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Geht unser Schulniveau den Bach hinunter?

gestern war ich seit langem mal wieder im Training unter anderem gibt es da auch eine Grundschullehrerin, die total verzweifelt und traurig ist, weil sie keinen Rückhalt von den Eltern mehr bekommt.
Laut ihrer Aussage, können die Schüler immer weniger und die Artikulation von einfachen Sätzen läßt sehr zu wünschen über. Eltern die zur Sprechstunde kommen sollen erscheinen nicht... Kinder kommen wann sie wollen oder auch nicht...
Kinder werden für den Heimurlaub früher/später aus der Schule genommen oder gebracht...
und das allerschlimmste für sie ist, daß sie mit vielen Eltern nicht sprechen kann, da es an der Deutschen Sprache hapert.
So Sprüche wie Wixer und sonstiges sind im Alltag normal...
Die Schule an der sie arbeitet ist jetzt sogar so weit, daß sie das Jugendamt für manche Kinder eingeschaltet hat, da die Eltern nach mehreren Aufforderungen nicht kommen...
Wo bitte soll das noch enden. Ich habe echt schon Angst, wenn der Lütt mal zur Schule gehen soll...
Wenn das in der Grundschule schon so ist. Ich habe Bekannte, die sind Realschullehrer (Mein Bruder Gymnasiallehrer) und da dachte ich ok, die Kinder sind älter und verbocken den eigenen Mist...
Aber so Jung schon... Hilfe...
Nachdenkliche Grüße
BÄrlesmama
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Re: Geht unser Schulniveau den Bach hinunter?

Ich glaube, dass gerade am Anfang viele Probleme entstehen, die dann eben mit den Schülern zusammen erst richtig wachsen. Mein SchwiVa war Hauptschullehrer bis vor 2/3 Jahren, und stellte auch ein starkes Abfallen im Laufe der Jahre fest. Nun hat Hauptschule wohl noch die besondere Problematik, dass sie vor einigen Jahrzehnten noch als normale Schulform galt, eben eine Option für die, die nachher in jungen Jahren schon eine Lehre machen wollten. Da soll es eine ausgewogenere Schülergemeinschaft gegeben haben. Heute wird alles getan, die Hauptschule zu vermeiden, und wer dort dennoch landet, ist schon besiegelter Schulversager an sich und entsprechend perspektivlos. Mein Schwager (Realschullehrer) berichtet, der größere Teil seiner Schüler stammt nicht mehr aus der klassischen Familie mit zwei Eltern und x Kindern. Viele Scheidungskinder, Ein-Eltern-Familien, Arbeitslose, Alkoholiker. Soll bei weitem nicht heißen, dass diese automatisch minderwertige Eltern seien, aber in einer gesünderen Gemeinschaft wären das eher Ausnahmen. Ich weiß z.B., dass in meinem Gymnasium fast alle aus wohlbehüteten Verhältnissen kamen. Ein einziges Mädchen einer alleinerziehenden Alkoholikerin in meiner Klasse, das irgendwann umzog zu einer Pflegefamilie. Sie war jedenfalls gut eingebettet in ihren "normalen" Freundeskreis und wurde sozial irgendwie von den anderen mitgetragen. das macht, glaueb ich, enorm viel aus. ich habe selber keine Ahnung, in welcher stadt wir sein werden, wenn Clemens in die Schule kommt, aber wenn eine stelle das festlegen wird, dann bin ich drauf vorbereitet, eine entsprechende Miete oder auch eigenen weiteren Arbeitsweg in Kauf zu nehmen, wenn wir dafür in die Nähe einer passablen Grundschule kommen. Denn die kann man sich ja, glaube ich, auch heute noch nicht aussuchen.

Re: Geht unser Schulniveau den Bach hinunter?

Das ist echt ein heikles Thema. Ich bekomme das ja schon seit Jahren von meiner Mutter mit, die Grundschullehrerin ist, allerdings in einer Grund- und Hauptschule in einem kleinen Dorf. Ich selbst bin ja am Gymnasium und meine beste Freundin ist Sonderschullehrerin. Z.T. geht es den Kindern an der SOnderschule besser als denen an der "Restschule" Hauptschule... Und die Eltern haben schon in der 1. Klasse ganz viel Angst, dass ihre Kinder einmal kein Abitur machen könnten. Früher war das anders, da war ein guter Hauptschulabschluss eben auch viel wert... Es ist total verfahren. Z.T. sind 70% oder mehr nicht deutschsprachige Kinder in der Grundschule in einer Klasse zu haben, es gibt viele "verwahrloste" Kinder (übrigens auch aus Akademiker-Familien - so manchen interessiert sein Kind nicht mehr, wenn es nicht mehr so süß und klein ist wie als Baby)... Deshalb ist die Forderung nach einer früheren Einschulung gar nicht so schlecht, dann werden die Kinder wenigstens schon früher gefördert. Es ist echt unglaublich, wie schlecht z.B: das sprachliche Niveau der Schüler ist. Und da spielt das Elternhaus schon eine wichtige Rolle. Wenn Eltern nicht mehr mit Kindern über ihre Erlebnisse sprechen, sie einfach keine Anregungen bekommen, wird es für die Kinder später schwieriger.
Ich wundere mich nicht über PISA, wenn ich sehe, wie wenig 15jährige Schüler von einem Schulbuchtext (!!!) bei ein oder zweimaligem Durchlesen verstehen. Ganz abgesehen von der "müdlichen Ausdrucksfähigkeit". Die orientiert sich im MOment am Talkshow-Niveau.
Auf der Seite der Schule gibt es auch genügend Dinge, die im Argen liegen... Wir ersticken z.T. inFormalitäten, Aktionstagen, Projekten und soooo vielen Dingen, sind überfordert mit vielen Problemen, auf die wir in der Ausbildung nicht vorbereitet wurden. Es gibt kaum noch Schulpsychologen bei uns - in anderen Ländern gibt es in jeder Schule einen "Counsellor" für Probleme...
Ich finde es sehr interessant, dass die OECD ja wieder mal festgestellt hat, dass wir VIEL WENIGER Geld für die Bildung unserer Kinder ausgeben als andere Industriestaaten. Sicher ist Geld nicht alles, aber es spricht doch schon Bände, wenn eine Gesellschaft nicht bereit ist, genug Geld für ihre Kinder auszugeben.
LG,
Clara

Re: Geht unser Schulniveau den Bach hinunter?

Klasse, Clara, Du hast mit wenigen Worten das gesagt, wo ich wahrscheinlich drei Seiten mit gefüllt hätte!
Zum Thema Geld hat unsere Kultusministerin nur gesagt, das wiese sie aber von der Hand, das Land Hessen hätte seinen Etat in ihrer Amtszeit um x Prozent gesteigert. Na super: Geld allein ist nicht alles, und wenn es dann noch eher für neue Tische und Stühle als für genügend neue Lehrer für entsprechend kleinere Klassen ausgegeben wird, weiß ich auch nicht mehr weiter.
Denn leider haben wir Lehrer überhaupt keine Zeit mehr, um auf die Probleme einzelner Kinder einzugehen - und die Probleme werden dank unkooperativer Elternhäuser leider immer mehr.
Aber dies ist eine sehr undankbare Diskussion, die leider zu nix führt, weil bisher keine Regierung (zumindest in Hessen) das Problemfeld Bildung richtig angepackt hat.
Liebe Grüße
Karin

Re: Geht unser Schulniveau den Bach hinunter?

Hallo Bärlesmama,
ja, kann ich gut verstehen, da läuft es einem kalt den Rücken herunter. Was wohl unsere Kinder erwartet? Ich beneide sie wirklich nicht um ihre Zukunft, so traurig sich das anhört. Meine Schwester ist Grund- und Hauptschullehrerin, hat aber auch Erfahrung mit Schülern, die den Hauptschulabschluß nicht gepackt haben und als letzte Möglichkeit in einer privaten Einrichtung dort den Abschluß nachholen konnten. Was meine Schwester da erzählt hat, ließ mich echt schaudern. Aber auch schon in der Grundschule gibt es Problemfälle und oftmals kämpft man als Lehrer gegen die Eltern, anstatt mit ihnen an einem Strang zu ziehen. Es gibt halt genug, die nicht einsehen, dass die Schule nicht ihren Teil der Erziehung auch noch übernehmen können. Mein Vater ist Berufsschullehrer und letztens hat er zum ersten Mal in seiner langen Laufbahn gesagt, dass er froh ist wenn er pensioniert wird. Es mache keinen Spaß mehr, vorallem nicht in den Klassen, in denen die Jugendlichen stecken, die in sogenannten berufsfördernde Maßnahmen vom Arbeitsamt gesteckt wurden, so als letzte Möglichkeit. Die sind null motiviert und entsprechend aggressiv. Eigentlich grausig, dass es so weit kommen muss.
Es fängt ja schon im Kindergartenalter an, ich denke, viele Eltern fördern ihre Kinder da schon nicht mehr richtig. Wieviele lesen mit ihren Kindern ein Buch oder lesen gar selber welche?
Wir können wohl nur versuchen, selber gegen diese Tendenzen anzugehen, unseren Kindern auch Vorbild sein und vorallem nicht von staatlichen Einrichtungen erwarten, dass sie die kleinen Wildfänge disziplinieren.
GLG
Astrid
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