannst du kein Eis essen, sonst wirst du wieder krank!«) und Versprechen (»Warte bis zu deinem Geburtstag, dann kriegst du die Eisenbahn!«) fruchten wenig. »Nächste Woche« ist ein Termin, der einem Widder-Kind irgendwo in der Ewigkeit angesiedelt scheint, und sein Geburtstag liegt (auch wenn ihn Erwachsene ganz nah finden) in weiter Ferne.
Eltern von Widder-Kindern sollten sich daher darauf gefasst machen, dass es nicht immer einfach sein wird, mit der Ungeduld ihrer Sprösslinge zu leben. »Wieso kommen wir denn noch nicht dran, wir sind doch schon endlos lange hier?« fragen sie vorwurfsvoll, kaum dass sie das Wartezimmer des Zahnarztes betreten haben, und bereits am Morgen des 23. Dezember fangen sie sich zu erkundigen an, warum denn der Weihnachtsmann noch nicht hier gewesen sei... Am besten ist es in solchen Situationen, das Widder-Kind durch ein spannendes Spiel abzulenken. Ablenken lässt es sich in seiner sprunghaften Art nämlich leicht, die Mahnung, brav abzuwarten hingegen, beherzigt es nie.
Widder-Kinder sind trotzig, oft ungebärdig, stellen viel an und ruinieren Unmengen von Spielzeug, weil sie: die Dinge erforschen wollen, indem sie sie zerlegen. Sie entschädigen für die oft nervenzermürbenden Eigenschaften allerdings durch ein besonders großes Ausmaß an stürmischer Zuneigung. Widder-Kinder sind herzlich und liebevoll. Eltern, Tanten und Onkel sollten warmherzigen Jung-Widdern ebenso entgegenkommen. Widder-Kinder brauchen Hautkontakt und viele, viele Streicheleinheiten. Sie revanchieren sich dafür durch Zärtlichkeit und Anhänglichkeit.
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