*einschleich* SmartLove, was ist das genau?
Ich frage mal in einem "fremden" Forum, weil ich den Begriff hier schon öfters gelesen habe
Mir geistert da seit Tagen was im Kopf herum und ich hoffe, ihr könnt mir helfen.
Bereits mehrere Male kam ich in Kontakt mit Müttern, die ihre Kinder nach "Smart Love" erziehen. Es war leider nie die Zeit, genauer darüber zu sprechen, ich erfuhr nur, dass Smart Love ein Erziehungsweg ist, indem das Kind durch einfühlsames Lenken und ohne Bestrafung oder Belohnung erziehen.
Postitiv ist mir aufgefallen, dass diese Mütter ihre Kinder wirklich sehr respektvoll und liebevoll erziehen, nicht herablassend.
Aber irgendwie habe ich auch gemerkt,dass diese Kinder nur schwer mit Enttäuschungen umgehen können und sich auch etwas schwerer tun mit dem Einhalten von Grenzen.
Und ein Konzept ohne Belohnung oder Bestrafung kann ich mir auch nur sehr schwer vorstellen. Ich belohne und bestrafe Maja, finde nur die Worte sehr hart. "Strafe" und "Belohnung" hört sich so streng an, ich nenne es eher logische Konsequenzen auf das Handeln von Maja.
Sie wird oft gelobt und in ihrem positiven Handeln bestätigt, ist das nicht auch eine Art "Belohnung"?
Und hält sie aich nicht an bestimmte Grenzen (z.B. geht immer wieder an Dinge, die sie nicht darf), wird es ihr weggenommen oder sie muß von dem Ort fern bleiben, ist das nicht auch eine gewisse "Strafe"?
Oder verstehe ich das alles falsch? Bitte bitte helft mir, ich möchte nicht über einen Erziehungsstil urteilen, über den ich nichts wirklich weiß
Danke und liebe Grüße
Anja&Maja
das ist der Titel eines Buches :-) LG
Antwort in ein paar Aspekten
manchmal ist es einfach eine Zeitfrage, ob man eine Antwort schreiben kann oder nicht. Für eine allumfassende fehlen mir die Ressourcen, aber ein paar Aspekte fallen mir ein.
1. Zum einen, was ist "Smart love"? Im Klappentext heißt es: "30 Jahre nach Summerhill und der Entdeckung der antiautoritären Erziehung findet heute eine Rückbesinnung zu mehr Disziplin und stärkerer Autorität statt. Moderne Eltern versuchen, ihren Kindern wieder Grenzen zu setzen. Doch die praktische Umsetzung der neuen 'Autorität light' gestaltet sich mehr als schwierig. Heraus kommt häufig ein Hü-und-Hott-Erziehungsstil, bei dem die Eltern von einem Extrem ins andere fallen: Mal strafen und schimpfen sie, mal loben und beschenken sie im Übermaß. Smart Love zeigt dagegen den Eltern einen gangbaren Weg der Erziehung auf, nämlich eine Methode richtig dosierter Zuwendung, Förderung und Liebe, verbunden mit einer Konsequenz, die den Kindern Klarheit vermittelt. Die Eltern bekommen eine realistischere Vorstellung davon, wie die seelische Entwicklung ihres Kindes verlaufen wird, und sie können deshalb entspannter an ihre Erziehungsaufgabe herangehen. Ohne den Anspruch auf Perfektion und Unfehlbarkeit erheben zu wollen, zeigen die beiden Autoren neue Erziehungswege auf, pragmatisch und anschaulich aufbereitet, aber nie als schlichtes 'Kochrezept' und nie mit erhobenem Zeigefinger."
2. Wir erziehen nach "Smart love" in Kombination Elementen von Gordons "Familienkonferenz". Bei uns hat sich das so ergeben, weil ich selber als Psychologin humanistischen Konzepten nahestehe, diese Bücher besorgt habe, und mein Mann dann von der Lektüre ganz begeistert war. Möglicherweise erzieht man so, wie man selber gerne behandelt wird (bzw. worden wäre). Was ich, abgesehen von den Inhalten der Bücher, sehr gut finde: Wir haben ein gemeinsames Referenzsystem, können uns also in konkrteten Situationen oder "Nachbesprechungen" überlegen, ob das im Sinne von Gordon bzw. Pieper war, ob wir Gordon bzw. Pieper in solchen Situationen anwenden wollen etc.. Positiv finde ich, dass ich mir, auch wenn ich wie alle Eltern, zum ersten Mal in meinem Leben erziehe, immer relativ sicher bin in meinem Handeln.
3. Allgemeines darüber, welche Effekte Smart love auf Kinder und deren Kompetenzen haben, kann ich leider nicht sagen. Das Schwierige bei solchen Aussagen ist natürlich auch immer, dass jedes Kind anders ist. Ich finde, unser Sohn kann besonders gut mit Enttäuschungen umgehen. Er hat allen Grund, sich unserer Liebe immer sicher zu fühlen, also Ablehung von Rosinen nicht als Zurückweisung seiner ganzen Person zu sehen. Das Thema Grenzen ist für uns bisher eher Neben- als Kernthema gewesen. Wir führen es sicherlich später ein als andere Eltern, und zwar mit der Begründung: Erst wenn zum einen das Geliebtsein-Gefühl stabil genug ist und zum anderen die Einsichtsfähigkeit hinreichend entwickelt ist, kann ein Kind solche Aktionen seiner Eltern in die richtige Schublade stecken. Wir vermeiden also alle unnötigen Verletzungen.
Das hat auch etwas mit Vertrauen zu tun. Auch ohne viel "Nein" läuft bei uns das soziale Miteinander sehr gut. Ich denke, Kinder lernen ja auch viel vom Vorbild, und da bekommt unser Sohn eben mit, was wir machen und was nicht. Und natürlich setzen wir Grenzen durch Erklären etc. (z.B. mit Stiften wird nur auf Papier gemalt, weil blablabla). Bei einem anderen Kind kann dieser Weg u.U. nicht gut funktionieren, wir machen damit bisher sehr gute Erfahrungen.
4. Wir belohnen bewusst nicht, und dieses Prinzip ist uns auch wichtig. Wir erkennen immer die Person an, wir zeigen viel Liebe, vermitteln, dass unser Kind immer, unabhängig von seinen Taten, von uns geliebt wird. Wir bedanken uns, wenn er uns einen Gefallen tut - das finde ich sehr wichtig. Aber wir versuchen, ganz natürlich, normal und beiläufig mit "Leistungen" umzugehen. Wir erleben im Freudeskreis ein Kind, das sehr viel Lob für kleine Forschritte u.ä. bekommt und haben den Eindruck, dass dieses Mädchen unnötig viel Aufmerksamkeit braucht, um sich selbst zu spüren und ständig im Mittelpunkt stehen will. Ich finde es sehr wichtig, dass Kinder (und Erwachsene) in ihrem Tuna aus sich selbst heraus Sinn finden, Stichwort "intrinsische Motivation". Dieses wertvolle Gut möchte ich nicht durch Lob von außen kaputt machen.
Es gibt allerdings Ausnahmesituationen, in denen ich lobe. Wenn mein Sohn z.B. eine fiese Arztgeschichte über sich hat ergehen lassen (auch wenn er viel geweint hat dabei), also Dinge, die wirklich nicht zu dem gehört, was man im Alltag erwarten kann. Oder wenn er auf einmal etwas macht, was ich derart toll finde, das es eine unnatürliche Bremsung meiner Spontanreaktion wäre, dann nicht zu loben.
5. Erziehen mit natürlichen Konsequenzen finde ich sinnvoll. "Wenn Du im Moment nicht mit XY spielen kannst, ohne XY kaputt zu machen/damit Deiner Schwester weh zu tun o.ä., dann muss ich erst einmal weg tun." Ich glaube auch, dass das durchaus im Sinne von Smart love ist, denn Smart love ist ja eben _nicht_ laisser faire.
6. Wer weiß, wer von den Smart-love-Eltern tatsächlich Smart love in Reinform, was immer das sein mag, praktizieren. Auch wir machen das sicherlich nicht, sondern erziehen als die, die wir (geworden) sind. Wenn Dich das Konzept interessiert, lies doch einfach mal das Buch, es sind sicherlich gute Anregungen drin.
Liebe Grüße
Tini
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