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Windpockenimpfung ? meine Meinung dazu (lang :-))

Hallo Ihr Lieben,
heute habe ich endlich mal die Zeit, meine Meinung zum Thema Windpockenimpfung darzustellen (es sei denn, Henrik macht nur ein Mini-Mittagsschläfchen...).
Ich tue mich ein wenig schwer damit, zum Thema Windpockenimpfung öffentlich Position zu beziehen. Dies liegt daran, dass meine persönliche Empfehlung für gesunde Kinder im Alter von Henrik von der offiziellen STIKO-Empfehlung abweicht.
Dennoch, hier nun meine Meinung:
1. Generell halte ich die Einführung einer für alle Kinder im zweiten Lebensjahr empfohlenen Windpockenimpfung für sinnvoll. In einigen Jahren sollte jedes Kind gegen Windpocken geimpft werden. Die Gründe hierfür sind in erster Linie epidemiologischer Natur (kann ich bei Bedarf gerne näher erläutern).
2. Zum derzeitigen Zeitpunkt halte ich die STIKO-Empfehlung für verfrüht. Ich persönlich halte den gegenwärtigen Stand der Impfstoffentwicklung nicht für hinreichend genug, damit die Vorteile der Impfung die Nachteile überwiegen (ganz sachlich ausgedrückt: die Risiko-Nutzen-Rechnung liegt meiner Meinung nach noch nicht eindeutig auf Seiten des Nutzens). Erst wenn ein guter Kombinationsimpfstoff zur Verfügung steht (MMRV-Masern-Mumps-Röteln-Varizellen), werden meiner Meinung nach die Vorteile überwiegen (Der fehlende Kombinationsimpfstoff war übrigens auch bislang das Hauptargument der STIKO, keine generelle Impfempfehlung auszusprechen).
3. Auf jeden Fall empfehlen würde ich diese Impfung Kindern mit Neurodermitis (-gefahr), Kindern über 10 Jahren, die noch nicht an Windpocken erkrankt waren, weiteren gesundheitlich gefährdeten Kindern (immunschwache Kinder etc.). Dies entspricht der ?alten? Stiko-Empfehlung.
4. Für jeden einzelnen kann es durchaus auch jetzt schon sinnvoll sein, sein Kind gegen Windpocken impfen zu lassen. Der Impfstoff ist gut verträglich und die Impfung hat durchaus Vorteile. Um diese zu erläutern, muss ich hier ein wenig auf das Virus selbst eingehen.
Die Windpocken werden durch ein Herpesvirus, das sogenannte Varizella-Virus (Herpesvirus 3), hervorgerufen. Wenn man die Windpocken hatte, verstecken sich die Viren danach im Bereich der Nervenzellen. Von dort aus können sie quasi wieder zum Leben erwachen und als Gürtelrose (Zoster) zum Vorschein kommen. Dies kann vor allem dann leicht passieren, wenn der Patient immungeschwächt ist (z.B. bei Stress, nach Medikamentenbehandlung, im Alter). Das wirklich unangenehme und schmerzhafte sind die dann auftretenden Neuropathien.
Eine Gürtelrose kann man also nur bekommen, wenn man Träger des Varizella-Zoster-Virus ist. Virusträger ist man aber entweder nach einer Windpockenerkrankung oder aber nach der Impfung.
Von dem Virus gibt es verschiedene Formen (sogenannte Stämme), die unterschiedlich unangenehm werden können. Für die Impfung nimmt man lebende Viren. Der Stamm, den man verwendet, nennt sich OKA-Stamm. Die Viren sind so verändert, dass man keine Windpocken bekommt. Allerdings verstecken sich auch diese Impfviren in der Nähe von den Nervenzellen. Genau wie die Wildviren können auch die Impfviren wieder erwachen und rufen dann auch einen Zoster hervor. Dies ist aber dann nur ein abgeschwächter Zoster. Neuropathien treten bei diesem Zoster nur sehr selten (evtl. gar nicht) auf. Dies ist also ein Vorteil der Impfung.
Nach einer Windpockeninfektion ist man ja lebenslang immun. Dies liegt daran, dass sich das Virus im Körper versteckt. Wenn der Immunschutz des Körpers nachlässt, lauert das Virus - bildlich gesprochen - ein wenig hervor. Das hat dann denselben Effekt wie eine Auffrischimpfung: Der Körper bildet wieder einen stärkeren Immunschutz. So spielen also Virus und Immunsystem ein Leben lang Katz und Maus. :-)
Bei der Impfung muss man aber den Immunschutz vermutlich nach einigen Jahren erneuern. Die Impfviren sind ja ein wenig verändert, damit sie keine Windpockeninfektion hervorrufen. Durch diese Veränderung bildet das Immunsystem einen etwas anderen Schutz aus. Dabei fehlt dann eine Komponente (das sogenannte sekretorische IgA im Oropharynx), das System ist also nicht ganz so perfekt. Dieser Nachteil macht sich vermutlich im Laufe der Jahre bemerkbar und man braucht dann u.U. eine Auffrischimpfung (Eventuell gibt es eine lebenslange Immunität, u.U. muss nach 10-20 Jahren die Impfung aufgefrischt werden. Hier sind die Ergebnisse noch nicht eindeutig.).
Ein weiterer Vorteil der Impfung ist, dass geimpfte Kinder nicht so häufig an einer bestimmten Form eine Streptokokken-Infektion erkranken. Diese Erkrankung tritt häufig zeitgleich mit den Windpocken auf (man nennt das Varizella-assoziierte invasive Streptokokken-Infektion).
Alles in allem muss man allerdings sagen, dass die Hauptvorteile der Windpockenimpfung epidemiologischer Natur sind. Sie betreffen also das Wohl der Allgemeinheit und das Hauptziel besteht in der Ausrottung des Virus (ein wichtiges Ziel im Hinblick auf viele ernsthaft gefährdete Menschen, v.a. leukämiekranke Kinder, Schwangere etc.). Diese Ziele können in meinen Augen mit dem derzeitigen Einzelimpfstoff nicht erreicht werden.
Ich denke, bei der Windpockenimpfung ist keine Eile geboten. Es wird Henrik nicht schaden, wenn wir die weitere Impfstoffentwicklung abwarten. Sollte Henrik mit etwa 10 Jahren noch keine Windpocken gehabt haben, so werden wir ihn gegen Varizellen impfen lassen. In Einzelfällen kann die Impfung sinnvoll sein, eine generelle Empfehlung würde ich persönlich nicht aussprechen.
Liebe Grüße,
Viola
Bisherige Antworten

Super ! Vielen Dank!

Hallo Viola,
vielen, vielen Dank für diese sehr ausführliche Erläuterung!
Endlich finde ich dieses Thema mal weitergehend erklärt, echt prima! Hab mir gleich alles einmal ausgedruckt, vielen Dank auch an Henrik, dass er so lange geschlummert hat ;-),
liebe Grüße von Erja

Re: Super ! Vielen Dank!

Hi,
hmm, also Noah hatte die Windpocken, und ich hab sie erst mit 30 !!! bekommen. ich kann echt sagen, daß das so ziemlich die fieseste Krankheit war, die ich hatte. ich dachte echt, ich müßte von der Wlt, hatte bestimmt an die 1000 Pocken am Körperr, das gesicht eine riesige megapocke, also echt schlimm. Noah hingegen hatte vielleicht 30 am ganzen Körper, und litt nicht besonders.
Bei Fionn werd ich mal gucken. Sollte irgendjemand in unserem bekanntenkreis Windpocken bekommen, dann schick ich ihn sofort zum Spielen hin, damit er es weg hat. Ansonsten, falls er davonkommensollte bis zur Schule, dann lasse ich ihn impfen, falls bis dato der Impfstoff fertig auf dem Markt ist...
LG, Mona

Re: Windpockenimpfung ? meine Meinung dazu (lang :-))

Danke...ich hab meinen kiarzt dienstag drauf angesprochen(er behandelt auch viel nach hämop.richtlinien,da seine frau eine ist)und er sagt,in den nächsten wochen wird entschieden,ob es aufgenommen wird(und somit von kkassen bezahlt)oder nicht...er sagt,ein ND kind und immungeschwächte kinder würd er dazu raten,aber anderen nicht...er beobachtet nun die nächste zeit felix haut,aber es sieht so aus,das nichts ist(hat nur eine empfindliche wir sein brüderchen)....tom hatte die wipos mit 10monaten und ich lasse felix nicht impfen(erst,wenn er sie dann mit 10halt nicht hatte),wenn er kein risikokind ist...gegen MMR wird er geimpft...glg feechen und danke für deine info,die sehr ausfühlich ist...

Re: Windpockenimpfung ? meine Meinung dazu (lang :-))

Hi Viola,
danke, das ist mal eine richtig gute Ausführung zu dem leidigen Thema! Super. Jetzt kann sich jeder ein Bild machen und ist gut informiert. Nicht mal mein Arzt weiß soviel darüber wie du geschrieben hast. Er meinte, als ich fragte, es wird halt von der Stiko empfohlen. Gute Auskunft oder? Na ja, dank dir weiß ich, dass ich mir noch Zeit lassen kann mit der Entscheidung. Liebe Grüße von Katja

Danke der Fachfrau :-))

Hallo Viola,
danke für die Mühe die du dir immer wieder machst, um die Impffragen zu beantworten.
Ich schätze deine kompetenen Auskünfte sehr.
So oft trifft man ja im wirklichen Leben keine Immunologin.
LG Nuria

Re: Windpockenimpfung ? meine Meinung dazu (lang :-))

Liebe Viola,
herzlichen Dank für Deine Empfehlung und die Mühe die Du Dir gemacht hast.
Aufgrund einer Vorbelastung seiner Haut (Vater und Großmutter haben Schuppenflechte, Colin neigt auch zu extrem trockenen Stellen) werde ich Colin dennoch impfen lassen. Lily und ich hatten die Windpocken ja bereits. *urgs*
Lieben Gruß von
Steffi...irgendwo in der sechsten Woche schwanger! ;o)

Re: Windpockenimpfung ? meine Meinung dazu (lang :-))

Hi Viola,
wow, so viele Infos hatte meine KiÄ neulich nicht parat. Ich werde Sascha impfen lassen, da er ein ND-Risiko hat (nichts Akutes derzeit) und da wird es ja empfohlen und die KK übernimmt auch die Kosten, zumindest hier in Thüringen.
LG Daggi, die laut Impftitter aus der SS Windpocken hatte, sich aber nicht daran erinnern kann, Röteln genau so :o)
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