zu der ganzen abtreibungsdiskussion heute!
ihr habt heute ein riesen ethisches problem angesprochen, auf das es so einfach keine antwort gibt! und ich bin froh, auch wenn es leider unter so traurigen umständen geschehen musste, dass ihr euch mal über diese problematik gedanken macht.
wie einige wissen, studiere ich geistigbehindertenpädagogik, es geht hier also um mein klientel. und erst vor einer woche habe ich ein referat gehalten zum thema: "untersuchungen zum thema emotionalität bei schwerstbehinderten". diese menschen haben emotionen, sie haben gefühle, sie haben eine biographie und vor allem ein recht auf erziehung, bildung (ja richtig, sie SIND bildungsfähig!!!!)únd vor allem auf leben!
aber niemand sollte sich hier anmaßen, über dinge zu urteilen, die sie nicht wirklich nachvollziehen können und noch schlimmer finde ich es, dass hier mitleid wieder zurückgezogen wird!!
noch heute morgen saß ich in der bahn auf dem weg zur uni und war heilfroh, keine untersuchungen gemacht zu haben, denn auch ich, die diesen beruf bewußt gewählt habe, wüßte nicht, wie ich mich entscheiden würde, wo ich die grenze ziehen würde. denn obwohl ich ohne weiteres mit ihnen arbeiten kann und es wahnsinnig gerne tue, ich müßte nicht, ob ich wissentlich ein schwerstbehindertes kind zur welt bringen würde/könnte. und zwar nicht, weil mir das kind leid tun würde, sondern weil ich ein stück weit egotistisch bin. weil es die aufgabe all meiner ziele, meines berufes bedeuten würde.
was ich verwerflich finde, ist, dass es bei späten abbruch KEINE beratungspflicht gibt und die auskunft der ärzte zielgerichtet ist, d.h. sie haben die betten im KH für die abtreibung schon bestell, bevor sie der frau die diagnose mitteilen!
ich hoffe, meine gedanken waren jetzt nicht zu wirr, sie schwirrten mir schon die ganze zeit im kopf herum und vorhin habe ich mich noch mit sabbel aus dem sept/okt-forum unterhalten, die dasselbe studiert!
ich wünsche nicole ganz ganz viel kraft, ich bin mir sicher, dass sie ihren eric liebt und immer lieben wird und ich hoffe, dass ihr nie wieder das recht zur trauer absprechen wird!!
sada....
Re: zu der ganzen abtreibungsdiskussion heute!
ich war die ganze Zeit als stille Leserin bei diesem Thema anwesend, habe mich aber nicht dazu geäußert, da mich das Thema an sich schon sehr mitgenommen hat.
Wenn man schwanger ist, wünscht man sich in erster Linie, dass das Kind gesund ist. Man ist als Mutter erst dann beruhigt, wenn das Kind dann endlich auf der Welt ist und man sich selber überzeugen kann, dass alles in Ordnung ist.
Ich war in der 13. Woche zur Nackenfaltenmessung und heraus kam ein unauffälliges Ergebnis. Mein Vater meinte zu mir, warum ich es überhaupt gemacht habe, den die Entscheidung für das Kind wäre doch schon gefallen, ob Junge oder Mädchen, gesund oder nicht gesund, wir würden das Kind so oder so lieben. Seine Worte haben mich tief berührt. In vier Wochen muss ich zum 2. US (Missbildungsdiagnostik, was für ein hässliches Wort) und bin schon ein wenig aufgeregt.
Durch diese ganze Diskussion hier, mache ich mir schon mehr Gedanken, was sein sollte, falls etwas mit unserem Kind nicht in Ordnung sein sollte. Aber es macht mich auch verdammt wütend, wenn ich bestimmte Reaktionen hier zu diesem Thema lesen. Erst fühlt jeder mit Nicole mit, dann bekommen hier einige moralische Bedenken.
Eine Entscheidung für das Kind muss immer in erster Linie die Mutter mit Ihrem Partner treffen. Keine Mutter würde leichtsinnig eine Entscheidung treffen. Eigentlich steht keinem von uns zu, hier zu urteilen, wir wissen letztendlich nicht, wie man selbst mit so einer Diagnose umgehen würde. Und Gott sei Dank, die Mehrheit von uns wird es nie Erfahren. Es gibt Eltern die sich bewusst für das behinderte Kind entscheiden, dazu gehört verdammt viel Mut und Kraft. Aber ich akzeptiere auch die gegenteilige Entscheidung gegen das Kind, den zu dieser Entscheidung gehört auch eine Menge Mut nämlich zuzugeben, dass man so einer Situation nicht im Stande ist diese durchzuhalten.
Nicole, ich fand es übrigens gut, dass Du uns daran teilhaben gelassen hast, ich weiß nicht, wie ich in so einer Situation reagieren würde. Ich nehme an, ich würde mich still und heimlich aus diesem Forum schleichen und versuchen die ganze Sache mit mir selber auszumachen. Hier öffentlich über meinen schlimmsten Schmerz zu berichten, das würde ich mich nicht trauen. Aber ich danke Dir für Deine Zeilen hier, ich kann nur ahnen, wie schwer Dir das alles gefallen sein muss.
Ich wünsche mir nur, dass endlich Ruhe ist mit diesem Thema, lasst Nicole in Ruhe trauern, sie hat schon soviel durchgemacht.
Suzi
Re: zu der ganzen abtreibungsdiskussion heute!
ich akzeptiere den schritt den schritt des abbruchs, auch wenn ich ihn nicht verstehe. denn ich bin ein toleranter mensch.
ihr das trauern abzusprechen - ein unding. sie hat das baby 5 monate unterm herzen getragen, sich darauf gefreut- und jetzt ist es nicht mehr da...
deswegen: lasst sie trauern, lasst ihr ihren frieden, hackt nicht auf ihr rum... sondern akzeptiert ihr leben als eigenständigiges mit eigenständiger meinung.
Ich habe auch keinerlei untersuchungen machen lassen, und werde nur zum feinultraschall gehen. für mich hat alles ein recht auf leben, wie oben schon gesagt. aber ich habe auch einen partner der mich dabei unterstützt!
liebe grüße
katina
Re: zu der ganzen abtreibungsdiskussion heute!
ich will nur kurz was klarstellen, ich war selbst in der Situation und dachte ich hätte es inzwischen einigermassen verarbeitet aber zur Diskussion kann ich leider nichts sagen sonst brech ich wieder zusammen wenn ich manche Beiträge hier kommentieren wollte. Was ich sagen wollte, ist es gibt sehr wohl eine Beratungspflicht, wir wurden zwei Stunden lang in einer Genetischen Praxis beraten darüber welche Auswirkungen der Gendefekt hat wie Betroffene damit leben wie hoch die Lebenserwartung ist... und wir wurden keineswegs auch nur im geringsten in die eine oder andere Richtung beeinflusst. Danach hätten wir auch ohne weiteres eine Woche Bedenkzeit haben können wenn wir gewollt hätten.
Man bekommt dann von der Praxis einen Beratungsschein den man im KH abgeben muss.
Viele Grüsse Anne
Re: zu der ganzen abtreibungsdiskussion heute!
auch ich habe heute morgen gelesen, was hier gestern so los war... Mann oh Mann, da ging es ja heiss her.
Ich möchte mich der Meinung von Sada anschliessen, übrigens haben wir außer der Nackenfaltenmessung auch keine weiteren Untersuchungen vorgenommen. Zum Einen, weil wir uns für das Kind entschieden haben - und zwar mit allen Konsequenzen, schliesslich kann auch nach der Geburt (durch Unfall oder ähnliches) immer etwas passieren, und zum anderen weiss ich wirklich nicht, was ich im Falle eines Falles tun würde. Und ich möchte es mir auch nicht anmaßen, andere zu verurteilen. Es ist schon schlimm genug, wenn sie solch furchtbare Dinge mitmachen müssen - lasst sie doch dann einfach in Ruhe trauern! Nicole, falls Du das auch lesen solltest, dann wünsche ich Dir alles alles Gute, und dass Du genug Kraft haben wirst, diese schreckliche Zeit durchzustehen!
Claudia
Re: zu der ganzen abtreibungsdiskussion heute!
auch hier nocheinmal: niemand hier hatte auch nur das geringste Interesse, mit Nicole in eine Diskussion zu treten.
Dies Forum ist eine Plattform, auf der man eine offenes Ohr für seine Gedanken und Probleme findet - eben auch für Themen, die schwierig und heikel sind.
Ich glaube, dass Nicole versteht, dass wir uns auch so unsere gedanken machen und dass hier sicher jede einmal diese Geschehnisse für sich durchgespielt hat - und hier hat die eine Verständnis für Nicoles Entscheidung und die andere vielleicht nicht...das ist doch ganz natürlich.
Ich denke, solang niemand Nicole persönlich angeht und ihr Vorwürfe o.ä. macht, bewegen wir uns im Rahmen des 'normalen' Austausches.
Ich bin wirklich weit davon entfernt, Nicole angreifen zu wollen. Das weiß sie auch (ja, wir haben einander nochmal kontaktiert), und das ist mir ersteinmal das wichtigste.
Lieben Gruß
~Nahele~
Re: zu der ganzen abtreibungsdiskussion heute!
Ich finde: Die Technik hat sich schenller als die Ethik entwickelt.
Die Pränataldiagnostik und auch andere biotechnische Verfahren
führen uns in Grenzbereiche, in denen wir nicht mehr objektiv
urteilen können. Das sieht man ja schon an dem Argument "Du
kannst dazu ja garnichts sagen, weil Du noch nie in der Situation
warst." Ja, ich bin auch noch nie vergewaltigt worden, kann mir
aber vorstellen, wie schlimm das ist. Dafür gibt es halt "Maßstäbe".
Diese Spätaborte liegen halt im Grenzbereich. Ich möchte mich
weder damit trösten, dass diese Kinder froh sein sollen
abgetrieben worden zu sein, wie ich diverse Male gelesen habe,
denn ich maße mir nicht an zu beurteilen, welches Leben
lebenswert ist. Ich maße mir auch nicht an, Betroffenen das Recht
auf Trauer abzusprechen. Sie mussten eine Entscheidung treffen,
die fast unmöglich ist. Womöglich hätten andere Nicole
vorgeworfen, warum sie denn so einem kranken Kind das Leben
antun will, hätte sie ihn ausgetragen. Das wäre jedenfalls das
konsequente Argument derjenigen gewesen, die geschrieben
haben, dass es für ihn das beste war. Es gibt hier keine objektiven
Argumente, sondern nur Emotionen. Deswegen gehört Nicole
mein Mitgefühl, weil sie in eine tragische Situation gekommen ist,
die ihr eine übermenschliche Entscheidung abverlangt hat.
Verantwortung haben Mediziner. die Techniken einsetzen, für die
es keine ethischen Maßstäbe gibt und die dann die Patienten
bedrängen oder alleine lassen. K.
@all
Ich denke, dass sich viele nicht über die Konsequenzen klar sind, über die man sich klar sein sollte, wenn man eine gen. Untersuchung machen lässt. Viele hoffen halt einfach auf ein "gutes" Ergebnis, was ja auch verständlich ist.
Ich denke, keiner hat das Recht über die Entscheidung von Nicole zu urteilen, denn es ist ihr Kind und sie hat das volle Recht zu trauern.
Ich glaube, dass es nicht möglich ist zu sagen, welche Entscheidung die allgemein richtige ist. Das kann jeder nur für sich entscheiden und Nicole hat sich halt so entschieden.
Wisst Ihr, ich liebe meinen Beruf (in dem ich zwar noch nicht ganz wirklich arbeite, da ich ja noch studiere, aber schon viel Erfahrung gesammelt habe).Ich habe mir durch diese Arbeit meine persönliche Meinung gebildet (also, was ich machen würde), bin mir aber auch klar darüber, dass es meine Meinung ist. Man darf in diesem Fall nicht über andere urteilen und sie schon gar nicht angreifen. Die Entscheidung, egal in welche Richtung, verlangt sehr viel Kraft und ich bewundere jede Frau/ Familie, die vor diese Entscheidung gestellt ist. Beide Entscheidungen sind glaube ich sehr schwer zu fällen.
Ich wünsche Nicole, dass man sie trauern lässt und sie ihre Entscheidung niemals anzweifelt.
Sabbel
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