Sitzen beim Baby: Ab wann Kinder es können und dürfen
Kann ein Baby sitzen, hat es einen wichtigen Meilenstein in seiner Entwicklung erreicht. Doch Eltern sollten nicht zu früh versuchen, das Sitzen mit ihrem Nachwuchs zu üben. Wer übereilt eingreift, riskiert Fehlstellungen. Was du über das Sitzen beim Baby und den perfekten Zeitpunkt für Hochstuhl, Kindersitz und Co. wissen musst.
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Ist es schädlich, wenn man sein Baby hinsetzt, obwohl es das noch nicht von selbst kann? Ab wann dürfen Babys auf dem Schoß, im Hochstuhl oder im Autositz aufrecht sitzen? Rund um das Thema Sitzen beim Baby kreisen Eltern viele Fragen im Kopf. Wir beantworten dir die Wichtigsten.
Artikelinhalte im Überblick:
- Passives und aktives Sitzen
- Ab wann können Babys sitzen?
- Entwicklung
- Ärztliche Kontrolle
- Wie fördern?
- Zu frühes Hinsetzen schädlich?
- Hochstuhl, Kinderwagen, Autositz und Schoß
- Zu viel sitzen?
Was gilt eigentlich als Sitzen beim Baby?
Wahrscheinlich liest du häufig, dass ein Baby dies oder jenes erst dann tun sollte, wenn es sitzen kann. Doch was bedeutet „Sitzen“ per Definition überhaupt? Für Babys gilt: Sitzen ist nicht gleich Sitzen!
Passives Sitzen: Wenn das Baby beim Sitzen Unterstützung braucht – etwa in Form von Polstern, durch Anlehnen auf deinem Schoß oder durch Abstützen mit den Armen – wird von passivem Sitzen gesprochen. Es handelt sich hierbei nicht um „richtiges“ Sitzen, denn dein Baby ist noch nicht dazu in der Lage, sich eigenständig aufrecht zu halten.
Aktives Sitzen: Erst wenn dein Baby „aktiv“ sitzt, kann dein Kind wirklich sitzen. Man bezeichnet dies auch als freies Sitzen oder freien Sitz. Dein Baby ist nun fähig, sich selbst in eine Sitzposition zu begeben und diese eigenständig zu halten – auch auf einem Stuhl oder Hocker. Es kann sich auf seinen Sitzbeinhöckern stabilisieren, den Rumpf gerade halten, muss sich dabei nicht abstützen und hat somit beide Hände frei zum Spielen. Dein Kind kann diese Sitzposition außerdem wieder problemlos eigenständig verlassen, ohne dabei umzukippen.
Welche Sitzposition dein Baby beim freien Sitzen einnimmt, kann vollkommen unterschiedlich sein. Viele Kinder mögen den Fersensitz, bei dem sich der Po auf oder zwischen den Fersen befindet. Andere bevorzugen den Seitsitz, in dem beide Beine zu einer Seite gedreht sind. Vom Langsitz wird gesprochen, wenn ein Kind auf seinem Po sitzt und die Beine nach vorne ausstreckt.
Ab wann können Babys sitzen?
In der Regel entwickeln Babys zwischen dem siebten und dem neunten Lebensmonat die Fähigkeit, sich hinzusetzen. Die meisten Kinder können mit zehn Monaten frei sitzen. Es gibt individuell allerdings große Unterschiede, denn jedes Kind ist einzigartig und entwickelt sich in seinem eigenen Tempo.
Etwa zur gleichen Zeit reifen bei deinem Kind weitere motorische Fähigkeiten. In der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres lernt es das Krabbeln und zieht sich an Gegenständen hoch auf seine zwei Beine.
Wie entwickelt sich das Sitzen beim Baby?
Besonders im ersten Lebensjahr machen Babys eine rasante Entwicklung durch. Auch mit dem Sitzen geht es meistens plötzlich ganz schnell. Anfangs wird sich dein Baby aus der Rückenlage an deinen Händen hochziehen, aber seine Sitzposition nicht länger als ein paar Sekunden eigenständig halten können. Noch ist die Muskulatur des Rumpfes (Brust-, Bauch- und Rückenmuskulatur) nicht stark genug ausgeprägt. Doch das wird sich schon bald ändern. Es gibt verschiedene Wege, über die sich dein Kind aufsetzen kann:
Über den Vierfüßlerstand: Das Baby befindet sich im Vierfüßlerstand und setzt den Po seitlich neben einen Fuß nach hinten ab, es sitzt erst seitlich und dann im Langsitz.
Über die Gartenzwergposition: Aus der Seitenlage drückt sich das Baby mit einem Arm auf dem Boden ab und kommt hoch in die Sitzposition.
Aus der Bauchlage: Zuerst stützt sich das Baby mit beiden Händen ab, dann kommt es über einen Spagat zum Sitzen.
Hat ein Baby das Sitzen die ersten paar Male gemeistert, wird es schnell sicherer: Es kann sich ohne Gleichgewichtsprobleme nach vorne oder zur Seite beugen, um an ein Spielzeug zu gelangen. Viele Kinder sind von dieser neuen Position begeistert, denn das Sitzen ist für sie ein Aha-Erlebnis: Sie nehmen ihre Umwelt auf eine neue Art und Weise wahr. Zudem hat es nun beide Hände und Arme frei zum Spielen.
Wie wird die Entwicklung beim Sitzen kontrolliert?
Ob sich dein Baby altersgerecht entwickelt, wird im Rahmen der kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungen überprüft. Auch mögliche Koordinationsstörungen sollen bei den sogenannten U-Untersuchungen frühzeitig erkannt werden. Entsprechende Tests gehören aber in fachliche Hände und sollten nicht von dir zu Hause durchgeführt werden. Wenn du dir Sorgen um die Entwicklung deines Kindes machst, zögere nicht und frage in deiner kinderärztlichen Praxis um Rat.
Falls tatsächlich Einschränkungen festgestellt werden, wird die passende Therapie für den individuellen Fall eingeleitet. Gibt es bei einer Untersuchung zum Beispiel Hinweise auf Beschwerden wie Gelenkblockaden, können diese durch physiotherapeutische Maßnahmen behandelt werden.
Lässt sich das Sitzen beim Baby fördern?
Damit dein Baby fähig ist, sich selbst hinzusetzen und seine Sitzposition sicher zu halten, ist ein kräftiger Halteapparat erforderlich: Dein Kind braucht eine kräftige Muskulatur sowie eine starke und bewegliche Wirbelsäule. Letztere entwickelt sich erst im Lauf des ersten Lebensjahres zur typischen Doppel-S-Form.
Die notwendigen körperlichen Entwicklungen macht dein Baby von selbst durch. Du kannst diesen Prozess nicht beschleunigen. Es ist auch nicht möglich, dass du deinem Kind das Sitzen beibringst. Hier ist einfach Geduld gefragt! Wenn du dein Kind dabei unterstützen möchtest, achte auf Folgendes:
Bewegungsmöglichkeiten schaffen: Eine spezielle Förderung oder gar ein Sportprogramm für Babys ist nicht notwendig, damit sie schneller oder besser sitzen können. Die Muskulatur wird am besten gekräftigt, wenn du deinem Kind möglichst viel Freiraum für Bewegungen lässt. Beim Spielen und Weltentdecken bekommt es automatisch starke Muckis. Achte jetzt besonders darauf, dass die Umgebung kindersicher gestaltet ist, damit sich dein Nachwuchs sicher uneingeschränkt bewegen kann.
Ausprobieren lassen: Unternimmt dein Kind Sitz-Versuche, betrachte das als Training. Es hilft deinem Nachwuchs nicht, wenn du die „Arbeit“ übernimmst und es einfach hinsetzt. Im Gegenteil: Übung macht hier wahrhaftig den Meister! Denn auch durch den Lernprozess des Auf- und Abstützens prägt sich die benötigte Muskulatur aus.
Bedürfnisse beachten: Sieht dein Baby etwas Interessantes, wird es seine Sitzposition aufgeben und zum Beispiel in den Vierfüßlerstand übergehen. Zwinge dein Kind nicht dazu, in der Sitzposition zu bleiben, weil es das weiter „üben“ soll, sondern respektiere seine Bedürfnisse. Übrigens: Kinder sind sehr gelenkig. Wenn eine Sitzposition wie etwa der Fersensitz für dich unbequem aussieht, musst du dein Kind trotzdem nicht dazu auffordern, diese Position zu verlassen.
Ist zu frühes Hinsetzen beim Baby schädlich?
Wenn dein Baby noch nicht frei sitzen kann, solltest du es nicht in eine Zwangsposition bringen. Das heißt: Ist dein Baby nicht dazu in der Lage, sich selbstständig im Sitzen aufrecht zu halten, stabilisiere es nicht mit Kissen oder Ähnlichem, damit es sitzen bleibt. Gedulde dich noch ein wenig, schon bald wird dein Kind das Sitzen ohnehin beherrschen.
Ständige und dauerhafte Zwangspositionen können die kindliche Entwicklung beeinträchtigen, da sie das Risiko für Fehlbildungen erhöhen. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) betont außerdem, wie wichtig es ist, dass dein Kind das Hinsetzen selbst erlernt, denn nur so wird es auch Übergangspositionen und das „richtige“ Fallen händeln können.
Hochstuhl, Autositz, auf dem Schoß: Wann ist was möglich?
Im Alltag gibt es zahlreiche Situationen, in denen sich frischgebackene Eltern fragen: „Darf mein Baby das jetzt schon?“ Hier kommen Antworten auf typische Fragestellungen rund um den idealen Sitz-Zeitpunkt:
Ab wann dürfen Babys auf dem Schoß sitzen? Am besten sitzt dein Baby dort natürlich erst dann, wenn es das Sitzen bereits komplett selbstständig beherrscht. Wenn dein Baby etwa ab dem siebten Monat schon passiv sitzt, kann es ab und zu für eine kurze Zeit auch mal auf deinen Schoß. Achte darauf, dass dies keine Dauerlösung ist. Als Alternative bis zum freien Sitzen eignet sich eine Babytrage: Hier ist dein Nachwuchs nah bei dir, befindet sich aber nicht in einer aufrechten Sitzposition.
Ab wann darf ein Baby im Hochstuhl sitzen? Es ist nicht empfehlenswert, ein Kind, das noch nicht sitzen kann, durch Polsterung in einen Hochstuhl zu zwängen. Auf einem solchen Stuhl sollte dein Baby erst dann Platz nehmen, wenn es frei sitzen kann (dann das Anschnallen nicht vergessen!). Einige Kinderstuhl-Firmen bieten Babyschalen als Aufsatz für den Stuhl an. In solchen Schalen ist dein Baby auf Tischhöhe, befindet sich aber in einer halbliegenden und nicht in einer aufrecht sitzenden Position. Für alle Lösungen gilt: Der Hochstuhl sollte nicht dazu dienen, ein Kind darin über einen längeren Zeitraum zu „parken“. Wenn du einen Platz brauchst, an dem du dein Baby zum Beispiel während des Kochens gelegentlich sicher abstellen kannst, eignet sich ein Laufstall besser. Er schränkt seine Bewegungsfreiheit weniger ein.
Ab wann sitzen Babys im Kinderwagen? Anfangs liegt das Baby in der Babyschale, doch irgendwann wird die Liegeposition zu uninteressant – schließlich möchte es die Welt entdecken. Die meisten Kinderwägen verfügen über einen Aufsatz, der sich in eine schräge Position bringen lässt (auch hier gilt: bitte immer anschnallen!). In dem Aufsatz liegt dein Baby nicht mehr flach, es sitzt aber auch nicht komplett aufrecht. Ein Sportwagen oder ein Buggy ist erst geeignet, wenn dein Kind sicher und selbstständig sitzt.
Ab wann dürfen Babys im Autositz aufrecht sitzen? Der erste Autositz für dein Kind ist eine Babyschale, in der es halbliegend positioniert ist. Wenn der Kopf des Babys über den Rand der Schale herausragt, wird auf den nächstgrößeren Sitz gewechselt. Hierfür sind Reboarder empfehlenswert, bei denen das Kind mit dem Rücken in Fahrtrichtung sitzt. Auch sie lassen sich in eine halbliegende Ruheposition bringen. Der ADAC empfiehlt rückwärtsgerichtete Systeme mindestens bis zu einem Alter von zwei Jahren. Dein Kind wird also genau in dieser Zeit den Entwicklungsschritt zum freien Sitzen meistern. Wechselst du zum nächstgrößeren Sitz, bei dem dein Kind aufrecht sitzt und nach vorne schaut, wird es das Sitzen daher schon längst beherrschen.
Können Kinder zu viel sitzen?
Die wissenschaftlichen Empfehlungen hierzu sind eindeutig: Bereits Babys und Kleinkinder sollten sich so viel wie möglich frei bewegen können, ihr natürlicher Bewegungsdrang sollte so wenig wie möglich eingeschränkt werden. Die positiven Effekte von körperlicher Aktivität und wenig sitzenden Tätigkeiten sind vielfältig: Unter anderem stärkt Bewegung das Herz-Kreislauf-System, die Muskulatur und die Knochen, sie wirkt sich auf die kognitive Leistungsfähigkeit aus und beugt Übergewicht vor.
Sitzende Tätigkeiten lassen sich in der Realität aber nicht immer vermeiden – zum Beispiel, wenn das Baby im Kinderwagen eingeschlafen ist. Versuche darauf zu achten, dass dein Kind trotzdem genügend Bewegungsangebote als Ausgleich bekommt. Hat dein Baby zum Beispiel schon zwei Stunden im Auto ausgeharrt, lasse es sich lieber austoben, statt es noch weitere Stunden im Kinderwagen herumzuschieben.