Hallo,
selten gebe ich mal zu, dass mir was schwer fällt, aber im Moment kann ich mich einfach nicht dafür begeistern, mit Clemens richtig zu spielen. Da muss ich jetzt schon wieder drüber heulen (okay, scheinen wohl wirklich Hormone am Werk zu sein).
Jetzt hat ihn Papa mit zum Einkaufen genommen und mich zu Hause gelassen, aber ich kann mich nicht soweit erholen, dass ich nachher in aller Frische wieder dem winzigen Legomann eine Stimme verleihe und interessiert zuhöre und kommentiere, was Clemens dem alles erklärt und zeigt. Oder hundertmal die gleiche Geschichte erzähle. Oder mir bei jeder Figur aus den Wimmelbüchern ausdenke, was die gerade sagt. Ich habe ein ganz schlechtes Gewissen, aber ich muss zugeben, dass mich manchmal diese Dinge einfach überhaupt nicht interessieren, und entsprechend weiß ich dann einfach nicht, was ich tun soll. Ich habe dann den Wunsch, eher erwachsene Dinge zu tun oder zu besprechen, und in solchen Momenten ist die Atmosphäre hier eigentlich unfair Clemens gegenüber. Er geht ein paar Mal pro Woche in seine Spielgruppe, aber es muss doch möglich sein, auch mehrere Tage am Stück nur als Familie zusammen zu sein, ohne dass man sich überdrüssig wird!
Oder z.B. ein paar Dinge, die er tut, die mich mittlerweile nerven: Mit harten gegenständen durch die Gegend werfen, oder nach JEDEM Essen zu beginnen, die Speisen, und wenn wir es nicht retten, noch den Teller, Besteck und manchmal Glas in hohem Bogen wegzuwerfen. Ich kann mich nicht in ihn hinenversetzen, warum er das tut. Es ist nicht aggressiv gemeint, da bin ich mir sicher. Es ist aber auch nicht Freude an meinem Ärger, denn ich habe das lange Zeit einfach ignoriert und höchstens mal den Teller rechtzeitig weggenommen, um ihn zu retten. Eine Weile lang einfach gesagt, dass ich das nicht möchte, eine Weile lang nichts gesagt (ich habe wirklich normalerweise starke Nerven, und es stört mich nicht) - aber im Moment neige ich dazu, einfach zu verzweifeln.
Naja, jetzt sind die beiden schon wieder zurück, und Clemens will im Garten spielen. Ich habe gesagt, in einer halben Stunde werde ich mit ihm in den Garten gehen. Solange kümmert sich Papa noch weiter. Aber ich höre Clemens, wie er drängelt und jetzt schon in den Garten will und frustriert ist, dass er seine Gartenschuhe nicht selber anziehen kann. Muss ich dann jetzt doch schon springen und alles stehen und liegen lassen? Überhaupt kann ich mit dem Garten nichts anfangen. Clemens geht seinen Dingen nach, und ich laufe wie ein Hund hinterher und passe einfach auf. Es fällt mir momentan schwer, aber ich schaffe es dann meist doch, mich mal vroübergehend völlig hineinzuversetzen in die Themen Autos, Sandförmchen und Insektenbestaunen. Nur nachher merke ich, dass ich mich selber irgendwie völlig beiseite geschoben hatte. Abbends gibt's dann ein harmonisches Abendessen, das allerdings wieder mit Herumwerfen von Essen beendet wird. Die Nächte sind wechselhaft zur Zeit. Ich kümmere mich ja gerade nachts eigentlich sehr gerne. Aber vielleicht nagt in mir schon Angst, wie das mit zweien werden soll. Während ich tagsüber zum Spielen gut bin, aber auch gerne gegen andere Spielpartner eingetauscht werde, bin ich nachts die einzige, die zu Clemens darf ("Papa soll weggehen!", oder: "Papa soll nicht kommen!"bzw. "Mama soll kommen!").
Und der Papa ist so lieb und versucht, mir Clemens abzunehmen, wo es geht, aber ich kann die mir geschenkte Zeit nicht so für mich nutzen, dass ich nachher ausgeglichener wäre. Seit Clemens abends jetzt eine gute Stunde später ins Bett geht und ich auch kurz danach einschlafe, oder neben ihm einschlafe, wenn er alleine nicht zur Ruhe komt, dann ist auch unsere Zeit zu zweit fast komplett weg.
So, jetzt muss ich dann wohl bald in den Garten. Danke fürs lange Lesen. Ich bin beim selber Durchlesen bestürzt, wie egoistisch ich eigentlich bin, aber ich weiß nicht, wie ich das ablegen könnte.
LG, Enna2, 30. SSW