Das vertauschte Geschenk
Wie Sie mich hier so sehen, bin ich leider noch unbeweibt. Ich war einmal verlobt. Meine Verlobung ist aber sehr schnell wieder aufgelöst worden. Wie es kam, will ich Ihnen erzählen.
Weihnachten stand vor der Tür, und meine Braut und ich standen uns noch etwas fremd gegenüber. Da war es für mich sehr schwer, das passende Geschenk zu finden. Nach langer Überlegung entschloss ich mich für ein paar feine Handschuhe, die ich mit einem Brief übermitteln wollte. In meinem Brief nahm ich in jeder Zeile Bezug auf mein Geschenk.
Im selben Geschäft kaufte ich noch ein paar Schlüpfer für meine Schwester. Als Bruder kann man das ja machen, oder? Diese hatten außen Seidenglanz und waren innen aufgeraut.
Durch die Blödheit der Verkäuferin sind diese beiden Päckchen vertauscht worden, so dass meine Schwester die Handschuhe und meine Braut die Schlüpfer bekam.
Nun stellen Sie sich einmal vor: Meine Braut saß am Heiligabend erwartungsvoll unterm Weihnachtsbaum in freudiger Feststimmung, dem Kommenden entgegensehend. Da erhielt sie das Päckchen und den Brief.
Ich lese ihn einmal vor:
Liebe Inge, lange habe ich nachgedacht, was ich Dir als Zeichen meiner großen Liebe wohl schenken könnte. Neulich merkte ich, was Du am nötigsten brauchst. Du findest es ihm beiliegenden Päckchen. Gern wäre ich dabei, wenn Du sie anziehst. Am liebsten zöge ich sie Dir aber selbst an. Sie sind sehr schön und werden vielen gefallen. Ich habe sie absichtlich eine Nummer kleiner genommen, denn sie weiten sich mit der Zeit aus. Und es sieht schön aus, wenn sie straff sitzen.
Die Wahl war schwer. Es waren auch lange dabei, bis an die Gelenke. Aber ich dachte mir, je kürze, desto besser. Ich wollte Dir erst lederne schenken, mit Stulpen und reizenden Motiven. Aber ich entschloss mich dann doch für die durchbrochenen.
Es geht dem Frühling entgegen, wo Du, wie ich weiß, überhaupt keine trägst. Verliere sie nicht, wenn Du irgendwo eingeladen bist, und lasse sie nirgends liegen. Ziehe sie nicht halb an, und trage sie nicht heruntergeklappt. Wenn es warm ist, sieht es schön aus, wenn Du sie graziös in der Hand hältst. Sie werden auch nicht lange sauber bleiben, denn viele Leute haben schmutzige Finger.
Wenn Du sie reinigen willst, begieße sie einfach mit Benzin und setze Dich zum Trocknen in den Park in die Sonne. Noch eins, ehe Du sie anziehst, musst Du einmal kräftig hineinpusten.
Wenn sie Dir nicht gefallen, kannst Du sie umtauschen. Der Verkäufer probiert Dir gern andere an. Wenn sie Dir zu knapp geworden sind und Du sie nicht mehr gebrauchen kannst, so wirf sie nicht weg, sondern gib sie mir zurück. Ich kann damit so schön meine Brillengläser putzen.
So endete meine erste große Liebe...