Hallo Ihr Lieben,
jetzt muss ich doch mal von meinem gestrigen Abend erzählen, denn sicher hat die eine oder andere von Euch auch schon mal so einen Mist erlebt mit einem Kind im zweiten oder dritten Lebensjahr - ist es nicht ein Wahnsinn, was sich manchmal aus ein paar kleinen Fehlern, einer dämlichen Panne hochschaukeln kann?
Hier die ganze Story, wer lesen mag:
Wir waren mit dem Kinderwagen auf den letzten Drücker bei DM ("Emmm! Emmm!"), auf dem Rückweg bin ich kurz auf einer Vernissage vorbeigegangen, zu der wir eingeladen waren. Dort war es nicht kindgerecht (zu eng, zu viele Leute, "Warum schaut er denn so böse?" etc.), also sind wir gleich wieder los.
MAMA-FEHLER Nr. 1: Kind _nicht_ gegen seinen Willen sofort in den Kinderwagen gesetzt (obwohl das ab der nächsten Kreuzung verkehrsbedingt sowieso nötig gewesen wäre), sondern habe ihn erst einmal laufen lassen - sicherlich innerlich etwas unter Druck, weil ich ich von den Vernisssagebesuchern beobachtet gefühlt habe und ein Nein-nein-Drama vor der Eingangstüre vermeiden wollte.
L~ lief dann in eine Tiefgarageneinfahrt (ist für ihn ein "Hui", ähnlich wie eine Rutsche, nur zum Laufen) rein, ich wartete mit meinem dicken Bauch oben auf dem Gehsteig. Unten angekommen, fiel er leider hin und zwar mit den Händen auf ein Abflussgitter - aua! Ich bin natürlich sofort zu ihm hin, um ihn zu trösten und ihm beim Rückweg behilflich zu sein. Und während wir so rauf liefen, erwischte mich - so meinte ich - ein Vogel direkt auf meinem hervorstehenden Bauch, igitt! Und es war: Menschen-Rotz-Spucke!!! Ich war entsetzt und angewidert; entweder waren das drei rauchende Teenagermädchen (spucken Mädchen?) links neben der Einfahrt, die über die Mauer gespuckt hatten oder es war jemand von einem der Balkone rechts der Einfahrt. Keine Ahnung, ob Absicht oder ein Unfall.
MAMA-FEHLER Nr. 2: Kein Feuchttuch dabei im aktuellen Vehikel (wir sind abwechselnd mit Kinderwagen, Buggy und Fahrradanhänger unterwegs und ich achte normalerweise akribisch darauf, dass es eine dreifache Grundausstattung in den Fahrzeugen gibt)! Ich musste mich also mit irgendeinem Papier notdürftig abwische, igitt...
Ich bin fast geplatzt vor Wut und Ekel und wollte nichts wie weg, und zwar schnellstens. Also L~ ohne lange Smart-Love-Debatte autoritär - mit dem Versuch, das Kind nicht an den Spuckefleck zu drücken - in den Kinderwagen gehoben, mit "wir müssen hier schnell weg" etc. zur Erklärung. Klar: Wahnsinnsprotestgebrüll, Windungen und MAMA-FEHLER Nr. 3: Kein Schnuller dabei - und dieser wurde jetzt nach dieser Misshandlung von meinem stinkbeleidigten, wütenden Kind natürlich vehement eingefordert.
Der Heimweg war Horror. Ein in Maximallautstärke wutbrüllendes, mittlerweilen im Gesicht hochrotes, sich windendes Kind im Kinderwagen und eine angespuckte Mama, die in dieser Situation nichts machen kann, weil L~ in seinen Wut- und Enttäuschungsanfällen erst einmal eine Weile durch nichts erreichbar ist. Zumal ohne Schnuller, ohne den er zur Zeit in solchen Situationen nicht klar kommt. Ich habe mich also von Creti und Pleti anstarren lassen (hat sie das Kind geschlagen? kommt sie mit ihrem Kind nicht zurecht? warum kümmert sie sich nicht um ihr Kind?), mich von auf Bänken sitzenden Türkenmamas auslachen lassen und mich gefühlt wie auf einem Spießrutenlauf. Vor Verzweiflung habe ich auf diesem Weg eine ganze (!) Packung Dextro Energy in mich hineingefressen....
Das Schlimmste war dann das Ankommen vor unserer Haustüre. Da stand ich jetzt auf der Straße, wohne im 5. Stockwerk ohne Aufzug, brüllendes Kind, kein Schnuller und MAMA-FEHLER Nr. 4: kein Handy in meiner kleinen Wertsachentasche (warum? Mann schuld, der sich das Handy tags zuvor ausgeliehen hatte, weil seines leer war und es nicht zurückgesteckt hatte). Mein Mann war mit dem Auto Altpapierwegfahren und musste irgendwann in der nächsten halben Stunde zurücksein und ich konnte ihn also nicht anrufen, um meine Notlage zu erklären.
Die Treppe schaffe ich mit L~, der sie zur Zeit nicht läuft, und schon gar nicht in diesem Zustand, nicht, ich brauche also Hilfe. L~ war immer noch fix und fertig, brüllte ununterbrochen, schrie auf Vorschläge wie "Willst du aussteigen?" oder "Soll ich dich abschnallen?" nur stinksauer "NEEEEEEEEEEIIN!" und schlug nach der Mama, wenn sie sich nur annähert. Ich habe ihm nochmal erklärt, dass wir keinen Schnuller dabei haben, aber oben ein Schnuller ist. Und dass wir rauflaufen müssen. Aber: Weg sollte die doofe Mama und sich bitteschön nicht zu ihm hinknien, aufstehen!
Sollte ich jetzt die ganze Brülleinheit ins Erdgeschoss des Treppenhauses hiefen, wo es schön hallt? Ich entschied mich vorerst fürs Warten vor dem Haus. Bei meinen lieben Jungs im vierten Stock klingeln traute ich mich angesichts des Totalabsturzes meines Kindes nicht (wahrscheinlich MAMA-FEHLER Nr.5), außerdem war ich mittlerweilen viel zu fertig mit den Nerven für Erklärungen und das Formulieren von Bitten.
Gegenüber erschien bald bei jeder Wohnung (auch fünfstöckige Häuser) irgendwann mal ein Gesicht, glotzend oder kopfschüttelnd. Irgendeine Frau habe ich dann angeschrieen "Kommen Sie doch lieber rüber und helfen Sie mir anstatt mich anzustarren" - weg war sie. Ich habe mich schier zu Tode geschämt ob meiner so offensichtlichen Unfähigkeit vor der Nachbarschaft.
Irgendwann habe ich es nicht mehr ausgehalten und beschloss, zum Parkplatz meines Mannes zu gehen und dort zu warten. Da wohnt wenigstens niemand.
Da ging die Türe auf und S~, mein lieber Nachbar aus dem Dachgeschoss, kam raus: "Ist alles in Ordnung? Ich höre schon die ganze Zeit den L~ schreien, den habe ich doch erkannt..." Ich bin nur noch in Tränen ausgebrochen, habe mir von S~ ins Haus helfen lassen. L~ war von einer zur anderen Sekunde mucksmäuschenstill und guckte wie eine Puppe. "Willst du dich vom S~ die Treppe rauftragen lassen?" - ergebenes, erleichtertes Nicken. "Oben bekommst du einen Schnuller." Alles war wieder gut.
Liebe Grüße
Eure Tini