Flucht vor der Familie...
gestern hatte ich eine Begegnung der dritten Art während eines Telefonats mit meiner Tante. Sie wünscht sich zum Geburtstag, dass sie 1x im Monat einen nachmittag lang auf Jonna aufpassen darf, wo wir dann was anderes machen.
Klingt nett?
Meine Tante wohnt 130km weit weg, ist schwerhörig und 87 Jahre alt! Wir haben übrigens eine supersteile Treppe im Haus, die sie mit Jonna hoch müsste, um sie zu wickeln. Sie ist superfit, aber bisher war unser Kontakt eher reduziert und das war auch gut so. Seit Jonna da ist, ruft sie ständig an. Am schlimmsten ein paar Wochen nach ihrer Geburt: ich lag mit 40 Fieber und Brustentzündung im Bett, sie ruft an und flötet: "wie geht´s denn dem Prinzesschen???". Hilfeeeee.
Wie bring ich ihr wohl bei, dass wir ihr diesen Wunsch nie und nimmer erfüllen werden?
Ach ja, was ich eigentlich wollte: hat einer von Euch den ultimativen Wegfahrtipp über die Feiertage (gern Harz oder so, auf jeden Fall nicht so weit vom Norden entfernt)? Wir wollen flüchten, denn meine Tante ist nur EIN anstrengendes Wesen in meiner Familie,
help und liebe Grüße von einer undankbaren Suse mit running-Jonna.
Re: Flucht vor der Familie...
Re: Flucht vor der Familie...
Aber wir wollen wirklich wegfahren, denn ich stelle mir das ganz schön vor, mit Jonna lange Abfahrten runterzurodeln, sie liebt ja jede Art von schnellen und wilden Bewegungen.
Neuerdings läuft sie über Wiesen und das sieht soooo süß aus, weil sie dabei immer ein wenig die Schultern hochzieht.
Sag mal, ich hoffe, geht es Dir einigermaßen?! Wenn Du magst, mail doch mal,
LG von Suse und Jonna heut nacht allein zuhaus.
Re: Flucht vor der Familie...
ich kann verstehen, daß Du Deine Tochter nicht mit ihr alleine lassen willst weil Deine Tante es halt wahrscheinlich einfach nicht mehr schafft. Aber: Ich war trotzdem traurig beim Lesen Deines Berichtes und ich habe Mitleid mit Deiner Tante.
Sieh mal: Sie ist nun am Ende ihres Lebens angekommen, ist alt, kann nicht mehr wie sie will, ist vielleicht einsam, sitzt den ganzen Tag in ihrer Wohnung und denkt wahrscheinlich an ihre Familie, die auch noch Nachwuchs bekommen hat. So ein kleiner Mensch, der einen vielleicht daran erinnert wie es war, als man selbst noch junge Mutter war.
Ich kann schon verstehen, daß sie sich danach sehnt, mit euch Kontakt zu haben. Immer nur alte Leute um sich herum, das hält doch kein Mensch aus.
Nur Spekulationen aber ich stelle mir immer vor, ICH wäre die alte Tante und ich wäre traurig. Warum besucht ihr sie nicht einfach mal ein bißchen öfter und nehmt eure Tochter mit?
LG
Susan
Re: Flucht vor der Familie...
danke für Deine Überlegungen zu unserer Situation. Vielleicht beschreibe ich
mal die Lage etwas genauer, damit das besser einzuschätzen ist:
Tanti ist tatsächlich sehr fit und auch sozial noch sehr aktiv. Zum Beispiel
besucht sie einige "alte Herrschaften" im Altersheim, um denen Gesellschaft
zu leisten. Die sind alle um einiges jünger als sie. Sie fährt auch noch Auto
(und ich habe da auch keine Bedenken, sie schätzt ihre Fähigkeiten ganz
realistisch ein, was das betrifft).
Sie wohnt im eigenen Haus Tür an Tür mit ihrer Schwester, Suses Mutter. Das
Verhältnis zwischen den beiden ist zeitweilig gespannt. Tanti ist kinderlos
(und war finanziell immer gut versorgt), Suses Mutter erzog im Abstand von
18 Jahren zwei Töchter und musste sehr haushalten. Laut Suses Mutter hat
Tanti es immer besser gehabt und "es ging immer nach ihr" (was ich nicht
beurteilen kann).
Bei Besuchen versuchen wir deutlich zu machen, dass wir beide zusammen
und gleich sehen gern möchten - aber eine fühlt sich immer benachteiligt
und beide reagieren sehr empfindlich auf vermeintlich einseitige
Zuwendungen. Tanti hängt sich sofort an "Prinzeßchen", Mutter reagiert mit
spitzen Bemerkungen. "Bei mir wart ihr ja nur zum Essen", wenn wir mal allein
rübergehen.
Natürlich möchten beide uns öfter sehen, das kann ich verstehen, und das ist
auch gar nicht die Frage. Wir werden das versuchen. Aber abgesehen von
Tantis Fähigkeit, Jonna überhaupt betreuen zu können: ich möchte auch
einem Streit zwischen den Schwestern kein Futter geben und die Lage noch
gespannter machen als sie ist.
Könnten wir Tanti mit dieser Begründung den Wunsch abschlagen? Vielleicht
sollten wir das versuchen... Möglicherweise sieht sie das besser ein, und wir
müssten uns nicht über Alter und Fähigkeiten unterhalten.
Liebe Grüße,
Rainer
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