Hallo,
ich wurde gebeten, eine kurze Rückmeldung nach der Studie abzuliefern.
Wie immer wurde viel gespielt und es hat allen großen Spaß gemacht.
Interessant war ein Spiel, bei dem ich der Maus unbemerkt eine Post-It in die Haare kleben sollte, während sie von der Psychologin mit einem Spiel abgelenkt wurde. Das ganze wurde auf Video aufgezeichnet. Nach einer kurzen Pause hat man ihr das Video gezeigt. Sie wurde dann gefragt, wer das im Video ist. Dann hat man sie auf das Ding in ihren Haaren hingewiesen (sie war so von sich fasziniert, das sie das nicht bemerkt hat) und sie hat erst auf den Zettel im Fernseher gezeigt und sich dann direkt den Zettel aus den Haaren gepflückt. Es wurde dann noch ein paar Mal gefragt, wo die Maus ist und beobachtet, ob sie auf sich oder auf den Fernseher deutet.
Bei einem anderen Spiel wurden ihr nacheinander mit unterschiedlichen Gegenständen Spielhandlungen vorgemacht. Es wurde wieder eine Pause gemacht. Danach hat man ihr die Gegenstände in der gleichen Reihenfolge gegeben und beobachtet, ob sie die Handlungen nachmacht.
Außerdem wurde das Phantasiespiel vom letzten Mal (18 Monate) wiederholt. Dazu gab es einen kleinen Besteckkasten mit Messer, Gabel, Löffel, ein Knäuel Wollfäden, einen Metallbecher mit Deckel, Bonbons und kleinen Holzklotz. Erst wurden die richtigen Begriffe abgefragt. Danach hat Bibi (ein Plüschmarienkäfer) mir ihr gespielt und ihr gesagt, daß sie Hunger hat. Die Maus wurde dann gefragt, ob sie Bibi etwas zu essen geben kann. Witzigerweise hat die Maus dann das Besteck genommen und für Bibi ein imaginäres Brot geschmiert. Die Psychologin hat ihr dann die Wollfäden gezeigt und sie gefragt, ob das Nudeln sein können. Der Deckel des Bechers wurde so zum Teller, der Becher selbst zum Stuhl. Zwischendurch wurden immer wieder die "richtigen" Begriffe (Wolle, Deckel, Becher) abgefragt. Es wurde noch ein paar Mal zwischen den Phantasie- und den richtigen Bezeichnungen gewechselt. Normalerweise geht Bibi dann wieder zurück in ihre Kiste zum Schlafen. Die Maus hat interveniert, auf den Tisch gezeigt und gesagt, daß Bibi dort schlafen soll. Dann hat sie Bibi ein imaginäres Bett hingestellt. Davon waren die Psychologen dann völlig überrascht, so etwas hat noch kein Kind bei diesem Spiel gemacht.
In den Pausen hat die Maus noch viel gezeichnet. Die Zeichnungen wurden dann auch gleich zur Auswertung konfisziert. Altersgemäß sind sie nicht, aber die Psychologin konnte mir jetzt auch nicht sagen, für welche Altersgruppe sie "normal" sind.
Bei den Vorbereitungen für die Studie hat man herausgefunden, daß sich schon Babys im Alter von 10-12 Monaten Dinge im Kontext merken. Bekommen sie die Gegenstände in der gleichen Reihenfolge zum Ausprobieren, in der sie sie gezeigt bekommen haben, erinnern sie sich besser, als wenn die Reihenfolge variiert wird. Dürfen sie selbst aussuchen, entscheiden sie sich meistens für die ersten drei der gezeigten 5 Gegenstände. Davon war man sehr überrascht, man ist bisher davon ausgegangen, daß sich diese Fähigkeit erst sehr viel später entwickelt.
Das ganze ist Grundlagenforschung und es ist jetzt schon abzusehen, daß einiges im Umgang mit Babys und Kleinkindern revidiert werden muß.
Am Donnerstag müssen wir wieder hin und ich bekomme dann hoffentlich Unterlagen über die abgeschlossenen Studien.
Zur Maus ist zu sagen, daß es Kinder gibt, die in Teilbereichen so fit sind wie sie, aber sie unter den Kindern in den bisherigen Studien einmalig ist. Ob eine Hochbegabung vorliegt, kann man noch nicht sagen, das geht erst in ein paar Jahren. Wir sollen sie aber auf jeden Fall in ihren Interessen sehr intensiv fördern.
Wenn es geht, soll ich mit ihrem Bruder dann auch wieder an einer Studie teilnehmen. Wir sind eigentlich alle sehr daran interessiert, die Unterschiede zwischen den beiden zu sehen und wenn es ihm auch so viel Spaß macht, möchte ich das gerne machen.
Es gibt auch noch andere Institute, die im Bereich Babys / Kleinkinder forschen und dringend Teilnehmer suchen. Normalerweise wird das dann auf den Homepages der Unis / Institute veröffentlicht. Welche das sind, konnte mir die Psychologin leider nicht sagen. An der Frankfurter Uni ist es das Institut für Entwicklungspsychologie.
LG
Claudia